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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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der christlichen Gottseligkeit. Sehr begreiflich, daß die,
welche sich des unvernünftigen Gottesdienstes schämen,
und in Gesellschaften als Esprits forts glänzen wollen,
weil sie gar nichts bessers kennen und wissen, in gänz-
liche Irreligion und Profanität verfallen. Eine Den-
kungsart, die jetzt durch die misverstandene wechselseitige
Toleranz von beiden Partheien, leider! sehr befördert
wird, und in gänzliche Religionsgleichgültigkeit übergeht.
Gescheute Leute sind gleich mit der Antwort fertig: "Ich
"glaube im Herzen die christliche Religion, wie sie in
"der Bibel steht". Aber auch die wesentlichen und
Hauptgrundsätze der christlichen Religion rechnen sie zur
Schultheologie und zu besondern Meinungen der kirchli-
chen Partheien. So weit wäre es nicht gekommen, wenn
das klare Wort Gottes selber mehr in den Händen der
Christen geblieben wäre. Man redet nicht genug Got-
tes Wort, und menschliche Weisheit veredelt die Gemü-
ther nicht, sie zwingt nicht einmahl die Gewissen, sie
hält nicht einmahl grobe Ausbrüche der menschlichen Lei-
denschaften zurück, wie man in unsern Tagen klar an
Genf sehen kan.

Wer hier nur 5 -- 6000. Gulden zu verzehren hat,
macht noch wenig Figur. Acht bis zehntausend kostet
hier manche vornehme Haushaltung ohne die Kleidung
der Herrschaft und Kinder. Eilf bis zwölf Gulden hat
ein Kutscher monatlich, 14 -- 15. Gulden ein Bedienter,
70. Gulden jährlich die Köchin, 25-40. Gulden das
erste und das zweite Stubenmädchen. -- 24. Groschen
kostet wirklich die Metze Haber auf dem Markte, im
Sommer gibt man dem Kutschpferde, weil es stärker ge-
braucht wird als im Winter, mehr als Eine Metze Ha-

ber etc.

der chriſtlichen Gottſeligkeit. Sehr begreiflich, daß die,
welche ſich des unvernuͤnftigen Gottesdienſtes ſchaͤmen,
und in Geſellſchaften als Eſprits forts glaͤnzen wollen,
weil ſie gar nichts beſſers kennen und wiſſen, in gaͤnz-
liche Irreligion und Profanitaͤt verfallen. Eine Den-
kungsart, die jetzt durch die misverſtandene wechſelſeitige
Toleranz von beiden Partheien, leider! ſehr befoͤrdert
wird, und in gaͤnzliche Religionsgleichguͤltigkeit uͤbergeht.
Geſcheute Leute ſind gleich mit der Antwort fertig: „Ich
„glaube im Herzen die chriſtliche Religion, wie ſie in
„der Bibel ſteht“. Aber auch die weſentlichen und
Hauptgrundſaͤtze der chriſtlichen Religion rechnen ſie zur
Schultheologie und zu beſondern Meinungen der kirchli-
chen Partheien. So weit waͤre es nicht gekommen, wenn
das klare Wort Gottes ſelber mehr in den Haͤnden der
Chriſten geblieben waͤre. Man redet nicht genug Got-
tes Wort, und menſchliche Weisheit veredelt die Gemuͤ-
ther nicht, ſie zwingt nicht einmahl die Gewiſſen, ſie
haͤlt nicht einmahl grobe Ausbruͤche der menſchlichen Lei-
denſchaften zuruͤck, wie man in unſern Tagen klar an
Genf ſehen kan.

Wer hier nur 5 — 6000. Gulden zu verzehren hat,
macht noch wenig Figur. Acht bis zehntauſend koſtet
hier manche vornehme Haushaltung ohne die Kleidung
der Herrſchaft und Kinder. Eilf bis zwoͤlf Gulden hat
ein Kutſcher monatlich, 14 — 15. Gulden ein Bedienter,
70. Gulden jaͤhrlich die Koͤchin, 25-40. Gulden das
erſte und das zweite Stubenmaͤdchen. — 24. Groſchen
koſtet wirklich die Metze Haber auf dem Markte, im
Sommer gibt man dem Kutſchpferde, weil es ſtaͤrker ge-
braucht wird als im Winter, mehr als Eine Metze Ha-

ber ꝛc.
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[518/0556] der chriſtlichen Gottſeligkeit. Sehr begreiflich, daß die, welche ſich des unvernuͤnftigen Gottesdienſtes ſchaͤmen, und in Geſellſchaften als Eſprits forts glaͤnzen wollen, weil ſie gar nichts beſſers kennen und wiſſen, in gaͤnz- liche Irreligion und Profanitaͤt verfallen. Eine Den- kungsart, die jetzt durch die misverſtandene wechſelſeitige Toleranz von beiden Partheien, leider! ſehr befoͤrdert wird, und in gaͤnzliche Religionsgleichguͤltigkeit uͤbergeht. Geſcheute Leute ſind gleich mit der Antwort fertig: „Ich „glaube im Herzen die chriſtliche Religion, wie ſie in „der Bibel ſteht“. Aber auch die weſentlichen und Hauptgrundſaͤtze der chriſtlichen Religion rechnen ſie zur Schultheologie und zu beſondern Meinungen der kirchli- chen Partheien. So weit waͤre es nicht gekommen, wenn das klare Wort Gottes ſelber mehr in den Haͤnden der Chriſten geblieben waͤre. Man redet nicht genug Got- tes Wort, und menſchliche Weisheit veredelt die Gemuͤ- ther nicht, ſie zwingt nicht einmahl die Gewiſſen, ſie haͤlt nicht einmahl grobe Ausbruͤche der menſchlichen Lei- denſchaften zuruͤck, wie man in unſern Tagen klar an Genf ſehen kan. Wer hier nur 5 — 6000. Gulden zu verzehren hat, macht noch wenig Figur. Acht bis zehntauſend koſtet hier manche vornehme Haushaltung ohne die Kleidung der Herrſchaft und Kinder. Eilf bis zwoͤlf Gulden hat ein Kutſcher monatlich, 14 — 15. Gulden ein Bedienter, 70. Gulden jaͤhrlich die Koͤchin, 25-40. Gulden das erſte und das zweite Stubenmaͤdchen. — 24. Groſchen koſtet wirklich die Metze Haber auf dem Markte, im Sommer gibt man dem Kutſchpferde, weil es ſtaͤrker ge- braucht wird als im Winter, mehr als Eine Metze Ha- ber ꝛc.

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/556>, abgerufen am 24.11.2024.