Hier ist es Mode, bei Tisch eine Schüssel süsse Pomeranzen in Schnirte geschnitten, aufzustellen. Man streut wahrscheinlich schon in der Küche Zucker darüber, damit er zergangen sei, wenn man sie ißt.
Den 21sten Mai.
Mit Hrn. von Stockmaier fuhr ich heute zuerst auf die Reichskanzlei zum
Hrn. Baron von Lassolaye; einem Manne, der ganz schwarzbräunlicht aussieht, als wenn er wenigstens ein Mulatte wäre.
Von dort zum Hrn. Hofrath und Archivarius Schmidt, der ein kurzer, dicker, untersetzter Mann ist, aber nichts Wienerisches, sondern von Reichsländer Art in seinem Wesen hat. -- Er sagte: er finde hier aller- dings sehr viel zu seiner Geschichte, er habe einen ganz neuen Faden gefunden, daher werde es langsam gehen, es sei über die vorräthigen Aktenstücke gar kein Reperto- rium da. Es könnten wohl noch 4-6. Bände werden. Im Archiv zu Maynz müsse auch noch viel liegen, man gebe sich wirklich Mühe, manches von dorther gegen einen Revers zu entlehnen, aber man werde nichts hergeben. Ab- schreiben lassen oder Exzerpiren sei ein unsichrer Weg, al- so möge einmahl Einer dort Supplemente zu seiner Ge- schichte herausgeben. -- Das Archiv liegt in starken Gewölbern, (die wir nur von aussen zu sehen bekamen) in einem Theil der Burg; oben sind die Arbeitszimmer, dem Komödienhause sehr nahe, daher der Kaiser immer meint, es sei zu viel Feuersgefahr dabei.
Von dort fuhr ich zum Hrn. Baron von Leykamm, um Abschied zu nehmen.
Heute
Hier iſt es Mode, bei Tiſch eine Schuͤſſel ſuͤſſe Pomeranzen in Schnirte geſchnitten, aufzuſtellen. Man ſtreut wahrſcheinlich ſchon in der Kuͤche Zucker daruͤber, damit er zergangen ſei, wenn man ſie ißt.
Den 21ſten Mai.
Mit Hrn. von Stockmaier fuhr ich heute zuerſt auf die Reichskanzlei zum
Hrn. Baron von Laſſolaye; einem Manne, der ganz ſchwarzbraͤunlicht ausſieht, als wenn er wenigſtens ein Mulatte waͤre.
Von dort zum Hrn. Hofrath und Archivarius Schmidt, der ein kurzer, dicker, unterſetzter Mann iſt, aber nichts Wieneriſches, ſondern von Reichslaͤnder Art in ſeinem Weſen hat. — Er ſagte: er finde hier aller- dings ſehr viel zu ſeiner Geſchichte, er habe einen ganz neuen Faden gefunden, daher werde es langſam gehen, es ſei uͤber die vorraͤthigen Aktenſtuͤcke gar kein Reperto- rium da. Es koͤnnten wohl noch 4-6. Baͤnde werden. Im Archiv zu Maynz muͤſſe auch noch viel liegen, man gebe ſich wirklich Muͤhe, manches von dorther gegen einen Revers zu entlehnen, aber man werde nichts hergeben. Ab- ſchreiben laſſen oder Exzerpiren ſei ein unſichrer Weg, al- ſo moͤge einmahl Einer dort Supplemente zu ſeiner Ge- ſchichte herausgeben. — Das Archiv liegt in ſtarken Gewoͤlbern, (die wir nur von auſſen zu ſehen bekamen) in einem Theil der Burg; oben ſind die Arbeitszimmer, dem Komoͤdienhauſe ſehr nahe, daher der Kaiſer immer meint, es ſei zu viel Feuersgefahr dabei.
Von dort fuhr ich zum Hrn. Baron von Leykamm, um Abſchied zu nehmen.
Heute
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Hier iſt es Mode, bei Tiſch eine Schuͤſſel ſuͤſſe
Pomeranzen in Schnirte geſchnitten, aufzuſtellen. Man
ſtreut wahrſcheinlich ſchon in der Kuͤche Zucker daruͤber,
damit er zergangen ſei, wenn man ſie ißt.
Den 21ſten Mai.
Mit Hrn. von Stockmaier fuhr ich heute zuerſt
auf die Reichskanzlei zum
Hrn. Baron von Laſſolaye; einem Manne, der
ganz ſchwarzbraͤunlicht ausſieht, als wenn er wenigſtens
ein Mulatte waͤre.
Von dort zum Hrn. Hofrath und Archivarius
Schmidt, der ein kurzer, dicker, unterſetzter Mann iſt,
aber nichts Wieneriſches, ſondern von Reichslaͤnder Art
in ſeinem Weſen hat. — Er ſagte: er finde hier aller-
dings ſehr viel zu ſeiner Geſchichte, er habe einen ganz
neuen Faden gefunden, daher werde es langſam gehen,
es ſei uͤber die vorraͤthigen Aktenſtuͤcke gar kein Reperto-
rium da. Es koͤnnten wohl noch 4-6. Baͤnde werden.
Im Archiv zu Maynz muͤſſe auch noch viel liegen, man
gebe ſich wirklich Muͤhe, manches von dorther gegen einen
Revers zu entlehnen, aber man werde nichts hergeben. Ab-
ſchreiben laſſen oder Exzerpiren ſei ein unſichrer Weg, al-
ſo moͤge einmahl Einer dort Supplemente zu ſeiner Ge-
ſchichte herausgeben. — Das Archiv liegt in ſtarken
Gewoͤlbern, (die wir nur von auſſen zu ſehen bekamen)
in einem Theil der Burg; oben ſind die Arbeitszimmer,
dem Komoͤdienhauſe ſehr nahe, daher der Kaiſer immer
meint, es ſei zu viel Feuersgefahr dabei.
Von dort fuhr ich zum Hrn. Baron von Leykamm,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/643>, abgerufen am 29.11.2024.
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