auch nicht, man müsse immer ansehnlich dafür sagen. "Stehen wir auf," sagte endlich Hr. von Mechel, als der Streit lebhaft ward, "sonst verlieren wir noch die "halbe deutsche Sprache."
Rautenstrauch ist von diesen beiden Männern ver- achtet. Er schreibt, sagen sie, 14. Kreuzerbrochüren.
Die Frau von Stockmaier gab uns zuletzt, weil heute Quatember war, noch eine Mahlzeit von Fastenspeisen.
Abends ward die Reise mit Hrn. Reichsreferenda- rius von Leykamm Sohn verabredet.
Man zeigte heute ein aktenmässiges Verzeichnis aller Klöster in den Oesterreichischen Landen, so wie sie zur Zeit der Reformation waren; da war die Zahl der Pfaffen, der Weiter, der Beischläferinnen, der Kinder, der alten und der neuen Einkünfte angegeben.
Den 23sten Mai. Reise nach Wienerischneustadt.
Der erste für mich interessante Ort, auf dem ich zu- kam, nachdem ich Wien verlassen hatte, war Wiene- rischneustadt, 2. Stationen von Wien. Ehe man dahin kommt, sieht man Theresienfeld, ein schönes Dorf, im Holländischen Geschmack von lauter einstöcki- gen Häusern. Oben und unten liegen an jedem Hause eingefaßte Gärten. So ist es eine lange Reihe von Häu- sern zu beiden Seiten, doch wohnet niemand als Bau- ern da.
Neustadt selber ist alt, hat Vorstädte und viel Nah- rung wegen der starken Passage nach Wien. Ich mach- te gleich einen Besuch beim Hrn. Hauptmann v. Born,
der
auch nicht, man muͤſſe immer anſehnlich dafuͤr ſagen. „Stehen wir auf,“ ſagte endlich Hr. von Mechel, als der Streit lebhaft ward, „ſonſt verlieren wir noch die „halbe deutſche Sprache.“
Rautenſtrauch iſt von dieſen beiden Maͤnnern ver- achtet. Er ſchreibt, ſagen ſie, 14. Kreuzerbrochuͤren.
Die Frau von Stockmaier gab uns zuletzt, weil heute Quatember war, noch eine Mahlzeit von Faſtenſpeiſen.
Abends ward die Reiſe mit Hrn. Reichsreferenda- rius von Leykamm Sohn verabredet.
Man zeigte heute ein aktenmaͤſſiges Verzeichnis aller Kloͤſter in den Oeſterreichiſchen Landen, ſo wie ſie zur Zeit der Reformation waren; da war die Zahl der Pfaffen, der Weiter, der Beiſchlaͤferinnen, der Kinder, der alten und der neuen Einkuͤnfte angegeben.
Den 23ſten Mai. Reiſe nach Wieneriſchneuſtadt.
Der erſte fuͤr mich intereſſante Ort, auf dem ich zu- kam, nachdem ich Wien verlaſſen hatte, war Wiene- riſchneuſtadt, 2. Stationen von Wien. Ehe man dahin kommt, ſieht man Thereſienfeld, ein ſchoͤnes Dorf, im Hollaͤndiſchen Geſchmack von lauter einſtoͤcki- gen Haͤuſern. Oben und unten liegen an jedem Hauſe eingefaßte Gaͤrten. So iſt es eine lange Reihe von Haͤu- ſern zu beiden Seiten, doch wohnet niemand als Bau- ern da.
Neuſtadt ſelber iſt alt, hat Vorſtaͤdte und viel Nah- rung wegen der ſtarken Paſſage nach Wien. Ich mach- te gleich einen Beſuch beim Hrn. Hauptmann v. Born,
der
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auch nicht, man muͤſſe immer anſehnlich dafuͤr ſagen.
„Stehen wir auf,“ ſagte endlich Hr. von Mechel,
als der Streit lebhaft ward, „ſonſt verlieren wir noch die
„halbe deutſche Sprache.“
Rautenſtrauch iſt von dieſen beiden Maͤnnern ver-
achtet. Er ſchreibt, ſagen ſie, 14. Kreuzerbrochuͤren.
Die Frau von Stockmaier gab uns zuletzt, weil
heute Quatember war, noch eine Mahlzeit von Faſtenſpeiſen.
Abends ward die Reiſe mit Hrn. Reichsreferenda-
rius von Leykamm Sohn verabredet.
Man zeigte heute ein aktenmaͤſſiges Verzeichnis
aller Kloͤſter in den Oeſterreichiſchen Landen, ſo wie ſie
zur Zeit der Reformation waren; da war die Zahl der
Pfaffen, der Weiter, der Beiſchlaͤferinnen, der Kinder,
der alten und der neuen Einkuͤnfte angegeben.
Den 23ſten Mai.
Reiſe nach Wieneriſchneuſtadt.
Der erſte fuͤr mich intereſſante Ort, auf dem ich zu-
kam, nachdem ich Wien verlaſſen hatte, war Wiene-
riſchneuſtadt, 2. Stationen von Wien. Ehe man
dahin kommt, ſieht man Thereſienfeld, ein ſchoͤnes
Dorf, im Hollaͤndiſchen Geſchmack von lauter einſtoͤcki-
gen Haͤuſern. Oben und unten liegen an jedem Hauſe
eingefaßte Gaͤrten. So iſt es eine lange Reihe von Haͤu-
ſern zu beiden Seiten, doch wohnet niemand als Bau-
ern da.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/645>, abgerufen am 29.11.2024.
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