Ich machte gleich ein Paar Besuche, den ersten bei den Kaufleuten, den Hrrn. Wagnern, zweien Brüdern, an die ich vom Bar. Friesischen Comtoir aus Wien em- pfohlen war. Die guten Leute waren sehr dienstfertig und bestellten mir gleich noch selbigen Abend einen Platz auf einem Schiffe. Den andern bei Hrn. Trapp von Speier, der hier schon lange etablirt ist.
Die Stadt ist hie und da bergicht, an andern Or- ten aber eben und tief, und wird jetzt immer grösser, denn man baut viele neue Häuser, weil der Zusammen- fluß der Fremden immer stärker wird. Man sieht auch hier alle mögliche Nationen, sehr viele haben ihre Got- tesdienstliche Häuser hier, Griechen, Unirte und nicht Unirte, Illyrier, Armenier etc.
Und obwohl nur 9. Evangelische Familien hier ansässig sind; so hat ihnen der Kaiser doch erlaubt, eine Kirche zu bauen, wozu man wirklich allerwegen kollektirt: aber von Schweden kam eine ganz abschlägliche Ant- wort zurück. Hr. Pastor Fischer von Reutlingen hat das Schreiben für die Kollekte gemacht. Bei der hiesi- gen Kirchenverfassung hat ausser dem Vorsteher noch je- des einzelne Mitglied seine Stimme, die Aufsätze werden herumgeschickt, man ändert darin, und am Ende des Sonntäglichen Gottesdienstes werden die Angelegenheiten vorgenommen.
Bemerkungen.
Auch hier nimmt die Schwelgerei gewaltig über- hand. Die Reichsländer, die sich hierher gewendet ha- ben, unterscheiden sich noch.
Bewun-
Ich machte gleich ein Paar Beſuche, den erſten bei den Kaufleuten, den Hrrn. Wagnern, zweien Bruͤdern, an die ich vom Bar. Frieſiſchen Comtoir aus Wien em- pfohlen war. Die guten Leute waren ſehr dienſtfertig und beſtellten mir gleich noch ſelbigen Abend einen Platz auf einem Schiffe. Den andern bei Hrn. Trapp von Speier, der hier ſchon lange etablirt iſt.
Die Stadt iſt hie und da bergicht, an andern Or- ten aber eben und tief, und wird jetzt immer groͤſſer, denn man baut viele neue Haͤuſer, weil der Zuſammen- fluß der Fremden immer ſtaͤrker wird. Man ſieht auch hier alle moͤgliche Nationen, ſehr viele haben ihre Got- tesdienſtliche Haͤuſer hier, Griechen, Unirte und nicht Unirte, Illyrier, Armenier ꝛc.
Und obwohl nur 9. Evangeliſche Familien hier anſaͤſſig ſind; ſo hat ihnen der Kaiſer doch erlaubt, eine Kirche zu bauen, wozu man wirklich allerwegen kollektirt: aber von Schweden kam eine ganz abſchlaͤgliche Ant- wort zuruͤck. Hr. Paſtor Fiſcher von Reutlingen hat das Schreiben fuͤr die Kollekte gemacht. Bei der hieſi- gen Kirchenverfaſſung hat auſſer dem Vorſteher noch je- des einzelne Mitglied ſeine Stimme, die Aufſaͤtze werden herumgeſchickt, man aͤndert darin, und am Ende des Sonntaͤglichen Gottesdienſtes werden die Angelegenheiten vorgenommen.
Bemerkungen.
Auch hier nimmt die Schwelgerei gewaltig uͤber- hand. Die Reichslaͤnder, die ſich hierher gewendet ha- ben, unterſcheiden ſich noch.
Bewun-
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Ich machte gleich ein Paar Beſuche, den erſten bei
den Kaufleuten, den Hrrn. Wagnern, zweien Bruͤdern,
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pfohlen war. Die guten Leute waren ſehr dienſtfertig
und beſtellten mir gleich noch ſelbigen Abend einen Platz
auf einem Schiffe. Den andern bei Hrn. Trapp von
Speier, der hier ſchon lange etablirt iſt.
Die Stadt iſt hie und da bergicht, an andern Or-
ten aber eben und tief, und wird jetzt immer groͤſſer,
denn man baut viele neue Haͤuſer, weil der Zuſammen-
fluß der Fremden immer ſtaͤrker wird. Man ſieht auch
hier alle moͤgliche Nationen, ſehr viele haben ihre Got-
tesdienſtliche Haͤuſer hier, Griechen, Unirte und nicht
Unirte, Illyrier, Armenier ꝛc.
Und obwohl nur 9. Evangeliſche Familien hier
anſaͤſſig ſind; ſo hat ihnen der Kaiſer doch erlaubt, eine
Kirche zu bauen, wozu man wirklich allerwegen kollektirt:
aber von Schweden kam eine ganz abſchlaͤgliche Ant-
wort zuruͤck. Hr. Paſtor Fiſcher von Reutlingen hat
das Schreiben fuͤr die Kollekte gemacht. Bei der hieſi-
gen Kirchenverfaſſung hat auſſer dem Vorſteher noch je-
des einzelne Mitglied ſeine Stimme, die Aufſaͤtze werden
herumgeſchickt, man aͤndert darin, und am Ende des
Sonntaͤglichen Gottesdienſtes werden die Angelegenheiten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/652>, abgerufen am 28.11.2024.
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