Bewundernswürdig sind die grossen Festungswer- ke, die man in das Meer hinein gebaut hat. Man fährt dahin spatzieren.
Den 28. 29. 30sten Mai. Reise nach Venedig.
Ich ging noch den 28sten Abends um 9. Uhr mit Padron Spolar unter Segel und brachte 1. Tag und 2. Nächte auf der Reise zu. Sonst ist's eine kurze Ue- berfahrt, die man bei recht gutem Winde in 8. Stunden machen kan. Aber wir hatten fast gar keinen, und oft noch widrigen Wind.
Die Barken werden schrecklich beladen, und haben nur Schiffskammern und keine Kajüte. Weil's nun in jenen zum Ersticken warm war, und es mir unbegreiflich blieb, wie so viele Menschen die dicke, stinkende Luft aus- halten konnten, so lies ich mir aufm Verdeck im freiem Schiffsgange meine Matratze hinlegen, der Sternenhim- mel war mein Dach, und der grosse Bär oder der Wa- gen stand gerade über mir, und erinnerte mich an die prächtige Stelle im Hiob, und so schlief ich Tag und Nacht ungemein süsse auf die Ermüdungen der bisherigen Reise.
Ebbe und Fluth ist in diesem Meere sehr regelmässig und sehr stark. Einmahl hatten wir eine völlige Wind- stille,(Calmaria); wer da nicht schlafen kan, stirbt fast vor Langerweile.
Ein Zug Sardellen ging einmahl am Schiffe vor- bei, man hat sie auch in Venedig in ungeheurer Menge.
Die
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Bewundernswuͤrdig ſind die groſſen Feſtungswer- ke, die man in das Meer hinein gebaut hat. Man faͤhrt dahin ſpatzieren.
Den 28. 29. 30ſten Mai. Reiſe nach Venedig.
Ich ging noch den 28ſten Abends um 9. Uhr mit Padron Spolar unter Segel und brachte 1. Tag und 2. Naͤchte auf der Reiſe zu. Sonſt iſt’s eine kurze Ue- berfahrt, die man bei recht gutem Winde in 8. Stunden machen kan. Aber wir hatten faſt gar keinen, und oft noch widrigen Wind.
Die Barken werden ſchrecklich beladen, und haben nur Schiffskammern und keine Kajuͤte. Weil’s nun in jenen zum Erſticken warm war, und es mir unbegreiflich blieb, wie ſo viele Menſchen die dicke, ſtinkende Luft aus- halten konnten, ſo lies ich mir aufm Verdeck im freiem Schiffsgange meine Matratze hinlegen, der Sternenhim- mel war mein Dach, und der groſſe Baͤr oder der Wa- gen ſtand gerade uͤber mir, und erinnerte mich an die praͤchtige Stelle im Hiob, und ſo ſchlief ich Tag und Nacht ungemein ſuͤſſe auf die Ermuͤdungen der bisherigen Reiſe.
Ebbe und Fluth iſt in dieſem Meere ſehr regelmaͤſſig und ſehr ſtark. Einmahl hatten wir eine voͤllige Wind- ſtille,(Calmaria); wer da nicht ſchlafen kan, ſtirbt faſt vor Langerweile.
Ein Zug Sardellen ging einmahl am Schiffe vor- bei, man hat ſie auch in Venedig in ungeheurer Menge.
Die
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Bewundernswuͤrdig ſind die groſſen Feſtungswer-
ke, die man in das Meer hinein gebaut hat. Man
faͤhrt dahin ſpatzieren.
Den 28. 29. 30ſten Mai.
Reiſe nach Venedig.
Ich ging noch den 28ſten Abends um 9. Uhr mit
Padron Spolar unter Segel und brachte 1. Tag und
2. Naͤchte auf der Reiſe zu. Sonſt iſt’s eine kurze Ue-
berfahrt, die man bei recht gutem Winde in 8. Stunden
machen kan. Aber wir hatten faſt gar keinen, und oft
noch widrigen Wind.
Die Barken werden ſchrecklich beladen, und haben
nur Schiffskammern und keine Kajuͤte. Weil’s nun in
jenen zum Erſticken warm war, und es mir unbegreiflich
blieb, wie ſo viele Menſchen die dicke, ſtinkende Luft aus-
halten konnten, ſo lies ich mir aufm Verdeck im freiem
Schiffsgange meine Matratze hinlegen, der Sternenhim-
mel war mein Dach, und der groſſe Baͤr oder der Wa-
gen ſtand gerade uͤber mir, und erinnerte mich an die
praͤchtige Stelle im Hiob, und ſo ſchlief ich Tag und
Nacht ungemein ſuͤſſe auf die Ermuͤdungen der bisherigen
Reiſe.
Ebbe und Fluth iſt in dieſem Meere ſehr regelmaͤſſig
und ſehr ſtark. Einmahl hatten wir eine voͤllige Wind-
ſtille, (Calmaria); wer da nicht ſchlafen kan, ſtirbt
faſt vor Langerweile.
Ein Zug Sardellen ging einmahl am Schiffe vor-
bei, man hat ſie auch in Venedig in ungeheurer Menge.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/653>, abgerufen am 28.11.2024.
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