nicht einmahl die Fenster. Man zeigte mir das Haus, wo der Herzog von Würtemberg, wo der Erzherzog Maximilian, und wo der Kaiser logirte.
Bemerkungen.
Man kan zwar Stunden lang in der Stadt zu Fusse gehen, (denn hinter den Häusern und Kanälen ist Ve- nedig ein wahrer vielwinklichter Irrgarten, und eine Menge kleiner, aber wohl mit bleiernen Platten belegter Gäßchen, verbindet hinten alles mit einander,) aber keine Gegend der Stadt (den Markusplatz ausgenommen) ist so gros und breit, daß man mit einer Kutsche fahren könnte. Der Gefahr, von Kutschen auf der Strasse überfahren zu werden, ist man also hier überhoben. Daher hat auch Niemand Wagen und Pferde in der Stadt *); in Terra firma aber hält sie wer kan und will. An vielen Orten aber nimmt das Was- ser die ganze Breite der Strasse ein. So wie man aus dem Hause tritt, muß man in die Gondel steigen, und so sieht man oft im Fahren in viele Seitengassen hinein, deren Häuser auch unmittelbar am Meer stehen; alsdann geht aber meistens hinteuaus ein Fußweg. Will man da nur von einer Seite zur andern, so braucht man die Gondel; in andern Strassen ist doch an den Seiten der Häuser zu beiden Seiten ein erhöhter Fußweg, auf dem man etwa bis zu einer Brücke lausen kan.
Auch
*) Man sieht auch keinen Menschen in der Stadt zu Pferde; ausser in der Fastenzeit, da reiten viele zu- weilen um Narrheiten zu treiben, über die höch sten Brücken.
nicht einmahl die Fenſter. Man zeigte mir das Haus, wo der Herzog von Wuͤrtemberg, wo der Erzherzog Maximilian, und wo der Kaiſer logirte.
Bemerkungen.
Man kan zwar Stunden lang in der Stadt zu Fuſſe gehen, (denn hinter den Haͤuſern und Kanaͤlen iſt Ve- nedig ein wahrer vielwinklichter Irrgarten, und eine Menge kleiner, aber wohl mit bleiernen Platten belegter Gaͤßchen, verbindet hinten alles mit einander,) aber keine Gegend der Stadt (den Markusplatz ausgenommen) iſt ſo gros und breit, daß man mit einer Kutſche fahren koͤnnte. Der Gefahr, von Kutſchen auf der Straſſe uͤberfahren zu werden, iſt man alſo hier uͤberhoben. Daher hat auch Niemand Wagen und Pferde in der Stadt *); in Terra firma aber haͤlt ſie wer kan und will. An vielen Orten aber nimmt das Waſ- ſer die ganze Breite der Straſſe ein. So wie man aus dem Hauſe tritt, muß man in die Gondel ſteigen, und ſo ſieht man oft im Fahren in viele Seitengaſſen hinein, deren Haͤuſer auch unmittelbar am Meer ſtehen; alsdann geht aber meiſtens hinteuaus ein Fußweg. Will man da nur von einer Seite zur andern, ſo braucht man die Gondel; in andern Straſſen iſt doch an den Seiten der Haͤuſer zu beiden Seiten ein erhoͤhter Fußweg, auf dem man etwa bis zu einer Bruͤcke lauſen kan.
Auch
*) Man ſieht auch keinen Menſchen in der Stadt zu Pferde; auſſer in der Faſtenzeit, da reiten viele zu- weilen um Narrheiten zu treiben, uͤber die hoͤch ſten Bruͤcken.
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nicht einmahl die Fenſter. Man zeigte mir das Haus,
wo der Herzog von Wuͤrtemberg, wo der Erzherzog
Maximilian, und wo der Kaiſer logirte.
Bemerkungen.
Man kan zwar Stunden lang in der Stadt zu Fuſſe
gehen, (denn hinter den Haͤuſern und Kanaͤlen iſt Ve-
nedig ein wahrer vielwinklichter Irrgarten, und eine
Menge kleiner, aber wohl mit bleiernen Platten belegter
Gaͤßchen, verbindet hinten alles mit einander,) aber keine
Gegend der Stadt (den Markusplatz ausgenommen)
iſt ſo gros und breit, daß man mit einer Kutſche fahren
koͤnnte. Der Gefahr, von Kutſchen auf der Straſſe
uͤberfahren zu werden, iſt man alſo hier uͤberhoben.
Daher hat auch Niemand Wagen und Pferde in der
Stadt *); in Terra firma aber haͤlt ſie wer kan
und will. An vielen Orten aber nimmt das Waſ-
ſer die ganze Breite der Straſſe ein. So wie man aus
dem Hauſe tritt, muß man in die Gondel ſteigen, und
ſo ſieht man oft im Fahren in viele Seitengaſſen hinein,
deren Haͤuſer auch unmittelbar am Meer ſtehen; alsdann
geht aber meiſtens hinteuaus ein Fußweg. Will man
da nur von einer Seite zur andern, ſo braucht man die
Gondel; in andern Straſſen iſt doch an den Seiten der
Haͤuſer zu beiden Seiten ein erhoͤhter Fußweg, auf dem
man etwa bis zu einer Bruͤcke lauſen kan.
Auch
*) Man ſieht auch keinen Menſchen in der Stadt zu
Pferde; auſſer in der Faſtenzeit, da reiten viele zu-
weilen um Narrheiten zu treiben, uͤber die hoͤch ſten
Bruͤcken.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/664>, abgerufen am 27.11.2024.
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