trinkt er Kaffee. Auch noch Abends um 9. Uhr kom- men ganze Gesellschaften zum Kaffee, und bleiben bei- sammen sitzen bis 12. Uhr, essen hernach, gehen dann nach Hause und legen sich nieder. Wenn der folgende Tag Sonntag oder Feiertag ist, so nimmt der Katho- lick, wenn er um 3. oder 4. Uhr aus der Conversazione kömmt, unterwegs gleich seine Messe mit, so ist sein Sonntag gefeiert, und nun geht er zu Bette, die Pre- digt gehört für den Pöbel.
Man ißt hier eine erstaunliche Menge Geflügel, Enten, Hüner, Tauben etc. Gemüse und Rindfleisch kommen viel seltner auf den Tisch.
Man trinkt hier kein andres Wasser als Regenwas- ser, das in Eisternen gesammelt wird, und doch nicht übel schmeckt.
Geht man Nachts nach Hause, so ist es in man- chen Gäßchen finstrer, als in Bergwerken oder Stollen, bis man wieder zu einer Lampe oder auf einen offenen breiten Platz kommt. In den engen Gassen werden oft des Nachts, besonders im Winter, Leute von ganz unbekannten Personen angefallen, der seidenen Mäntel, des Goldes etc. beraubt, oft noch gemishandelt, sonder- lich Frauenzimmer. Die Polizei hat keine Wächter in der Stadt vertheilt, es steht nirgends Wache, man kan also keine Hülfe haben.
Den 3ten Jun.
Heute machte ich in Hr. Algöwers Gesellschaft wie- der einen Spaziergang, und da gingen wir auch durch die Judenstadt. Man unterscheidet die alte und die
neue.
trinkt er Kaffee. Auch noch Abends um 9. Uhr kom- men ganze Geſellſchaften zum Kaffee, und bleiben bei- ſammen ſitzen bis 12. Uhr, eſſen hernach, gehen dann nach Hauſe und legen ſich nieder. Wenn der folgende Tag Sonntag oder Feiertag iſt, ſo nimmt der Katho- lick, wenn er um 3. oder 4. Uhr aus der Converſazione koͤmmt, unterwegs gleich ſeine Meſſe mit, ſo iſt ſein Sonntag gefeiert, und nun geht er zu Bette, die Pre- digt gehoͤrt fuͤr den Poͤbel.
Man ißt hier eine erſtaunliche Menge Gefluͤgel, Enten, Huͤner, Tauben ꝛc. Gemuͤſe und Rindfleiſch kommen viel ſeltner auf den Tiſch.
Man trinkt hier kein andres Waſſer als Regenwaſ- ſer, das in Eiſternen geſammelt wird, und doch nicht uͤbel ſchmeckt.
Geht man Nachts nach Hauſe, ſo iſt es in man- chen Gaͤßchen finſtrer, als in Bergwerken oder Stollen, bis man wieder zu einer Lampe oder auf einen offenen breiten Platz kommt. In den engen Gaſſen werden oft des Nachts, beſonders im Winter, Leute von ganz unbekannten Perſonen angefallen, der ſeidenen Maͤntel, des Goldes ꝛc. beraubt, oft noch gemishandelt, ſonder- lich Frauenzimmer. Die Polizei hat keine Waͤchter in der Stadt vertheilt, es ſteht nirgends Wache, man kan alſo keine Huͤlfe haben.
Den 3ten Jun.
Heute machte ich in Hr. Algoͤwers Geſellſchaft wie- der einen Spaziergang, und da gingen wir auch durch die Judenſtadt. Man unterſcheidet die alte und die
neue.
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trinkt er Kaffee. Auch noch Abends um 9. Uhr kom-
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ſammen ſitzen bis 12. Uhr, eſſen hernach, gehen dann
nach Hauſe und legen ſich nieder. Wenn der folgende
Tag Sonntag oder Feiertag iſt, ſo nimmt der Katho-
lick, wenn er um 3. oder 4. Uhr aus der Converſazione
koͤmmt, unterwegs gleich ſeine Meſſe mit, ſo iſt ſein
Sonntag gefeiert, und nun geht er zu Bette, die Pre-
digt gehoͤrt fuͤr den Poͤbel.
Man ißt hier eine erſtaunliche Menge Gefluͤgel,
Enten, Huͤner, Tauben ꝛc. Gemuͤſe und Rindfleiſch
kommen viel ſeltner auf den Tiſch.
Man trinkt hier kein andres Waſſer als Regenwaſ-
ſer, das in Eiſternen geſammelt wird, und doch nicht
uͤbel ſchmeckt.
Geht man Nachts nach Hauſe, ſo iſt es in man-
chen Gaͤßchen finſtrer, als in Bergwerken oder Stollen,
bis man wieder zu einer Lampe oder auf einen offenen
breiten Platz kommt. In den engen Gaſſen werden
oft des Nachts, beſonders im Winter, Leute von ganz
unbekannten Perſonen angefallen, der ſeidenen Maͤntel,
des Goldes ꝛc. beraubt, oft noch gemishandelt, ſonder-
lich Frauenzimmer. Die Polizei hat keine Waͤchter in
der Stadt vertheilt, es ſteht nirgends Wache, man kan
alſo keine Huͤlfe haben.
Den 3ten Jun.
Heute machte ich in Hr. Algoͤwers Geſellſchaft wie-
der einen Spaziergang, und da gingen wir auch durch
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/670>, abgerufen am 27.11.2024.
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