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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Sie entstand aus der Unbequemlichkeit, die mit dem
beständigen Geldzählen verbunden ist. Da traten An-
fangs 10-20. Personen zusammen, jeder deponirte etwa
20000. Gulden. Das hat er nun da gut; soll er nun
einem andern von der Kompagnie etwas auszahlen, so
geschieht das blos durch einen Zettel auf dem Bankhau-
se. Da schreibt man es an, und rechnets gegen einan-
der ab *). Daher müssen einige grosse Kaufleute die
Bedienten alle Tage auf die Bank schicken, andre nur
2mahl in der Woche. Die Bank ist offen von 7 bis 9.
Uhr des Morgens.

In der Stadt sind 5. Hauptkirchen, und an jeder
4. Prediger, und an der Neukirche 5, ausser den Kan-
didaten. Das Ministerium wird von einem Senior
dirigirt. Das Seniorat wechselt aber nicht ab. Die
Prediger heissen Priester, und stehen in grossem Ansehen.
Sie dürfen nicht ohne Mantel und Gekröse ausgehen,
müssen wenigstens allemahl eine lange Kutte anhaben.
An der Wahl hat die Gemeine oder das Kirchspiel (d. i.
die 16. Kirchherren) vielen Antheil. Bei jeder Va-
kanz müssen einige zur Probe predigen, und unter denen
wird einer gewählt **). Nebst dem hat jede Kirche

ihre
*) Man hat 6. Bankschreiber, die müssen ihren Dienst
theuer kaufen, werden aber von den Bürgern sala-
rirt, bekommen zum Neujahr Geschenke, und für je-
den Bankozettel unter 40. Mark, einen Doppelschil-
ling. Alles Bankogeld muß Speziesthaler seyn.
**) Man druckt die Namen auf einen Zettel, das heißt
der enge Ausschuß. Dreimal wird für die Wahl ge-
beten. Sie geschieht Somitags um 11. Uhr nach der
Predigt im Kirchensaal, und wird durch den Organi-
sten

Sie entſtand aus der Unbequemlichkeit, die mit dem
beſtaͤndigen Geldzaͤhlen verbunden iſt. Da traten An-
fangs 10-20. Perſonen zuſammen, jeder deponirte etwa
20000. Gulden. Das hat er nun da gut; ſoll er nun
einem andern von der Kompagnie etwas auszahlen, ſo
geſchieht das blos durch einen Zettel auf dem Bankhau-
ſe. Da ſchreibt man es an, und rechnets gegen einan-
der ab *). Daher muͤſſen einige groſſe Kaufleute die
Bedienten alle Tage auf die Bank ſchicken, andre nur
2mahl in der Woche. Die Bank iſt offen von 7 bis 9.
Uhr des Morgens.

In der Stadt ſind 5. Hauptkirchen, und an jeder
4. Prediger, und an der Neukirche 5, auſſer den Kan-
didaten. Das Miniſterium wird von einem Senior
dirigirt. Das Seniorat wechſelt aber nicht ab. Die
Prediger heiſſen Prieſter, und ſtehen in groſſem Anſehen.
Sie duͤrfen nicht ohne Mantel und Gekroͤſe ausgehen,
muͤſſen wenigſtens allemahl eine lange Kutte anhaben.
An der Wahl hat die Gemeine oder das Kirchſpiel (d. i.
die 16. Kirchherren) vielen Antheil. Bei jeder Va-
kanz muͤſſen einige zur Probe predigen, und unter denen
wird einer gewaͤhlt **). Nebſt dem hat jede Kirche

ihre
*) Man hat 6. Bankſchreiber, die muͤſſen ihren Dienſt
theuer kaufen, werden aber von den Buͤrgern ſala-
rirt, bekommen zum Neujahr Geſchenke, und fuͤr je-
den Bankozettel unter 40. Mark, einen Doppelſchil-
ling. Alles Bankogeld muß Speziesthaler ſeyn.
**) Man druckt die Namen auf einen Zettel, das heißt
der enge Ausſchuß. Dreimal wird fuͤr die Wahl ge-
beten. Sie geſchieht Somitags um 11. Uhr nach der
Predigt im Kirchenſaal, und wird durch den Organi-
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[660/0698] Sie entſtand aus der Unbequemlichkeit, die mit dem beſtaͤndigen Geldzaͤhlen verbunden iſt. Da traten An- fangs 10-20. Perſonen zuſammen, jeder deponirte etwa 20000. Gulden. Das hat er nun da gut; ſoll er nun einem andern von der Kompagnie etwas auszahlen, ſo geſchieht das blos durch einen Zettel auf dem Bankhau- ſe. Da ſchreibt man es an, und rechnets gegen einan- der ab *). Daher muͤſſen einige groſſe Kaufleute die Bedienten alle Tage auf die Bank ſchicken, andre nur 2mahl in der Woche. Die Bank iſt offen von 7 bis 9. Uhr des Morgens. In der Stadt ſind 5. Hauptkirchen, und an jeder 4. Prediger, und an der Neukirche 5, auſſer den Kan- didaten. Das Miniſterium wird von einem Senior dirigirt. Das Seniorat wechſelt aber nicht ab. Die Prediger heiſſen Prieſter, und ſtehen in groſſem Anſehen. Sie duͤrfen nicht ohne Mantel und Gekroͤſe ausgehen, muͤſſen wenigſtens allemahl eine lange Kutte anhaben. An der Wahl hat die Gemeine oder das Kirchſpiel (d. i. die 16. Kirchherren) vielen Antheil. Bei jeder Va- kanz muͤſſen einige zur Probe predigen, und unter denen wird einer gewaͤhlt **). Nebſt dem hat jede Kirche ihre *) Man hat 6. Bankſchreiber, die muͤſſen ihren Dienſt theuer kaufen, werden aber von den Buͤrgern ſala- rirt, bekommen zum Neujahr Geſchenke, und fuͤr je- den Bankozettel unter 40. Mark, einen Doppelſchil- ling. Alles Bankogeld muß Speziesthaler ſeyn. **) Man druckt die Namen auf einen Zettel, das heißt der enge Ausſchuß. Dreimal wird fuͤr die Wahl ge- beten. Sie geſchieht Somitags um 11. Uhr nach der Predigt im Kirchenſaal, und wird durch den Organi- ſten

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 660. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/698>, abgerufen am 24.11.2024.