ihre Oberalten, Subdiakonen, Verwalter etc. Die letztgenannten können zu den erstgenannten promovirt werden, und dann haben sie erst Besoldung. Das All- mosensammeln wechselt unter den Subdiakonen ab. Wer zur Kirche gehört und in officio ist, muß schlech- terdings schwarzes Kleid, Mantel und eine runde Peru- que tragen, wenn er gleich sonst eine Haarbeutelperuque trägt. Alle Morgen ist in irgend einer Kirche eine Pre- digt. Die andern Kirchen heissen Nebenkirchen. Eine von den schönsten soll die Katharinenkirche seyn, die schönste die Neuekirche. Auf der Spitze des Thurms an der Katharinenkirche steht eine goldne Krone, die von 2. Seeräubern soll hinauf geschenkt worden seyn. Die Kuppel des Nikolaikirchthurms steht auf 10. ver- goldeten Kugeln. Vortrefliche Glocken und Glocken- spiele sind auch hier, und grosse Orgeln, die alle mit den zinnernen Pfeifen nach der Kirche zu gerichtet sind, und den Organisten hinter sich haben. Die Kanzeln sind breit, mit weissen marmornen Säulen geziert, meist aus einem schwarzen Stein, wahrscheinlich Jaspis. Ader sie sind sehr niedrig, kaum 2. Schuh über den Zuhörern, ja sehr viele Zuhörer stehen höher. Sonst sind die Kir- chen noch voll papistischen Unraths, an jeder Seite der dicken Pfosten hängt eine schmuzige Tafel mit breiten Verzierungen, überall sind Gemälde, auf den Altären grosse Aufsätze, schwere Leuchter. Das Chor ist mit schweren starken Thüren eingeschlossen, die aus lauter metallnen Pfosten in der obern Hälfte bestehen. Die Kanzel ist mit eisernen Gittern eingefaßt, die Beicht-
stühle
sten zum Fenster hinaus dem versammelten Volke be- kannt gemacht.
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ihre Oberalten, Subdiakonen, Verwalter ꝛc. Die letztgenannten koͤnnen zu den erſtgenannten promovirt werden, und dann haben ſie erſt Beſoldung. Das All- moſenſammeln wechſelt unter den Subdiakonen ab. Wer zur Kirche gehoͤrt und in officio iſt, muß ſchlech- terdings ſchwarzes Kleid, Mantel und eine runde Peru- que tragen, wenn er gleich ſonſt eine Haarbeutelperuque traͤgt. Alle Morgen iſt in irgend einer Kirche eine Pre- digt. Die andern Kirchen heiſſen Nebenkirchen. Eine von den ſchoͤnſten ſoll die Katharinenkirche ſeyn, die ſchoͤnſte die Neuekirche. Auf der Spitze des Thurms an der Katharinenkirche ſteht eine goldne Krone, die von 2. Seeraͤubern ſoll hinauf geſchenkt worden ſeyn. Die Kuppel des Nikolaikirchthurms ſteht auf 10. ver- goldeten Kugeln. Vortrefliche Glocken und Glocken- ſpiele ſind auch hier, und groſſe Orgeln, die alle mit den zinnernen Pfeifen nach der Kirche zu gerichtet ſind, und den Organiſten hinter ſich haben. Die Kanzeln ſind breit, mit weiſſen marmornen Saͤulen geziert, meiſt aus einem ſchwarzen Stein, wahrſcheinlich Jaſpis. Ader ſie ſind ſehr niedrig, kaum 2. Schuh uͤber den Zuhoͤrern, ja ſehr viele Zuhoͤrer ſtehen hoͤher. Sonſt ſind die Kir- chen noch voll papiſtiſchen Unraths, an jeder Seite der dicken Pfoſten haͤngt eine ſchmuzige Tafel mit breiten Verzierungen, uͤberall ſind Gemaͤlde, auf den Altaͤren groſſe Aufſaͤtze, ſchwere Leuchter. Das Chor iſt mit ſchweren ſtarken Thuͤren eingeſchloſſen, die aus lauter metallnen Pfoſten in der obern Haͤlfte beſtehen. Die Kanzel iſt mit eiſernen Gittern eingefaßt, die Beicht-
ſtuͤhle
ſten zum Fenſter hinaus dem verſammelten Volke be- kannt gemacht.
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ihre Oberalten, Subdiakonen, Verwalter ꝛc. Die
letztgenannten koͤnnen zu den erſtgenannten promovirt
werden, und dann haben ſie erſt Beſoldung. Das All-
moſenſammeln wechſelt unter den Subdiakonen ab.
Wer zur Kirche gehoͤrt und in officio iſt, muß ſchlech-
terdings ſchwarzes Kleid, Mantel und eine runde Peru-
que tragen, wenn er gleich ſonſt eine Haarbeutelperuque
traͤgt. Alle Morgen iſt in irgend einer Kirche eine Pre-
digt. Die andern Kirchen heiſſen Nebenkirchen. Eine
von den ſchoͤnſten ſoll die Katharinenkirche ſeyn, die
ſchoͤnſte die Neuekirche. Auf der Spitze des Thurms
an der Katharinenkirche ſteht eine goldne Krone, die
von 2. Seeraͤubern ſoll hinauf geſchenkt worden ſeyn.
Die Kuppel des Nikolaikirchthurms ſteht auf 10. ver-
goldeten Kugeln. Vortrefliche Glocken und Glocken-
ſpiele ſind auch hier, und groſſe Orgeln, die alle mit den
zinnernen Pfeifen nach der Kirche zu gerichtet ſind, und
den Organiſten hinter ſich haben. Die Kanzeln ſind
breit, mit weiſſen marmornen Saͤulen geziert, meiſt
aus einem ſchwarzen Stein, wahrſcheinlich Jaſpis. Ader
ſie ſind ſehr niedrig, kaum 2. Schuh uͤber den Zuhoͤrern,
ja ſehr viele Zuhoͤrer ſtehen hoͤher. Sonſt ſind die Kir-
chen noch voll papiſtiſchen Unraths, an jeder Seite der
dicken Pfoſten haͤngt eine ſchmuzige Tafel mit breiten
Verzierungen, uͤberall ſind Gemaͤlde, auf den Altaͤren
groſſe Aufſaͤtze, ſchwere Leuchter. Das Chor iſt mit
ſchweren ſtarken Thuͤren eingeſchloſſen, die aus lauter
metallnen Pfoſten in der obern Haͤlfte beſtehen. Die
Kanzel iſt mit eiſernen Gittern eingefaßt, die Beicht-
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**) ſten zum Fenſter hinaus dem verſammelten Volke be-
kannt gemacht.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/699>, abgerufen am 24.11.2024.
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