wird Thee aufgesetzt, und Abends ebenfalls Thee. Je- der hat ein Kohlenbecken und einen Theekessel in einem schönen hölzernen, und mit Messing beschlagenen Ka- sten des Tags 2mahl bei sich stehen, und glaubt's dem Arzte nicht, daß der Dampf schadet.
Beim Eingang in die Häuser trift man viele Ki- sten und Schränke an, die zum Theil Bettkasten sind. In den Staatszimmern ist der Boden sehr oft mit stei- nernen Fliessen bedeckt, schwarz und weis abwechselnd -- die weissen, aus einem weissen Marmor aus Italien, kommen über Bremen, und sind sehr theuer. Die grösten Häuser sind aus lauter Backsteinen aufgebaut. Tapeten sind nicht allgemein, und meistens nur gemahl- tes Papier. Zu den Tabakspfeifen hat man ein langes schmales Schränkchen in der Wand mit einer Thüre, wo sie aufgestellt werden. Der Tisch, an dem man ißt, wird schon gedeckt hereingetragen. Marmorne Platten auf kleinen Tischen sind häufig. Viele Leute haben das feinste Porzellan. Kanapees sieht man hier gar nicht. Mit rothem Sammt sind die Sessel meist überzogen. Auch von Stroh geflochtene hat man noch viele. Bei Tische hat man lauter Kelchgläser und grüne Bouteillen. An einigen Häusern ist hinter der Thur eine Kette ge- spannt, die kein Bettler und Fremder aussen herabwerfen kan. Viele haben Familiengemälde oder andre Stücke von Dürer etc. an den Wänden hängen. Betten mit grün damastnen Vorhängen sind hier sehr schön. Die Fußböden werden sehr glatt und reinlich gehalten. Sie schütten etwas Wasser auf den Boden, und fahren darin mit einer Bürste an einem langen Stock sogleich hin und her. Man hat eigene Mühlen, wo der Tufstein gerie-
ben
wird Thee aufgeſetzt, und Abends ebenfalls Thee. Je- der hat ein Kohlenbecken und einen Theekeſſel in einem ſchoͤnen hoͤlzernen, und mit Meſſing beſchlagenen Ka- ſten des Tags 2mahl bei ſich ſtehen, und glaubt’s dem Arzte nicht, daß der Dampf ſchadet.
Beim Eingang in die Haͤuſer trift man viele Ki- ſten und Schraͤnke an, die zum Theil Bettkaſten ſind. In den Staatszimmern iſt der Boden ſehr oft mit ſtei- nernen Flieſſen bedeckt, ſchwarz und weis abwechſelnd — die weiſſen, aus einem weiſſen Marmor aus Italien, kommen uͤber Bremen, und ſind ſehr theuer. Die groͤſten Haͤuſer ſind aus lauter Backſteinen aufgebaut. Tapeten ſind nicht allgemein, und meiſtens nur gemahl- tes Papier. Zu den Tabakspfeifen hat man ein langes ſchmales Schraͤnkchen in der Wand mit einer Thuͤre, wo ſie aufgeſtellt werden. Der Tiſch, an dem man ißt, wird ſchon gedeckt hereingetragen. Marmorne Platten auf kleinen Tiſchen ſind haͤufig. Viele Leute haben das feinſte Porzellan. Kanapees ſieht man hier gar nicht. Mit rothem Sammt ſind die Seſſel meiſt uͤberzogen. Auch von Stroh geflochtene hat man noch viele. Bei Tiſche hat man lauter Kelchglaͤſer und gruͤne Bouteillen. An einigen Haͤuſern iſt hinter der Thur eine Kette ge- ſpannt, die kein Bettler und Fremder auſſen herabwerfen kan. Viele haben Familiengemaͤlde oder andre Stuͤcke von Duͤrer ꝛc. an den Waͤnden haͤngen. Betten mit gruͤn damaſtnen Vorhaͤngen ſind hier ſehr ſchoͤn. Die Fußboͤden werden ſehr glatt und reinlich gehalten. Sie ſchuͤtten etwas Waſſer auf den Boden, und fahren darin mit einer Buͤrſte an einem langen Stock ſogleich hin und her. Man hat eigene Muͤhlen, wo der Tufſtein gerie-
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wird Thee aufgeſetzt, und Abends ebenfalls Thee. Je-
der hat ein Kohlenbecken und einen Theekeſſel in einem
ſchoͤnen hoͤlzernen, und mit Meſſing beſchlagenen Ka-
ſten des Tags 2mahl bei ſich ſtehen, und glaubt’s dem
Arzte nicht, daß der Dampf ſchadet.
Beim Eingang in die Haͤuſer trift man viele Ki-
ſten und Schraͤnke an, die zum Theil Bettkaſten ſind.
In den Staatszimmern iſt der Boden ſehr oft mit ſtei-
nernen Flieſſen bedeckt, ſchwarz und weis abwechſelnd —
die weiſſen, aus einem weiſſen Marmor aus Italien,
kommen uͤber Bremen, und ſind ſehr theuer. Die
groͤſten Haͤuſer ſind aus lauter Backſteinen aufgebaut.
Tapeten ſind nicht allgemein, und meiſtens nur gemahl-
tes Papier. Zu den Tabakspfeifen hat man ein langes
ſchmales Schraͤnkchen in der Wand mit einer Thuͤre, wo
ſie aufgeſtellt werden. Der Tiſch, an dem man ißt,
wird ſchon gedeckt hereingetragen. Marmorne Platten
auf kleinen Tiſchen ſind haͤufig. Viele Leute haben das
feinſte Porzellan. Kanapees ſieht man hier gar nicht.
Mit rothem Sammt ſind die Seſſel meiſt uͤberzogen.
Auch von Stroh geflochtene hat man noch viele. Bei
Tiſche hat man lauter Kelchglaͤſer und gruͤne Bouteillen.
An einigen Haͤuſern iſt hinter der Thur eine Kette ge-
ſpannt, die kein Bettler und Fremder auſſen herabwerfen
kan. Viele haben Familiengemaͤlde oder andre Stuͤcke
von Duͤrer ꝛc. an den Waͤnden haͤngen. Betten mit
gruͤn damaſtnen Vorhaͤngen ſind hier ſehr ſchoͤn. Die
Fußboͤden werden ſehr glatt und reinlich gehalten. Sie
ſchuͤtten etwas Waſſer auf den Boden, und fahren darin
mit einer Buͤrſte an einem langen Stock ſogleich hin und
her. Man hat eigene Muͤhlen, wo der Tufſtein gerie-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 669. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/707>, abgerufen am 21.11.2024.
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