sche Mikroskop, wobei wir die schwächste und stärkste Vergrösserung an einem Mückenflügel probirten. Die Eier bläst Herr Steiner in der Mitte aus, füllt sie mit Sand und beigemischter Kleie aus, und verklebt oben die Oefnung. Zuverlässig würden die Freunde der Natur aus der Sammlung dieses vortreflichen Mannes viel Schönes erfahren, wenn er meine Bitte Statt finden las- sen, seine liebenswürdige Bescheidenheit überwinden, und uns seine Beobachtungen mittheilen wollte. In seiner Bibliothek stehen die besten Exegeten, Ascetiker, Mora- listen und Prediger neben den neusten und lehrreichsten Schriften der Naturkündiger. Wie ehrwürdig würde die Klasse der Prediger überall werden, wenn sich unsre jungen Kandidaten so einen edlen und auf eine wahrhaf- tig weise und brauchbare Art geschäftigen Mann zum Muster nehmen, und nebst dem Studium der Religion auch die Offenbarungen Gottes in seiner Natur nicht ver- säumen, oder irgend einen andern Zweig der Gelehrsam- keit sich zur Beschäftigung, und zur Empfehlung wählen wollten, wie z. B. Hr. Diak. Hörner an der Kreuzkir- che, der die gelehrte Geschichte von Schwaben bearbei- tet, und den ich auch hier aus Dankbarkeit und Hochach- tung nennen muß! Aber leider! sind wir mit einer Men- ge Kandidaten und Prediger versehen, die ihren Dienst wie ein Handwerk ansehen, die dazu nöthige Geschicklich- keit sich nicht einmal mit dem Eifer, womit mancher Künstler und Professionist lernt und wandert, erwerben, und wenn sie dann einmal eine Pfarre und eine Frau ha- ben, die Güter der Kirche, die gewis manchem im Ueber- flus gegeben sind, in Unthätigkeit verzehren, und weil sie an der wahren Gelehrsamkeit keinen Geschmack finden, zuletzt Bauern und Zehendknechte werden. Verzeihen
Sie
Zweiter Theil. C
ſche Mikroſkop, wobei wir die ſchwaͤchſte und ſtaͤrkſte Vergroͤſſerung an einem Muͤckenfluͤgel probirten. Die Eier blaͤſt Herr Steiner in der Mitte aus, fuͤllt ſie mit Sand und beigemiſchter Kleie aus, und verklebt oben die Oefnung. Zuverlaͤſſig wuͤrden die Freunde der Natur aus der Sammlung dieſes vortreflichen Mannes viel Schoͤnes erfahren, wenn er meine Bitte Statt finden laſ- ſen, ſeine liebenswuͤrdige Beſcheidenheit uͤberwinden, und uns ſeine Beobachtungen mittheilen wollte. In ſeiner Bibliothek ſtehen die beſten Exegeten, Aſcetiker, Mora- liſten und Prediger neben den neuſten und lehrreichſten Schriften der Naturkuͤndiger. Wie ehrwuͤrdig wuͤrde die Klaſſe der Prediger uͤberall werden, wenn ſich unſre jungen Kandidaten ſo einen edlen und auf eine wahrhaf- tig weiſe und brauchbare Art geſchaͤftigen Mann zum Muſter nehmen, und nebſt dem Studium der Religion auch die Offenbarungen Gottes in ſeiner Natur nicht ver- ſaͤumen, oder irgend einen andern Zweig der Gelehrſam- keit ſich zur Beſchaͤftigung, und zur Empfehlung waͤhlen wollten, wie z. B. Hr. Diak. Hoͤrner an der Kreuzkir- che, der die gelehrte Geſchichte von Schwaben bearbei- tet, und den ich auch hier aus Dankbarkeit und Hochach- tung nennen muß! Aber leider! ſind wir mit einer Men- ge Kandidaten und Prediger verſehen, die ihren Dienſt wie ein Handwerk anſehen, die dazu noͤthige Geſchicklich- keit ſich nicht einmal mit dem Eifer, womit mancher Kuͤnſtler und Profeſſioniſt lernt und wandert, erwerben, und wenn ſie dann einmal eine Pfarre und eine Frau ha- ben, die Guͤter der Kirche, die gewis manchem im Ueber- flus gegeben ſind, in Unthaͤtigkeit verzehren, und weil ſie an der wahren Gelehrſamkeit keinen Geſchmack finden, zuletzt Bauern und Zehendknechte werden. Verzeihen
Sie
Zweiter Theil. C
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ſche Mikroſkop, wobei wir die ſchwaͤchſte und ſtaͤrkſte
Vergroͤſſerung an einem Muͤckenfluͤgel probirten. Die
Eier blaͤſt Herr Steiner in der Mitte aus, fuͤllt ſie mit
Sand und beigemiſchter Kleie aus, und verklebt oben die
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aus der Sammlung dieſes vortreflichen Mannes viel
Schoͤnes erfahren, wenn er meine Bitte Statt finden laſ-
ſen, ſeine liebenswuͤrdige Beſcheidenheit uͤberwinden, und
uns ſeine Beobachtungen mittheilen wollte. In ſeiner
Bibliothek ſtehen die beſten Exegeten, Aſcetiker, Mora-
liſten und Prediger neben den neuſten und lehrreichſten
Schriften der Naturkuͤndiger. Wie ehrwuͤrdig wuͤrde
die Klaſſe der Prediger uͤberall werden, wenn ſich unſre
jungen Kandidaten ſo einen edlen und auf eine wahrhaf-
tig weiſe und brauchbare Art geſchaͤftigen Mann zum
Muſter nehmen, und nebſt dem Studium der Religion
auch die Offenbarungen Gottes in ſeiner Natur nicht ver-
ſaͤumen, oder irgend einen andern Zweig der Gelehrſam-
keit ſich zur Beſchaͤftigung, und zur Empfehlung waͤhlen
wollten, wie z. B. Hr. Diak. Hoͤrner an der Kreuzkir-
che, der die gelehrte Geſchichte von Schwaben bearbei-
tet, und den ich auch hier aus Dankbarkeit und Hochach-
tung nennen muß! Aber leider! ſind wir mit einer Men-
ge Kandidaten und Prediger verſehen, die ihren Dienſt
wie ein Handwerk anſehen, die dazu noͤthige Geſchicklich-
keit ſich nicht einmal mit dem Eifer, womit mancher
Kuͤnſtler und Profeſſioniſt lernt und wandert, erwerben,
und wenn ſie dann einmal eine Pfarre und eine Frau ha-
ben, die Guͤter der Kirche, die gewis manchem im Ueber-
flus gegeben ſind, in Unthaͤtigkeit verzehren, und weil ſie
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/71>, abgerufen am 21.11.2024.
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