Veen etc. Eine sterbende Maria von Sandrart, die klagenden Weiber jammern und liegen um das Bett herum, Petrus kniet unten, und betet. Die Genauig- keit des Malers hat sogar den Staub, der an der nack- ten Fußsohle des Morgenländers klebt, ausgedrückt. Lö- wen von Abr. Jansen mit ihrer ganzen natürlichen Grosheit. Ein alter Mann von Rembrandt. Ein jüngstes Gericht von Poelemburg. Apostel von Rubens. -- Dies sind nur einige von den Stü- cken im Untertheil des Schlosses, die mir besonders ge- fielen.
Ausserordentlich reich aber ist das Flamländische Kabinet, wo nur von den grösten Meistern Prachtstü- cke aufgestellt sind. Eine Feuersbrunst von Bril. Ein Blumenstück mit ungemein glücklich gewählten Far- ben, von Breughel. Von Rubens zwei Köpfe, die dem Manne ewig Ehre machen. Von Teniers ein saufender Bauer. Von Van Huysum zwei Blumen- stücke, davon jedes 2000. Gulden kostet. Von Franz Mieris eine Frau im Sammtkleide, das gar natürlich dahin gezaubert ist. Von eben diesem ein besoffener Bauer, dem man, je länger man ihn betrachtet, die Besoffenheit immer mehr ansieht. Er lehnt sich an, die Zunge ist ihm schwer, die Augen rollen ihm im Kopfe herum, die Minen reden Sinnlosigkeit, und das ganze Gesicht drückt das Seelenvergnügen, die güldenen Träu- me, die gänzliche Vergessenheit des Besoffenen aus. Man muß lachen, wenn man das Stück ansieht. Von Gerhard Douw viele Stücke, die mit der grösten Wahr- heit gemacht sind, z. B. ein Korb zum Wegnehmen oder
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Veen ꝛc. Eine ſterbende Maria von Sandrart, die klagenden Weiber jammern und liegen um das Bett herum, Petrus kniet unten, und betet. Die Genauig- keit des Malers hat ſogar den Staub, der an der nack- ten Fußſohle des Morgenlaͤnders klebt, ausgedruͤckt. Loͤ- wen von Abr. Janſen mit ihrer ganzen natuͤrlichen Grosheit. Ein alter Mann von Rembrandt. Ein juͤngſtes Gericht von Poelemburg. Apoſtel von Rubens. — Dies ſind nur einige von den Stuͤ- cken im Untertheil des Schloſſes, die mir beſonders ge- fielen.
Auſſerordentlich reich aber iſt das Flamlaͤndiſche Kabinet, wo nur von den groͤſten Meiſtern Prachtſtuͤ- cke aufgeſtellt ſind. Eine Feuersbrunſt von Bril. Ein Blumenſtuͤck mit ungemein gluͤcklich gewaͤhlten Far- ben, von Breughel. Von Rubens zwei Koͤpfe, die dem Manne ewig Ehre machen. Von Teniers ein ſaufender Bauer. Von Van Huyſum zwei Blumen- ſtuͤcke, davon jedes 2000. Gulden koſtet. Von Franz Mieris eine Frau im Sammtkleide, das gar natuͤrlich dahin gezaubert iſt. Von eben dieſem ein beſoffener Bauer, dem man, je laͤnger man ihn betrachtet, die Beſoffenheit immer mehr anſieht. Er lehnt ſich an, die Zunge iſt ihm ſchwer, die Augen rollen ihm im Kopfe herum, die Minen reden Sinnloſigkeit, und das ganze Geſicht druͤckt das Seelenvergnuͤgen, die guͤldenen Traͤu- me, die gaͤnzliche Vergeſſenheit des Beſoffenen aus. Man muß lachen, wenn man das Stuͤck anſieht. Von Gerhard Douw viele Stuͤcke, die mit der groͤſten Wahr- heit gemacht ſind, z. B. ein Korb zum Wegnehmen oder
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Veen ꝛc. Eine ſterbende Maria von Sandrart,
die klagenden Weiber jammern und liegen um das Bett
herum, Petrus kniet unten, und betet. Die Genauig-
keit des Malers hat ſogar den Staub, der an der nack-
ten Fußſohle des Morgenlaͤnders klebt, ausgedruͤckt. Loͤ-
wen von Abr. Janſen mit ihrer ganzen natuͤrlichen
Grosheit. Ein alter Mann von Rembrandt.
Ein juͤngſtes Gericht von Poelemburg. Apoſtel
von Rubens. — Dies ſind nur einige von den Stuͤ-
cken im Untertheil des Schloſſes, die mir beſonders ge-
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Auſſerordentlich reich aber iſt das Flamlaͤndiſche
Kabinet, wo nur von den groͤſten Meiſtern Prachtſtuͤ-
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Ein Blumenſtuͤck mit ungemein gluͤcklich gewaͤhlten Far-
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dahin gezaubert iſt. Von eben dieſem ein beſoffener
Bauer, dem man, je laͤnger man ihn betrachtet, die
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Zunge iſt ihm ſchwer, die Augen rollen ihm im Kopfe
herum, die Minen reden Sinnloſigkeit, und das ganze
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me, die gaͤnzliche Vergeſſenheit des Beſoffenen aus.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/86>, abgerufen am 21.11.2024.
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