Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Frömmigkeit des Erlösers. lichkeit; (Röm. 8, 18.) aber oft lagern sich die Sorgenums Herz wie Kriegsheere, der Schmerz frißt an je- dem Nerven, die Empfindungen werden scharf, die Wolke, die auf der Zukunft liegt, will sich gar nicht in die Höhe ziehen, der letzte Lichtstral verschwindet, abge- schnitten von aller menschlichen Hülfe liegt oft das un- glückliche Geschöpf da, und weiß nicht, ob es das Ge- genwärtige, oder das Vergangene denken soll. Der Heiland hat uns Vorschriften und Muster zur Verläug- nung der Welt und unsrer selbst gegeben. Das Evan- gelium predigt laut die Vergänglichkeit aller Reize und Schönheiten, und die Erfahrung giebt ihm Recht. Wie lange währt es, so ist das schöne Jugendroth, die Mayen- farbe auf den Wangen dahin, und die Bleyfarbe des To- des nimmt seinen Platz ein. Das Herz des Menschen eilt desto mehr, davon Nutzen zu ziehen, und schließt aus der Kürze des menschlichen Lebens, daß es Pflicht ge- gen unsre Natur sey, die Vergnügungen der Sinne, in- dem man sie noch mit allem Feuer genießen kann, auf- zufassen, und sie zu haschen, ehe sie, wie ein Buttervo- gel, davon fliegen. (1 Cor. 15, 32.) Aber der Lehrer der Christen schließt anders. Jhm ist die Ungewißheit al- ler menschlichen Dinge der stärkste Grund, sie herabzu- setzen, und zu verachten. Enthaltet euch von fleisch- lichen Lüsten, ihr seyd nur Pilgrimme und Wan- drer in der Welt, sie streiten wider eure Seele, (1 Petr. 2, 11.) habt nicht lieb die Welt, und was in ihr ist, die Welt vergeht mit ihrer Lust, (1 Joh. 2, 15 - 17) die diese Welt brauchen wollen, sollen sie doch nicht mißbrauchen, (1 Cor. 7, 31.) -- so spricht die Religion, und der beste, der frömmste Mensch wird, weil
Frömmigkeit des Erlöſers. lichkeit; (Röm. 8, 18.) aber oft lagern ſich die Sorgenums Herz wie Kriegsheere, der Schmerz frißt an je- dem Nerven, die Empfindungen werden ſcharf, die Wolke, die auf der Zukunft liegt, will ſich gar nicht in die Höhe ziehen, der letzte Lichtſtral verſchwindet, abge- ſchnitten von aller menſchlichen Hülfe liegt oft das un- glückliche Geſchöpf da, und weiß nicht, ob es das Ge- genwärtige, oder das Vergangene denken ſoll. Der Heiland hat uns Vorſchriften und Muſter zur Verläug- nung der Welt und unſrer ſelbſt gegeben. Das Evan- gelium predigt laut die Vergänglichkeit aller Reize und Schönheiten, und die Erfahrung giebt ihm Recht. Wie lange währt es, ſo iſt das ſchöne Jugendroth, die Mayen- farbe auf den Wangen dahin, und die Bleyfarbe des To- des nimmt ſeinen Platz ein. Das Herz des Menſchen eilt deſto mehr, davon Nutzen zu ziehen, und ſchließt aus der Kürze des menſchlichen Lebens, daß es Pflicht ge- gen unſre Natur ſey, die Vergnügungen der Sinne, in- dem man ſie noch mit allem Feuer genießen kann, auf- zufaſſen, und ſie zu haſchen, ehe ſie, wie ein Buttervo- gel, davon fliegen. (1 Cor. 15, 32.) Aber der Lehrer der Chriſten ſchließt anders. Jhm iſt die Ungewißheit al- ler menſchlichen Dinge der ſtärkſte Grund, ſie herabzu- ſetzen, und zu verachten. Enthaltet euch von fleiſch- lichen Lüſten, ihr ſeyd nur Pilgrimme und Wan- drer in der Welt, ſie ſtreiten wider eure Seele, (1 Petr. 2, 11.) habt nicht lieb die Welt, und was in ihr iſt, die Welt vergeht mit ihrer Luſt, (1 Joh. 2, 15 - 17) die dieſe Welt brauchen wollen, ſollen ſie doch nicht mißbrauchen, (1 Cor. 7, 31.) — ſo ſpricht die Religion, und der beſte, der frömmſte Menſch wird, weil
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Frömmigkeit des Erlöſers.
lichkeit; (Röm. 8, 18.) aber oft lagern ſich die Sorgen
ums Herz wie Kriegsheere, der Schmerz frißt an je-
dem Nerven, die Empfindungen werden ſcharf, die
Wolke, die auf der Zukunft liegt, will ſich gar nicht in
die Höhe ziehen, der letzte Lichtſtral verſchwindet, abge-
ſchnitten von aller menſchlichen Hülfe liegt oft das un-
glückliche Geſchöpf da, und weiß nicht, ob es das Ge-
genwärtige, oder das Vergangene denken ſoll. Der
Heiland hat uns Vorſchriften und Muſter zur Verläug-
nung der Welt und unſrer ſelbſt gegeben. Das Evan-
gelium predigt laut die Vergänglichkeit aller Reize und
Schönheiten, und die Erfahrung giebt ihm Recht. Wie
lange währt es, ſo iſt das ſchöne Jugendroth, die Mayen-
farbe auf den Wangen dahin, und die Bleyfarbe des To-
des nimmt ſeinen Platz ein. Das Herz des Menſchen
eilt deſto mehr, davon Nutzen zu ziehen, und ſchließt aus
der Kürze des menſchlichen Lebens, daß es Pflicht ge-
gen unſre Natur ſey, die Vergnügungen der Sinne, in-
dem man ſie noch mit allem Feuer genießen kann, auf-
zufaſſen, und ſie zu haſchen, ehe ſie, wie ein Buttervo-
gel, davon fliegen. (1 Cor. 15, 32.) Aber der Lehrer der
Chriſten ſchließt anders. Jhm iſt die Ungewißheit al-
ler menſchlichen Dinge der ſtärkſte Grund, ſie herabzu-
ſetzen, und zu verachten. Enthaltet euch von fleiſch-
lichen Lüſten, ihr ſeyd nur Pilgrimme und Wan-
drer in der Welt, ſie ſtreiten wider eure Seele,
(1 Petr. 2, 11.) habt nicht lieb die Welt, und was
in ihr iſt, die Welt vergeht mit ihrer Luſt, (1 Joh.
2, 15 - 17) die dieſe Welt brauchen wollen, ſollen ſie
doch nicht mißbrauchen, (1 Cor. 7, 31.) — ſo ſpricht
die Religion, und der beſte, der frömmſte Menſch wird,
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