Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Menschenliebe des Erlösers. nung: Gehet aus von Babel, sondert euch abvon den Unreinen, so sollt ihr mein Volk seyn. (2 Cor. 6, 17.) Für euch ist eben daselbst die Lehre, die kein Vernünftiger verachten kann: Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsterniß? Für euch ist die Erinnerung des Apostels: Niemand wird gekrönt, er kämpfe denn recht. (2 Timoth. 2, 5.) Für euch ist die Vorschrift des Erlösers, daß man alle- zeit deten, und darin nicht läßig, oder müde wer- den soll. (Lucä 18, 1.) Für euch ist die Regel: daß man allezeit wachen, auf den Herrn warten, und die Lichter brennen lassen müsse. (Lucä 12, 35. 36.) Für euch sind so viele Stellen, in welchen uns ein reiner, edler, vollständiger Gottesdienst geboten, und ein unge- theiltes Herz, ein beständiger Eifer im Guten, ein an- haltender Fleiß, ein ununterbrochenes Bestreben, den Sinn Jesu Christi anzunehmen, und in seinem Leben un- ser Urbild zu erblicken, befohlen wird. Und wahrlich, Christen! die Liebe des Erlösers, der uns vor dieser schändlichen Theilung unsrer Neigung gewarnt hat, sucht unser Bestes. So lang wir uns nicht ganz dem Gott überlassen, der unsre arme Anbetung nicht verschmähen will, so pflanzen wir nur immer neuen Kummer ins Herz. So lang wir noch nicht auf jeden Augenblick, auf jede Gelegenheit, besser zu werden, und der Welt ein Zeug- niß zu geben, daß wir Gottes Freunde seyn wollen, gei- zig sind, so lang werden wir auch immer stärkere Empö- rungen unsrer Leidenschaften ausstehen müssen. Jezt gehören die gezierten Lebensbeschreibungen so vieler phan- tastischer Menschen, die in Weichlichkeit, Müßiggang, verfeinerten Ränken, und nutzlosen Dingen Jahre hin- getän-
Menſchenliebe des Erlöſers. nung: Gehet aus von Babel, ſondert euch abvon den Unreinen, ſo ſollt ihr mein Volk ſeyn. (2 Cor. 6, 17.) Für euch iſt eben daſelbſt die Lehre, die kein Vernünftiger verachten kann: Was hat das Licht für Gemeinſchaft mit der Finſterniß? Für euch iſt die Erinnerung des Apoſtels: Niemand wird gekrönt, er kämpfe denn recht. (2 Timoth. 2, 5.) Für euch iſt die Vorſchrift des Erlöſers, daß man alle- zeit deten, und darin nicht läßig, oder müde wer- den ſoll. (Lucä 18, 1.) Für euch iſt die Regel: daß man allezeit wachen, auf den Herrn warten, und die Lichter brennen laſſen müſſe. (Lucä 12, 35. 36.) Für euch ſind ſo viele Stellen, in welchen uns ein reiner, edler, vollſtändiger Gottesdienſt geboten, und ein unge- theiltes Herz, ein beſtändiger Eifer im Guten, ein an- haltender Fleiß, ein ununterbrochenes Beſtreben, den Sinn Jeſu Chriſti anzunehmen, und in ſeinem Leben un- ſer Urbild zu erblicken, befohlen wird. Und wahrlich, Chriſten! die Liebe des Erlöſers, der uns vor dieſer ſchändlichen Theilung unſrer Neigung gewarnt hat, ſucht unſer Beſtes. So lang wir uns nicht ganz dem Gott überlaſſen, der unſre arme Anbetung nicht verſchmähen will, ſo pflanzen wir nur immer neuen Kummer ins Herz. So lang wir noch nicht auf jeden Augenblick, auf jede Gelegenheit, beſſer zu werden, und der Welt ein Zeug- niß zu geben, daß wir Gottes Freunde ſeyn wollen, gei- zig ſind, ſo lang werden wir auch immer ſtärkere Empö- rungen unſrer Leidenſchaften ausſtehen müſſen. Jezt gehören die gezierten Lebensbeſchreibungen ſo vieler phan- taſtiſcher Menſchen, die in Weichlichkeit, Müßiggang, verfeinerten Ränken, und nutzloſen Dingen Jahre hin- getän-
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Menſchenliebe des Erlöſers.
nung: Gehet aus von Babel, ſondert euch ab
von den Unreinen, ſo ſollt ihr mein Volk ſeyn.
(2 Cor. 6, 17.) Für euch iſt eben daſelbſt die Lehre, die
kein Vernünftiger verachten kann: Was hat das
Licht für Gemeinſchaft mit der Finſterniß? Für
euch iſt die Erinnerung des Apoſtels: Niemand wird
gekrönt, er kämpfe denn recht. (2 Timoth. 2, 5.)
Für euch iſt die Vorſchrift des Erlöſers, daß man alle-
zeit deten, und darin nicht läßig, oder müde wer-
den ſoll. (Lucä 18, 1.) Für euch iſt die Regel: daß
man allezeit wachen, auf den Herrn warten, und
die Lichter brennen laſſen müſſe. (Lucä 12, 35. 36.)
Für euch ſind ſo viele Stellen, in welchen uns ein reiner,
edler, vollſtändiger Gottesdienſt geboten, und ein unge-
theiltes Herz, ein beſtändiger Eifer im Guten, ein an-
haltender Fleiß, ein ununterbrochenes Beſtreben, den
Sinn Jeſu Chriſti anzunehmen, und in ſeinem Leben un-
ſer Urbild zu erblicken, befohlen wird. Und wahrlich,
Chriſten! die Liebe des Erlöſers, der uns vor dieſer
ſchändlichen Theilung unſrer Neigung gewarnt hat, ſucht
unſer Beſtes. So lang wir uns nicht ganz dem Gott
überlaſſen, der unſre arme Anbetung nicht verſchmähen
will, ſo pflanzen wir nur immer neuen Kummer ins Herz.
So lang wir noch nicht auf jeden Augenblick, auf jede
Gelegenheit, beſſer zu werden, und der Welt ein Zeug-
niß zu geben, daß wir Gottes Freunde ſeyn wollen, gei-
zig ſind, ſo lang werden wir auch immer ſtärkere Empö-
rungen unſrer Leidenſchaften ausſtehen müſſen. Jezt
gehören die gezierten Lebensbeſchreibungen ſo vieler phan-
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verfeinerten Ränken, und nutzloſen Dingen Jahre hin-
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