Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Arbeitsamkeit des Erlösers.
und die Straßen von Menschen wimmelten, so benutzte
Jesus diese Gelegenheit, der Menge nützliche Wahrhei-
ten zu predigen, und sie durch wohlthätige Wunder auf
ihn aufmerksam zu machen. (Marci 6, 34 etc. Johann.
6, 1 etc.) Sah er das liebliche Abendroth, (Matth. 16, 2.)
so leitete er die Unterredung auf die wichtigste Erschei-
nung im jüdischen Staat. Begegnete er einer Leiche,
so gieng er nicht rauh und unfreundlich an der Beglei-
tung vorbey, er trat zum Sarg, nahm die Schlüssel des
Grabes in die Hand, und führte einer im Kummer ver-
sunkenen Wittwe den Sohn wieder in die Arme zurück.
(Lucä 7, 11-17.) Kam ein Vater, dem die sterbende
Tochter das Herz zerriß, und bat ihn, zu ihr zu gehen,
ehe sie auslöschen würde, so machte er sich mit dem besten
Herzen gleich auf, übersah die schwachen Einsichten,
und das kleine Zutrauen, das man zu ihm hatte, arbei-
tete sich durch das Gedränge des neugierigen Volks
durch, und half auf dem Weg zu helfen wieder einer
andern Unglücklichen. (Matth. 9, 18.) Bat man bey
ihm für einen kranken Sclaven, so belohnte er durch die
vollkommenste Wiederherstellung auf der Stelle die Treue
des Bedienten, und die billige Denkungsart des Herrn.
(Lucä 7, 1 etc. Matth. 8, 1 etc.) Stand er am Ufer des
Sees, und sah dem Fischfang zu, so trug er die künftige
Geschichte seiner Kirche vor. Gieng er mit seiner Be-
gleitung am Sämann vorbey, so stellte er ihnen ihre Be-
stimmung unter anmuthigen Bildern vor. (Matth. 13,
1-23.) War er zwischen Fruchtfeldern, die mit Un-
kraut, mit Afterweizen bedeckt waren, so drückt ihm der
Anblick die Seele. Ihm war das unreine Feld ein Bild
seiner Kirche, die schrecklichen Mißbräuche, Grausamkei-

ten
P 3

Arbeitſamkeit des Erlöſers.
und die Straßen von Menſchen wimmelten, ſo benutzte
Jeſus dieſe Gelegenheit, der Menge nützliche Wahrhei-
ten zu predigen, und ſie durch wohlthätige Wunder auf
ihn aufmerkſam zu machen. (Marci 6, 34 ꝛc. Johann.
6, 1 ꝛc.) Sah er das liebliche Abendroth, (Matth. 16, 2.)
ſo leitete er die Unterredung auf die wichtigſte Erſchei-
nung im jüdiſchen Staat. Begegnete er einer Leiche,
ſo gieng er nicht rauh und unfreundlich an der Beglei-
tung vorbey, er trat zum Sarg, nahm die Schlüſſel des
Grabes in die Hand, und führte einer im Kummer ver-
ſunkenen Wittwe den Sohn wieder in die Arme zurück.
(Lucä 7, 11-17.) Kam ein Vater, dem die ſterbende
Tochter das Herz zerriß, und bat ihn, zu ihr zu gehen,
ehe ſie auslöſchen würde, ſo machte er ſich mit dem beſten
Herzen gleich auf, überſah die ſchwachen Einſichten,
und das kleine Zutrauen, das man zu ihm hatte, arbei-
tete ſich durch das Gedränge des neugierigen Volks
durch, und half auf dem Weg zu helfen wieder einer
andern Unglücklichen. (Matth. 9, 18.) Bat man bey
ihm für einen kranken Sclaven, ſo belohnte er durch die
vollkommenſte Wiederherſtellung auf der Stelle die Treue
des Bedienten, und die billige Denkungsart des Herrn.
(Lucä 7, 1 ꝛc. Matth. 8, 1 ꝛc.) Stand er am Ufer des
Sees, und ſah dem Fiſchfang zu, ſo trug er die künftige
Geſchichte ſeiner Kirche vor. Gieng er mit ſeiner Be-
gleitung am Sämann vorbey, ſo ſtellte er ihnen ihre Be-
ſtimmung unter anmuthigen Bildern vor. (Matth. 13,
1-23.) War er zwiſchen Fruchtfeldern, die mit Un-
kraut, mit Afterweizen bedeckt waren, ſo drückt ihm der
Anblick die Seele. Ihm war das unreine Feld ein Bild
ſeiner Kirche, die ſchrecklichen Mißbräuche, Grauſamkei-

ten
P 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0235" n="229"/><fw place="top" type="header">Arbeit&#x017F;amkeit des Erlö&#x017F;ers.</fw><lb/>
und die Straßen von Men&#x017F;chen wimmelten, &#x017F;o benutzte<lb/>
Je&#x017F;us die&#x017F;e Gelegenheit, der Menge nützliche Wahrhei-<lb/>
ten zu predigen, und &#x017F;ie durch wohlthätige Wunder auf<lb/>
ihn aufmerk&#x017F;am zu machen. (Marci 6, 34 &#xA75B;c. Johann.<lb/>
6, 1 &#xA75B;c.) Sah er das liebliche Abendroth, (Matth. 16, 2.)<lb/>
&#x017F;o leitete er die Unterredung auf die wichtig&#x017F;te Er&#x017F;chei-<lb/>
nung im jüdi&#x017F;chen Staat. Begegnete er einer Leiche,<lb/>
&#x017F;o gieng er nicht rauh und unfreundlich an der Beglei-<lb/>
tung vorbey, er trat zum Sarg, nahm die Schlü&#x017F;&#x017F;el des<lb/>
Grabes in die Hand, und führte einer im Kummer ver-<lb/>
&#x017F;unkenen Wittwe den Sohn wieder in die Arme zurück.<lb/>
(Lucä 7, 11-17.) Kam ein Vater, dem die &#x017F;terbende<lb/>
Tochter das Herz zerriß, und bat ihn, zu ihr zu gehen,<lb/>
ehe &#x017F;ie auslö&#x017F;chen würde, &#x017F;o machte er &#x017F;ich mit dem be&#x017F;ten<lb/>
Herzen gleich auf, über&#x017F;ah die &#x017F;chwachen Ein&#x017F;ichten,<lb/>
und das kleine Zutrauen, das man zu ihm hatte, arbei-<lb/>
tete &#x017F;ich durch das Gedränge des neugierigen Volks<lb/>
durch, und half auf dem Weg zu helfen wieder einer<lb/>
andern Unglücklichen. (Matth. 9, 18.) Bat man bey<lb/>
ihm für einen kranken Sclaven, &#x017F;o belohnte er durch die<lb/>
vollkommen&#x017F;te Wiederher&#x017F;tellung auf der Stelle die Treue<lb/>
des Bedienten, und die billige Denkungsart des Herrn.<lb/>
(Lucä 7, 1 &#xA75B;c. Matth. 8, 1 &#xA75B;c.) Stand er am Ufer des<lb/>
Sees, und &#x017F;ah dem Fi&#x017F;chfang zu, &#x017F;o trug er die künftige<lb/>
Ge&#x017F;chichte &#x017F;einer Kirche vor. Gieng er mit &#x017F;einer Be-<lb/>
gleitung am Sämann vorbey, &#x017F;o &#x017F;tellte er ihnen ihre Be-<lb/>
&#x017F;timmung unter anmuthigen Bildern vor. (Matth. 13,<lb/>
1-23.) War er zwi&#x017F;chen Fruchtfeldern, die mit Un-<lb/>
kraut, mit Afterweizen bedeckt waren, &#x017F;o drückt ihm der<lb/>
Anblick die Seele. Ihm war das unreine Feld ein Bild<lb/>
&#x017F;einer Kirche, die &#x017F;chrecklichen Mißbräuche, Grau&#x017F;amkei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0235] Arbeitſamkeit des Erlöſers. und die Straßen von Menſchen wimmelten, ſo benutzte Jeſus dieſe Gelegenheit, der Menge nützliche Wahrhei- ten zu predigen, und ſie durch wohlthätige Wunder auf ihn aufmerkſam zu machen. (Marci 6, 34 ꝛc. Johann. 6, 1 ꝛc.) Sah er das liebliche Abendroth, (Matth. 16, 2.) ſo leitete er die Unterredung auf die wichtigſte Erſchei- nung im jüdiſchen Staat. Begegnete er einer Leiche, ſo gieng er nicht rauh und unfreundlich an der Beglei- tung vorbey, er trat zum Sarg, nahm die Schlüſſel des Grabes in die Hand, und führte einer im Kummer ver- ſunkenen Wittwe den Sohn wieder in die Arme zurück. (Lucä 7, 11-17.) Kam ein Vater, dem die ſterbende Tochter das Herz zerriß, und bat ihn, zu ihr zu gehen, ehe ſie auslöſchen würde, ſo machte er ſich mit dem beſten Herzen gleich auf, überſah die ſchwachen Einſichten, und das kleine Zutrauen, das man zu ihm hatte, arbei- tete ſich durch das Gedränge des neugierigen Volks durch, und half auf dem Weg zu helfen wieder einer andern Unglücklichen. (Matth. 9, 18.) Bat man bey ihm für einen kranken Sclaven, ſo belohnte er durch die vollkommenſte Wiederherſtellung auf der Stelle die Treue des Bedienten, und die billige Denkungsart des Herrn. (Lucä 7, 1 ꝛc. Matth. 8, 1 ꝛc.) Stand er am Ufer des Sees, und ſah dem Fiſchfang zu, ſo trug er die künftige Geſchichte ſeiner Kirche vor. Gieng er mit ſeiner Be- gleitung am Sämann vorbey, ſo ſtellte er ihnen ihre Be- ſtimmung unter anmuthigen Bildern vor. (Matth. 13, 1-23.) War er zwiſchen Fruchtfeldern, die mit Un- kraut, mit Afterweizen bedeckt waren, ſo drückt ihm der Anblick die Seele. Ihm war das unreine Feld ein Bild ſeiner Kirche, die ſchrecklichen Mißbräuche, Grauſamkei- ten P 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/235
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/235>, abgerufen am 21.11.2024.