Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Arbeitsamkeit des Erlösers. ten und Gewaltthätigkeiten, die man sich nach seinemAbschied aus der Welt erlaubte, erschienen ihm plötzlich, er sah die Macht der Bosheit, und den falschen Eifer seiner Freunde: das alles erzählt er seinen Zuhörern im anmuthigsten Gewand, und giebt die heilsamsten Gesetze wegen den Aufrührern und Störern seines Reiches. (Matth. 13, 24-30.) Oft vermißten seine Jünger den äußerlichen Schimmer. Weil er keine Hofhaltung, keine Equipage, keinen Staatswagen, keine kostbare Kleider hatte, so wurden sie oft irre, und meynten, daß er nicht der Messias wäre. Sein scharfes Auge bemerkte das, und sogleich verglich er sein Reich in der Welt einem Ge- wächs, das aus sehr kleinen Saamen aufwächst, einer Hand voll Sauerteig, wovon eine Menge Brod entste- hen kann. (Matth. 13, 31-33 etc.) Erblickte er das wal- lende Erndtefeld, und die braunen zur Sichel des Schnit- ters reif gewordenen Aehren, so führt er seine Zuhörer auf ihr Amt, und so hellte er nach und nach die Finsterniß in ihren Seelen auf. Ach, sagt er, so wie das Feld hier, das, wie ein weites Meer, mit Getreide besät ist, wo manche Sichel einschlagen wird, so liegt die ganze Welt vor euch. Ihr habt eine wichtige Arbeit, ihr werdet überall Geschäfte ant[r]effen, die euch erwarten, die Erndte ist groß, und noch sind so wenige ernstliche und treue Arbeiter da. (Matth. 9, 37 etc.) Ueberall hatte er den Zweck, den Aposteln eine wahre Beeiferung um das Beste der Nation einzuflößen. Saß er am Fuß des Tempelbergs, und seine Jünger -- sinnliche, grobe Juden, die von ihrem Staat und Gottesdienst eine Ewigkeit träumten! staunten über das vergüldete Ge- bäude, so schilderte er ihnen die Verwüstungen ihres Landes,
Arbeitſamkeit des Erlöſers. ten und Gewaltthätigkeiten, die man ſich nach ſeinemAbſchied aus der Welt erlaubte, erſchienen ihm plötzlich, er ſah die Macht der Bosheit, und den falſchen Eifer ſeiner Freunde: das alles erzählt er ſeinen Zuhörern im anmuthigſten Gewand, und giebt die heilſamſten Geſetze wegen den Aufrührern und Störern ſeines Reiches. (Matth. 13, 24-30.) Oft vermißten ſeine Jünger den äußerlichen Schimmer. Weil er keine Hofhaltung, keine Equipage, keinen Staatswagen, keine koſtbare Kleider hatte, ſo wurden ſie oft irre, und meynten, daß er nicht der Meſſias wäre. Sein ſcharfes Auge bemerkte das, und ſogleich verglich er ſein Reich in der Welt einem Ge- wächs, das aus ſehr kleinen Saamen aufwächſt, einer Hand voll Sauerteig, wovon eine Menge Brod entſte- hen kann. (Matth. 13, 31-33 ꝛc.) Erblickte er das wal- lende Erndtefeld, und die braunen zur Sichel des Schnit- ters reif gewordenen Aehren, ſo führt er ſeine Zuhörer auf ihr Amt, und ſo hellte er nach und nach die Finſterniß in ihren Seelen auf. Ach, ſagt er, ſo wie das Feld hier, das, wie ein weites Meer, mit Getreide beſät iſt, wo manche Sichel einſchlagen wird, ſo liegt die ganze Welt vor euch. Ihr habt eine wichtige Arbeit, ihr werdet überall Geſchäfte ant[r]effen, die euch erwarten, die Erndte iſt groß, und noch ſind ſo wenige ernſtliche und treue Arbeiter da. (Matth. 9, 37 ꝛc.) Ueberall hatte er den Zweck, den Apoſteln eine wahre Beeiferung um das Beſte der Nation einzuflößen. Saß er am Fuß des Tempelbergs, und ſeine Jünger — ſinnliche, grobe Juden, die von ihrem Staat und Gottesdienſt eine Ewigkeit träumten! ſtaunten über das vergüldete Ge- bäude, ſo ſchilderte er ihnen die Verwüſtungen ihres Landes,
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Arbeitſamkeit des Erlöſers.
ten und Gewaltthätigkeiten, die man ſich nach ſeinem
Abſchied aus der Welt erlaubte, erſchienen ihm plötzlich,
er ſah die Macht der Bosheit, und den falſchen Eifer
ſeiner Freunde: das alles erzählt er ſeinen Zuhörern im
anmuthigſten Gewand, und giebt die heilſamſten Geſetze
wegen den Aufrührern und Störern ſeines Reiches.
(Matth. 13, 24-30.) Oft vermißten ſeine Jünger den
äußerlichen Schimmer. Weil er keine Hofhaltung, keine
Equipage, keinen Staatswagen, keine koſtbare Kleider
hatte, ſo wurden ſie oft irre, und meynten, daß er nicht
der Meſſias wäre. Sein ſcharfes Auge bemerkte das,
und ſogleich verglich er ſein Reich in der Welt einem Ge-
wächs, das aus ſehr kleinen Saamen aufwächſt, einer
Hand voll Sauerteig, wovon eine Menge Brod entſte-
hen kann. (Matth. 13, 31-33 ꝛc.) Erblickte er das wal-
lende Erndtefeld, und die braunen zur Sichel des Schnit-
ters reif gewordenen Aehren, ſo führt er ſeine Zuhörer auf
ihr Amt, und ſo hellte er nach und nach die Finſterniß in
ihren Seelen auf. Ach, ſagt er, ſo wie das Feld hier,
das, wie ein weites Meer, mit Getreide beſät iſt, wo
manche Sichel einſchlagen wird, ſo liegt die ganze Welt
vor euch. Ihr habt eine wichtige Arbeit, ihr werdet
überall Geſchäfte antreffen, die euch erwarten, die Erndte
iſt groß, und noch ſind ſo wenige ernſtliche und
treue Arbeiter da. (Matth. 9, 37 ꝛc.) Ueberall hatte
er den Zweck, den Apoſteln eine wahre Beeiferung um
das Beſte der Nation einzuflößen. Saß er am Fuß
des Tempelbergs, und ſeine Jünger — ſinnliche, grobe
Juden, die von ihrem Staat und Gottesdienſt eine
Ewigkeit träumten! ſtaunten über das vergüldete Ge-
bäude, ſo ſchilderte er ihnen die Verwüſtungen ihres
Landes,
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