Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Anwendung auf uns. aus dem Wege, er werde seine Arbeiten fortsetzen, wiebisher, so lang es ihm gefiele, in Galiläa, und wenn endlich die bestimmte Zeit da seyn werde, so wollte er sel- ber aufhören, übrigens sey es freylich sein Schicksal, wie aller Propheten, in Jerusalem zu sterben, sie sollten aber versichert seyn, daß das von viel höheren Bestimmungen und Zulassungen abhänge, als von den Chicanen und Cabalen an ihrem Hof, wo sie vielleicht träumen, daß der Mittelpunct der Welt, und das erste Triebrad aller wirkenden Kräfte, der wichtigste Hebel zu allen Verän- derungen auf der ganzen Erde sey -- Sehet da die freymüthige Sprache eines Mannes, der bey seinem nützlichen Beruf, und bey der Treue, die er darin be- weist, keinen andern Richter hat, als Gott, und auch sonst niemand fürchtet. Der Fleiß der ganzen Natur ist immer auch eine große Aufmunterung für uns. Das kleinste Insect wirkt immer. Die Vögel bauen, sin- gen, lieben, brüten, pflegen, fliegen schon, wenn kaum der Tag grau wird am östlichen Himmel. Es giebt viele Thiere, die fast gar nicht schlafen. Das muntre rasche Pferd braucht nur wenige Stunden Ruhe. Auch die Fische ermüden nicht leicht in ihrem Element. Ei- gentlich geht die Sonne nie unter; sie erleuchtet im- mer einen Theil der Erde, sie ist also in jedem Augen- blick herrlich und wohlthätig. Die Pflanzenwurzeln strecken sich unter dem Boden eben so, wie die Zweige in der Lust. Im Bienenkorb hört man noch um Mit- ternacht das Summen der kleinen geschäftigen Thiere, und ihnen entgeht kein Staubkörnchen, das im weitesten Revier für sie vorhanden ist. Salomo hat uns schon zur Ameise geschickt. (Sprüchw. 6, 6.) Laßt uns also auch Q 2
Anwendung auf uns. aus dem Wege, er werde ſeine Arbeiten fortſetzen, wiebisher, ſo lang es ihm gefiele, in Galiläa, und wenn endlich die beſtimmte Zeit da ſeyn werde, ſo wollte er ſel- ber aufhören, übrigens ſey es freylich ſein Schickſal, wie aller Propheten, in Jeruſalem zu ſterben, ſie ſollten aber verſichert ſeyn, daß das von viel höheren Beſtimmungen und Zulaſſungen abhänge, als von den Chicanen und Cabalen an ihrem Hof, wo ſie vielleicht träumen, daß der Mittelpunct der Welt, und das erſte Triebrad aller wirkenden Kräfte, der wichtigſte Hebel zu allen Verän- derungen auf der ganzen Erde ſey — Sehet da die freymüthige Sprache eines Mannes, der bey ſeinem nützlichen Beruf, und bey der Treue, die er darin be- weiſt, keinen andern Richter hat, als Gott, und auch ſonſt niemand fürchtet. Der Fleiß der ganzen Natur iſt immer auch eine große Aufmunterung für uns. Das kleinſte Inſect wirkt immer. Die Vögel bauen, ſin- gen, lieben, brüten, pflegen, fliegen ſchon, wenn kaum der Tag grau wird am öſtlichen Himmel. Es giebt viele Thiere, die faſt gar nicht ſchlafen. Das muntre raſche Pferd braucht nur wenige Stunden Ruhe. Auch die Fiſche ermüden nicht leicht in ihrem Element. Ei- gentlich geht die Sonne nie unter; ſie erleuchtet im- mer einen Theil der Erde, ſie iſt alſo in jedem Augen- blick herrlich und wohlthätig. Die Pflanzenwurzeln ſtrecken ſich unter dem Boden eben ſo, wie die Zweige in der Luſt. Im Bienenkorb hört man noch um Mit- ternacht das Summen der kleinen geſchäftigen Thiere, und ihnen entgeht kein Staubkörnchen, das im weiteſten Revier für ſie vorhanden iſt. Salomo hat uns ſchon zur Ameiſe geſchickt. (Sprüchw. 6, 6.) Laßt uns alſo auch Q 2
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Anwendung auf uns.
aus dem Wege, er werde ſeine Arbeiten fortſetzen, wie
bisher, ſo lang es ihm gefiele, in Galiläa, und wenn
endlich die beſtimmte Zeit da ſeyn werde, ſo wollte er ſel-
ber aufhören, übrigens ſey es freylich ſein Schickſal, wie
aller Propheten, in Jeruſalem zu ſterben, ſie ſollten aber
verſichert ſeyn, daß das von viel höheren Beſtimmungen
und Zulaſſungen abhänge, als von den Chicanen und
Cabalen an ihrem Hof, wo ſie vielleicht träumen, daß
der Mittelpunct der Welt, und das erſte Triebrad aller
wirkenden Kräfte, der wichtigſte Hebel zu allen Verän-
derungen auf der ganzen Erde ſey — Sehet da die
freymüthige Sprache eines Mannes, der bey ſeinem
nützlichen Beruf, und bey der Treue, die er darin be-
weiſt, keinen andern Richter hat, als Gott, und auch
ſonſt niemand fürchtet. Der Fleiß der ganzen Natur
iſt immer auch eine große Aufmunterung für uns. Das
kleinſte Inſect wirkt immer. Die Vögel bauen, ſin-
gen, lieben, brüten, pflegen, fliegen ſchon, wenn kaum
der Tag grau wird am öſtlichen Himmel. Es giebt
viele Thiere, die faſt gar nicht ſchlafen. Das muntre
raſche Pferd braucht nur wenige Stunden Ruhe. Auch
die Fiſche ermüden nicht leicht in ihrem Element. Ei-
gentlich geht die Sonne nie unter; ſie erleuchtet im-
mer einen Theil der Erde, ſie iſt alſo in jedem Augen-
blick herrlich und wohlthätig. Die Pflanzenwurzeln
ſtrecken ſich unter dem Boden eben ſo, wie die Zweige
in der Luſt. Im Bienenkorb hört man noch um Mit-
ternacht das Summen der kleinen geſchäftigen Thiere,
und ihnen entgeht kein Staubkörnchen, das im weiteſten
Revier für ſie vorhanden iſt. Salomo hat uns ſchon
zur Ameiſe geſchickt. (Sprüchw. 6, 6.) Laßt uns alſo
auch
Q 2
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