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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Unsre Beruhigung beym Willen Gottes.
weiß, worüber er sich freuen soll! der so vieles Gute in sei-
nem Leben, und an andern Menschen übersieht! der sich
immer falsch beurtheilt, und sich stets mit andern vergleicht,
die er von weitem für glücklich hält! Herr, sagt Da-
vid, wenn ich gedenke, wie du von jeher die Welt
regiert hast, so werde ich getröstet.
(Ps. 119, 52.)
Gewöhnen wir uns also, alles als einen Befehl Gottes
anzusehen, arbeiten wir für Gott, verwandeln wir alle
unsre Beschäftigungen durch christliche Dankbarkeit und
Liebe in Opfer, und hoffen wir gewiß Nutzen, wenn uns
Gott in den Stand gesetzt hat, in dem wir wirklich stehen.
Es schmerzt uns oft, wenn unsre Entwürfe zerrissen, un-
sre Hoffnungen vernichtet werden, wenn unsre Gebete
unerhört, und unsre Hände leer vom Himmel zurückkom-
men. Aber sollte dann Gott alle thörichte Begierden,
die im Herzen aufwallen, erfüllen? Wie oft würden
wir die unglückseligsten Menschen geworden seyn, wenn
Gott die träumerischen Wünsche unsrer Jugend alle er-
hört hätte! Unsre eigene Erfahrung wird uns schamroth
machen, wenn wir sagen wollten, wir seyen deswegen un-
glücklich geworden, weil wir nicht jedes vorgesetzte Ziel
erreicht haben. Und das dankbarste Geständniß aller
Verehrer Gottes selbst im schmerzhaftesten Tod, die Ge-
duld Jesu Christi, die frohen Lobgesänge Davids, der
freudige Blick, den Paulus an der Kette in sein ganzes
wahrlich trauriges Leben zurückwarf, und so viele andre
Beyspiele von frommen Menschen, die das verworrenste
Leben, aber ein Herz voll Liebe und Gehorsam gegen
Gott hatten -- das alles muß die Unzufriedenheit ersti-
cken, uns das heilige Wort des Apostels, daß denen
die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen,

(Röm.
S

Unſre Beruhigung beym Willen Gottes.
weiß, worüber er ſich freuen ſoll! der ſo vieles Gute in ſei-
nem Leben, und an andern Menſchen überſieht! der ſich
immer falſch beurtheilt, und ſich ſtets mit andern vergleicht,
die er von weitem für glücklich hält! Herr, ſagt Da-
vid, wenn ich gedenke, wie du von jeher die Welt
regiert haſt, ſo werde ich getröſtet.
(Pſ. 119, 52.)
Gewöhnen wir uns alſo, alles als einen Befehl Gottes
anzuſehen, arbeiten wir für Gott, verwandeln wir alle
unſre Beſchäftigungen durch chriſtliche Dankbarkeit und
Liebe in Opfer, und hoffen wir gewiß Nutzen, wenn uns
Gott in den Stand geſetzt hat, in dem wir wirklich ſtehen.
Es ſchmerzt uns oft, wenn unſre Entwürfe zerriſſen, un-
ſre Hoffnungen vernichtet werden, wenn unſre Gebete
unerhört, und unſre Hände leer vom Himmel zurückkom-
men. Aber ſollte dann Gott alle thörichte Begierden,
die im Herzen aufwallen, erfüllen? Wie oft würden
wir die unglückſeligſten Menſchen geworden ſeyn, wenn
Gott die träumeriſchen Wünſche unſrer Jugend alle er-
hört hätte! Unſre eigene Erfahrung wird uns ſchamroth
machen, wenn wir ſagen wollten, wir ſeyen deswegen un-
glücklich geworden, weil wir nicht jedes vorgeſetzte Ziel
erreicht haben. Und das dankbarſte Geſtändniß aller
Verehrer Gottes ſelbſt im ſchmerzhafteſten Tod, die Ge-
duld Jeſu Chriſti, die frohen Lobgeſänge Davids, der
freudige Blick, den Paulus an der Kette in ſein ganzes
wahrlich trauriges Leben zurückwarf, und ſo viele andre
Beyſpiele von frommen Menſchen, die das verworrenſte
Leben, aber ein Herz voll Liebe und Gehorſam gegen
Gott hatten — das alles muß die Unzufriedenheit erſti-
cken, uns das heilige Wort des Apoſtels, daß denen
die Gott lieben, alle Dinge zum Beſten dienen,

(Röm.
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[273/0279] Unſre Beruhigung beym Willen Gottes. weiß, worüber er ſich freuen ſoll! der ſo vieles Gute in ſei- nem Leben, und an andern Menſchen überſieht! der ſich immer falſch beurtheilt, und ſich ſtets mit andern vergleicht, die er von weitem für glücklich hält! Herr, ſagt Da- vid, wenn ich gedenke, wie du von jeher die Welt regiert haſt, ſo werde ich getröſtet. (Pſ. 119, 52.) Gewöhnen wir uns alſo, alles als einen Befehl Gottes anzuſehen, arbeiten wir für Gott, verwandeln wir alle unſre Beſchäftigungen durch chriſtliche Dankbarkeit und Liebe in Opfer, und hoffen wir gewiß Nutzen, wenn uns Gott in den Stand geſetzt hat, in dem wir wirklich ſtehen. Es ſchmerzt uns oft, wenn unſre Entwürfe zerriſſen, un- ſre Hoffnungen vernichtet werden, wenn unſre Gebete unerhört, und unſre Hände leer vom Himmel zurückkom- men. Aber ſollte dann Gott alle thörichte Begierden, die im Herzen aufwallen, erfüllen? Wie oft würden wir die unglückſeligſten Menſchen geworden ſeyn, wenn Gott die träumeriſchen Wünſche unſrer Jugend alle er- hört hätte! Unſre eigene Erfahrung wird uns ſchamroth machen, wenn wir ſagen wollten, wir ſeyen deswegen un- glücklich geworden, weil wir nicht jedes vorgeſetzte Ziel erreicht haben. Und das dankbarſte Geſtändniß aller Verehrer Gottes ſelbſt im ſchmerzhafteſten Tod, die Ge- duld Jeſu Chriſti, die frohen Lobgeſänge Davids, der freudige Blick, den Paulus an der Kette in ſein ganzes wahrlich trauriges Leben zurückwarf, und ſo viele andre Beyſpiele von frommen Menſchen, die das verworrenſte Leben, aber ein Herz voll Liebe und Gehorſam gegen Gott hatten — das alles muß die Unzufriedenheit erſti- cken, uns das heilige Wort des Apoſtels, daß denen die Gott lieben, alle Dinge zum Beſten dienen, (Röm. S

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/279>, abgerufen am 23.06.2024.