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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Gesinnung Jesu Christi
der Gewißheit aufzudrücken, war er immer erfüllt. Er
trat also, da das Fest wiederkam, wo viele tausend Men-
schen nach Jerusalem strömten, vor deren Augen er seine
Martern dulden wollte, freywillig und mit ruhiger Ent-
schließung seine letzte Reise an. (Lucä 18, 31. etc. etc.) Neu-
gierde und Liebe zum Außerordentlichen versammlete im-
mer viel Volk um ihn herum, davon machte er sich jezt
auf eine kleine Zeit los, und beschäftigt sich allein mit
s[e]inen gewöhnlichen Begleitern. Wie ehrlich, wie auf-
richtig redet er mit ihnen! Die Krankheit der Apostel
war ihm nicht unbekannt. Er sah, daß sie voll Be-
gierde waren, das Osterfest zu besuchen, weil sie sicher
glaubten, daß Jesus jezt die Menge seiner Verehrer aus
Judäa und Galiläa an sich ziehen, den Römern ihre Er-
oberungen entreißen, dem gedruckten Volk seine Freyheit,
und ihnen die glänzendsten Ehrenstellen und Würden ge-
ben würde. Lange hatte er versucht, diese wunderliche
Meynung mit der Wurzel auszurotten, aber die Kunst
des größten Lehrers kann ihre Absichten nicht allemal er-
reichen. Frey und ohne alle Zurückhaltung sagt er ih-
nen nun, daß jezt das Leiden, von dem er so oft geredet
hätte, unvermeidlich wäre, daß er nicht gekrönt, nicht
zum König ausgerufen, sondern mißhandelt, gequält,
und getödtet werden würde. Sie sollten also keine wich-
tige Aemter, keine Ehrenzeichen, kein sichtbares glänzen-
des Glück von ihm erwarten, er würde sich jezt seinen
Feinden, wie er oft gethan hatte, nicht mehr entziehen,
der falsche unverständige Eifer für Gott würde jezt über
ihn siegen, die Gewalt der römischen Gerichte würde ihn
zum Tode bringen. (Lucä 18, 31. 32. 33.) Alle Um-
stände, alle Stufen, alle Ursachen seiner Martern sagt

er

Geſinnung Jeſu Chriſti
der Gewißheit aufzudrücken, war er immer erfüllt. Er
trat alſo, da das Feſt wiederkam, wo viele tauſend Men-
ſchen nach Jeruſalem ſtrömten, vor deren Augen er ſeine
Martern dulden wollte, freywillig und mit ruhiger Ent-
ſchließung ſeine letzte Reiſe an. (Lucä 18, 31. ꝛc. ꝛc.) Neu-
gierde und Liebe zum Außerordentlichen verſammlete im-
mer viel Volk um ihn herum, davon machte er ſich jezt
auf eine kleine Zeit los, und beſchäftigt ſich allein mit
ſ[e]inen gewöhnlichen Begleitern. Wie ehrlich, wie auf-
richtig redet er mit ihnen! Die Krankheit der Apoſtel
war ihm nicht unbekannt. Er ſah, daß ſie voll Be-
gierde waren, das Oſterfeſt zu beſuchen, weil ſie ſicher
glaubten, daß Jeſus jezt die Menge ſeiner Verehrer aus
Judäa und Galiläa an ſich ziehen, den Römern ihre Er-
oberungen entreißen, dem gedruckten Volk ſeine Freyheit,
und ihnen die glänzendſten Ehrenſtellen und Würden ge-
ben würde. Lange hatte er verſucht, dieſe wunderliche
Meynung mit der Wurzel auszurotten, aber die Kunſt
des größten Lehrers kann ihre Abſichten nicht allemal er-
reichen. Frey und ohne alle Zurückhaltung ſagt er ih-
nen nun, daß jezt das Leiden, von dem er ſo oft geredet
hätte, unvermeidlich wäre, daß er nicht gekrönt, nicht
zum König ausgerufen, ſondern mißhandelt, gequält,
und getödtet werden würde. Sie ſollten alſo keine wich-
tige Aemter, keine Ehrenzeichen, kein ſichtbares glänzen-
des Glück von ihm erwarten, er würde ſich jezt ſeinen
Feinden, wie er oft gethan hatte, nicht mehr entziehen,
der falſche unverſtändige Eifer für Gott würde jezt über
ihn ſiegen, die Gewalt der römiſchen Gerichte würde ihn
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ſtände, alle Stufen, alle Urſachen ſeiner Martern ſagt

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[282/0288] Geſinnung Jeſu Chriſti der Gewißheit aufzudrücken, war er immer erfüllt. Er trat alſo, da das Feſt wiederkam, wo viele tauſend Men- ſchen nach Jeruſalem ſtrömten, vor deren Augen er ſeine Martern dulden wollte, freywillig und mit ruhiger Ent- ſchließung ſeine letzte Reiſe an. (Lucä 18, 31. ꝛc. ꝛc.) Neu- gierde und Liebe zum Außerordentlichen verſammlete im- mer viel Volk um ihn herum, davon machte er ſich jezt auf eine kleine Zeit los, und beſchäftigt ſich allein mit ſeinen gewöhnlichen Begleitern. Wie ehrlich, wie auf- richtig redet er mit ihnen! Die Krankheit der Apoſtel war ihm nicht unbekannt. Er ſah, daß ſie voll Be- gierde waren, das Oſterfeſt zu beſuchen, weil ſie ſicher glaubten, daß Jeſus jezt die Menge ſeiner Verehrer aus Judäa und Galiläa an ſich ziehen, den Römern ihre Er- oberungen entreißen, dem gedruckten Volk ſeine Freyheit, und ihnen die glänzendſten Ehrenſtellen und Würden ge- ben würde. Lange hatte er verſucht, dieſe wunderliche Meynung mit der Wurzel auszurotten, aber die Kunſt des größten Lehrers kann ihre Abſichten nicht allemal er- reichen. Frey und ohne alle Zurückhaltung ſagt er ih- nen nun, daß jezt das Leiden, von dem er ſo oft geredet hätte, unvermeidlich wäre, daß er nicht gekrönt, nicht zum König ausgerufen, ſondern mißhandelt, gequält, und getödtet werden würde. Sie ſollten alſo keine wich- tige Aemter, keine Ehrenzeichen, kein ſichtbares glänzen- des Glück von ihm erwarten, er würde ſich jezt ſeinen Feinden, wie er oft gethan hatte, nicht mehr entziehen, der falſche unverſtändige Eifer für Gott würde jezt über ihn ſiegen, die Gewalt der römiſchen Gerichte würde ihn zum Tode bringen. (Lucä 18, 31. 32. 33.) Alle Um- ſtände, alle Stufen, alle Urſachen ſeiner Martern ſagt er

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/288>, abgerufen am 24.11.2024.