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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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am Ende seines Lebens.
nicht müde, so lang sie ihn nur duldeten auf der Erde.
O welche schöne Geschäfte auf dem Weg zum Tode!
Wie leicht wird die Liebe Jesu Christi rege! Und, wenn
sein Herz Mitleiden empfindet, wie viel Antheil erlaubt
er auch dem niedrigsten Menschen an seiner Güte! Er
wehret dem Volk, das ihn hindern will, einen Elenden
zu erquicken. Die Reichen unter uns fluchen oft über
den Bedienten, wenn er das Geschmeiß der Bettler,
wie sie sagen, nicht von der Thüre wegjagt. Jesus
vergißt sich selber, sobald er einen Menschen traurig
sieht. Sein Geist war schon voll von dem großen
Werk, das er ausführen wollte, aber kaum meldet sich
ein Elender, so steht er still, bricht das Gespräch ab,
öffnet den Kreis des Volks, daß der Arme herbey kom-
men kann, begegnet ihm mit seinem mutheinflößenden
Blick, und belohnt ihn für das gute Zutrauen, das er
zu ihm hatte. Es ist sichtbare Freude, innre Erqui-
ckung für ihn, auch seine letzte Bahn mit Wohlthaten
zu verschönern.

Doch wer beschreibt würdig, undAnwendung
auf uns.

wenn er auch mit allen Engel- und Men-
schenzungen reden könnte, das Leben Jesu Christi? Aber
wir müssen die Menschenliebe des Erlösers nicht nur lo-
ben und bewundern, wir müssen sie nachahmen, und zur
Regel unsers Verhaltens annehmen. Er that alles um
Gottes willen, was er den Menschen that -- Dies
sey unser herrschender Grundsatz, so wird die große Un-
gleichheit zwischen uns und ihm aufhören. Ringet nicht
unaufhörlich nach dem Lob vergeßlicher Menschen --

sonst
T 2

am Ende ſeines Lebens.
nicht müde, ſo lang ſie ihn nur duldeten auf der Erde.
O welche ſchöne Geſchäfte auf dem Weg zum Tode!
Wie leicht wird die Liebe Jeſu Chriſti rege! Und, wenn
ſein Herz Mitleiden empfindet, wie viel Antheil erlaubt
er auch dem niedrigſten Menſchen an ſeiner Güte! Er
wehret dem Volk, das ihn hindern will, einen Elenden
zu erquicken. Die Reichen unter uns fluchen oft über
den Bedienten, wenn er das Geſchmeiß der Bettler,
wie ſie ſagen, nicht von der Thüre wegjagt. Jeſus
vergißt ſich ſelber, ſobald er einen Menſchen traurig
ſieht. Sein Geiſt war ſchon voll von dem großen
Werk, das er ausführen wollte, aber kaum meldet ſich
ein Elender, ſo ſteht er ſtill, bricht das Geſpräch ab,
öffnet den Kreis des Volks, daß der Arme herbey kom-
men kann, begegnet ihm mit ſeinem mutheinflößenden
Blick, und belohnt ihn für das gute Zutrauen, das er
zu ihm hatte. Es iſt ſichtbare Freude, innre Erqui-
ckung für ihn, auch ſeine letzte Bahn mit Wohlthaten
zu verſchönern.

Doch wer beſchreibt würdig, undAnwendung
auf uns.

wenn er auch mit allen Engel- und Men-
ſchenzungen reden könnte, das Leben Jeſu Chriſti? Aber
wir müſſen die Menſchenliebe des Erlöſers nicht nur lo-
ben und bewundern, wir müſſen ſie nachahmen, und zur
Regel unſers Verhaltens annehmen. Er that alles um
Gottes willen, was er den Menſchen that — Dies
ſey unſer herrſchender Grundſatz, ſo wird die große Un-
gleichheit zwiſchen uns und ihm aufhören. Ringet nicht
unaufhörlich nach dem Lob vergeßlicher Menſchen —

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[291/0297] am Ende ſeines Lebens. nicht müde, ſo lang ſie ihn nur duldeten auf der Erde. O welche ſchöne Geſchäfte auf dem Weg zum Tode! Wie leicht wird die Liebe Jeſu Chriſti rege! Und, wenn ſein Herz Mitleiden empfindet, wie viel Antheil erlaubt er auch dem niedrigſten Menſchen an ſeiner Güte! Er wehret dem Volk, das ihn hindern will, einen Elenden zu erquicken. Die Reichen unter uns fluchen oft über den Bedienten, wenn er das Geſchmeiß der Bettler, wie ſie ſagen, nicht von der Thüre wegjagt. Jeſus vergißt ſich ſelber, ſobald er einen Menſchen traurig ſieht. Sein Geiſt war ſchon voll von dem großen Werk, das er ausführen wollte, aber kaum meldet ſich ein Elender, ſo ſteht er ſtill, bricht das Geſpräch ab, öffnet den Kreis des Volks, daß der Arme herbey kom- men kann, begegnet ihm mit ſeinem mutheinflößenden Blick, und belohnt ihn für das gute Zutrauen, das er zu ihm hatte. Es iſt ſichtbare Freude, innre Erqui- ckung für ihn, auch ſeine letzte Bahn mit Wohlthaten zu verſchönern. Doch wer beſchreibt würdig, und wenn er auch mit allen Engel- und Men- ſchenzungen reden könnte, das Leben Jeſu Chriſti? Aber wir müſſen die Menſchenliebe des Erlöſers nicht nur lo- ben und bewundern, wir müſſen ſie nachahmen, und zur Regel unſers Verhaltens annehmen. Er that alles um Gottes willen, was er den Menſchen that — Dies ſey unſer herrſchender Grundſatz, ſo wird die große Un- gleichheit zwiſchen uns und ihm aufhören. Ringet nicht unaufhörlich nach dem Lob vergeßlicher Menſchen — ſonſt Anwendung auf uns. T 2

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/297>, abgerufen am 22.11.2024.