Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.am Ende seines Lebens. ket euch den Stifter der Religion, in welcher Lage ihrwollt, ihr werdet immer ein großes Herz, immer eine schöne und uneigennützige Denkungsart an ihm finden. Die größten Laster umringten ihn, und er ließ beständig die größten Tugenden blicken. Er lebte nicht lange, aber sein Leben war fruchtbar an edeln und schönen Tha- ten. So wie seine menschliche Vernunft aufblühte, so fieng er auch gleich sein weises, planvolles Leben an. Ganz für andre leben, ein Muster der Frömmigkeit, und der wärmsten Gottesverehrung seyn, das mensch- liche Leben genießen, und bey jedem Auftritt eine neue große Seite zeigen, die Unglücklichen aufsuchen, die Traurigen ermuntern, die Weinenden erheitern, auch unter dem arbeitenden und niedrigen Theil der Men- schen Gesellschaft suchen, und bey geringen Leuten alles andre, nur nicht die Menschlichkeit, ablegen, gleich dem Licht der Welt, seinen erquickenden Einfluß auf je- des Thal, auf prächtige Cedern, und auf niedre Ge- sträuche verbreiten, mit jedem Menschen seine Vorzüge theilen, und für diese Mittheilung nur von seinem Ge- wissen Belohnung fordern, keine Ordnung in der mensch- lichen Gesellschaft um seiner äusserlichen Ehre willen stö- ren, auch den Niedrigsten Proben seiner Achtung und seines liebevollen Herzens geben, an jedem Menschen die ihm eigenen Vorzüge erkennen und schätzen, viele Be- leidigungen übersehen, mit mittelmäßigen Umständen zu- frieden seyn, auch seine höchsten Vorzüge nie, um andre zu kränken, anwenden, weil Gott einen harten Tod von ihm forderte, auch dem Schauplatz der Martern mit willigem Herzen entgegen gehen, und mit dem letzten Odem T 3
am Ende ſeines Lebens. ket euch den Stifter der Religion, in welcher Lage ihrwollt, ihr werdet immer ein großes Herz, immer eine ſchöne und uneigennützige Denkungsart an ihm finden. Die größten Laſter umringten ihn, und er ließ beſtändig die größten Tugenden blicken. Er lebte nicht lange, aber ſein Leben war fruchtbar an edeln und ſchönen Tha- ten. So wie ſeine menſchliche Vernunft aufblühte, ſo fieng er auch gleich ſein weiſes, planvolles Leben an. Ganz für andre leben, ein Muſter der Frömmigkeit, und der wärmſten Gottesverehrung ſeyn, das menſch- liche Leben genießen, und bey jedem Auftritt eine neue große Seite zeigen, die Unglücklichen aufſuchen, die Traurigen ermuntern, die Weinenden erheitern, auch unter dem arbeitenden und niedrigen Theil der Men- ſchen Geſellſchaft ſuchen, und bey geringen Leuten alles andre, nur nicht die Menſchlichkeit, ablegen, gleich dem Licht der Welt, ſeinen erquickenden Einfluß auf je- des Thal, auf prächtige Cedern, und auf niedre Ge- ſträuche verbreiten, mit jedem Menſchen ſeine Vorzüge theilen, und für dieſe Mittheilung nur von ſeinem Ge- wiſſen Belohnung fordern, keine Ordnung in der menſch- lichen Geſellſchaft um ſeiner äuſſerlichen Ehre willen ſtö- ren, auch den Niedrigſten Proben ſeiner Achtung und ſeines liebevollen Herzens geben, an jedem Menſchen die ihm eigenen Vorzüge erkennen und ſchätzen, viele Be- leidigungen überſehen, mit mittelmäßigen Umſtänden zu- frieden ſeyn, auch ſeine höchſten Vorzüge nie, um andre zu kränken, anwenden, weil Gott einen harten Tod von ihm forderte, auch dem Schauplatz der Martern mit willigem Herzen entgegen gehen, und mit dem letzten Odem T 3
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wollt, ihr werdet immer ein großes Herz, immer eine
ſchöne und uneigennützige Denkungsart an ihm finden.
Die größten Laſter umringten ihn, und er ließ beſtändig
die größten Tugenden blicken. Er lebte nicht lange,
aber ſein Leben war fruchtbar an edeln und ſchönen Tha-
ten. So wie ſeine menſchliche Vernunft aufblühte, ſo
fieng er auch gleich ſein weiſes, planvolles Leben an.
Ganz für andre leben, ein Muſter der Frömmigkeit,
und der wärmſten Gottesverehrung ſeyn, das menſch-
liche Leben genießen, und bey jedem Auftritt eine neue
große Seite zeigen, die Unglücklichen aufſuchen, die
Traurigen ermuntern, die Weinenden erheitern, auch
unter dem arbeitenden und niedrigen Theil der Men-
ſchen Geſellſchaft ſuchen, und bey geringen Leuten alles
andre, nur nicht die Menſchlichkeit, ablegen, gleich
dem Licht der Welt, ſeinen erquickenden Einfluß auf je-
des Thal, auf prächtige Cedern, und auf niedre Ge-
ſträuche verbreiten, mit jedem Menſchen ſeine Vorzüge
theilen, und für dieſe Mittheilung nur von ſeinem Ge-
wiſſen Belohnung fordern, keine Ordnung in der menſch-
lichen Geſellſchaft um ſeiner äuſſerlichen Ehre willen ſtö-
ren, auch den Niedrigſten Proben ſeiner Achtung und
ſeines liebevollen Herzens geben, an jedem Menſchen
die ihm eigenen Vorzüge erkennen und ſchätzen, viele Be-
leidigungen überſehen, mit mittelmäßigen Umſtänden zu-
frieden ſeyn, auch ſeine höchſten Vorzüge nie, um andre
zu kränken, anwenden, weil Gott einen harten Tod von
ihm forderte, auch dem Schauplatz der Martern mit
willigem Herzen entgegen gehen, und mit dem letzten
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Zitationshilfe: | Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/299>, abgerufen am 23.06.2024. |