Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Unterredungen mit Gott. Wie viele Wahrheiten, die dein weiser Mund pre- Hier am Fuß deines Thrones erinnere ich mich an Da zieht der tausendfältige Pomp, das schimmernde Ach, wenn sie einst überstanden seyn wird, die Zeit sen C 3
Unterredungen mit Gott. Wie viele Wahrheiten, die dein weiſer Mund pre- Hier am Fuß deines Thrones erinnere ich mich an Da zieht der tauſendfältige Pomp, das ſchimmernde Ach, wenn ſie einſt überſtanden ſeyn wird, die Zeit ſen C 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0043" n="37"/> <fw place="top" type="header">Unterredungen mit Gott.</fw><lb/> <p>Wie viele Wahrheiten, die dein weiſer Mund pre-<lb/> digt, glauben wir nicht! Salomo ſagt: Ein armer aber<lb/> verſtändiger Jüngling iſt beſſer, als ein thörichter König,<lb/> aber wer glaubt deiner Predigt? kocht nicht oft im wei-<lb/> ſeſten Herzen Unzufriedenheit?</p><lb/> <p>Hier am Fuß deines Thrones erinnere ich mich an<lb/> viele Menſchen, über die die Chöre der Engel gejauchzt<lb/> hätten, und die ſchon in der Blüthe des Lebens den Weg<lb/> der Tugend verlaſſen, der Verzweiflung entgegen gegan-<lb/> gen ſind, und zuletzt alles, auch die Scheu vor Gott, die<lb/> der Wilde im Wald hat, das Gefühl der Abhängigkeit,<lb/> das die Natur lehrt, und jede andere koſtbare Anlage,<lb/> weiſe und gut zu werden, im Gebiet des Laſters, wo über-<lb/> all Abgründe mit Blumen bedeckt ſind, unwiederbringlich<lb/> verlohren haben. Nimm Gebet und Fürbitte auch für<lb/> ſie, o Gott! väterlich an, und beunruhige allmächtig ihr<lb/> verhärtetes Gewiſſen.</p><lb/> <p>Da zieht der tauſendfältige Pomp, das ſchimmernde<lb/> Gepränge der Welt vor meinen Augen vorbey — aber<lb/> unendlich ſchätzbarer iſt mir in jedem Fall Erinnerung<lb/> an das ſtille, nützliche, liebreiche Betragen des Erlöſers.</p><lb/> <p>Ach, wenn ſie einſt überſtanden ſeyn wird, die Zeit<lb/> der Uebung, wenn es hingelaufen iſt, das mühe-<lb/> volle Leben, wenn Wanken und Fallen, wenn Sün-<lb/> digen und Zweifeln auch für mich ein Ende hat,<lb/> ach, dann werden — o Gott! alle die Loblieder<lb/> zu dir aufſteigen, die ich dir jezt oft verſprochen habe,<lb/> aber nicht bringen konnte. Laß mich noch am Ufer der<lb/> Welt die Chriſten erbauen, die hinter mir zurückbleiben,<lb/> bis auch ſie vollendet ſind. Herr! bis dein Sohn die-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ſen</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0043]
Unterredungen mit Gott.
Wie viele Wahrheiten, die dein weiſer Mund pre-
digt, glauben wir nicht! Salomo ſagt: Ein armer aber
verſtändiger Jüngling iſt beſſer, als ein thörichter König,
aber wer glaubt deiner Predigt? kocht nicht oft im wei-
ſeſten Herzen Unzufriedenheit?
Hier am Fuß deines Thrones erinnere ich mich an
viele Menſchen, über die die Chöre der Engel gejauchzt
hätten, und die ſchon in der Blüthe des Lebens den Weg
der Tugend verlaſſen, der Verzweiflung entgegen gegan-
gen ſind, und zuletzt alles, auch die Scheu vor Gott, die
der Wilde im Wald hat, das Gefühl der Abhängigkeit,
das die Natur lehrt, und jede andere koſtbare Anlage,
weiſe und gut zu werden, im Gebiet des Laſters, wo über-
all Abgründe mit Blumen bedeckt ſind, unwiederbringlich
verlohren haben. Nimm Gebet und Fürbitte auch für
ſie, o Gott! väterlich an, und beunruhige allmächtig ihr
verhärtetes Gewiſſen.
Da zieht der tauſendfältige Pomp, das ſchimmernde
Gepränge der Welt vor meinen Augen vorbey — aber
unendlich ſchätzbarer iſt mir in jedem Fall Erinnerung
an das ſtille, nützliche, liebreiche Betragen des Erlöſers.
Ach, wenn ſie einſt überſtanden ſeyn wird, die Zeit
der Uebung, wenn es hingelaufen iſt, das mühe-
volle Leben, wenn Wanken und Fallen, wenn Sün-
digen und Zweifeln auch für mich ein Ende hat,
ach, dann werden — o Gott! alle die Loblieder
zu dir aufſteigen, die ich dir jezt oft verſprochen habe,
aber nicht bringen konnte. Laß mich noch am Ufer der
Welt die Chriſten erbauen, die hinter mir zurückbleiben,
bis auch ſie vollendet ſind. Herr! bis dein Sohn die-
ſen
C 3
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