Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Frömmigkeit des Erlösers. dann Ordnung, Naturtriebe, und alle menschliche undgöttliche Gesetze ehrwürdig machen? David war ein frommer Mann. Er lag oft im Feuer, und sang Psal- men, die ein ganzes Volk begeistern konnten. Nur wenige Tage verrauschen ihm in Ergötzungen, die Auf- merksamkeit auf sich selber wird schwächer, die Wollust regt sich in dem weichen üppigen König, er bricht wie ein Räuber in das Haus eines Unschuldigen, der jezt für ihn, und die Ehre seiner Krone (sehet da die Undankbar- keit der Vornehmen!) alle Augenblicke sein Blut zu versprützen bereit war, mißbraucht seine Frau, und läßt, nachdem ihm eine Reihe von Niederträchtigkeiten fehlge- schlagen war, ihm noch das Herz aus dem Leib reissen. Was müssen wir dann nicht von denen befürchten, die Gott nie um seinen Beystand, nie um seinen guten Geist anrufen? Tausende wären vortreffliche nützliche Men- schen geworden, wenn sie nie aus schlechten Büchern das schädliche Gift der Religionsverachtung eingesogen hät- ten. Tausend Menschen würden sich überall Liebe und Achtung erworben haben, wenn sie nicht durch üppige Ge- sellschaften, durch Pracht und Wollüstigkeit, durch einen immerwährenden Wirbel von Zerstreuungen alle Kennt- niß, und hernach alle Hochschätzung der Religion verloh- ren hätten. Viele Menschen würden nie auf den ver- wegenen Einfall gekommen seyn, die heiligsten Bande zu zerreissen, und, wenn ihnen das nicht gelingen würde, sich selbst den Dolch in die Brust zu stoßen, wenn sie den Leitfaden der Religion nicht verachtet hätten. Was unternimmt ein Mensch nicht, dem das Heiligste, das Ehrwürdigste in der Welt nicht heilig, nicht ehrwürdig ist? Der elende Stolz des Freygeistes -- wie viele Thor-
Frömmigkeit des Erlöſers. dann Ordnung, Naturtriebe, und alle menſchliche undgöttliche Geſetze ehrwürdig machen? David war ein frommer Mann. Er lag oft im Feuer, und ſang Pſal- men, die ein ganzes Volk begeiſtern konnten. Nur wenige Tage verrauſchen ihm in Ergötzungen, die Auf- merkſamkeit auf ſich ſelber wird ſchwächer, die Wolluſt regt ſich in dem weichen üppigen König, er bricht wie ein Räuber in das Haus eines Unſchuldigen, der jezt für ihn, und die Ehre ſeiner Krone (ſehet da die Undankbar- keit der Vornehmen!) alle Augenblicke ſein Blut zu verſprützen bereit war, mißbraucht ſeine Frau, und läßt, nachdem ihm eine Reihe von Niederträchtigkeiten fehlge- ſchlagen war, ihm noch das Herz aus dem Leib reiſſen. Was müſſen wir dann nicht von denen befürchten, die Gott nie um ſeinen Beyſtand, nie um ſeinen guten Geiſt anrufen? Tauſende wären vortreffliche nützliche Men- ſchen geworden, wenn ſie nie aus ſchlechten Büchern das ſchädliche Gift der Religionsverachtung eingeſogen hät- ten. Tauſend Menſchen würden ſich überall Liebe und Achtung erworben haben, wenn ſie nicht durch üppige Ge- ſellſchaften, durch Pracht und Wollüſtigkeit, durch einen immerwährenden Wirbel von Zerſtreuungen alle Kennt- niß, und hernach alle Hochſchätzung der Religion verloh- ren hätten. Viele Menſchen würden nie auf den ver- wegenen Einfall gekommen ſeyn, die heiligſten Bande zu zerreiſſen, und, wenn ihnen das nicht gelingen würde, ſich ſelbſt den Dolch in die Bruſt zu ſtoßen, wenn ſie den Leitfaden der Religion nicht verachtet hätten. Was unternimmt ein Menſch nicht, dem das Heiligſte, das Ehrwürdigſte in der Welt nicht heilig, nicht ehrwürdig iſt? Der elende Stolz des Freygeiſtes — wie viele Thor-
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Frömmigkeit des Erlöſers.
dann Ordnung, Naturtriebe, und alle menſchliche und
göttliche Geſetze ehrwürdig machen? David war ein
frommer Mann. Er lag oft im Feuer, und ſang Pſal-
men, die ein ganzes Volk begeiſtern konnten. Nur
wenige Tage verrauſchen ihm in Ergötzungen, die Auf-
merkſamkeit auf ſich ſelber wird ſchwächer, die Wolluſt
regt ſich in dem weichen üppigen König, er bricht wie
ein Räuber in das Haus eines Unſchuldigen, der jezt für
ihn, und die Ehre ſeiner Krone (ſehet da die Undankbar-
keit der Vornehmen!) alle Augenblicke ſein Blut zu
verſprützen bereit war, mißbraucht ſeine Frau, und läßt,
nachdem ihm eine Reihe von Niederträchtigkeiten fehlge-
ſchlagen war, ihm noch das Herz aus dem Leib reiſſen.
Was müſſen wir dann nicht von denen befürchten, die
Gott nie um ſeinen Beyſtand, nie um ſeinen guten Geiſt
anrufen? Tauſende wären vortreffliche nützliche Men-
ſchen geworden, wenn ſie nie aus ſchlechten Büchern das
ſchädliche Gift der Religionsverachtung eingeſogen hät-
ten. Tauſend Menſchen würden ſich überall Liebe und
Achtung erworben haben, wenn ſie nicht durch üppige Ge-
ſellſchaften, durch Pracht und Wollüſtigkeit, durch einen
immerwährenden Wirbel von Zerſtreuungen alle Kennt-
niß, und hernach alle Hochſchätzung der Religion verloh-
ren hätten. Viele Menſchen würden nie auf den ver-
wegenen Einfall gekommen ſeyn, die heiligſten Bande zu
zerreiſſen, und, wenn ihnen das nicht gelingen würde,
ſich ſelbſt den Dolch in die Bruſt zu ſtoßen, wenn ſie
den Leitfaden der Religion nicht verachtet hätten. Was
unternimmt ein Menſch nicht, dem das Heiligſte, das
Ehrwürdigſte in der Welt nicht heilig, nicht ehrwürdig
iſt? Der elende Stolz des Freygeiſtes — wie viele
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