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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] Kunstmahler Raphael d'Urbino, den er zu bedienen keine Unkosten sparte. Seine Ergötzlichkeit suchte er in der Music und Poesie/ und componirte jezuweilen selbst liebliche Canzonen: Bey geist- und weltlichen Stands-Personen war er in grossem Ansehen/ und wurde von ihnen reichlich beschenket/ von den Bau- und Bild-Künstlern aber wurde seine Wissenschaft fast angebetet/ indem sie sahen/ daß er die bey den Antichen gelobte/ und durch die verderbliche Kriegs-Entpörungen/ und andere Zufälle ganz vergessene inventiones, wieder herfür brachte/ ja denselben in gar vielen Stucken ein neues und weit helleres Liecht ansteckte/ und die Kunst der Antichen überschritte. Kurz/ wer seine Gebäude/ Gewölbe/ Bögen/ Säulen/ Capitel/ Basen und andere Werke betrachtet (worzu der herrliche Bau zu Caprarol des Hauses Farnese allein Anlaß geben könte) der wird gestehen/ daß er zu erst den rechten Weg zu der Sicherheit in dieser Kunst gebahnet/ und die Natur keinen vollkommnern Künstler hätte gebähren mögen/ zumal da dieselbe ihn damals an das Tagesliecht gebracht/ als der Kunstliebende Papst Julius II. die Kirche regiret/ dem keine Unkosten zu groß schienen/ welche dieses Künstlers fürtrefliche Werke befördern/ und seine Kunst-Wunderwerke herfür bringen konten. Sein Ruhm ware nach seinem Tod ja so groß/ als bey seinem Leben/ und zeiget zu seiner noch längern Gedächtnis die Kupferblatte M dem günstigen Liebhaber dieses fürnehmen Künstlers Bildnis.

XL. GIORGIONE DA CASTELL FRANCO Venetianischer Mahler.INdem Florenz durch unterschiedliche Künstlere je länger je mehr berühmt wurde/ wolte Venedig nicht gar zuruck bleiben/ sondern stiege gleichfals bey der Geburt des Giorgio nach einem rühmlichen Kunst-Lob: Es wurde aber dieser GIORGIO in dem Trevisanischen Gebiet/ zu Castell Franco, im Jahr Christi 1478. gebohren/ und erlangte wegen seiner Großmühtigkeit und Kunst den Namen GIORGIONE; Dann ob er wol von geringen Eltern gebohren worden/ erzeigte er doch von Jugend auf einen adelichen und großmütigen Wandel: Das weibliche Geschlecht fieng er bey zeit an zu lieben/ und legte sich deßwegen stark auf das Lautenschlagen und Singen/ welches ihn bey den Edelleuten gar beliebt machte: Dabeneben aber übte er sich fleißig in der Zeichen-Kunst/ und brachte nichts in seine Werke/ das er nicht selbst gecontrafätet hatte/ und weil er immer neue Zierden erdachte/ auch in Oelfarben und fresco eine gar lebhafte und glatte colorirung/ neben einer wolvertriebenen Vertieffung gebrauchte/ sagten die Künstlere/ er wäre gebohren worden/ den Bildern Geist und Fleisch einzugiessen und anzumahlen/ worinn er nicht allein die berühmte Mahlere Gentil und Gioangi Bellin überträffe/ sondern auch allen/ so in Tuscana alla moderne mahlten/ nichts nachließe.

Seine Werke. Anfänglich machte er viel Marien-Bilder/ welche an Schönheit der Fleischfarben und Vertieffungen alle andere übertraffen/ wie auch unterterschiedliche contrafäte/ unter denen auch war Consalvus Fernandus . In fresco hat er zwar [Spaltenumbruch] schöne Werke verfärtiget/ die aber von dem Ungewitter und der scharpfen Meer-Lufft wieder verderbet Das Teutsche Kaufhauß zu Venedig. worden. Als im Jahr 1504. das Teutsche Kaufhaus zu Venedig abgebronnen/ und ein neues aufgerichtet worden/ wurde ihm/ solches in fresco zu mahlen/angedinget/ die inventiones ganz frey gestellet/ nur daß er seine Kunst daran erweisen solte: Da hat er eine wunderliche Arbeit verfärtiget/ hie einen Mann/ dort eine Frau/ bald ein Bild mit einem Löwen/ bald eines mit einem Engels-Kopf/ alles zwar sehr artlich/ schön und nach dem Leben gemacht/ doch so/ daß niemand eine Historie daraus zusammen bringen/ oder des Künstlers Gedancken ergründen können/ ohne daß man muhtmasset/ die mit einem Schwerdt in der Hand/ und bey sich habenden Riesen-Kopf gebildete Frau/ so mit einem unter ihr sitzenden Teutschen zu reden scheinet/ seye Germania.

In St. Rochus-Kirche zu Venedig/ ist die Creutztragung Christi/ den ein Jud fortziehet/ von seiner Hand/ welches Gemähl Wunder thun soll: So ist auch zu Castell Franco viel von ihm zu sehen/ noch mehr Gemälde aber von diesem Künstler sind in fremde Länder verschicket worden. Damals Ob die Bildhauerey der Mahl-kunst vorzuziehen. als Andrea Verrocchio das Metalline Pferd zu Venedig gosse/ wolten die Liebhaber der Bildhauerey behaupten/ daß dieselbe der Mahlerey vorzuziehen sey/ weil ein rund-gegossenes Bild/ unterschiedliche Stellungen zeigen könne/ da hingegen ein gemahltes nur von einer Seite zu sehen sey: Giorgione aber bestritte das Widerspiel/ sagend: daß man in einer Historie unterschiedliche Gebärden/ ohne daß man das Bild umkehrte/ zeigen könne; ja daß er in einem Gemähl alle vier Wie ein Bild zu mahlen/ daß man es auf allen vier Seiten sehen könne. Seiten eines Bildes zeigen wolle: Solches zu behaupten/ mahlte er ein nackendes Bild von hinten/ das vor sich einen klaren Bronnen hatte/ in welchem sich der vorder Theil spiegelte: Die eine Seite erschiene in einem aufgehenkten gläntzenden Harnisch; die andere aber in einem an der Wand hangenden Spiegel; und wurde dieses Werk sehr hoch geschätzet. Er starb Anno 1511. im 34. Jahr seines Alters nicht allein von seinen guten Freunden; sondern auch allen Kunst-Liebhabern beklaget. Doch wurde der durch seinen Tod der Mahl-Kunst zugewachsene Schaden durch seine zween Lehrjünger/ Sebastian del Piombo, und den fürtreflichen Titian da Cadore, reichlich ersetzt/ indeme sonderlich der letzte/ nicht allein seinen Lehrmeister/ sondern auch die meiste übrige/ weit übertroffen hat. Dieses Giorgione Bildnis kan der großgünstige Leser in der Kupferblatten M sehen/ und aus demselben einen Theil seines schönen Geistes abnehmen.

XLI. ANTONIO DA CORREGIO.EIn einiger fürtreflicher/ und mit schönen Gaben gezierter Mann macht oft einen unbekandten Ort berühmt/ wie der hochbenamte ANTONIO, nach seinem Vatterland CORREGIO genannt/ dasselbe in großen Ruhm gebracht hat. Er nahme sehr geschwind in der Kunst zu/ und zwar um so viel verwunderlicher/ weil er keine andere Gemälde/ auf moderne Manier/ vor sich gesehen/ sintemal er niemals/ durch seine

[Spaltenumbruch] Kunstmahler Raphael d’Urbino, den er zu bedienen keine Unkosten sparte. Seine Ergötzlichkeit suchte er in der Music und Poesie/ und componirte jezuweilen selbst liebliche Canzonen: Bey geist- und weltlichen Stands-Personen war er in grossem Ansehen/ und wurde von ihnen reichlich beschenket/ von den Bau- und Bild-Künstlern aber wurde seine Wissenschaft fast angebetet/ indem sie sahen/ daß er die bey den Antichen gelobte/ und durch die verderbliche Kriegs-Entpörungen/ und andere Zufälle ganz vergessene inventiones, wieder herfür brachte/ ja denselben in gar vielen Stucken ein neues und weit helleres Liecht ansteckte/ und die Kunst der Antichen überschritte. Kurz/ wer seine Gebäude/ Gewölbe/ Bögen/ Säulen/ Capitel/ Basen und andere Werke betrachtet (worzu der herrliche Bau zu Caprarol des Hauses Farnese allein Anlaß geben könte) der wird gestehen/ daß er zu erst den rechten Weg zu der Sicherheit in dieser Kunst gebahnet/ und die Natur keinen vollkommnern Künstler hätte gebähren mögen/ zumal da dieselbe ihn damals an das Tagesliecht gebracht/ als der Kunstliebende Papst Julius II. die Kirche regiret/ dem keine Unkosten zu groß schienen/ welche dieses Künstlers fürtrefliche Werke befördern/ und seine Kunst-Wunderwerke herfür bringen konten. Sein Ruhm ware nach seinem Tod ja so groß/ als bey seinem Leben/ und zeiget zu seiner noch längern Gedächtnis die Kupferblatte M dem günstigen Liebhaber dieses fürnehmen Künstlers Bildnis.

XL. GIORGIONE DA CASTELL FRANCO Venetianischer Mahler.INdem Florenz durch unterschiedliche Künstlere je länger je mehr berühmt wurde/ wolte Venedig nicht gar zuruck bleiben/ sondern stiege gleichfals bey der Geburt des Giorgio nach einem rühmlichen Kunst-Lob: Es wurde aber dieser GIORGIO in dem Trevisanischen Gebiet/ zu Castell Franco, im Jahr Christi 1478. gebohren/ und erlangte wegen seiner Großmühtigkeit und Kunst den Namen GIORGIONE; Dann ob er wol von geringen Eltern gebohren worden/ erzeigte er doch von Jugend auf einen adelichen und großmütigen Wandel: Das weibliche Geschlecht fieng er bey zeit an zu lieben/ und legte sich deßwegen stark auf das Lautenschlagen und Singen/ welches ihn bey den Edelleuten gar beliebt machte: Dabeneben aber übte er sich fleißig in der Zeichen-Kunst/ und brachte nichts in seine Werke/ das er nicht selbst gecontrafätet hatte/ und weil er immer neue Zierden erdachte/ auch in Oelfarben und fresco eine gar lebhafte und glatte colorirung/ neben einer wolvertriebenen Vertieffung gebrauchte/ sagten die Künstlere/ er wäre gebohren worden/ den Bildern Geist und Fleisch einzugiessen und anzumahlen/ worinn er nicht allein die berühmte Mahlere Gentil und Gioangi Bellin überträffe/ sondern auch allen/ so in Tuscana alla moderne mahlten/ nichts nachließe.

Seine Werke. Anfänglich machte er viel Marien-Bilder/ welche an Schönheit der Fleischfarben und Vertieffungen alle andere übertraffen/ wie auch unterterschiedliche contrafäte/ unter denen auch war Consalvus Fernandus . In fresco hat er zwar [Spaltenumbruch] schöne Werke verfärtiget/ die aber von dem Ungewitter und der scharpfen Meer-Lufft wieder verderbet Das Teutsche Kaufhauß zu Venedig. worden. Als im Jahr 1504. das Teutsche Kaufhaus zu Venedig abgebronnen/ und ein neues aufgerichtet worden/ wurde ihm/ solches in fresco zu mahlen/angedinget/ die inventiones ganz frey gestellet/ nur daß er seine Kunst daran erweisen solte: Da hat er eine wunderliche Arbeit verfärtiget/ hie einen Mann/ dort eine Frau/ bald ein Bild mit einem Löwen/ bald eines mit einem Engels-Kopf/ alles zwar sehr artlich/ schön und nach dem Leben gemacht/ doch so/ daß niemand eine Historie daraus zusammen bringen/ oder des Künstlers Gedancken ergründen können/ ohne daß man muhtmasset/ die mit einem Schwerdt in der Hand/ und bey sich habenden Riesen-Kopf gebildete Frau/ so mit einem unter ihr sitzenden Teutschen zu reden scheinet/ seye Germania.

In St. Rochus-Kirche zu Venedig/ ist die Creutztragung Christi/ den ein Jud fortziehet/ von seiner Hand/ welches Gemähl Wunder thun soll: So ist auch zu Castell Franco viel von ihm zu sehen/ noch mehr Gemälde aber von diesem Künstler sind in fremde Länder verschicket worden. Damals Ob die Bildhauerey der Mahl-kunst vorzuziehen. als Andrea Verrocchio das Metalline Pferd zu Venedig gosse/ wolten die Liebhaber der Bildhauerey behaupten/ daß dieselbe der Mahlerey vorzuziehen sey/ weil ein rund-gegossenes Bild/ unterschiedliche Stellungen zeigen könne/ da hingegen ein gemahltes nur von einer Seite zu sehen sey: Giorgione aber bestritte das Widerspiel/ sagend: daß man in einer Historie unterschiedliche Gebärden/ ohne daß man das Bild umkehrte/ zeigen könne; ja daß er in einem Gemähl alle vier Wie ein Bild zu mahlen/ daß man es auf allen vier Seiten sehen könne. Seiten eines Bildes zeigen wolle: Solches zu behaupten/ mahlte er ein nackendes Bild von hinten/ das vor sich einen klaren Bronnen hatte/ in welchem sich der vorder Theil spiegelte: Die eine Seite erschiene in einem aufgehenkten gläntzenden Harnisch; die andere aber in einem an der Wand hangenden Spiegel; und wurde dieses Werk sehr hoch geschätzet. Er starb Anno 1511. im 34. Jahr seines Alters nicht allein von seinen guten Freunden; sondern auch allen Kunst-Liebhabern beklaget. Doch wurde der durch seinen Tod der Mahl-Kunst zugewachsene Schaden durch seine zween Lehrjünger/ Sebastian del Piombo, und den fürtreflichen Titian da Cadore, reichlich ersetzt/ indeme sonderlich der letzte/ nicht allein seinen Lehrmeister/ sondern auch die meiste übrige/ weit übertroffen hat. Dieses Giorgione Bildnis kan der großgünstige Leser in der Kupferblatten M sehen/ und aus demselben einen Theil seines schönen Geistes abnehmen.

XLI. ANTONIO DA CORREGIO.EIn einiger fürtreflicher/ und mit schönen Gaben gezierter Mann macht oft einen unbekandten Ort berühmt/ wie der hochbenamte ANTONIO, nach seinem Vatterland CORREGIO genannt/ dasselbe in großen Ruhm gebracht hat. Er nahme sehr geschwind in der Kunst zu/ und zwar um so viel verwunderlicher/ weil er keine andere Gemälde/ auf moderne Manier/ vor sich gesehen/ sintemal er niemals/ durch seine

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[[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 90]/0116] Kunstmahler Raphael d’Urbino, den er zu bedienen keine Unkosten sparte. Seine Ergötzlichkeit suchte er in der Music und Poesie/ und componirte jezuweilen selbst liebliche Canzonen: Bey geist- und weltlichen Stands-Personen war er in grossem Ansehen/ und wurde von ihnen reichlich beschenket/ von den Bau- und Bild-Künstlern aber wurde seine Wissenschaft fast angebetet/ indem sie sahen/ daß er die bey den Antichen gelobte/ und durch die verderbliche Kriegs-Entpörungen/ und andere Zufälle ganz vergessene inventiones, wieder herfür brachte/ ja denselben in gar vielen Stucken ein neues und weit helleres Liecht ansteckte/ und die Kunst der Antichen überschritte. Kurz/ wer seine Gebäude/ Gewölbe/ Bögen/ Säulen/ Capitel/ Basen und andere Werke betrachtet (worzu der herrliche Bau zu Caprarol des Hauses Farnese allein Anlaß geben könte) der wird gestehen/ daß er zu erst den rechten Weg zu der Sicherheit in dieser Kunst gebahnet/ und die Natur keinen vollkommnern Künstler hätte gebähren mögen/ zumal da dieselbe ihn damals an das Tagesliecht gebracht/ als der Kunstliebende Papst Julius II. die Kirche regiret/ dem keine Unkosten zu groß schienen/ welche dieses Künstlers fürtrefliche Werke befördern/ und seine Kunst-Wunderwerke herfür bringen konten. Sein Ruhm ware nach seinem Tod ja so groß/ als bey seinem Leben/ und zeiget zu seiner noch längern Gedächtnis die Kupferblatte M dem günstigen Liebhaber dieses fürnehmen Künstlers Bildnis. INdem Florenz durch unterschiedliche Künstlere je länger je mehr berühmt wurde/ wolte Venedig nicht gar zuruck bleiben/ sondern stiege gleichfals bey der Geburt des Giorgio nach einem rühmlichen Kunst-Lob: Es wurde aber dieser GIORGIO in dem Trevisanischen Gebiet/ zu Castell Franco, im Jahr Christi 1478. gebohren/ und erlangte wegen seiner Großmühtigkeit und Kunst den Namen GIORGIONE; Dann ob er wol von geringen Eltern gebohren worden/ erzeigte er doch von Jugend auf einen adelichen und großmütigen Wandel: Das weibliche Geschlecht fieng er bey zeit an zu lieben/ und legte sich deßwegen stark auf das Lautenschlagen und Singen/ welches ihn bey den Edelleuten gar beliebt machte: Dabeneben aber übte er sich fleißig in der Zeichen-Kunst/ und brachte nichts in seine Werke/ das er nicht selbst gecontrafätet hatte/ und weil er immer neue Zierden erdachte/ auch in Oelfarben und fresco eine gar lebhafte und glatte colorirung/ neben einer wolvertriebenen Vertieffung gebrauchte/ sagten die Künstlere/ er wäre gebohren worden/ den Bildern Geist und Fleisch einzugiessen und anzumahlen/ worinn er nicht allein die berühmte Mahlere Gentil und Gioangi Bellin überträffe/ sondern auch allen/ so in Tuscana alla moderne mahlten/ nichts nachließe. XL. GIORGIONE DA CASTELL FRANCO Venetianischer Mahler. Anfänglich machte er viel Marien-Bilder/ welche an Schönheit der Fleischfarben und Vertieffungen alle andere übertraffen/ wie auch unterterschiedliche contrafäte/ unter denen auch war Consalvus Fernandus . In fresco hat er zwar schöne Werke verfärtiget/ die aber von dem Ungewitter und der scharpfen Meer-Lufft wieder verderbet worden. Als im Jahr 1504. das Teutsche Kaufhaus zu Venedig abgebronnen/ und ein neues aufgerichtet worden/ wurde ihm/ solches in fresco zu mahlen/angedinget/ die inventiones ganz frey gestellet/ nur daß er seine Kunst daran erweisen solte: Da hat er eine wunderliche Arbeit verfärtiget/ hie einen Mann/ dort eine Frau/ bald ein Bild mit einem Löwen/ bald eines mit einem Engels-Kopf/ alles zwar sehr artlich/ schön und nach dem Leben gemacht/ doch so/ daß niemand eine Historie daraus zusammen bringen/ oder des Künstlers Gedancken ergründen können/ ohne daß man muhtmasset/ die mit einem Schwerdt in der Hand/ und bey sich habenden Riesen-Kopf gebildete Frau/ so mit einem unter ihr sitzenden Teutschen zu reden scheinet/ seye Germania. Seine Werke. Das Teutsche Kaufhauß zu Venedig. In St. Rochus-Kirche zu Venedig/ ist die Creutztragung Christi/ den ein Jud fortziehet/ von seiner Hand/ welches Gemähl Wunder thun soll: So ist auch zu Castell Franco viel von ihm zu sehen/ noch mehr Gemälde aber von diesem Künstler sind in fremde Länder verschicket worden. Damals als Andrea Verrocchio das Metalline Pferd zu Venedig gosse/ wolten die Liebhaber der Bildhauerey behaupten/ daß dieselbe der Mahlerey vorzuziehen sey/ weil ein rund-gegossenes Bild/ unterschiedliche Stellungen zeigen könne/ da hingegen ein gemahltes nur von einer Seite zu sehen sey: Giorgione aber bestritte das Widerspiel/ sagend: daß man in einer Historie unterschiedliche Gebärden/ ohne daß man das Bild umkehrte/ zeigen könne; ja daß er in einem Gemähl alle vier Seiten eines Bildes zeigen wolle: Solches zu behaupten/ mahlte er ein nackendes Bild von hinten/ das vor sich einen klaren Bronnen hatte/ in welchem sich der vorder Theil spiegelte: Die eine Seite erschiene in einem aufgehenkten gläntzenden Harnisch; die andere aber in einem an der Wand hangenden Spiegel; und wurde dieses Werk sehr hoch geschätzet. Er starb Anno 1511. im 34. Jahr seines Alters nicht allein von seinen guten Freunden; sondern auch allen Kunst-Liebhabern beklaget. Doch wurde der durch seinen Tod der Mahl-Kunst zugewachsene Schaden durch seine zween Lehrjünger/ Sebastian del Piombo, und den fürtreflichen Titian da Cadore, reichlich ersetzt/ indeme sonderlich der letzte/ nicht allein seinen Lehrmeister/ sondern auch die meiste übrige/ weit übertroffen hat. Dieses Giorgione Bildnis kan der großgünstige Leser in der Kupferblatten M sehen/ und aus demselben einen Theil seines schönen Geistes abnehmen. Ob die Bildhauerey der Mahl-kunst vorzuziehen. Wie ein Bild zu mahlen/ daß man es auf allen vier Seiten sehen könne. XLI. ANTONIO DA CORREGIO.EIn einiger fürtreflicher/ und mit schönen Gaben gezierter Mann macht oft einen unbekandten Ort berühmt/ wie der hochbenamte ANTONIO, nach seinem Vatterland CORREGIO genannt/ dasselbe in großen Ruhm gebracht hat. Er nahme sehr geschwind in der Kunst zu/ und zwar um so viel verwunderlicher/ weil er keine andere Gemälde/ auf moderne Manier/ vor sich gesehen/ sintemal er niemals/ durch seine

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 90]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/116>, abgerufen am 23.11.2024.