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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] furchtsame Natur zurück gehalten/ aus seinem Lande gereiset/ so daß er alles/ was er wuste/ nur aus eignem Verstand und steter Ubung nehmen muste/ dannenhero man billich glauben kan/ daß er unvergleichlich worden wäre/ wann jetztgemeldter Abgang ihn nicht daran verhindert hätte.

Seine Werke. In die Dommkirche zu Parma hat er unterschiedliche große Bilder gemacht/ so von unten auf zu sehen treflich wol verkürzt waren: Auf gleiche weise hat er zu S. Johann in ermeldter Stadt einen runden Thurn/ und eine Marien-Himmelfahrt/ mit vielen Engeln und anderer Heiligen Bildern gemahlt: Ferner 2. Altar-Tafeln mit Oelfarben/ darinn ein treflich berühmter todter Christus/ und ist sich mehr zu verwundern/ wie er die schöne Gebärden/ und noch vielmehr die mancherley Arten der fliegenden Gewänder ersinnen/ als wie er dieselbe so wol mahlen können. In eben dieser Stadt ist bey den Capucinern / von seiner Hand/ der Englische Gruß in fresco so wol gemacht zu sehen/ daß man mit gröstem Fleiß das Stuck ausgehoben/ und an einen andern Ort versetzt/ als man die Mauer/ darauf es gebildet ware/ hat müssen abbrechen: Noch ein Marien-Bild auf einem Stadtthor/ das die Durchreisende mit Verwunderung anschauen: Ingleichen in S. Antonii Kirche ein Gemähl/ darinnen Maria und Maria Magdalena/ samt einem Engel/ so lieblich gebildet/ daß mans ohne Freude nicht anschauen kan/ noch ein Hieronymus-Bild/ über dessen fürtreflicher Colorirung die Mahler sich nicht genug verwundern können.

Ein Liebes-Stuck. Für Herzog Friedrich den andern/ hat er zwey herrliche Stuck verfärtiget/ die dem Käyser solten verehret werden/ und der großen Kunst halber eines so großen Monarchen zu seyn wol würdig gewesen: Es ware eine nackende Leda, und eine Venus, von so linder coloratur, und so fleischigen Tieffungen/ daß es nicht gemahlt/ sondern lebendig Fleisch zu seyn schiene; in einer jeden dieser Tafel ware eine artliche Landschaft gebildet/ und floße aus einem bey der Venus gemahlten Felsen ein klares Wasser/ das ihr über die Füße gienge/ und gleichwol das nackende nicht verhinderte/ sondern derselben Zärtlichkeit durch das glänzende Wasser nur mehr entdeckte: Neben ihr stunden zween Cupidines, deren einer seinen güldnen/ der andere seinen bleyernen Pfeil aus einem Stein probirte: Als diese zwey Stuck Julius Romanus betrachtet/ hat er bekandt/ daß er dergleichen colorirung die Zeit seines Lebens nicht gesehen habe. Gewiß ist es/ daß kein Mahler bäßer mit den Farben umgehen können/ oder mit so frölichem Wolstand/ so glatt und vertrieben/ lind/ fleischig/ und mit solcher Lieblichkeit/ ja auch/ daß keiner jemals so erhebt ohne Schatten/ gemahlet/ als eben dieser Antonio, und man also von ihm wol sagen kan/ daß er das eine Haupt-Stuck der Mahlerey/ Versteht das Wol-Mahlen aus dem Grund. nämlich das wol mahlen/ mehr als alle andere verstanden/ ob er dann schon im andern Haupt-Stuck/ nämlich im Zeichnen/ nicht so gut/ als im wol mahlen gewesen/ so wird doch nichts sein großes Lob hindern/ indem das wol mahlen einen Mahler nicht weniger/ als das wol zeichnen/ zieret/ und also dieses [Spaltenumbruch] jenem nachgeben/ folglich auch also unserm Antonio der Ruhm/ wo nicht höchster/ doch sonderbarer Vollkommenheit verbleiben muß.

Ferner ist das bäste Marien-Bild in Modena seiner Hände Werk: Ingleichen Christus am Oelberg/ und im Garten bey Maria Magdalena Mahlet die Christnacht. zu Bologna: Dann auch zu Reggio die Christ-Nacht/ in welchem Gemähl von Christo ein Schein ausgehet/ der die Hirten und alle Umstehende beleuchtet/ welchen Glanz eine Frau nicht wol vertragen kan/ und demnach ihre Augen mit der Hand sehr artlich bedecket/ der in der Luft schwebende Engel-Chor scheinet mehr warhaft/ als mit Menschen-Händen gemacht/ und hat dieses dem Herzog von Modena so wol gefallen/ daß er es copiren und das original in seine residenz bringen lassen/ als eines der allerfürtreflichsten Werke/ so zu finden Den HErrn Christus am Oelberg. seyn mögen: So ist in dieser Stadt auch noch ein Nacht-Stücklein eines Schuchs hoch/ darinn der HErr Christus am Oelberg gebildet/ der ihm erscheinende Engel wirft einen hellen Glanz von sich/ die Aposteln aber ligen unten/ überschatter von einem Eck des Bergs/ von ferne komt Judas mit den Kriegs-Knechten/ und in der dabey gemahlten verschiessenden Landschaft/ siehet man aus einer Seite die Morgenröhte anbrechen.

Zu Parma lag er auf eine Zeit gefährlich krank/ und weil er von einer Frauen/ Namens Catharina, wol bedienet worden/ mahlte er ihr S. Catharina. zur Vergeltung die H. Catharina/ welche das auf der Jungfer Marien Schoß sitzende Christkindlein/ vermittelst Ansteckung eines Ringes/ sich vermählet/ neben einem S. Sebastian und andern halben Bildern/ Lebensgröße: Dieses Stuck hat nachmals eine Gräfin nach Rom gebracht/ und neben der fürnehmsten Künstler/ Raphaels d' Urbino, Lucas von Leyden/ Andrea del Sarto und anderer Werke gestellet/ die es doch alle an Kunst übertroffen/ dannnenhero der Cardinal Scipio Borghesio solches theuer an sich erkauft/ bey dem ich es Anno 1634. selbst gesehen/ und sind ihm zwar unterschiedlichmal 6000. Gold-Cronen darauf gebotten worden/ um welche er doch das Gemähl nicht hinweg geben wollen.

Sein humor. Er ware sonst ein erbarer/ beständiger und demütiger Mann/ der sich seiner Wissenschaft nicht übernahme/ wenigers/ daß er viel verstünde/ von sich ausgabe/ und bekandte gerne/ daß es sehr schwer seye/ der Natur Vollkommenheit nachzukommen: Er war mit wenigen vergnügt/ und lebte/ wegen großer habender Haushaltung/ sehr sparsam: Dahero/ als er für eine Arbeit 60. Gold-Cronen/ an lauter quadrinen, so eine schwere Kupfer-Münz ist/empfangen/ und solche selbst/ in großer Hitz/ nach Corregio getragen/ unterwegs aber/ sich zu kühlen/ viel Wassers getrunken/ ist er in ein schweres Fieber gefallen/ und daran ohngefähr im 40. Jahr seines Alters gestorben: Seine meiste und bäste Werke hat er um das Jahr Christi 1512. verfärtiget/ und haben ihm alle Kunstverwandten für viele Sachen zu danken/ die sie aus seiner Arbeit/ mit geringerer Mühe zu machen/ erlernet/ absonderlich aber die Artlichkeit der Haar/ als welche er auf eine sehr natürlich fliessende Manier zu mahlen/ erfunden/dannenhero

[Spaltenumbruch] furchtsame Natur zurück gehalten/ aus seinem Lande gereiset/ so daß er alles/ was er wuste/ nur aus eignem Verstand und steter Ubung nehmen muste/ dannenhero man billich glauben kan/ daß er unvergleichlich worden wäre/ wann jetztgemeldter Abgang ihn nicht daran verhindert hätte.

Seine Werke. In die Dommkirche zu Parma hat er unterschiedliche große Bilder gemacht/ so von unten auf zu sehen treflich wol verkürzt waren: Auf gleiche weise hat er zu S. Johann in ermeldter Stadt einen runden Thurn/ und eine Marien-Himmelfahrt/ mit vielen Engeln und anderer Heiligen Bildern gemahlt: Ferner 2. Altar-Tafeln mit Oelfarben/ darinn ein treflich berühmter todter Christus/ und ist sich mehr zu verwundern/ wie er die schöne Gebärden/ und noch vielmehr die mancherley Arten der fliegenden Gewänder ersinnen/ als wie er dieselbe so wol mahlen können. In eben dieser Stadt ist bey den Capucinern / von seiner Hand/ der Englische Gruß in fresco so wol gemacht zu sehen/ daß man mit gröstem Fleiß das Stuck ausgehoben/ und an einen andern Ort versetzt/ als man die Mauer/ darauf es gebildet ware/ hat müssen abbrechen: Noch ein Marien-Bild auf einem Stadtthor/ das die Durchreisende mit Verwunderung anschauen: Ingleichen in S. Antonii Kirche ein Gemähl/ darinnen Maria und Maria Magdalena/ samt einem Engel/ so lieblich gebildet/ daß mans ohne Freude nicht anschauen kan/ noch ein Hieronymus-Bild/ über dessen fürtreflicher Colorirung die Mahler sich nicht genug verwundern können.

Ein Liebes-Stuck. Für Herzog Friedrich den andern/ hat er zwey herrliche Stuck verfärtiget/ die dem Käyser solten verehret werden/ und der großen Kunst halber eines so großen Monarchen zu seyn wol würdig gewesen: Es ware eine nackende Leda, und eine Venus, von so linder coloratur, und so fleischigen Tieffungen/ daß es nicht gemahlt/ sondern lebendig Fleisch zu seyn schiene; in einer jeden dieser Tafel ware eine artliche Landschaft gebildet/ und floße aus einem bey der Venus gemahlten Felsen ein klares Wasser/ das ihr über die Füße gienge/ und gleichwol das nackende nicht verhinderte/ sondern derselben Zärtlichkeit durch das glänzende Wasser nur mehr entdeckte: Neben ihr stunden zween Cupidines, deren einer seinen güldnen/ der andere seinen bleyernen Pfeil aus einem Stein probirte: Als diese zwey Stuck Julius Romanus betrachtet/ hat er bekandt/ daß er dergleichen colorirung die Zeit seines Lebens nicht gesehen habe. Gewiß ist es/ daß kein Mahler bäßer mit den Farben umgehen können/ oder mit so frölichem Wolstand/ so glatt und vertrieben/ lind/ fleischig/ und mit solcher Lieblichkeit/ ja auch/ daß keiner jemals so erhebt ohne Schatten/ gemahlet/ als eben dieser Antonio, und man also von ihm wol sagen kan/ daß er das eine Haupt-Stuck der Mahlerey/ Versteht das Wol-Mahlen aus dem Grund. nämlich das wol mahlen/ mehr als alle andere verstanden/ ob er dann schon im andern Haupt-Stuck/ nämlich im Zeichnen/ nicht so gut/ als im wol mahlen gewesen/ so wird doch nichts sein großes Lob hindern/ indem das wol mahlen einen Mahler nicht weniger/ als das wol zeichnen/ zieret/ und also dieses [Spaltenumbruch] jenem nachgeben/ folglich auch also unserm Antonio der Ruhm/ wo nicht höchster/ doch sonderbarer Vollkommenheit verbleiben muß.

Ferner ist das bäste Marien-Bild in Modena seiner Hände Werk: Ingleichen Christus am Oelberg/ und im Garten bey Maria Magdalena Mahlet die Christnacht. zu Bologna: Dann auch zu Reggio die Christ-Nacht/ in welchem Gemähl von Christo ein Schein ausgehet/ der die Hirten und alle Umstehende beleuchtet/ welchen Glanz eine Frau nicht wol vertragen kan/ und demnach ihre Augen mit der Hand sehr artlich bedecket/ der in der Luft schwebende Engel-Chor scheinet mehr warhaft/ als mit Menschen-Händen gemacht/ und hat dieses dem Herzog von Modena so wol gefallen/ daß er es copiren und das original in seine residenz bringen lassen/ als eines der allerfürtreflichsten Werke/ so zu finden Den HErrn Christus am Oelberg. seyn mögen: So ist in dieser Stadt auch noch ein Nacht-Stücklein eines Schuchs hoch/ darinn der HErr Christus am Oelberg gebildet/ der ihm erscheinende Engel wirft einen hellen Glanz von sich/ die Aposteln aber ligen unten/ überschatter von einem Eck des Bergs/ von ferne komt Judas mit den Kriegs-Knechten/ und in der dabey gemahlten verschiessenden Landschaft/ siehet man aus einer Seite die Morgenröhte anbrechen.

Zu Parma lag er auf eine Zeit gefährlich krank/ und weil er von einer Frauen/ Namens Catharina, wol bedienet worden/ mahlte er ihr S. Catharina. zur Vergeltung die H. Catharina/ welche das auf der Jungfer Marien Schoß sitzende Christkindlein/ vermittelst Ansteckung eines Ringes/ sich vermählet/ neben einem S. Sebastian und andern halben Bildern/ Lebensgröße: Dieses Stuck hat nachmals eine Gräfin nach Rom gebracht/ und neben der fürnehmsten Künstler/ Raphaels d’ Urbino, Lucas von Leyden/ Andrea del Sarto und anderer Werke gestellet/ die es doch alle an Kunst übertroffen/ dannnenhero der Cardinal Scipio Borghesio solches theuer an sich erkauft/ bey dem ich es Anno 1634. selbst gesehen/ und sind ihm zwar unterschiedlichmal 6000. Gold-Cronen darauf gebotten worden/ um welche er doch das Gemähl nicht hinweg geben wollen.

Sein humor. Er ware sonst ein erbarer/ beständiger und demütiger Mann/ der sich seiner Wissenschaft nicht übernahme/ wenigers/ daß er viel verstünde/ von sich ausgabe/ und bekandte gerne/ daß es sehr schwer seye/ der Natur Vollkommenheit nachzukommen: Er war mit wenigen vergnügt/ und lebte/ wegen großer habender Haushaltung/ sehr sparsam: Dahero/ als er für eine Arbeit 60. Gold-Cronen/ an lauter quadrinen, so eine schwere Kupfer-Münz ist/empfangen/ und solche selbst/ in großer Hitz/ nach Corregio getragen/ unterwegs aber/ sich zu kühlen/ viel Wassers getrunken/ ist er in ein schweres Fieber gefallen/ und daran ohngefähr im 40. Jahr seines Alters gestorben: Seine meiste und bäste Werke hat er um das Jahr Christi 1512. verfärtiget/ und haben ihm alle Kunstverwandten für viele Sachen zu danken/ die sie aus seiner Arbeit/ mit geringerer Mühe zu machen/ erlernet/ absonderlich aber die Artlichkeit der Haar/ als welche er auf eine sehr natürlich fliessende Manier zu mahlen/ erfunden/dannenhero

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[[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 91]/0117] furchtsame Natur zurück gehalten/ aus seinem Lande gereiset/ so daß er alles/ was er wuste/ nur aus eignem Verstand und steter Ubung nehmen muste/ dannenhero man billich glauben kan/ daß er unvergleichlich worden wäre/ wann jetztgemeldter Abgang ihn nicht daran verhindert hätte. In die Dommkirche zu Parma hat er unterschiedliche große Bilder gemacht/ so von unten auf zu sehen treflich wol verkürzt waren: Auf gleiche weise hat er zu S. Johann in ermeldter Stadt einen runden Thurn/ und eine Marien-Himmelfahrt/ mit vielen Engeln und anderer Heiligen Bildern gemahlt: Ferner 2. Altar-Tafeln mit Oelfarben/ darinn ein treflich berühmter todter Christus/ und ist sich mehr zu verwundern/ wie er die schöne Gebärden/ und noch vielmehr die mancherley Arten der fliegenden Gewänder ersinnen/ als wie er dieselbe so wol mahlen können. In eben dieser Stadt ist bey den Capucinern / von seiner Hand/ der Englische Gruß in fresco so wol gemacht zu sehen/ daß man mit gröstem Fleiß das Stuck ausgehoben/ und an einen andern Ort versetzt/ als man die Mauer/ darauf es gebildet ware/ hat müssen abbrechen: Noch ein Marien-Bild auf einem Stadtthor/ das die Durchreisende mit Verwunderung anschauen: Ingleichen in S. Antonii Kirche ein Gemähl/ darinnen Maria und Maria Magdalena/ samt einem Engel/ so lieblich gebildet/ daß mans ohne Freude nicht anschauen kan/ noch ein Hieronymus-Bild/ über dessen fürtreflicher Colorirung die Mahler sich nicht genug verwundern können. Seine Werke. Für Herzog Friedrich den andern/ hat er zwey herrliche Stuck verfärtiget/ die dem Käyser solten verehret werden/ und der großen Kunst halber eines so großen Monarchen zu seyn wol würdig gewesen: Es ware eine nackende Leda, und eine Venus, von so linder coloratur, und so fleischigen Tieffungen/ daß es nicht gemahlt/ sondern lebendig Fleisch zu seyn schiene; in einer jeden dieser Tafel ware eine artliche Landschaft gebildet/ und floße aus einem bey der Venus gemahlten Felsen ein klares Wasser/ das ihr über die Füße gienge/ und gleichwol das nackende nicht verhinderte/ sondern derselben Zärtlichkeit durch das glänzende Wasser nur mehr entdeckte: Neben ihr stunden zween Cupidines, deren einer seinen güldnen/ der andere seinen bleyernen Pfeil aus einem Stein probirte: Als diese zwey Stuck Julius Romanus betrachtet/ hat er bekandt/ daß er dergleichen colorirung die Zeit seines Lebens nicht gesehen habe. Gewiß ist es/ daß kein Mahler bäßer mit den Farben umgehen können/ oder mit so frölichem Wolstand/ so glatt und vertrieben/ lind/ fleischig/ und mit solcher Lieblichkeit/ ja auch/ daß keiner jemals so erhebt ohne Schatten/ gemahlet/ als eben dieser Antonio, und man also von ihm wol sagen kan/ daß er das eine Haupt-Stuck der Mahlerey/ nämlich das wol mahlen/ mehr als alle andere verstanden/ ob er dann schon im andern Haupt-Stuck/ nämlich im Zeichnen/ nicht so gut/ als im wol mahlen gewesen/ so wird doch nichts sein großes Lob hindern/ indem das wol mahlen einen Mahler nicht weniger/ als das wol zeichnen/ zieret/ und also dieses jenem nachgeben/ folglich auch also unserm Antonio der Ruhm/ wo nicht höchster/ doch sonderbarer Vollkommenheit verbleiben muß. Ein Liebes-Stuck. Versteht das Wol-Mahlen aus dem Grund. Ferner ist das bäste Marien-Bild in Modena seiner Hände Werk: Ingleichen Christus am Oelberg/ und im Garten bey Maria Magdalena zu Bologna: Dann auch zu Reggio die Christ-Nacht/ in welchem Gemähl von Christo ein Schein ausgehet/ der die Hirten und alle Umstehende beleuchtet/ welchen Glanz eine Frau nicht wol vertragen kan/ und demnach ihre Augen mit der Hand sehr artlich bedecket/ der in der Luft schwebende Engel-Chor scheinet mehr warhaft/ als mit Menschen-Händen gemacht/ und hat dieses dem Herzog von Modena so wol gefallen/ daß er es copiren und das original in seine residenz bringen lassen/ als eines der allerfürtreflichsten Werke/ so zu finden seyn mögen: So ist in dieser Stadt auch noch ein Nacht-Stücklein eines Schuchs hoch/ darinn der HErr Christus am Oelberg gebildet/ der ihm erscheinende Engel wirft einen hellen Glanz von sich/ die Aposteln aber ligen unten/ überschatter von einem Eck des Bergs/ von ferne komt Judas mit den Kriegs-Knechten/ und in der dabey gemahlten verschiessenden Landschaft/ siehet man aus einer Seite die Morgenröhte anbrechen. Mahlet die Christnacht. Den HErrn Christus am Oelberg. Zu Parma lag er auf eine Zeit gefährlich krank/ und weil er von einer Frauen/ Namens Catharina, wol bedienet worden/ mahlte er ihr zur Vergeltung die H. Catharina/ welche das auf der Jungfer Marien Schoß sitzende Christkindlein/ vermittelst Ansteckung eines Ringes/ sich vermählet/ neben einem S. Sebastian und andern halben Bildern/ Lebensgröße: Dieses Stuck hat nachmals eine Gräfin nach Rom gebracht/ und neben der fürnehmsten Künstler/ Raphaels d’ Urbino, Lucas von Leyden/ Andrea del Sarto und anderer Werke gestellet/ die es doch alle an Kunst übertroffen/ dannnenhero der Cardinal Scipio Borghesio solches theuer an sich erkauft/ bey dem ich es Anno 1634. selbst gesehen/ und sind ihm zwar unterschiedlichmal 6000. Gold-Cronen darauf gebotten worden/ um welche er doch das Gemähl nicht hinweg geben wollen. S. Catharina. Er ware sonst ein erbarer/ beständiger und demütiger Mann/ der sich seiner Wissenschaft nicht übernahme/ wenigers/ daß er viel verstünde/ von sich ausgabe/ und bekandte gerne/ daß es sehr schwer seye/ der Natur Vollkommenheit nachzukommen: Er war mit wenigen vergnügt/ und lebte/ wegen großer habender Haushaltung/ sehr sparsam: Dahero/ als er für eine Arbeit 60. Gold-Cronen/ an lauter quadrinen, so eine schwere Kupfer-Münz ist/empfangen/ und solche selbst/ in großer Hitz/ nach Corregio getragen/ unterwegs aber/ sich zu kühlen/ viel Wassers getrunken/ ist er in ein schweres Fieber gefallen/ und daran ohngefähr im 40. Jahr seines Alters gestorben: Seine meiste und bäste Werke hat er um das Jahr Christi 1512. verfärtiget/ und haben ihm alle Kunstverwandten für viele Sachen zu danken/ die sie aus seiner Arbeit/ mit geringerer Mühe zu machen/ erlernet/ absonderlich aber die Artlichkeit der Haar/ als welche er auf eine sehr natürlich fliessende Manier zu mahlen/ erfunden/dannenhero Sein humor.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 91]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/117>, abgerufen am 23.11.2024.