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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] ihn nicht verlassen/ sondern begab sich mit ihm auf dem Weg: Weil aber eben sie die Ursach dieser Feindschaft ware/ wurde seiner Widersacher Zorn durch seine Flucht nicht gehemmet/ sondern sie setzten ihme nach/ um diese holdselige Beute zu bekommen: Da nun seine Hausfrau merkte/ daß es um ihre Ehre/ und ihres Mannes Leben zu thun wäre/ faste sie/ als die andere Lucretia, eine verwegene resolution, und sprach: Mein Liebster! ihr sehet/ daß diese Feinde uns nachsetzen/ euch das Seine Haußfrau ersäuft sich selber/ um ihm das Leben zu erhalten. Leben/ und mir meine Ehre zu rauben: Demnach wird sich wol schicken/ daß ich ihnen zu beyden den Weg abschneide/ meine ehliche Treu und Ehre bewahre/ euch euer Leben erhalte/ und mir das meinige abkürtze/ und dieweil hie kein anderer Weg zu entkommen ist/ erkiese ich lieber einen ehrlichen Tod/ als ein schandhaftes Leben: Stürzte sich darauf sobald von einem hohen Gestad in einen Fluß und ersoff: Seine Feinde/ als sie dieses klägliche Traur-Spiel ansahen/ verließen den betrübten Mann/ und kehrten zuruck nach Ascoli.

Seine Werke zu Cita di Castello Um dieselbe Zeit wurde Alexandro Vitelli Herr über Matriae, welcher darauf unsern Künstler nach Cita di Castello beruffen/ damit er ihm in seinen Palast unterschiedliche Werke in fresco verfärtigte/ wie auch geschahe: Von dannen kehrte Nicolao wieder zurück nach Matriae, daselbst sein Leben zu endigen. Er solle sehr Sinn-reich gewesen seyn/ und die Mahlkunst wol befördert haben/ zu welcher Vollkommenheit ihn eine rühmliche Ehrsucht gebracht/ indeme er diejenige/ so ihn übersteigen wolten/ unter sich zu bringen getrachtet/ und dardurch selbst je länger je höher gestiegen ist.

LIII. FRANCISCO MAZZOLI, Parmensischer Mahler.ES ist gewißlich mehr zu belachen als zu beklagen derjenige/ welcher sonst von gutem Geist und zur Tugend und künstlichen Vollkommenheit geneigt ist/ und doch nur aus einer falschen Einbildung und Eigensinnigkeit das ungewisse für das gewisse erkieset/ gleich dem Aesopischen Hunde/ so nach dem betrieglichen Schatten geschnappet/ und unterdessen seine gewiße und im Mund getragene Beute verlohren/ welches auch dem berühmten Mahler FRANCISCO von Parma, wie wir iezo hören werden/ widerfahren. Dieser war gebohren zu Parma Anno 1504. und als ihm sein Vatter früh durch zeitlichen Tod abgieng/ bliebe er im Haus zweyer seiner Verwandten/ welche Mahlere waren. Diese beyde unterwiesen ihn in der Kunst treulich und wol/ dannenhero er in der Ist ein guter Zeichner. Zeichen-Schul in kurzem also zunahme/ daß es zu verwundern ware/ und weil man sahe/ daß die Natur selbst seinen Pensel gleichsam führte/ wurde er von seinen Freunden zum Mahlen angehalten.

Da er das sechzehende Jahr erreichet/ und in der Zeichen-Kunst fast Wunderwerke gethan hatte/ machte Seine Werke zu Parma er auf eine Tafel/ aus eigner Invention, die Tauffung S. Johannes so wol/ daß sich jedermann darüber verwundert/ wie von einem so jungen Menschen eine so künstliche Arbeit habe mögen zuweg gebracht werden. Diese Tafel ist gestellet zu Parma in die Kirche Annunciata . Ferner machte er in fresco zu Parma eine Capell/ würde [Spaltenumbruch] auch diese Stadt mit seinen Werken noch mehr gezieret haben/ wo nicht/ zu Zeiten Papsts Leo, der Krieg nach Parma kommen/ und er deßhalben mit seinem Vettern/ auch einem jungen Mahler/ in das Herzogtum Mantua nach Viandana, verschikt Im Herzogtum Mantua. worden wäre: Hier machte Franciscus zwey Taflen von Eyr-Farben/ eine/ da S. Franciscus die Wunden empfängt/ und S. Clara, in der andern die Bildnis der heiligen Catharina mit vielen andern Neben-Figuren/ welches Stuck so gut/ daß niemand/ der es besichtiget/ glaubet/ daß dieses eines Jünglings; sondern vielmehr/ daß es eines alten Meisters Werk seye. Nach dem Krieg kehrte er wieder nach Parma, und machte daselbst Taflen von Oelfarben/ wie auch gute Contrafäte.

Als er erst 19. Jahr alt war/ kame ihn die Lust an/ Rom zu sehen/ weil er sehr viel von Raphael und Michael Angelo gehört/ und ohne das suchte in seiner Kunst zuzunehmen und vollkommen zu werden: Seine Oheim erlaubten ihm gerne die Reise/ und liessen ihn ausstaffiren/ um bey den Ein künstliches Zimmer. Mahlern in Rom eine Gesell- und Kundschaft zu erlangen. Für seiner Abreiß machte er drey Stuck/ mit gutem Verstand und sehr frölicher colorirung: Eins war ein Marien-Bild/ mit dem Kindlein/ welches aus eines Engels Schooß einige Früchte langte: Das andere ein alter Mann/ mit einem Arm voll Eyer. Seine Kunst ferner auf fremde Manier zu weisen/ ließ er drehen ein halb rund Holz/ als einen runden Barbiers-Spiegel/ darauf contrafätete er sich selbst nach dem Leben/ aus einem runden Spiegel/ mit allem/ was er darinn sahe/ als nämlich das Gewölb/ Cammer/ Balken und Fenster/ alles mit sehr künstlicher Verkürzung: Er mahlte auch das glänzen und schimmern des Glases/ so natürlich und wolstehend/ daß es schier unglaublich schiene/ und weil alles/ was nahe herbey kommet/ in dem Spiegel vergrössert wird/ hat er vornen eine grosse Hand gemacht/ wie man solche in den Spiegeln sehen kan: Welches Stuck/ wegen seiner Kunst/ nicht allein von seinen alten zweyen Ohmen/ sondern allen andern Künstlern/ mit Verwunderung angesehen worden/ dannenhero dieselbe diese Gemälde in einen Kasten zusammen gepacket haben/ und damit einer seiner Ohmen mit ihme nach Rom gezogen ist.

Kommt nach Rom. Als er daselbst ankommen/ und der Papst seine Mahlerey und zugleich seine Jugend betrachtet/ verwunderte sich derselbe höchlich/ wie auch alle seine Hof-Bediente/ und wurde ihm von dem Papst viel Ehr erwiesen: Nachdem er nun den Pabstlichen Saal abgemahlet/ an welchem Johann da Udine das Gewölb und die Arbeit von stucco gemacht/ verehrte er dem Pabst seine Gemälde/ und bekame darfür ansehnliche Geschenke. Er mahlte Mahlet die Beschneidung Christi. auch innerhalb 3. Tagen die Beschneidung Christi/ von überaus schöner invention, darinnen er drey unterschiedliche Liechter exprimiret. Das erste kame von dem Angesicht Christi; das andere aus dem mit Liechtern erleuchteten Tempel/ in den viel Volks auf die Treppen kame/ zu den Opfern die Gaben zu bringen. Das dritte von der hinten herfür spielenden Tagröhte/ und einer schönen Landschaft/

[Spaltenumbruch] ihn nicht verlassen/ sondern begab sich mit ihm auf dem Weg: Weil aber eben sie die Ursach dieser Feindschaft ware/ wurde seiner Widersacher Zorn durch seine Flucht nicht gehemmet/ sondern sie setzten ihme nach/ um diese holdselige Beute zu bekommen: Da nun seine Hausfrau merkte/ daß es um ihre Ehre/ und ihres Mannes Leben zu thun wäre/ faste sie/ als die andere Lucretia, eine verwegene resolution, und sprach: Mein Liebster! ihr sehet/ daß diese Feinde uns nachsetzen/ euch das Seine Haußfrau ersäuft sich selber/ um ihm das Leben zu erhalten. Leben/ und mir meine Ehre zu rauben: Demnach wird sich wol schicken/ daß ich ihnen zu beyden den Weg abschneide/ meine ehliche Treu und Ehre bewahre/ euch euer Leben erhalte/ und mir das meinige abkürtze/ und dieweil hie kein anderer Weg zu entkommen ist/ erkiese ich lieber einen ehrlichen Tod/ als ein schandhaftes Leben: Stürzte sich darauf sobald von einem hohen Gestad in einen Fluß und ersoff: Seine Feinde/ als sie dieses klägliche Traur-Spiel ansahen/ verließen den betrübten Mann/ und kehrten zuruck nach Ascoli.

Seine Werke zu Cita di Castello Um dieselbe Zeit wurde Alexandro Vitelli Herr über Matriae, welcher darauf unsern Künstler nach Cita di Castello beruffen/ damit er ihm in seinen Palast unterschiedliche Werke in fresco verfärtigte/ wie auch geschahe: Von dannen kehrte Nicolao wieder zurück nach Matriae, daselbst sein Leben zu endigen. Er solle sehr Sinn-reich gewesen seyn/ und die Mahlkunst wol befördert haben/ zu welcher Vollkommenheit ihn eine rühmliche Ehrsucht gebracht/ indeme er diejenige/ so ihn übersteigen wolten/ unter sich zu bringen getrachtet/ und dardurch selbst je länger je höher gestiegen ist.

LIII. FRANCISCO MAZZOLI, Parmensischer Mahler.ES ist gewißlich mehr zu belachen als zu beklagen derjenige/ welcher sonst von gutem Geist und zur Tugend und künstlichen Vollkommenheit geneigt ist/ und doch nur aus einer falschen Einbildung und Eigensinnigkeit das ungewisse für das gewisse erkieset/ gleich dem Aesopischen Hunde/ so nach dem betrieglichen Schatten geschnappet/ und unterdessen seine gewiße und im Mund getragene Beute verlohren/ welches auch dem berühmten Mahler FRANCISCO von Parma, wie wir iezo hören werden/ widerfahren. Dieser war gebohren zu Parma Anno 1504. und als ihm sein Vatter früh durch zeitlichen Tod abgieng/ bliebe er im Haus zweyer seiner Verwandten/ welche Mahlere waren. Diese beyde unterwiesen ihn in der Kunst treulich und wol/ dannenhero er in der Ist ein guter Zeichner. Zeichen-Schul in kurzem also zunahme/ daß es zu verwundern ware/ und weil man sahe/ daß die Natur selbst seinen Pensel gleichsam führte/ wurde er von seinen Freunden zum Mahlen angehalten.

Da er das sechzehende Jahr erreichet/ und in der Zeichen-Kunst fast Wunderwerke gethan hatte/ machte Seine Werke zu Parma er auf eine Tafel/ aus eigner Invention, die Tauffung S. Johannes so wol/ daß sich jedermann darüber verwundert/ wie von einem so jungen Menschen eine so künstliche Arbeit habe mögen zuweg gebracht werden. Diese Tafel ist gestellet zu Parma in die Kirche Annunciata . Ferner machte er in fresco zu Parma eine Capell/ würde [Spaltenumbruch] auch diese Stadt mit seinen Werken noch mehr gezieret haben/ wo nicht/ zu Zeiten Papsts Leo, der Krieg nach Parma kommen/ und er deßhalben mit seinem Vettern/ auch einem jungen Mahler/ in das Herzogtum Mantua nach Viandana, verschikt Im Herzogtum Mantua. worden wäre: Hier machte Franciscus zwey Taflen von Eyr-Farben/ eine/ da S. Franciscus die Wunden empfängt/ und S. Clara, in der andern die Bildnis der heiligen Catharina mit vielen andern Neben-Figuren/ welches Stuck so gut/ daß niemand/ der es besichtiget/ glaubet/ daß dieses eines Jünglings; sondern vielmehr/ daß es eines alten Meisters Werk seye. Nach dem Krieg kehrte er wieder nach Parma, und machte daselbst Taflen von Oelfarben/ wie auch gute Contrafäte.

Als er erst 19. Jahr alt war/ kame ihn die Lust an/ Rom zu sehen/ weil er sehr viel von Raphaël und Michaël Angelo gehört/ und ohne das suchte in seiner Kunst zuzunehmen und vollkommen zu werden: Seine Oheim erlaubten ihm gerne die Reise/ und liessen ihn ausstaffiren/ um bey den Ein künstliches Zimmer. Mahlern in Rom eine Gesell- und Kundschaft zu erlangen. Für seiner Abreiß machte er drey Stuck/ mit gutem Verstand und sehr frölicher colorirung: Eins war ein Marien-Bild/ mit dem Kindlein/ welches aus eines Engels Schooß einige Früchte langte: Das andere ein alter Mann/ mit einem Arm voll Eyer. Seine Kunst ferner auf fremde Manier zu weisen/ ließ er drehen ein halb rund Holz/ als einen runden Barbiers-Spiegel/ darauf contrafätete er sich selbst nach dem Leben/ aus einem runden Spiegel/ mit allem/ was er darinn sahe/ als nämlich das Gewölb/ Cammer/ Balken und Fenster/ alles mit sehr künstlicher Verkürzung: Er mahlte auch das glänzen und schimmern des Glases/ so natürlich und wolstehend/ daß es schier unglaublich schiene/ und weil alles/ was nahe herbey kommet/ in dem Spiegel vergrössert wird/ hat er vornen eine grosse Hand gemacht/ wie man solche in den Spiegeln sehen kan: Welches Stuck/ wegen seiner Kunst/ nicht allein von seinen alten zweyen Ohmen/ sondern allen andern Künstlern/ mit Verwunderung angesehen worden/ dannenhero dieselbe diese Gemälde in einen Kasten zusammen gepacket haben/ und damit einer seiner Ohmen mit ihme nach Rom gezogen ist.

Kommt nach Rom. Als er daselbst ankommen/ und der Papst seine Mahlerey und zugleich seine Jugend betrachtet/ verwunderte sich derselbe höchlich/ wie auch alle seine Hof-Bediente/ und wurde ihm von dem Papst viel Ehr erwiesen: Nachdem er nun den Pabstlichen Saal abgemahlet/ an welchem Johann da Udine das Gewölb und die Arbeit von stucco gemacht/ verehrte er dem Pabst seine Gemälde/ und bekame darfür ansehnliche Geschenke. Er mahlte Mahlet die Beschneidung Christi. auch innerhalb 3. Tagen die Beschneidung Christi/ von überaus schöner invention, darinnen er drey unterschiedliche Liechter exprimiret. Das erste kame von dem Angesicht Christi; das andere aus dem mit Liechtern erleuchteten Tempel/ in den viel Volks auf die Treppen kame/ zu den Opfern die Gaben zu bringen. Das dritte von der hinten herfür spielenden Tagröhte/ und einer schönen Landschaft/

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[[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 109]/0137] ihn nicht verlassen/ sondern begab sich mit ihm auf dem Weg: Weil aber eben sie die Ursach dieser Feindschaft ware/ wurde seiner Widersacher Zorn durch seine Flucht nicht gehemmet/ sondern sie setzten ihme nach/ um diese holdselige Beute zu bekommen: Da nun seine Hausfrau merkte/ daß es um ihre Ehre/ und ihres Mannes Leben zu thun wäre/ faste sie/ als die andere Lucretia, eine verwegene resolution, und sprach: Mein Liebster! ihr sehet/ daß diese Feinde uns nachsetzen/ euch das Leben/ und mir meine Ehre zu rauben: Demnach wird sich wol schicken/ daß ich ihnen zu beyden den Weg abschneide/ meine ehliche Treu und Ehre bewahre/ euch euer Leben erhalte/ und mir das meinige abkürtze/ und dieweil hie kein anderer Weg zu entkommen ist/ erkiese ich lieber einen ehrlichen Tod/ als ein schandhaftes Leben: Stürzte sich darauf sobald von einem hohen Gestad in einen Fluß und ersoff: Seine Feinde/ als sie dieses klägliche Traur-Spiel ansahen/ verließen den betrübten Mann/ und kehrten zuruck nach Ascoli. Seine Haußfrau ersäuft sich selber/ um ihm das Leben zu erhalten. Um dieselbe Zeit wurde Alexandro Vitelli Herr über Matriae, welcher darauf unsern Künstler nach Cita di Castello beruffen/ damit er ihm in seinen Palast unterschiedliche Werke in fresco verfärtigte/ wie auch geschahe: Von dannen kehrte Nicolao wieder zurück nach Matriae, daselbst sein Leben zu endigen. Er solle sehr Sinn-reich gewesen seyn/ und die Mahlkunst wol befördert haben/ zu welcher Vollkommenheit ihn eine rühmliche Ehrsucht gebracht/ indeme er diejenige/ so ihn übersteigen wolten/ unter sich zu bringen getrachtet/ und dardurch selbst je länger je höher gestiegen ist. Seine Werke zu Cita di Castello ES ist gewißlich mehr zu belachen als zu beklagen derjenige/ welcher sonst von gutem Geist und zur Tugend und künstlichen Vollkommenheit geneigt ist/ und doch nur aus einer falschen Einbildung und Eigensinnigkeit das ungewisse für das gewisse erkieset/ gleich dem Aesopischen Hunde/ so nach dem betrieglichen Schatten geschnappet/ und unterdessen seine gewiße und im Mund getragene Beute verlohren/ welches auch dem berühmten Mahler FRANCISCO von Parma, wie wir iezo hören werden/ widerfahren. Dieser war gebohren zu Parma Anno 1504. und als ihm sein Vatter früh durch zeitlichen Tod abgieng/ bliebe er im Haus zweyer seiner Verwandten/ welche Mahlere waren. Diese beyde unterwiesen ihn in der Kunst treulich und wol/ dannenhero er in der Zeichen-Schul in kurzem also zunahme/ daß es zu verwundern ware/ und weil man sahe/ daß die Natur selbst seinen Pensel gleichsam führte/ wurde er von seinen Freunden zum Mahlen angehalten. LIII. FRANCISCO MAZZOLI, Parmensischer Mahler. Ist ein guter Zeichner. Da er das sechzehende Jahr erreichet/ und in der Zeichen-Kunst fast Wunderwerke gethan hatte/ machte er auf eine Tafel/ aus eigner Invention, die Tauffung S. Johannes so wol/ daß sich jedermann darüber verwundert/ wie von einem so jungen Menschen eine so künstliche Arbeit habe mögen zuweg gebracht werden. Diese Tafel ist gestellet zu Parma in die Kirche Annunciata . Ferner machte er in fresco zu Parma eine Capell/ würde auch diese Stadt mit seinen Werken noch mehr gezieret haben/ wo nicht/ zu Zeiten Papsts Leo, der Krieg nach Parma kommen/ und er deßhalben mit seinem Vettern/ auch einem jungen Mahler/ in das Herzogtum Mantua nach Viandana, verschikt worden wäre: Hier machte Franciscus zwey Taflen von Eyr-Farben/ eine/ da S. Franciscus die Wunden empfängt/ und S. Clara, in der andern die Bildnis der heiligen Catharina mit vielen andern Neben-Figuren/ welches Stuck so gut/ daß niemand/ der es besichtiget/ glaubet/ daß dieses eines Jünglings; sondern vielmehr/ daß es eines alten Meisters Werk seye. Nach dem Krieg kehrte er wieder nach Parma, und machte daselbst Taflen von Oelfarben/ wie auch gute Contrafäte. Seine Werke zu Parma Im Herzogtum Mantua. Als er erst 19. Jahr alt war/ kame ihn die Lust an/ Rom zu sehen/ weil er sehr viel von Raphaël und Michaël Angelo gehört/ und ohne das suchte in seiner Kunst zuzunehmen und vollkommen zu werden: Seine Oheim erlaubten ihm gerne die Reise/ und liessen ihn ausstaffiren/ um bey den Mahlern in Rom eine Gesell- und Kundschaft zu erlangen. Für seiner Abreiß machte er drey Stuck/ mit gutem Verstand und sehr frölicher colorirung: Eins war ein Marien-Bild/ mit dem Kindlein/ welches aus eines Engels Schooß einige Früchte langte: Das andere ein alter Mann/ mit einem Arm voll Eyer. Seine Kunst ferner auf fremde Manier zu weisen/ ließ er drehen ein halb rund Holz/ als einen runden Barbiers-Spiegel/ darauf contrafätete er sich selbst nach dem Leben/ aus einem runden Spiegel/ mit allem/ was er darinn sahe/ als nämlich das Gewölb/ Cammer/ Balken und Fenster/ alles mit sehr künstlicher Verkürzung: Er mahlte auch das glänzen und schimmern des Glases/ so natürlich und wolstehend/ daß es schier unglaublich schiene/ und weil alles/ was nahe herbey kommet/ in dem Spiegel vergrössert wird/ hat er vornen eine grosse Hand gemacht/ wie man solche in den Spiegeln sehen kan: Welches Stuck/ wegen seiner Kunst/ nicht allein von seinen alten zweyen Ohmen/ sondern allen andern Künstlern/ mit Verwunderung angesehen worden/ dannenhero dieselbe diese Gemälde in einen Kasten zusammen gepacket haben/ und damit einer seiner Ohmen mit ihme nach Rom gezogen ist. Ein künstliches Zimmer. Als er daselbst ankommen/ und der Papst seine Mahlerey und zugleich seine Jugend betrachtet/ verwunderte sich derselbe höchlich/ wie auch alle seine Hof-Bediente/ und wurde ihm von dem Papst viel Ehr erwiesen: Nachdem er nun den Pabstlichen Saal abgemahlet/ an welchem Johann da Udine das Gewölb und die Arbeit von stucco gemacht/ verehrte er dem Pabst seine Gemälde/ und bekame darfür ansehnliche Geschenke. Er mahlte auch innerhalb 3. Tagen die Beschneidung Christi/ von überaus schöner invention, darinnen er drey unterschiedliche Liechter exprimiret. Das erste kame von dem Angesicht Christi; das andere aus dem mit Liechtern erleuchteten Tempel/ in den viel Volks auf die Treppen kame/ zu den Opfern die Gaben zu bringen. Das dritte von der hinten herfür spielenden Tagröhte/ und einer schönen Landschaft/ Kommt nach Rom. Mahlet die Beschneidung Christi.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 109]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/137>, abgerufen am 23.11.2024.