Der Teutschen Academie/ Andern Theils/ Zweytes Buch: Von Der modernen berühmten Italienischen Mahlere/ Bildhauere/ und Baumeistere/ Leben und Lob.
Eingangs-Rede.
[Spaltenumbruch]
WAs der allerweiseste König Salomo von seinen selbsteignen Werken/ in seines Predigers 2. Cap. schreibet/ nämlich/ daß/ da er angesehen alle seine Werke/ die seine Hand gethan hätte/ und die Müh/ die er gehabt hätte/ habe er gemerket/ daß es alles eitel und Jammer/ und nichts mehr unter der Sonnen seye/ dieses kan man/ gleichwie an allen Dingen: also auch an den Bilderey-Künsten wahrnehmen. Selbige sind bey den Griechen/ Römern und andern Völkern/ durch unterschiedliche fürtrefliche und verständige Künstlere/ deren Leben und lobwürdige Werke/ ich im vorhergehendem Buch beschrieben habe/ auf den höchsten Gipfel der Vollkommenheit erhoben/ nachgehends aber wieder in den tiefsten Abgrund der Unehre und Verachtung gestürzet worden/ und in äuserste Verkleinerung und schimpflichsten Abgang gerahten/ daß ich also freilich wol mit[Spaltenumbruch]
hochermeldtem König Salomo ausruffen mag: Alles hat seine Zeit/ brechen/ bauen/ zureißen hat seine Zeit/ und mit dem Poeten:
Die Herrlichkeit der Erden muß Rauch und Aschen werden/ kein Felß/ kein Erz kan stehn: Diß/ was uns kan ergötzen/ was wir für ewig schätzen/ wird als ein leichter Traum vergehn.
Man sehe nur an/ und betrachte/ mit vernünftigen Nachsinnen/ den Triumf-Bogen/ welchen das Römische Volk/ bey dem Colossaeo, dem Kayser Constantino zu Ehren/ aufgerichtet/ er allein ist ein vollgültiger Zeug/ daß damals die Bilderey-Künsten ganz gefallen gewesen. Die Meistere desselben haben zwar ihre Unwissenheit mit der vor ihnen lebenden Künstlere Wissenschaft zudecken wollen/ indem sie allerhand sehr gute/ und irgend um die Zeiten des Kaysers Trajani, mit großer Vernunft gearbeitete Stücke und Trümmer/ von alten Statuen/ zusammen geklaubet/ und
Der Teutschen Academie/ Andern Theils/ Zweytes Buch: Von Der modernen berühmten Italienischen Mahlere/ Bildhauere/ und Baumeistere/ Leben und Lob.
Eingangs-Rede.
[Spaltenumbruch]
WAs der allerweiseste König Salomo von seinen selbsteignen Werken/ in seines Predigers 2. Cap. schreibet/ nämlich/ daß/ da er angesehen alle seine Werke/ die seine Hand gethan hätte/ und die Müh/ die er gehabt hätte/ habe er gemerket/ daß es alles eitel und Jammer/ und nichts mehr unter der Sonnen seye/ dieses kan man/ gleichwie an allen Dingen: also auch an den Bilderey-Künsten wahrnehmen. Selbige sind bey den Griechen/ Römern und andern Völkern/ durch unterschiedliche fürtrefliche und verständige Künstlere/ deren Leben und lobwürdige Werke/ ich im vorhergehendem Buch beschrieben habe/ auf den höchsten Gipfel der Vollkommenheit erhoben/ nachgehends aber wieder in den tiefsten Abgrund der Unehre und Verachtung gestürzet worden/ und in äuserste Verkleinerung und schimpflichsten Abgang gerahten/ daß ich also freilich wol mit[Spaltenumbruch]
hochermeldtem König Salomo ausruffen mag: Alles hat seine Zeit/ brechen/ bauen/ zureißen hat seine Zeit/ und mit dem Poëten:
Die Herrlichkeit der Erden muß Rauch und Aschen werden/ kein Felß/ kein Erz kan stehn: Diß/ was uns kan ergötzen/ was wir für ewig schätzen/ wird als ein leichter Traum vergehn.
Man sehe nur an/ und betrachte/ mit vernünftigen Nachsinnen/ den Triumf-Bogen/ welchen das Römische Volk/ bey dem Colossaeo, dem Kayser Constantino zu Ehren/ aufgerichtet/ er allein ist ein vollgültiger Zeug/ daß damals die Bilderey-Künsten ganz gefallen gewesen. Die Meistere desselben haben zwar ihre Unwissenheit mit der vor ihnen lebenden Künstlere Wissenschaft zudecken wollen/ indem sie allerhand sehr gute/ und irgend um die Zeiten des Kaysers Trajani, mit großer Vernunft gearbeitete Stücke und Trümmer/ von alten Statuen/ zusammen geklaubet/ und
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[[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 53]/0071]
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Teutschen Academie/
Andern Theils/
Zweytes Buch:
Von
Der modernen berühmten Italienischen
Mahlere/ Bildhauere/ und Baumeistere/
Leben und Lob.
Eingangs-Rede.
WAs der allerweiseste König Salomo von seinen selbsteignen Werken/ in seines Predigers 2. Cap. schreibet/ nämlich/ daß/ da er angesehen alle seine Werke/ die seine Hand gethan hätte/ und die Müh/ die er gehabt hätte/ habe er gemerket/ daß es alles eitel und Jammer/ und nichts mehr unter der Sonnen seye/ dieses kan man/ gleichwie an allen Dingen: also auch an den Bilderey-Künsten wahrnehmen. Selbige sind bey den Griechen/ Römern und andern Völkern/ durch unterschiedliche fürtrefliche und verständige Künstlere/ deren Leben und lobwürdige Werke/ ich im vorhergehendem Buch beschrieben habe/ auf den höchsten Gipfel der Vollkommenheit erhoben/ nachgehends aber wieder in den tiefsten Abgrund der Unehre und Verachtung gestürzet worden/ und in äuserste Verkleinerung und schimpflichsten Abgang gerahten/ daß ich also freilich wol mit
hochermeldtem König Salomo ausruffen mag: Alles hat seine Zeit/ brechen/ bauen/ zureißen hat seine Zeit/ und mit dem Poëten:
Die Herrlichkeit der Erden
muß Rauch und Aschen werden/
kein Felß/ kein Erz kan stehn:
Diß/ was uns kan ergötzen/
was wir für ewig schätzen/
wird als ein leichter Traum vergehn.
Man sehe nur an/ und betrachte/ mit vernünftigen Nachsinnen/ den Triumf-Bogen/ welchen das Römische Volk/ bey dem Colossaeo, dem Kayser Constantino zu Ehren/ aufgerichtet/ er allein ist ein vollgültiger Zeug/ daß damals die Bilderey-Künsten ganz gefallen gewesen. Die Meistere desselben haben zwar ihre Unwissenheit mit der vor ihnen lebenden Künstlere Wissenschaft zudecken wollen/ indem sie allerhand sehr gute/ und irgend um die Zeiten des Kaysers Trajani, mit großer Vernunft gearbeitete Stücke und Trümmer/ von alten Statuen/ zusammen geklaubet/ und
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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 53]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/71>, abgerufen am 27.11.2024.
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