Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]

Ohne Weißheit und Kunst-forschung/ wäre die Erde ein Wald voll wilder unvernünftiger Thiere.WAnn die hoch-erleuchtete Geister sich nicht jederzeit beflissen hätten/ solche Wissenschaften und Künste zu erfinden/ welche nicht allein zu einem wol-geordneten Wandel und tugendlichem Leben erbaulich/ sondern auch zur edlen Ergetzung des Menschlichen Gemütes dienen/ und dadurch sie/ ihren Himmel-ähnlichen Verstand und die mit Göttlicher Weißheit erfüllte Seele hervorlegend/ von der Tummheit des unvernünftigen wilden Viehes unterschieden werden: was würde dieses breite große Erd-Rund anders seyn/ als eine ungeheure struttichte Wildfuhr/ darinn soviel Thiere herumliefen/ als Menschen zur Welt kommen? Und was hätte der Mensch/ das Göttliche Ebenbild/ sich dessen zu berühmen/ daß ihn Gott über Pflanzen und Thiere gesetzet/ wann er dieselben nicht erkennen lernte/ mit seiner ihme von Gott eingehauchten Vernunft die geheimste Oerter der Natur durchwanderte/ und deren verborgenste Sachen ausforschete und entdeckte?

Die Kunst-Erfindere/ wurden vor alters vergöttert. Um des willen/ wurden allemal die jenigen/ so etwas solches erfunden/ nicht allein in ihrer Lebens-Zeit/ sondern auch nach dem Tod/ verehret: sogar/ daß die von dem geoffenbarten Göttlichen Wort nicht-erleuchtete Heiden/ solche Erfindere zu Göttern gemacht und angebetet. Dergleichen Götzen waren/ Ceres, Bacchus, Pan, Apollo, Mercurius, Minerva, Diana, Vulcanus, Aeolus, weil sie den Getreid- und Wein-bau/ die Viehzucht/ die Arzney-Kunst/ die Kaufmanschaft und Rede-Kunst/ die Neh-Stick- und Web-Künste/ die Jagt/ das Schmied-Werk/ das Segel- und Meer-fahren/ und mehr anderes/ erfunden haben.

Lob der Mahlerey-Kunst Die gröste Kunst bestehet darinn/ wann man/ gleichwie mit dem Gemüte/ also auch mit der von der Vernunft geführten Hand/ Gott und der Natur nachahmet/ und deren Geschöpfe nachbildet. Dieses verrichtet vor andern/ die Edle Mahlerey-Kunst: und ist darum wol würdig/ daß sie andren Künsten an die Seite gesetzet/ oder wol gar vorgezogen/ werde. Dann/ sie besaet ihr Feld ja so vielfärbig/ als die Natur mit Blumen die Erde. Sie bepflanzet eine Tafel/ mit den schönsten Gewächsen. Alle Thiere/ aller Pracht des Himmels/ der Erde und des Meeres/ muß aus dem Schopf ihres Pinsels/ wie Minerva aus Jovis Gehirne/ hervortretten. Ja sie verschönert alle Dinge/ durch ihr buntes Farb-mängen und angenehmes schattiren. Sie bildet den Menschen in seiner Vollkommenheit/ träget in ein Bild zusammen/ was die Natur unter viele vertheilet/ und verbirget die Mängel/ die diese mit hervor zu bringen pfleget: also wird sie gleichsam ein neuer Schöpfer desselben. Sie gibt[Spaltenumbruch] ihm auch eine wolständige Stellung/ und mahlet ihm das Gemüte an die Stirne. Billig wird sie demnach/ in den Schriften der Weißen/ genennet/ ein Begriff aller Dinge/ eine Schwester der Natur und Folge-Magd der himmlischen Weißheit.

Wir überlassen andern die Bemühung/ daß sie diese Edle Kunst/ aus Africa und Egypten/ auch Assyrien und Babylon/ (deren Mauren/ die große Semiramis, mit schönen Jagten vermahlen lassen) ferner durch Griechenland in Italien/ und von dar in Hoch- und Nieder-Teutschland/ führen. Wir sagen dißorts allein/ daß unser Hoch-Teutschland/ In Teutschland/ ward dieses Kunst-Liecht durch Martis Pulverdampf verdunklet. zwar vorlängst mit seinem fürtrefflichen Albrecht Dürer und dessen Nachfolgern gepranget/ aber nachmals/ durch die leidige Kriegsläufte/ gleichwie fast aller anderer/ also auch dieser Zierde beraubet worden. Adam Elzheimer/ von Frankfurt bürtig/ wolte zwar diese fluchtfärtige Göttin bey dem Rock ergreifen/ an- und aufhalten: er ward aber bald durch den Tod hinweg gerissen/ und sahe man also/ gleichwie die Ubung/ also auch die Liebe dieser Kunst/ bey uns verathemen und verleschen. Die Königin Germania sahe ihre mit herrlichen Gemälden gezierte Paläste und Kirchen hin und wieder in der Lohe auffliegen/ und ihre Augen wurden von Rauch und Weinen dermaßen verdunkelt/ daß ihr keine Begierde oder Kraft übrig bleiben konte/ nach dieser Kunst zu sehen: von welcher nun schiene/ daß sie in eine lange und ewige Nacht wolte schlaffen gehen. Also geriethe solche in vergessenheit/ und die jenige/ so hiervon Beruff macheten/ in Armut und Verachtung: daher sie das Pollet fallen ließen/ und an statt des Pinsels/ den Spiß oder Bettelstab ergreiffen musten/ auch vornehme Personen sich schämeten/ ihre Kinder zu so verachteten Leuten in die Lehre zu schicken.

welches H. Joachim von Sandrart/ wieder hervorgestellet. Das gnädige Schicksel erbarmete sich dieser Finsternis/ und ließe der Teutschen Kunst-Welt eine neue Sonne aufgehen: die die schlummerende Freulin Pictura wieder aufweckte/ die Nacht zertriebe und ihr den Tag anbrechen machte. Dieser ist/ der Wol-Edle und Gestrenge Herr Joachim von Sandrart/ auf Stockau/ Hoch-Fürstl. Pfalz-Neuburgischer Raht: welchen die Natur mit einem solchen Geist begabet/ der nicht anders als leuchten konte/ und/ durch seine Liecht-volle Vernunft-Strahlen/ die der Edlen Mahlerey-Kunst entgegenstehende schwarze Gewölke/ auszuheitern vermochte. Dieser erleuchtete Geist/ nahme wol recht an sich die eigenschaft der Sonne: welche nicht allein leuchtet/ sondern auch mit unverdrossenem Lauf die Häuser des Himmels durchkutschet/ und dieselben erleuchtet. Also Er/ nachdem Er diese Kunst aus dem Grund ergriffen/ durchzoge er ein großes Theil des Welt-Kreises von Europa, setzte/ beydes durch sein herrliches Kunstvermögen und durch seinen

[Spaltenumbruch]

Ohne Weißheit und Kunst-forschung/ wäre die Erde ein Wald voll wilder unvernünftiger Thiere.WAnn die hoch-erleuchtete Geister sich nicht jederzeit beflissen hätten/ solche Wissenschaften und Künste zu erfinden/ welche nicht allein zu einem wol-geordneten Wandel und tugendlichem Leben erbaulich/ sondern auch zur edlen Ergetzung des Menschlichen Gemütes dienen/ und dadurch sie/ ihren Himmel-ähnlichen Verstand und die mit Göttlicher Weißheit erfüllte Seele hervorlegend/ von der Tummheit des unvernünftigen wilden Viehes unterschieden werden: was würde dieses breite große Erd-Rund anders seyn/ als eine ungeheure struttichte Wildfuhr/ darinn soviel Thiere herumliefen/ als Menschen zur Welt kommen? Und was hätte der Mensch/ das Göttliche Ebenbild/ sich dessen zu berühmen/ daß ihn Gott über Pflanzen und Thiere gesetzet/ wann er dieselben nicht erkennen lernte/ mit seiner ihme von Gott eingehauchten Vernunft die geheimste Oerter der Natur durchwanderte/ und deren verborgenste Sachen ausforschete und entdeckte?

Die Kunst-Erfindere/ wurden vor alters vergöttert. Um des willen/ wurden allemal die jenigen/ so etwas solches erfunden/ nicht allein in ihrer Lebens-Zeit/ sondern auch nach dem Tod/ verehret: sogar/ daß die von dem geoffenbarten Göttlichen Wort nicht-erleuchtete Heiden/ solche Erfindere zu Göttern gemacht und angebetet. Dergleichen Götzen waren/ Ceres, Bacchus, Pan, Apollo, Mercurius, Minerva, Diana, Vulcanus, Aeolus, weil sie den Getreid- und Wein-bau/ die Viehzucht/ die Arzney-Kunst/ die Kaufmanschaft und Rede-Kunst/ die Neh-Stick- und Web-Künste/ die Jagt/ das Schmied-Werk/ das Segel- und Meer-fahren/ und mehr anderes/ erfunden haben.

Lob der Mahlerey-Kunst Die gröste Kunst bestehet darinn/ wann man/ gleichwie mit dem Gemüte/ also auch mit der von der Vernunft geführten Hand/ Gott und der Natur nachahmet/ und deren Geschöpfe nachbildet. Dieses verrichtet vor andern/ die Edle Mahlerey-Kunst: und ist darum wol würdig/ daß sie andren Künsten an die Seite gesetzet/ oder wol gar vorgezogen/ werde. Dann/ sie besaet ihr Feld ja so vielfärbig/ als die Natur mit Blumen die Erde. Sie bepflanzet eine Tafel/ mit den schönsten Gewächsen. Alle Thiere/ aller Pracht des Himmels/ der Erde und des Meeres/ muß aus dem Schopf ihres Pinsels/ wie Minerva aus Jovis Gehirne/ hervortretten. Ja sie verschönert alle Dinge/ durch ihr buntes Farb-mängen und angenehmes schattiren. Sie bildet den Menschen in seiner Vollkommenheit/ träget in ein Bild zusammen/ was die Natur unter viele vertheilet/ und verbirget die Mängel/ die diese mit hervor zu bringen pfleget: also wird sie gleichsam ein neuer Schöpfer desselben. Sie gibt[Spaltenumbruch] ihm auch eine wolständige Stellung/ und mahlet ihm das Gemüte an die Stirne. Billig wird sie demnach/ in den Schriften der Weißen/ genennet/ ein Begriff aller Dinge/ eine Schwester der Natur und Folge-Magd der himmlischen Weißheit.

Wir überlassen andern die Bemühung/ daß sie diese Edle Kunst/ aus Africa und Egypten/ auch Assyrien und Babylon/ (deren Mauren/ die große Semiramis, mit schönen Jagten vermahlen lassen) ferner durch Griechenland in Italien/ und von dar in Hoch- und Nieder-Teutschland/ führen. Wir sagen dißorts allein/ daß unser Hoch-Teutschland/ In Teutschland/ ward dieses Kunst-Liecht durch Martis Pulverdampf verdunklet. zwar vorlängst mit seinem fürtrefflichen Albrecht Dürer und dessen Nachfolgern gepranget/ aber nachmals/ durch die leidige Kriegsläufte/ gleichwie fast aller anderer/ also auch dieser Zierde beraubet worden. Adam Elzheimer/ von Frankfurt bürtig/ wolte zwar diese fluchtfärtige Göttin bey dem Rock ergreifen/ an- und aufhalten: er ward aber bald durch den Tod hinweg gerissen/ und sahe man also/ gleichwie die Ubung/ also auch die Liebe dieser Kunst/ bey uns verathemen und verleschen. Die Königin Germania sahe ihre mit herrlichen Gemälden gezierte Paläste und Kirchen hin und wieder in der Lohe auffliegen/ und ihre Augen wurden von Rauch und Weinen dermaßen verdunkelt/ daß ihr keine Begierde oder Kraft übrig bleiben konte/ nach dieser Kunst zu sehen: von welcher nun schiene/ daß sie in eine lange und ewige Nacht wolte schlaffen gehen. Also geriethe solche in vergessenheit/ und die jenige/ so hiervon Beruff macheten/ in Armut und Verachtung: daher sie das Pollet fallen ließen/ und an statt des Pinsels/ den Spiß oder Bettelstab ergreiffen musten/ auch vornehme Personen sich schämeten/ ihre Kinder zu so verachteten Leuten in die Lehre zu schicken.

welches H. Joachim von Sandrart/ wieder hervorgestellet. Das gnädige Schicksel erbarmete sich dieser Finsternis/ und ließe der Teutschen Kunst-Welt eine neue Sonne aufgehen: die die schlummerende Freulin Pictura wieder aufweckte/ die Nacht zertriebe und ihr den Tag anbrechen machte. Dieser ist/ der Wol-Edle und Gestrenge Herr Joachim von Sandrart/ auf Stockau/ Hoch-Fürstl. Pfalz-Neuburgischer Raht: welchen die Natur mit einem solchen Geist begabet/ der nicht anders als leuchten konte/ und/ durch seine Liecht-volle Vernunft-Strahlen/ die der Edlen Mahlerey-Kunst entgegenstehende schwarze Gewölke/ auszuheitern vermochte. Dieser erleuchtete Geist/ nahme wol recht an sich die eigenschaft der Sonne: welche nicht allein leuchtet/ sondern auch mit unverdrossenem Lauf die Häuser des Himmels durchkutschet/ und dieselben erleuchtet. Also Er/ nachdem Er diese Kunst aus dem Grund ergriffen/ durchzoge er ein großes Theil des Welt-Kreises von Europa, setzte/ beydes durch sein herrliches Kunstvermögen und durch seinen

<TEI>
  <text>
    <back>
      <div>
        <pb facs="#f0213" xml:id="pb-621" n="[Lebenslauf, S. 3]"/>
        <cb/>
        <p xml:id="p621.1"><note place="right">Ohne Weißheit und Kunst-forschung/ wäre die Erde ein Wald voll wilder unvernünftiger Thiere.</note><hi rendition="#in">W</hi>Ann die hoch-erleuchtete Geister sich nicht jederzeit beflissen hätten/ solche Wissenschaften und Künste zu erfinden/ welche nicht allein zu einem wol-geordneten Wandel und tugendlichem Leben erbaulich/ sondern auch zur edlen Ergetzung des Menschlichen Gemütes dienen/ und dadurch sie/ ihren Himmel-ähnlichen Verstand und die mit Göttlicher Weißheit erfüllte Seele hervorlegend/ von der Tummheit des unvernünftigen wilden Viehes unterschieden werden: was würde dieses breite große Erd-Rund anders seyn/ als eine ungeheure struttichte Wildfuhr/ darinn soviel Thiere herumliefen/ als Menschen zur Welt kommen? Und was hätte der Mensch/ das Göttliche Ebenbild/ sich dessen zu berühmen/ daß ihn <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">Gott</persName> über Pflanzen und Thiere gesetzet/ wann er dieselben nicht erkennen lernte/ mit seiner ihme von <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">Gott</persName> eingehauchten Vernunft die geheimste Oerter der Natur durchwanderte/ und deren verborgenste Sachen <choice><sic>aufforschete</sic><corr>ausforschete</corr></choice> und entdeckte?</p>
        <p xml:id="p621.2"><note place="right">Die Kunst-Erfindere/ wurden vor alters vergöttert.</note> Um des willen/ wurden allemal die jenigen/ so etwas solches erfunden/ nicht allein in ihrer Lebens-Zeit/ sondern auch nach dem Tod/ verehret: sogar/ daß die von dem geoffenbarten Göttlichen Wort nicht-erleuchtete Heiden/ solche Erfindere zu Göttern gemacht und angebetet. Dergleichen Götzen waren/ <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-128 http://d-nb.info/gnd/118862294 http://viaf.org/viaf/15567160">Ceres</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-133 http://d-nb.info/gnd/118651439 http://viaf.org/viaf/27864934">Bacchus</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-470 http://d-nb.info/gnd/118789406 http://viaf.org/viaf/8183772">Pan</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-59 http://d-nb.info/gnd/118503642 http://viaf.org/viaf/3261638">Apollo</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-342 http://d-nb.info/gnd/118641077 http://viaf.org/viaf/102459012">Mercurius</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296">Diana</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-143 http://d-nb.info/gnd/118770462 http://viaf.org/viaf/42633769">Vulcanus</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1526">Aeolus</persName>,</hi> weil sie den Getreid- und Wein-bau/ die Viehzucht/ die Arzney-Kunst/ die Kaufmanschaft und Rede-Kunst/ die Neh-Stick- und Web-Künste/ die Jagt/ das Schmied-Werk/ das Segel- und Meer-fahren/ und mehr anderes/ erfunden haben.</p>
        <p xml:id="p621.3"><note place="right">Lob der Mahlerey-Kunst</note> Die gröste Kunst bestehet darinn/ wann man/ gleichwie mit dem Gemüte/ also auch mit der von der Vernunft geführten Hand/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">Gott</persName> und der Natur nachahmet/ und deren Geschöpfe nachbildet. Dieses verrichtet vor andern/ die Edle <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1650 http://d-nb.info/gnd/13259935X http://viaf.org/viaf/6099153">Mahlerey-Kunst</persName>: und ist darum wol würdig/ daß sie andren Künsten an die Seite gesetzet/ oder wol gar vorgezogen/ werde. Dann/ sie besaet ihr Feld ja so vielfärbig/ als die Natur mit Blumen die Erde. Sie bepflanzet eine Tafel/ mit den schönsten Gewächsen. Alle Thiere/ aller Pracht des Himmels/ der Erde und des Meeres/ muß aus dem Schopf ihres Pinsels/ wie <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName></hi> aus <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jovis</persName></hi> Gehirne/ hervortretten. Ja sie verschönert alle Dinge/ durch ihr buntes Farb-mängen und angenehmes schattiren. Sie bildet den Menschen in seiner Vollkommenheit/ träget in ein Bild zusammen/ was die Natur unter viele vertheilet/ und verbirget die Mängel/ die diese mit hervor zu bringen pfleget: also wird sie gleichsam ein neuer Schöpfer desselben. Sie gibt<cb/>
ihm auch eine wolständige Stellung/ und mahlet ihm das Gemüte an die Stirne. Billig wird sie demnach/ in den Schriften der Weißen/ genennet/ ein Begriff aller Dinge/ eine <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1650 http://d-nb.info/gnd/13259935X http://viaf.org/viaf/6099153">Schwester der Natur</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1650 http://d-nb.info/gnd/13259935X http://viaf.org/viaf/6099153">Folge-Magd der himmlischen Weißheit</persName>.</p>
        <p xml:id="p621.4">Wir überlassen andern die Bemühung/ daß sie diese Edle Kunst/ aus <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-387">Africa</placeName> und <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-331 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7014986">Egypten</placeName>/ auch <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-203 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7016606">Assyrien</placeName> und <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-7 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7002626">Babylon</placeName>/ (<placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1140">deren Mauren</placeName>/ die große <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-226 http://d-nb.info/gnd/118751085 http://viaf.org/viaf/32792157">Semiramis</persName>,</hi> mit schönen Jagten vermahlen lassen) ferner durch <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-336 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000074">Griechenland</placeName> in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000080">Italien</placeName>/ und von dar in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-924">Hoch-</placeName> und <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-923">Nieder-Teutschland</placeName>/ führen. Wir sagen dißorts allein/ daß unser <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-924">Hoch-Teutschland</placeName>/ <note place="right">In <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-257 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000084">Teutschland</placeName>/ ward dieses Kunst-Liecht durch <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-18 http://d-nb.info/gnd/118731181 http://viaf.org/viaf/101084029">Martis</persName></hi> Pulverdampf verdunklet.</note> zwar vorlängst mit seinem fürtrefflichen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-12 http://d-nb.info/gnd/11852786X http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500115493 http://viaf.org/viaf/54146999">Albrecht Dürer</persName> und dessen Nachfolgern gepranget/ aber nachmals/ durch die leidige Kriegsläufte/ gleichwie fast aller anderer/ also auch dieser Zierde beraubet worden. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-63 http://d-nb.info/gnd/118810936 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500115443 http://viaf.org/viaf/32114360">Adam Elzheimer</persName>/ von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-9 http://www.geonames.org/2925533/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7005293">Frankfurt</placeName> bürtig/ wolte zwar diese <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1650 http://d-nb.info/gnd/13259935X http://viaf.org/viaf/6099153">fluchtfärtige Göttin</persName> bey dem Rock ergreifen/ an- und aufhalten: er ward aber bald durch den Tod hinweg gerissen/ und sahe man also/ gleichwie die Ubung/ also auch die Liebe dieser Kunst/ bey uns verathemen und verleschen. Die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1527 http://d-nb.info/gnd/118825119 http://viaf.org/viaf/22938346">Königin <hi rendition="#aq">Germania</hi></persName> sahe ihre mit herrlichen Gemälden gezierte Paläste und Kirchen hin und wieder in der Lohe auffliegen/ und ihre Augen wurden von Rauch und Weinen dermaßen verdunkelt/ daß ihr keine Begierde oder Kraft übrig bleiben konte/ nach dieser Kunst zu sehen: von welcher nun schiene/ daß sie in eine lange und ewige Nacht wolte schlaffen gehen. Also geriethe solche in vergessenheit/ und die jenige/ so hiervon Beruff macheten/ in Armut und Verachtung: daher sie das Pollet fallen ließen/ und an statt des Pinsels/ den Spiß oder Bettelstab ergreiffen musten/ auch vornehme Personen sich schämeten/ ihre Kinder zu so verachteten Leuten in die Lehre zu schicken.</p>
        <p xml:id="p621.5"><note place="right">welches <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4 http://d-nb.info/gnd/118794396 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500014974 http://viaf.org/viaf/66562250">H. Joachim von Sandrart</persName>/ wieder hervorgestellet.</note> Das gnädige Schicksel erbarmete sich dieser Finsternis/ und ließe der Teutschen Kunst-Welt eine neue Sonne aufgehen: die die schlummerende Freulin <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1650 http://d-nb.info/gnd/13259935X http://viaf.org/viaf/6099153">Pictura</persName></hi> wieder aufweckte/ die Nacht zertriebe und ihr den Tag anbrechen machte. Dieser ist/ der Wol-Edle und Gestrenge <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4 http://d-nb.info/gnd/118794396 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500014974 http://viaf.org/viaf/66562250">Herr Joachim von Sandrart</persName>/ auf <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-19">Stockau</placeName>/ Hoch-Fürstl. Pfalz-Neuburgischer Raht: welchen die Natur mit einem solchen Geist begabet/ der nicht anders als leuchten konte/ und/ durch seine Liecht-volle Vernunft-Strahlen/ die der Edlen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1650 http://d-nb.info/gnd/13259935X http://viaf.org/viaf/6099153">Mahlerey-Kunst</persName> entgegenstehende schwarze Gewölke/ auszuheitern vermochte. Dieser erleuchtete Geist/ nahme wol recht an sich die eigenschaft der Sonne: welche nicht allein leuchtet/ sondern auch mit unverdrossenem Lauf die Häuser des Himmels durchkutschet/ und dieselben erleuchtet. Also Er/ nachdem Er diese Kunst aus dem Grund ergriffen/ durchzoge er ein großes Theil des Welt-Kreises von <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-763 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000003">Europa</placeName>,</hi> setzte/ beydes durch sein herrliches Kunstvermögen und durch seinen
</p>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[[Lebenslauf, S. 3]/0213] WAnn die hoch-erleuchtete Geister sich nicht jederzeit beflissen hätten/ solche Wissenschaften und Künste zu erfinden/ welche nicht allein zu einem wol-geordneten Wandel und tugendlichem Leben erbaulich/ sondern auch zur edlen Ergetzung des Menschlichen Gemütes dienen/ und dadurch sie/ ihren Himmel-ähnlichen Verstand und die mit Göttlicher Weißheit erfüllte Seele hervorlegend/ von der Tummheit des unvernünftigen wilden Viehes unterschieden werden: was würde dieses breite große Erd-Rund anders seyn/ als eine ungeheure struttichte Wildfuhr/ darinn soviel Thiere herumliefen/ als Menschen zur Welt kommen? Und was hätte der Mensch/ das Göttliche Ebenbild/ sich dessen zu berühmen/ daß ihn Gott über Pflanzen und Thiere gesetzet/ wann er dieselben nicht erkennen lernte/ mit seiner ihme von Gott eingehauchten Vernunft die geheimste Oerter der Natur durchwanderte/ und deren verborgenste Sachen ausforschete und entdeckte? Ohne Weißheit und Kunst-forschung/ wäre die Erde ein Wald voll wilder unvernünftiger Thiere. Um des willen/ wurden allemal die jenigen/ so etwas solches erfunden/ nicht allein in ihrer Lebens-Zeit/ sondern auch nach dem Tod/ verehret: sogar/ daß die von dem geoffenbarten Göttlichen Wort nicht-erleuchtete Heiden/ solche Erfindere zu Göttern gemacht und angebetet. Dergleichen Götzen waren/ Ceres, Bacchus, Pan, Apollo, Mercurius, Minerva, Diana, Vulcanus, Aeolus, weil sie den Getreid- und Wein-bau/ die Viehzucht/ die Arzney-Kunst/ die Kaufmanschaft und Rede-Kunst/ die Neh-Stick- und Web-Künste/ die Jagt/ das Schmied-Werk/ das Segel- und Meer-fahren/ und mehr anderes/ erfunden haben. Die Kunst-Erfindere/ wurden vor alters vergöttert. Die gröste Kunst bestehet darinn/ wann man/ gleichwie mit dem Gemüte/ also auch mit der von der Vernunft geführten Hand/ Gott und der Natur nachahmet/ und deren Geschöpfe nachbildet. Dieses verrichtet vor andern/ die Edle Mahlerey-Kunst: und ist darum wol würdig/ daß sie andren Künsten an die Seite gesetzet/ oder wol gar vorgezogen/ werde. Dann/ sie besaet ihr Feld ja so vielfärbig/ als die Natur mit Blumen die Erde. Sie bepflanzet eine Tafel/ mit den schönsten Gewächsen. Alle Thiere/ aller Pracht des Himmels/ der Erde und des Meeres/ muß aus dem Schopf ihres Pinsels/ wie Minerva aus Jovis Gehirne/ hervortretten. Ja sie verschönert alle Dinge/ durch ihr buntes Farb-mängen und angenehmes schattiren. Sie bildet den Menschen in seiner Vollkommenheit/ träget in ein Bild zusammen/ was die Natur unter viele vertheilet/ und verbirget die Mängel/ die diese mit hervor zu bringen pfleget: also wird sie gleichsam ein neuer Schöpfer desselben. Sie gibt ihm auch eine wolständige Stellung/ und mahlet ihm das Gemüte an die Stirne. Billig wird sie demnach/ in den Schriften der Weißen/ genennet/ ein Begriff aller Dinge/ eine Schwester der Natur und Folge-Magd der himmlischen Weißheit. Lob der Mahlerey-Kunst Wir überlassen andern die Bemühung/ daß sie diese Edle Kunst/ aus Africa und Egypten/ auch Assyrien und Babylon/ (deren Mauren/ die große Semiramis, mit schönen Jagten vermahlen lassen) ferner durch Griechenland in Italien/ und von dar in Hoch- und Nieder-Teutschland/ führen. Wir sagen dißorts allein/ daß unser Hoch-Teutschland/ zwar vorlängst mit seinem fürtrefflichen Albrecht Dürer und dessen Nachfolgern gepranget/ aber nachmals/ durch die leidige Kriegsläufte/ gleichwie fast aller anderer/ also auch dieser Zierde beraubet worden. Adam Elzheimer/ von Frankfurt bürtig/ wolte zwar diese fluchtfärtige Göttin bey dem Rock ergreifen/ an- und aufhalten: er ward aber bald durch den Tod hinweg gerissen/ und sahe man also/ gleichwie die Ubung/ also auch die Liebe dieser Kunst/ bey uns verathemen und verleschen. Die Königin Germania sahe ihre mit herrlichen Gemälden gezierte Paläste und Kirchen hin und wieder in der Lohe auffliegen/ und ihre Augen wurden von Rauch und Weinen dermaßen verdunkelt/ daß ihr keine Begierde oder Kraft übrig bleiben konte/ nach dieser Kunst zu sehen: von welcher nun schiene/ daß sie in eine lange und ewige Nacht wolte schlaffen gehen. Also geriethe solche in vergessenheit/ und die jenige/ so hiervon Beruff macheten/ in Armut und Verachtung: daher sie das Pollet fallen ließen/ und an statt des Pinsels/ den Spiß oder Bettelstab ergreiffen musten/ auch vornehme Personen sich schämeten/ ihre Kinder zu so verachteten Leuten in die Lehre zu schicken. In Teutschland/ ward dieses Kunst-Liecht durch Martis Pulverdampf verdunklet. Das gnädige Schicksel erbarmete sich dieser Finsternis/ und ließe der Teutschen Kunst-Welt eine neue Sonne aufgehen: die die schlummerende Freulin Pictura wieder aufweckte/ die Nacht zertriebe und ihr den Tag anbrechen machte. Dieser ist/ der Wol-Edle und Gestrenge Herr Joachim von Sandrart/ auf Stockau/ Hoch-Fürstl. Pfalz-Neuburgischer Raht: welchen die Natur mit einem solchen Geist begabet/ der nicht anders als leuchten konte/ und/ durch seine Liecht-volle Vernunft-Strahlen/ die der Edlen Mahlerey-Kunst entgegenstehende schwarze Gewölke/ auszuheitern vermochte. Dieser erleuchtete Geist/ nahme wol recht an sich die eigenschaft der Sonne: welche nicht allein leuchtet/ sondern auch mit unverdrossenem Lauf die Häuser des Himmels durchkutschet/ und dieselben erleuchtet. Also Er/ nachdem Er diese Kunst aus dem Grund ergriffen/ durchzoge er ein großes Theil des Welt-Kreises von Europa, setzte/ beydes durch sein herrliches Kunstvermögen und durch seinen welches H. Joachim von Sandrart/ wieder hervorgestellet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0103_1675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0103_1675/213
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675, S. [Lebenslauf, S. 3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0103_1675/213>, abgerufen am 04.12.2024.