Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] Glätte nicht gleich; weil sie mit zweyerley Figur-arten/ ausgeziert; deren die ersten/ aus einigen kleinen/ durch gewisse Eisen eingepregten/ Pünctlein bestehen; die anderen aber dichte und erhebt/ zwar nicht mit einem Hammer von unten aus dem Bleche/ wie heut zu Tage zu geschehen pfleget/ in die Höhe getrieben/ sondern aus dichten Golde gegossen und angearbeitet/ und dann auf Art getriebener Arbeit durch sonderbare Kunst so schicklich angeschweist/ daß sie über dem andern Bleche vorgehen. Uber dis ereignen sich/ in etlichen/ zwischen dem Bleche und denen Bildlein kleine Ritzen/ die eine Absonder- oder Scheidung machen. Dafern diese kleine Statuen und Bildlein an einander hiengen/ und nicht voneinander gesetzt wären; solten sie das dritte Corpus oder Blech dieses Wercks ausmachen.

Die Materie/ woraus dieses Horn bestehet/ ist das pureste und gediegneste Gold/ so durchgehends das Ungarische Gold fast übertrifft/ ausgenommen das innerste Blech/ welches etwas/ wiewol sehr wenig/ geringer ist. Die Grösse belangend/ hat es/ weils rund und krumm umgebogen/ an der vor sich neigenden Seite (ohne schneckenformige Hähnlein/ so ob hoch gemelter Printz allererst/ das kleinere Mundloch darmit zu schliessen/ dran machen lassen) in der Länge zwey Romanische Werckschuhe und fünff Daumen; hinden aber zween Werck-schuhe und einen Daumen. Die gerade Linie von einem Ende zum andern hält einen Werckschuh und 9. Daumen. Das grössere Mundloch/ daraus man zu trincken pfleget/ hat in dem Zirck gerade einen Werck-schuh/ im Diameter aber oder Durchschnitt vier Daumen. Das kleinere/ so mit einer Schrauben beschlossen/ hält im Umzirck vier Daumen/ im Diameter aber fast anderthalben Daumen/ und kann ohngefehr zwey und ein halb Seidel Geträncks fassen. An Gewicht hat es/ ohne die nachgehends daran gefügte Schraube 99. Untzen und zwey Quintlein. Und mag vor diesem wol völlige 100. Untzen gehabt haben. Nachdem es aber/ in Abwaschung des Unflats/ vom Mägdlein/ und dann in Renovirung des Goldschmieds unachtsamlich und grob gehandelt worden; muhtmasse ich/ das es um eine Untze abgenommen und leichter worden sey. Ins gemein wird es auf 12000. Reichsthaler gewürdiget: seiner Rarität und Alterthums halber aber/ ist es für unschätzbare zu achten. Die nachgehends daran gemachte Schneckenformige Schraube ist achteckicht/ und hat an des Bauchs Circumferenz diese Umschrifft: DENNE SKRVFRE ERGIORT AFNY 1639. Das ist/ Diese Schraube ist gemacht im Jahr 1639. Durch den Durchläuchtigsten Fürsten Christian den fünften/ dessen Namen der beygefügt-gekrönte Buchstab C. mit der darinn stehenden Fünfzahl andeutet. Das Gold aber/ woraus die Schraube bestehet/ scheint/ unangesehen es vom besten ist/ dannoch gegen dem andern nur Messing zu seyn. Es ist aber solche/ von hochgedachtem Printzen/ darum angefügt worden/ daß es verschlossen seyn/ und nichts heraus lauffen möge. Die Ringe/ welche das äussere Blech machen/ sind nach Proportion[Spaltenumbruch] des Horns von unterschiedener Grösse/ und Weite. Der weiteste und breiteste ist/ der das obere Mundloch umzirckt; der engste oder kleinste hingegen der letzte/ so der Schnecken-schraube am nächsten ist: Die in der Mitten/ welche alle dicht aneinanander ligen/ sind nach Proportion beschaffen. Das wunderbarest und Betrachtungwürdigste aber ist hieran der Figuren oder Bildlein und Statuen wunderbare/ und selbiger Zeit Art und Gewonheit nach/ ziemlich-grobe Structur: welche sehr simpel oder einfältig/ und ohne Kunst oder Lehrsatz erscheinet/ die wir auch/ der Ursach halber/ und weil die Abbildung/ für die Form dieses unsers Wercks/ viel zu groß/ einzubringen unterlassen müssen/ wiewol es/ dessen allen ungeachtet/ sonsten der Antiquität Herrligkeit sattsam zu erkennen gibt.

Zu was Ende und Nutzen es gemacht worden/ auch was die daran befindliche erhobene Arbeit eigentlich andeute/ hat man mit grosser Mühe zwar zu erforschen gesucht/ aber wenig Gewißheit haben können. Einige vermeinen/ es sey/ im Kriege/ an statt einer Trompeten gebraucht worden. Andere halten dafür/ daß es die Könige bey ihrer Jägerey/ gebraucht/ um dardurch/ wann sie sich etwan verritten gehabt/ den Ihrigen ein Loß zu geben/ oder auch wol die Hunde darmit herbey zu locken und anzufrischen. Wiederum vermeinen andere/ die Scaldri/Runae und alte Dähnische Priester/ haben das Volck damit zur Kirchen geruffen. Noch andere wollen/ es sey/ bey Königlichen Salbungen/ mit einem köstlichen Balsam oder Oehl angefüllt und also gebraucht worden/ daß der durch das weitere Mundloch eingegossene balsamische Liquor durch das engere Loch wiederum aus- und auf das Königliche Haupt geflossen. Etliche aber urtheilen es sey an statt eines Bechers gebraucht/ und daraus getruncken worden. Unter welchen allen die warscheinlichste Meinung ist/ daß es/ im Kriege und Heers-Zügen/ an statt der heut zu Tag üblichen Trompeten/ gebraucht worden/ weil solchem so wol die Materie und Fabric, als auch der Ort/ allda es gefunden worden/ beyzustimmen scheinet.

Was Gestalt sonsten auch die vornehmste und berühmste Leute bey den alten Römern selbsten auf Hörnern geblasen/ ist unter andern aus dem 57 sten Buche Dionis weitläufftiger zu ersehen. Dergleichen Horn dann auch Olaus Wormius in seinen Antiquitatibus Danicis, selbsten zu haben bekennet; welches/ wie er saget/ ohne Zweiffel auch zum Blasen gebrauchet worden. Es ist wie ers beschreibet/ schwartz/ von Farbe/ und sehr künstlich ausgearbeitet/ hält in der Länge zween Schuh; An der auswendigen Seite/ alda es umgekrümmt/ ist es bis in die Mitte mit Hahnkam-formigen Zierahten besetzt: von dannen es bis zum andern Ende/ immer weitbäuchiger wird/ und mit sonderbaren aus der Substantz des Horns selbst formirten pyramidalischen Zierrahten reichlich vorsehen/ welche ihm schöne Zier und Wolstand geben. Gerad in der Mitte/ raget ein schwantz-formiges Hörnlein

[Spaltenumbruch] Glätte nicht gleich; weil sie mit zweyerley Figur-arten/ ausgeziert; deren die ersten/ aus einigen kleinen/ durch gewisse Eisen eingepregten/ Pünctlein bestehen; die anderen aber dichte und erhebt/ zwar nicht mit einem Hammer von unten aus dem Bleche/ wie heut zu Tage zu geschehen pfleget/ in die Höhe getrieben/ sondern aus dichten Golde gegossen und angearbeitet/ und dann auf Art getriebener Arbeit durch sonderbare Kunst so schicklich angeschweist/ daß sie über dem andern Bleche vorgehen. Uber dis ereignen sich/ in etlichen/ zwischen dem Bleche und denen Bildlein kleine Ritzen/ die eine Absonder- oder Scheidung machen. Dafern diese kleine Statuen und Bildlein an einander hiengen/ und nicht voneinander gesetzt wären; solten sie das dritte Corpus oder Blech dieses Wercks ausmachen.

Die Materie/ woraus dieses Horn bestehet/ ist das pureste und gediegneste Gold/ so durchgehends das Ungarische Gold fast übertrifft/ ausgenommen das innerste Blech/ welches etwas/ wiewol sehr wenig/ geringer ist. Die Grösse belangend/ hat es/ weils rund und krumm umgebogen/ an der vor sich neigenden Seite (ohne schneckenformige Hähnlein/ so ob hoch gemelter Printz allererst/ das kleinere Mundloch darmit zu schliessen/ dran machen lassen) in der Länge zwey Romanische Werckschuhe und fünff Daumen; hinden aber zween Werck-schuhe und einen Daumen. Die gerade Linie von einem Ende zum andern hält einen Werckschuh und 9. Daumen. Das grössere Mundloch/ daraus man zu trincken pfleget/ hat in dem Zirck gerade einen Werck-schuh/ im Diameter aber oder Durchschnitt vier Daumen. Das kleinere/ so mit einer Schrauben beschlossen/ hält im Umzirck vier Daumen/ im Diameter aber fast anderthalben Daumen/ und kann ohngefehr zwey und ein halb Seidel Geträncks fassen. An Gewicht hat es/ ohne die nachgehends daran gefügte Schraube 99. Untzen und zwey Quintlein. Und mag vor diesem wol völlige 100. Untzen gehabt haben. Nachdem es aber/ in Abwaschung des Unflats/ vom Mägdlein/ und dann in Renovirung des Goldschmieds unachtsamlich und grob gehandelt worden; muhtmasse ich/ das es um eine Untze abgenommen und leichter worden sey. Ins gemein wird es auf 12000. Reichsthaler gewürdiget: seiner Rarität und Alterthums halber aber/ ist es für unschätzbare zu achten. Die nachgehends daran gemachte Schneckenformige Schraube ist achteckicht/ und hat an des Bauchs Circumferenz diese Umschrifft: DENNE SKRVFRE ERGIORT AFNY 1639. Das ist/ Diese Schraube ist gemacht im Jahr 1639. Durch den Durchläuchtigsten Fürsten Christian den fünften/ dessen Namen der beygefügt-gekrönte Buchstab C. mit der darinn stehenden Fünfzahl andeutet. Das Gold aber/ woraus die Schraube bestehet/ scheint/ unangesehen es vom besten ist/ dannoch gegen dem andern nur Messing zu seyn. Es ist aber solche/ von hochgedachtem Printzen/ darum angefügt worden/ daß es verschlossen seyn/ und nichts heraus lauffen möge. Die Ringe/ welche das äussere Blech machen/ sind nach Proportion[Spaltenumbruch] des Horns von unterschiedener Grösse/ und Weite. Der weiteste und breiteste ist/ der das obere Mundloch umzirckt; der engste oder kleinste hingegen der letzte/ so der Schnecken-schraube am nächsten ist: Die in der Mitten/ welche alle dicht aneinanander ligen/ sind nach Proportion beschaffen. Das wunderbarest und Betrachtungwürdigste aber ist hieran der Figuren oder Bildlein und Statuen wunderbare/ und selbiger Zeit Art und Gewonheit nach/ ziemlich-grobe Structur: welche sehr simpel oder einfältig/ und ohne Kunst oder Lehrsatz erscheinet/ die wir auch/ der Ursach halber/ und weil die Abbildung/ für die Form dieses unsers Wercks/ viel zu groß/ einzubringen unterlassen müssen/ wiewol es/ dessen allen ungeachtet/ sonsten der Antiquität Herrligkeit sattsam zu erkennen gibt.

Zu was Ende und Nutzen es gemacht worden/ auch was die daran befindliche erhobene Arbeit eigentlich andeute/ hat man mit grosser Mühe zwar zu erforschen gesucht/ aber wenig Gewißheit haben können. Einige vermeinen/ es sey/ im Kriege/ an statt einer Trompeten gebraucht worden. Andere halten dafür/ daß es die Könige bey ihrer Jägerey/ gebraucht/ um dardurch/ wann sie sich etwan verritten gehabt/ den Ihrigen ein Loß zu geben/ oder auch wol die Hunde darmit herbey zu locken und anzufrischen. Wiederum vermeinen andere/ die Scaldri/Runae und alte Dähnische Priester/ haben das Volck damit zur Kirchen geruffen. Noch andere wollen/ es sey/ bey Königlichen Salbungen/ mit einem köstlichen Balsam oder Oehl angefüllt und also gebraucht worden/ daß der durch das weitere Mundloch eingegossene balsamische Liquor durch das engere Loch wiederum aus- und auf das Königliche Haupt geflossen. Etliche aber urtheilen es sey an statt eines Bechers gebraucht/ und daraus getruncken worden. Unter welchen allen die warscheinlichste Meinung ist/ daß es/ im Kriege und Heers-Zügen/ an statt der heut zu Tag üblichen Trompeten/ gebraucht worden/ weil solchem so wol die Materie und Fabric, als auch der Ort/ allda es gefunden worden/ beyzustimmen scheinet.

Was Gestalt sonsten auch die vornehmste und berühmste Leute bey den alten Römern selbsten auf Hörnern geblasen/ ist unter andern aus dem 57 sten Buche Dionis weitläufftiger zu ersehen. Dergleichen Horn dann auch Olaus Wormius in seinen Antiquitatibus Danicis, selbsten zu haben bekennet; welches/ wie er saget/ ohne Zweiffel auch zum Blasen gebrauchet worden. Es ist wie ers beschreibet/ schwartz/ von Farbe/ und sehr künstlich ausgearbeitet/ hält in der Länge zween Schuh; An der auswendigen Seite/ alda es umgekrümmt/ ist es bis in die Mitte mit Hahnkam-formigen Zierahten besetzt: von dannen es bis zum andern Ende/ immer weitbäuchiger wird/ und mit sonderbaren aus der Substantz des Horns selbst formirten pyramidalischen Zierrahten reichlich vorsehen/ welche ihm schöne Zier und Wolstand geben. Gerad in der Mitte/ raget ein schwantz-formiges Hörnlein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div xml:id="d1106.1">
          <p><pb facs="#f0161" xml:id="pb-1111" n="[III (Malerei), S. 90 [eigentlich 89]]"/><cb/>
Glätte nicht gleich; weil sie mit zweyerley Figur-arten/ ausgeziert; deren die ersten/ aus einigen kleinen/ durch gewisse Eisen eingepregten/ Pünctlein bestehen; die anderen aber dichte und erhebt/ zwar nicht mit einem Hammer von unten aus dem Bleche/ wie heut zu Tage zu geschehen pfleget/ in die Höhe getrieben/ sondern aus dichten Golde gegossen und angearbeitet/ und dann auf Art getriebener Arbeit durch sonderbare Kunst so schicklich angeschweist/ daß sie über dem andern Bleche vorgehen. Uber dis ereignen sich/ in etlichen/ zwischen dem Bleche und denen Bildlein kleine Ritzen/ die eine Absonder- oder Scheidung machen. Dafern diese kleine Statuen und Bildlein an einander hiengen/ und nicht voneinander gesetzt wären; solten sie das dritte <hi rendition="#aq">Corpus</hi> oder Blech dieses Wercks ausmachen.</p>
          <p>Die Materie/ woraus dieses Horn bestehet/ ist das pureste und gediegneste Gold/ so durchgehends das Ungarische Gold fast übertrifft/ ausgenommen das innerste Blech/ welches etwas/ wiewol sehr wenig/ geringer ist. Die Grösse belangend/ hat es/ weils rund und krumm umgebogen/ an der vor sich neigenden Seite (ohne schneckenformige Hähnlein/ so ob hoch gemelter <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5355 http://d-nb.info/gnd/11945064X http://viaf.org/viaf/50036319">Printz</persName> allererst/ das kleinere Mundloch darmit zu schliessen/ dran machen lassen) in der Länge zwey Romanische Werckschuhe und fünff Daumen; hinden aber zween Werck-schuhe und einen Daumen. Die gerade Linie von einem Ende zum andern hält einen Werckschuh und 9. Daumen. Das grössere Mundloch/ daraus man zu trincken pfleget/ hat in dem Zirck gerade einen Werck-schuh/ im Diameter aber oder Durchschnitt vier Daumen. Das kleinere/ so mit einer Schrauben beschlossen/ hält im Umzirck vier Daumen/ im Diameter aber fast anderthalben Daumen/ und kann ohngefehr zwey und ein halb Seidel Geträncks fassen. An Gewicht hat es/ ohne die nachgehends daran gefügte Schraube 99. Untzen und zwey Quintlein. Und mag vor diesem wol völlige 100. Untzen gehabt haben. Nachdem es aber/ in Abwaschung des Unflats/ vom Mägdlein/ und dann in <hi rendition="#aq">Renovi</hi>rung des Goldschmieds unachtsamlich und grob gehandelt worden; muhtmasse <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName>/ das es um eine Untze abgenommen und leichter worden sey. Ins gemein wird es auf 12000. Reichsthaler gewürdiget: seiner Rarität und Alterthums halber aber/ ist es für unschätzbare zu achten. Die nachgehends daran gemachte Schneckenformige Schraube ist achteckicht/ und hat an des Bauchs <hi rendition="#aq">Circumferenz</hi> diese Umschrifft: <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="da">DENNE SKRVFRE ERGIORT AFNY <date when="1639">1639</date>.</foreign></hi> Das ist/ Diese Schraube ist gemacht im <date when="1639">Jahr 1639</date>. Durch den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5355 http://d-nb.info/gnd/11945064X http://viaf.org/viaf/50036319">Durchläuchtigsten Fürsten Christian den fünften</persName>/ dessen Namen der beygefügt-gekrönte Buchstab <hi rendition="#aq">C.</hi> mit der darinn stehenden Fünfzahl andeutet. Das Gold aber/ woraus die Schraube bestehet/ scheint/ unangesehen es vom besten ist/ dannoch gegen dem andern nur Messing zu seyn. Es ist aber solche/ von hochgedachtem Printzen/ darum angefügt worden/ daß es verschlossen seyn/ und nichts heraus lauffen möge. Die Ringe/ welche das äussere Blech machen/ sind nach <hi rendition="#aq">Proportion</hi><cb/>
des Horns von unterschiedener Grösse/ und Weite. Der weiteste und breiteste ist/ der das obere Mundloch umzirckt; der engste oder kleinste hingegen der letzte/ so der Schnecken-schraube am nächsten ist: Die in der Mitten/ welche alle dicht aneinanander ligen/ sind nach <hi rendition="#aq">Proportion</hi> beschaffen. Das wunderbarest und Betrachtungwürdigste aber ist hieran der Figuren oder Bildlein und Statuen wunderbare/ und selbiger Zeit Art und Gewonheit nach/ ziemlich-grobe Structur: welche sehr <hi rendition="#aq">simpel</hi> oder einfältig/ und ohne Kunst oder Lehrsatz erscheinet/ die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName> auch/ der Ursach halber/ und weil die Abbildung/ für die Form dieses unsers Wercks/ viel zu groß/ einzubringen unterlassen müssen/ wiewol es/ dessen allen ungeachtet/ sonsten der <hi rendition="#aq">Antiquit</hi>ät Herrligkeit sattsam zu erkennen gibt.</p>
          <p>Zu was Ende und Nutzen es gemacht worden/ auch was die daran befindliche erhobene Arbeit eigentlich andeute/ hat man mit grosser Mühe zwar zu erforschen gesucht/ aber wenig Gewißheit haben können. Einige vermeinen/ es sey/ im Kriege/ an statt einer Trompeten gebraucht worden. Andere halten dafür/ daß es die Könige bey ihrer Jägerey/ gebraucht/ um dardurch/ wann sie sich etwan verritten gehabt/ den Ihrigen ein Loß zu geben/ oder auch wol die Hunde darmit herbey zu locken und anzufrischen. Wiederum vermeinen andere/ die Scaldri/<hi rendition="#aq">Runae</hi> und alte Dähnische Priester/ haben das Volck damit zur Kirchen geruffen. Noch andere wollen/ es sey/ bey Königlichen Salbungen/ mit einem köstlichen Balsam oder Oehl angefüllt und also gebraucht worden/ daß der durch das weitere Mundloch eingegossene balsamische <hi rendition="#aq">Liquor</hi> durch das engere Loch wiederum aus- und auf das Königliche Haupt geflossen. Etliche aber urtheilen es sey an statt eines Bechers gebraucht/ und daraus getruncken worden. Unter welchen allen die warscheinlichste Meinung ist/ daß es/ im Kriege und Heers-Zügen/ an statt der heut zu Tag üblichen Trompeten/ gebraucht worden/ weil solchem so wol die Materie und <hi rendition="#aq">Fabric,</hi> als auch der Ort/ allda es gefunden worden/ beyzustimmen scheinet.</p>
          <p>Was Gestalt sonsten auch die vornehmste und berühmste Leute bey den alten Römern selbsten auf Hörnern geblasen/ ist unter andern aus dem 57 sten Buche <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Dionis</persName>  weitläufftiger zu ersehen. Dergleichen Horn dann auch <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3441 http://d-nb.info/gnd/119009749 http://viaf.org/viaf/34634238">Olaus Wormius</persName></hi> in seinen <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-294"><hi rendition="#aq">Antiquitatibus Danicis,</hi></ref></bibl> selbsten zu haben bekennet; welches/ wie er saget/ ohne Zweiffel auch zum Blasen gebrauchet worden. Es ist wie ers beschreibet/ schwartz/ von Farbe/ und sehr künstlich ausgearbeitet/ hält in der Länge zween Schuh; An der auswendigen Seite/ alda es umgekrümmt/ ist es bis in die Mitte mit Hahnkam-formigen Zierahten besetzt: von dannen es bis zum andern Ende/ immer weitbäuchiger wird/ und mit sonderbaren aus der Substantz des Horns selbst formirten pyramidalischen Zierrahten reichlich vorsehen/ welche ihm schöne Zier und Wolstand geben. Gerad in der Mitte/ raget ein schwantz-formiges Hörnlein
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[III (Malerei), S. 90 [eigentlich 89]]/0161] Glätte nicht gleich; weil sie mit zweyerley Figur-arten/ ausgeziert; deren die ersten/ aus einigen kleinen/ durch gewisse Eisen eingepregten/ Pünctlein bestehen; die anderen aber dichte und erhebt/ zwar nicht mit einem Hammer von unten aus dem Bleche/ wie heut zu Tage zu geschehen pfleget/ in die Höhe getrieben/ sondern aus dichten Golde gegossen und angearbeitet/ und dann auf Art getriebener Arbeit durch sonderbare Kunst so schicklich angeschweist/ daß sie über dem andern Bleche vorgehen. Uber dis ereignen sich/ in etlichen/ zwischen dem Bleche und denen Bildlein kleine Ritzen/ die eine Absonder- oder Scheidung machen. Dafern diese kleine Statuen und Bildlein an einander hiengen/ und nicht voneinander gesetzt wären; solten sie das dritte Corpus oder Blech dieses Wercks ausmachen. Die Materie/ woraus dieses Horn bestehet/ ist das pureste und gediegneste Gold/ so durchgehends das Ungarische Gold fast übertrifft/ ausgenommen das innerste Blech/ welches etwas/ wiewol sehr wenig/ geringer ist. Die Grösse belangend/ hat es/ weils rund und krumm umgebogen/ an der vor sich neigenden Seite (ohne schneckenformige Hähnlein/ so ob hoch gemelter Printz allererst/ das kleinere Mundloch darmit zu schliessen/ dran machen lassen) in der Länge zwey Romanische Werckschuhe und fünff Daumen; hinden aber zween Werck-schuhe und einen Daumen. Die gerade Linie von einem Ende zum andern hält einen Werckschuh und 9. Daumen. Das grössere Mundloch/ daraus man zu trincken pfleget/ hat in dem Zirck gerade einen Werck-schuh/ im Diameter aber oder Durchschnitt vier Daumen. Das kleinere/ so mit einer Schrauben beschlossen/ hält im Umzirck vier Daumen/ im Diameter aber fast anderthalben Daumen/ und kann ohngefehr zwey und ein halb Seidel Geträncks fassen. An Gewicht hat es/ ohne die nachgehends daran gefügte Schraube 99. Untzen und zwey Quintlein. Und mag vor diesem wol völlige 100. Untzen gehabt haben. Nachdem es aber/ in Abwaschung des Unflats/ vom Mägdlein/ und dann in Renovirung des Goldschmieds unachtsamlich und grob gehandelt worden; muhtmasse ich/ das es um eine Untze abgenommen und leichter worden sey. Ins gemein wird es auf 12000. Reichsthaler gewürdiget: seiner Rarität und Alterthums halber aber/ ist es für unschätzbare zu achten. Die nachgehends daran gemachte Schneckenformige Schraube ist achteckicht/ und hat an des Bauchs Circumferenz diese Umschrifft: DENNE SKRVFRE ERGIORT AFNY 1639. Das ist/ Diese Schraube ist gemacht im Jahr 1639. Durch den Durchläuchtigsten Fürsten Christian den fünften/ dessen Namen der beygefügt-gekrönte Buchstab C. mit der darinn stehenden Fünfzahl andeutet. Das Gold aber/ woraus die Schraube bestehet/ scheint/ unangesehen es vom besten ist/ dannoch gegen dem andern nur Messing zu seyn. Es ist aber solche/ von hochgedachtem Printzen/ darum angefügt worden/ daß es verschlossen seyn/ und nichts heraus lauffen möge. Die Ringe/ welche das äussere Blech machen/ sind nach Proportion des Horns von unterschiedener Grösse/ und Weite. Der weiteste und breiteste ist/ der das obere Mundloch umzirckt; der engste oder kleinste hingegen der letzte/ so der Schnecken-schraube am nächsten ist: Die in der Mitten/ welche alle dicht aneinanander ligen/ sind nach Proportion beschaffen. Das wunderbarest und Betrachtungwürdigste aber ist hieran der Figuren oder Bildlein und Statuen wunderbare/ und selbiger Zeit Art und Gewonheit nach/ ziemlich-grobe Structur: welche sehr simpel oder einfältig/ und ohne Kunst oder Lehrsatz erscheinet/ die wir auch/ der Ursach halber/ und weil die Abbildung/ für die Form dieses unsers Wercks/ viel zu groß/ einzubringen unterlassen müssen/ wiewol es/ dessen allen ungeachtet/ sonsten der Antiquität Herrligkeit sattsam zu erkennen gibt. Zu was Ende und Nutzen es gemacht worden/ auch was die daran befindliche erhobene Arbeit eigentlich andeute/ hat man mit grosser Mühe zwar zu erforschen gesucht/ aber wenig Gewißheit haben können. Einige vermeinen/ es sey/ im Kriege/ an statt einer Trompeten gebraucht worden. Andere halten dafür/ daß es die Könige bey ihrer Jägerey/ gebraucht/ um dardurch/ wann sie sich etwan verritten gehabt/ den Ihrigen ein Loß zu geben/ oder auch wol die Hunde darmit herbey zu locken und anzufrischen. Wiederum vermeinen andere/ die Scaldri/Runae und alte Dähnische Priester/ haben das Volck damit zur Kirchen geruffen. Noch andere wollen/ es sey/ bey Königlichen Salbungen/ mit einem köstlichen Balsam oder Oehl angefüllt und also gebraucht worden/ daß der durch das weitere Mundloch eingegossene balsamische Liquor durch das engere Loch wiederum aus- und auf das Königliche Haupt geflossen. Etliche aber urtheilen es sey an statt eines Bechers gebraucht/ und daraus getruncken worden. Unter welchen allen die warscheinlichste Meinung ist/ daß es/ im Kriege und Heers-Zügen/ an statt der heut zu Tag üblichen Trompeten/ gebraucht worden/ weil solchem so wol die Materie und Fabric, als auch der Ort/ allda es gefunden worden/ beyzustimmen scheinet. Was Gestalt sonsten auch die vornehmste und berühmste Leute bey den alten Römern selbsten auf Hörnern geblasen/ ist unter andern aus dem 57 sten Buche Dionis weitläufftiger zu ersehen. Dergleichen Horn dann auch Olaus Wormius in seinen Antiquitatibus Danicis, selbsten zu haben bekennet; welches/ wie er saget/ ohne Zweiffel auch zum Blasen gebrauchet worden. Es ist wie ers beschreibet/ schwartz/ von Farbe/ und sehr künstlich ausgearbeitet/ hält in der Länge zween Schuh; An der auswendigen Seite/ alda es umgekrümmt/ ist es bis in die Mitte mit Hahnkam-formigen Zierahten besetzt: von dannen es bis zum andern Ende/ immer weitbäuchiger wird/ und mit sonderbaren aus der Substantz des Horns selbst formirten pyramidalischen Zierrahten reichlich vorsehen/ welche ihm schöne Zier und Wolstand geben. Gerad in der Mitte/ raget ein schwantz-formiges Hörnlein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/161
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [III (Malerei), S. 90 [eigentlich 89]]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/161>, abgerufen am 03.05.2024.