Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch] Nacht) für eine Tochter des Chaos. Dergleichen uneiniger Meinungen werden noch vielmehr gefunden. Thales/ einer unter den vortrefflichen sieben Weisen in Griechenlande/ kehrete/ nachdem er viel Zeit/ und seine gantze Jugend/ mit Studiren und Forschen/ in Egypten/ zugebracht/ mit einem grauen Haupte/ und geruntzelter Stirn/ nach Hause; um seine Landsleute zu belehren/ daß alle Dinge ihren Anfang aus der Haupt-Materi des Wassers hätten; welches er mit diesen 3. Haupt-Gründen befestigte. Dann erstlich/ sagte er/ wäre der Anfang aller Dinge/ nemlich der Same/ wässerig: darum hätten alle Dinge ihren Ursprung aus dem Wasser. Zum andern/ hätten alle Bäume oder Stämme ihre Nahrung/ Wachsthum und Fruchtbarkeit aus dem Wasser/ oder der Feuchtigkeit/ ohne welche sie verdorren müsten. Drittens/ würde das Feuer der Sonnen und Sternen/ und folglich auch die gantze Welt/ durch feuchte Dämpffe der Gewässer unterhalten: weswegen dann Homerus auch den Ocean einen Vatter aller Dinge genennet haben solte. Auch habe Anaximander dasselbe unendlich Wunderliche Meinungen der Philosophen/ über den Anfängen der Dinge und Schöpffung der Welt. zu seyn geachtet. Anaximenes sagte/ die Lufft/ so in unserm Leibe die Seele/ und der Welt Geist wäre/ erhielte so wol den einen/ als die andere. Diese drey Milesische Philosophi nennen zwar eine Materi; gedencken aber des Werckmeisters mit keinem Worte. Dem Anaxogaras dünckte es ein gantz unmüglich Ding/ etwas aus nichts zu machen. Behauptete hingegen/ daß die Anfänge aller Dinge kleine gleiche Theile wären/ und alles unordentlich/ in einem Klumpen/ gelegen; der Verstand aber hätte sie unterschieden und geordnet: dieser setzte der Materi gleichwol auch den Werckmeister bey. Archelaus/ des Atheniensischen Apollodori Sohn/ sagte; der Welt Anfang wäre eine zertrennte oder unvereinigte Lufft/ welche wunderbarlich bereitet/ und durch Feuer und Wasser zusammen gedrungen worden. Pythagoras von Samos hielt darvor/ daß die Zahlen/ und derer Zusammenstimm- und Vereinigungen/ so sie unter einander hätten/ welche er Harmonien nennte/ aller Dinge Urheblichkeiten wären. Unter die Ur-Gründe rechnete er die Zahl Eins und Zwey: das Eins/ sagte er/ wäre die Ursprungs-Sache und das vortrefflichste Wesen/ als der Verstand oder Gott selbst. Das Zwey/ oder Zweyte/ welches materialisch und fähig (patibile) wäre die Welt. Heraclitus und Hippasus/ aus der Stadt Metaponto/ setzten das Feuer für den Anfang aller Dinge: weil nicht allein alles/ durch dasselbige/ gemacht/ sondern/ durch solches/ auch wiederum zerstöret und zunichte würde. Epicurus/ ein Sohn des Neocles/ von Athen/ gab vor/ das Urwesen aller Sachen gründete sich in unterschiedlichen Leibern/ so allein durch das Gemüth begreifflich/ fix und beständig/ ohne einige Eitelkeit/ nicht geboren/ sondern unvergänglich und ewig wären/ und drey Eigenschafften hätten/ die Bildung/ Grösse/ und das Gewicht. Empedocles/ von Agrigent/ lehrte/ es wären vier Haupt-Materien/ Feuer/ Lufft/ Wasser und Erde/ und zwey Principia (Anfangs-Ursachen) oder besondere Kräffte. Eintracht und Zwietracht: deren die eine Macht hätte[Spaltenumbruch] zusammen zu fügen und zu vereinigen/ die andere aber voneinander zu sondern und zu scheiden/ Socrates und Plato/ die beyde Athenienser/ setzten drey Principia oder Urwesenheiten/ Gott/ den Stoff/ oder die Materi/ und denn die Einbildung (die so genannte Idea, oder der Entwurff im Sinne) Gott sey der allgemeine Verstand; die Materi der erste Punct/ so entstanden zur Fortpflantzung und Vergänglichkeit: die Einbildung eine unleibliche Materi/ so da hafftete in den Gedancken und im Verstande Gottes; und Gott, wäre der Welt Verstand. Aristoteles schätzte die Welt ohne Anfang/ und darum auch ewig und ohne Ende zu seyn. Zeno stellte zu Anfängern Gott und die Materia, jener/ sagte er/ wäre die wirckende/ diese aber die leidende/ oder Wirckungs-fähige Ursache. Darneben machte er auch noch vier HauptMaterien. Lib. 2. c. 1. Plinius sagt: es ist sehr warscheinlich/ und mit gutem Grunde darvor zu halten/ daß die Welt/ welche wir den Himmel/ der alle Dinge/ mit seinem grossen Umfange/ bezirckt/ nennen/ der ewige Gott sey/ der noch Anfang/ noch Ende habe. Er ist alles in allem/ und das Alles selbst: Er begreifft in- und ausser sich alle Dinge: Er ist ein Werck der Natur/ und ist doch die Natur selbst/ die alle Dinge zum Wesen bringet. An einem andern Lib. 2. c. 6. 7. 8. Orte/ wolte er die Sonne zum Gott/ und die Sterne unvergänglich machen. Ob nun wol die weise Heyden viel falsche Meinungen hatten: waren sie dannoch so unverständig nicht/ daß sie einem Theil ihrer Götter der Welt Schöpffung solten zugeeignet haben. Ovidius (den ich hinfüro/ weil wir allhier seine Verwandlungs-Bücher zu erklären vor uns haben/ Unsern Poeten nennen werde) lässt sich vernehmen/ daß Gott/ von guter Natur/ den verwirrten Klumpen vereinbaret/ und gemacht habe/ daß dieses unterschiedliche/ wunderbare und allerlustbarste Wesen der Welt daraus entstanden sey. Khaos, was es bedeute. Dieser schwere Chaos aber ist nichts anders/ als das Hebräische Wort Tohu, welches die Lateiner durch das Wörtlein Inanis, (das ist/ leer/ wüst oder ungestalt) auszureden pflegen: wie hiervon/ im Anfang des Buchs der Schöpffung/ zu lesen. Weiter erzehlet Unser Poet die Vereinigung der Haupt-Materien/ und Scheidung der andern Geschöpffe/ als der Himmels- und Erden-Kugel fünff Zonen oder Gürtel/ deren zween/ so denen Pol- oder Angel-Sternen am nächsten/ voll Schnee und gefroren der mittelste aber/ wegen Empfindung der meisten Sonnen-Krafft/ hitzig/ und die zween andere zu beyden Seiten gemässigt. Insonderheit aber ist merckwürdig/ wie Sinn-reich er beschreibe die Schöpffung des alle Thiere weit übertreffenden Menschens/ welches Göttliche Bild von Gott gebildet ist/ unter allen Thieren allein aufwarts zu sehen/ auf daß es geschickt wäre/ stetig mit Ernst/ und von gantzem Hertzen/ der Himmlischen und Göttlichen Dinge eingedenck zu leben: nachdemmal es zu dieser Schuldigkeit verbunden worden/ daß es seinen/ über alles/ liebwürdigen guten Schöpffer/ sorgfältigen Wächter und Hüter/ mildreichen Gaben-Schencker/ höchsten Wolthäter/ und gnädigen Gott solte loben und dancken. [Spaltenumbruch] Nacht) für eine Tochter des Chaos. Dergleichen uneiniger Meinungen werden noch vielmehr gefunden. Thales/ einer unter den vortrefflichen sieben Weisen in Griechenlande/ kehrete/ nachdem er viel Zeit/ und seine gantze Jugend/ mit Studiren und Forschen/ in Egypten/ zugebracht/ mit einem grauen Haupte/ und geruntzelter Stirn/ nach Hause; um seine Landsleute zu belehren/ daß alle Dinge ihren Anfang aus der Haupt-Materi des Wassers hätten; welches er mit diesen 3. Haupt-Gründen befestigte. Dann erstlich/ sagte er/ wäre der Anfang aller Dinge/ nemlich der Same/ wässerig: darum hätten alle Dinge ihren Ursprung aus dem Wasser. Zum andern/ hätten alle Bäume oder Stämme ihre Nahrung/ Wachsthum und Fruchtbarkeit aus dem Wasser/ oder der Feuchtigkeit/ ohne welche sie verdorren müsten. Drittens/ würde das Feuer der Sonnen und Sternen/ und folglich auch die gantze Welt/ durch feuchte Dämpffe der Gewässer unterhalten: weswegen dann Homerus auch den Ocean einen Vatter aller Dinge genennet haben solte. Auch habe Anaximander dasselbe unendlich Wunderliche Meinungen der Philosophen/ über den Anfängen der Dinge und Schöpffung der Welt. zu seyn geachtet. Anaximenes sagte/ die Lufft/ so in unserm Leibe die Seele/ und der Welt Geist wäre/ erhielte so wol den einen/ als die andere. Diese drey Milesische Philosophi nennen zwar eine Materi; gedencken aber des Werckmeisters mit keinem Worte. Dem Anaxogaras dünckte es ein gantz unmüglich Ding/ etwas aus nichts zu machen. Behauptete hingegen/ daß die Anfänge aller Dinge kleine gleiche Theile wären/ und alles unordentlich/ in einem Klumpen/ gelegen; der Verstand aber hätte sie unterschieden und geordnet: dieser setzte der Materi gleichwol auch den Werckmeister bey. Archelaus/ des Atheniensischen Apollodori Sohn/ sagte; der Welt Anfang wäre eine zertrennte oder unvereinigte Lufft/ welche wunderbarlich bereitet/ und durch Feuer und Wasser zusammen gedrungen worden. Pythagoras von Samos hielt darvor/ daß die Zahlen/ und derer Zusammenstimm- und Vereinigungen/ so sie unter einander hätten/ welche er Harmonien nennte/ aller Dinge Urheblichkeiten wären. Unter die Ur-Gründe rechnete er die Zahl Eins und Zwey: das Eins/ sagte er/ wäre die Ursprungs-Sache und das vortrefflichste Wesen/ als der Verstand oder Gott selbst. Das Zwey/ oder Zweyte/ welches materialisch und fähig (patibile) wäre die Welt. Heraclitus und Hippasus/ aus der Stadt Metaponto/ setzten das Feuer für den Anfang aller Dinge: weil nicht allein alles/ durch dasselbige/ gemacht/ sondern/ durch solches/ auch wiederum zerstöret und zunichte würde. Epicurus/ ein Sohn des Neocles/ von Athen/ gab vor/ das Urwesen aller Sachen gründete sich in unterschiedlichen Leibern/ so allein durch das Gemüth begreifflich/ fix und beständig/ ohne einige Eitelkeit/ nicht geboren/ sondern unvergänglich und ewig wären/ und drey Eigenschafften hätten/ die Bildung/ Grösse/ und das Gewicht. Empedocles/ von Agrigent/ lehrte/ es wären vier Haupt-Materien/ Feuer/ Lufft/ Wasser und Erde/ und zwey Principia (Anfangs-Ursachen) oder besondere Kräffte. Eintracht und Zwietracht: deren die eine Macht hätte[Spaltenumbruch] zusammen zu fügen und zu vereinigen/ die andere aber voneinander zu sondern und zu scheiden/ Socrates und Plato/ die beyde Athenienser/ setzten drey Principia oder Urwesenheiten/ Gott/ den Stoff/ oder die Materi/ und denn die Einbildung (die so genannte Idea, oder der Entwurff im Sinne) Gott sey der allgemeine Verstand; die Materi der erste Punct/ so entstanden zur Fortpflantzung und Vergänglichkeit: die Einbildung eine unleibliche Materi/ so da hafftete in den Gedancken und im Verstande Gottes; und Gott, wäre der Welt Verstand. Aristoteles schätzte die Welt ohne Anfang/ und darum auch ewig und ohne Ende zu seyn. Zeno stellte zu Anfängern Gott und die Materia, jener/ sagte er/ wäre die wirckende/ diese aber die leidende/ oder Wirckungs-fähige Ursache. Darneben machte er auch noch vier HauptMaterien. Lib. 2. c. 1. Plinius sagt: es ist sehr warscheinlich/ und mit gutem Grunde darvor zu halten/ daß die Welt/ welche wir den Himmel/ der alle Dinge/ mit seinem grossen Umfange/ bezirckt/ nennen/ der ewige Gott sey/ der noch Anfang/ noch Ende habe. Er ist alles in allem/ und das Alles selbst: Er begreifft in- und ausser sich alle Dinge: Er ist ein Werck der Natur/ und ist doch die Natur selbst/ die alle Dinge zum Wesen bringet. An einem andern Lib. 2. c. 6. 7. 8. Orte/ wolte er die Sonne zum Gott/ und die Sterne unvergänglich machen. Ob nun wol die weise Heyden viel falsche Meinungen hatten: waren sie dannoch so unverständig nicht/ daß sie einem Theil ihrer Götter der Welt Schöpffung solten zugeeignet haben. Ovidius (den ich hinfüro/ weil wir allhier seine Verwandlungs-Bücher zu erklären vor uns haben/ Unsern Poeten nennen werde) lässt sich vernehmen/ daß Gott/ von guter Natur/ den verwirrten Klumpen vereinbaret/ und gemacht habe/ daß dieses unterschiedliche/ wunderbare und allerlustbarste Wesen der Welt daraus entstanden sey. Χάος, was es bedeute. Dieser schwere Chaos aber ist nichts anders/ als das Hebräische Wort Tohu, welches die Lateiner durch das Wörtlein Inanis, (das ist/ leer/ wüst oder ungestalt) auszureden pflegen: wie hiervon/ im Anfang des Buchs der Schöpffung/ zu lesen. Weiter erzehlet Unser Poet die Vereinigung der Haupt-Materien/ und Scheidung der andern Geschöpffe/ als der Himmels- und Erden-Kugel fünff Zonen oder Gürtel/ deren zween/ so denen Pol- oder Angel-Sternen am nächsten/ voll Schnee und gefroren der mittelste aber/ wegen Empfindung der meisten Sonnen-Krafft/ hitzig/ und die zween andere zu beyden Seiten gemässigt. Insonderheit aber ist merckwürdig/ wie Sinn-reich er beschreibe die Schöpffung des alle Thiere weit übertreffenden Menschens/ welches Göttliche Bild von Gott gebildet ist/ unter allen Thieren allein aufwarts zu sehen/ auf daß es geschickt wäre/ stetig mit Ernst/ und von gantzem Hertzen/ der Himmlischen und Göttlichen Dinge eingedenck zu leben: nachdemmal es zu dieser Schuldigkeit verbunden worden/ daß es seinen/ über alles/ liebwürdigen guten Schöpffer/ sorgfältigen Wächter und Hüter/ mildreichen Gaben-Schencker/ höchsten Wolthäter/ und gnädigen Gott solte loben und dancken. <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0182" xml:id="pb-1129" n="[Metamorphosis, S. 6]"/><cb/> Nacht) für eine Tochter des Chaos. 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Zum andern/ hätten alle Bäume oder Stämme ihre Nahrung/ Wachsthum und Fruchtbarkeit aus dem Wasser/ oder der Feuchtigkeit/ ohne welche sie verdorren müsten. Drittens/ würde das Feuer der Sonnen und Sternen/ und folglich auch die gantze Welt/ durch feuchte Dämpffe der Gewässer unterhalten: weswegen dann <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-109 http://d-nb.info/gnd/11855333X http://viaf.org/viaf/63292865">Homerus</persName> auch den Ocean einen Vatter aller Dinge genennet haben solte. 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An einem andern <note rendition="#aq" place="right"><bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-1348">Lib. 2. c. 6. 7. 8.</ref></bibl></note> Orte/ wolte er die Sonne zum Gott/ und die Sterne unvergänglich machen. 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Nacht) für eine Tochter des Chaos. Dergleichen uneiniger Meinungen werden noch vielmehr gefunden. Thales/ einer unter den vortrefflichen sieben Weisen in Griechenlande/ kehrete/ nachdem er viel Zeit/ und seine gantze Jugend/ mit Studiren und Forschen/ in Egypten/ zugebracht/ mit einem grauen Haupte/ und geruntzelter Stirn/ nach Hause; um seine Landsleute zu belehren/ daß alle Dinge ihren Anfang aus der Haupt-Materi des Wassers hätten; welches er mit diesen 3. Haupt-Gründen befestigte. Dann erstlich/ sagte er/ wäre der Anfang aller Dinge/ nemlich der Same/ wässerig: darum hätten alle Dinge ihren Ursprung aus dem Wasser. Zum andern/ hätten alle Bäume oder Stämme ihre Nahrung/ Wachsthum und Fruchtbarkeit aus dem Wasser/ oder der Feuchtigkeit/ ohne welche sie verdorren müsten. Drittens/ würde das Feuer der Sonnen und Sternen/ und folglich auch die gantze Welt/ durch feuchte Dämpffe der Gewässer unterhalten: weswegen dann Homerus auch den Ocean einen Vatter aller Dinge genennet haben solte. Auch habe Anaximander dasselbe unendlich zu seyn geachtet. Anaximenes sagte/ die Lufft/ so in unserm Leibe die Seele/ und der Welt Geist wäre/ erhielte so wol den einen/ als die andere. Diese drey Milesische Philosophi nennen zwar eine Materi; gedencken aber des Werckmeisters mit keinem Worte. Dem Anaxogaras dünckte es ein gantz unmüglich Ding/ etwas aus nichts zu machen. Behauptete hingegen/ daß die Anfänge aller Dinge kleine gleiche Theile wären/ und alles unordentlich/ in einem Klumpen/ gelegen; der Verstand aber hätte sie unterschieden und geordnet: dieser setzte der Materi gleichwol auch den Werckmeister bey. Archelaus/ des Atheniensischen Apollodori Sohn/ sagte; der Welt Anfang wäre eine zertrennte oder unvereinigte Lufft/ welche wunderbarlich bereitet/ und durch Feuer und Wasser zusammen gedrungen worden. Pythagoras von Samos hielt darvor/ daß die Zahlen/ und derer Zusammenstimm- und Vereinigungen/ so sie unter einander hätten/ welche er Harmonien nennte/ aller Dinge Urheblichkeiten wären. Unter die Ur-Gründe rechnete er die Zahl Eins und Zwey: das Eins/ sagte er/ wäre die Ursprungs-Sache und das vortrefflichste Wesen/ als der Verstand oder Gott selbst. Das Zwey/ oder Zweyte/ welches materialisch und fähig (patibile) wäre die Welt. Heraclitus und Hippasus/ aus der Stadt Metaponto/ setzten das Feuer für den Anfang aller Dinge: weil nicht allein alles/ durch dasselbige/ gemacht/ sondern/ durch solches/ auch wiederum zerstöret und zunichte würde. Epicurus/ ein Sohn des Neocles/ von Athen/ gab vor/ das Urwesen aller Sachen gründete sich in unterschiedlichen Leibern/ so allein durch das Gemüth begreifflich/ fix und beständig/ ohne einige Eitelkeit/ nicht geboren/ sondern unvergänglich und ewig wären/ und drey Eigenschafften hätten/ die Bildung/ Grösse/ und das Gewicht. Empedocles/ von Agrigent/ lehrte/ es wären vier Haupt-Materien/ Feuer/ Lufft/ Wasser und Erde/ und zwey Principia (Anfangs-Ursachen) oder besondere Kräffte. Eintracht und Zwietracht: deren die eine Macht hätte
zusammen zu fügen und zu vereinigen/ die andere aber voneinander zu sondern und zu scheiden/ Socrates und Plato/ die beyde Athenienser/ setzten drey Principia oder Urwesenheiten/ Gott/ den Stoff/ oder die Materi/ und denn die Einbildung (die so genannte Idea, oder der Entwurff im Sinne) Gott sey der allgemeine Verstand; die Materi der erste Punct/ so entstanden zur Fortpflantzung und Vergänglichkeit: die Einbildung eine unleibliche Materi/ so da hafftete in den Gedancken und im Verstande Gottes; und Gott, wäre der Welt Verstand. Aristoteles schätzte die Welt ohne Anfang/ und darum auch ewig und ohne Ende zu seyn. Zeno stellte zu Anfängern Gott und die Materia, jener/ sagte er/ wäre die wirckende/ diese aber die leidende/ oder Wirckungs-fähige Ursache. Darneben machte er auch noch vier HauptMaterien. Plinius sagt: es ist sehr warscheinlich/ und mit gutem Grunde darvor zu halten/ daß die Welt/ welche wir den Himmel/ der alle Dinge/ mit seinem grossen Umfange/ bezirckt/ nennen/ der ewige Gott sey/ der noch Anfang/ noch Ende habe. Er ist alles in allem/ und das Alles selbst: Er begreifft in- und ausser sich alle Dinge: Er ist ein Werck der Natur/ und ist doch die Natur selbst/ die alle Dinge zum Wesen bringet. An einem andern Orte/ wolte er die Sonne zum Gott/ und die Sterne unvergänglich machen. Ob nun wol die weise Heyden viel falsche Meinungen hatten: waren sie dannoch so unverständig nicht/ daß sie einem Theil ihrer Götter der Welt Schöpffung solten zugeeignet haben. Ovidius (den ich hinfüro/ weil wir allhier seine Verwandlungs-Bücher zu erklären vor uns haben/ Unsern Poeten nennen werde) lässt sich vernehmen/ daß Gott/ von guter Natur/ den verwirrten Klumpen vereinbaret/ und gemacht habe/ daß dieses unterschiedliche/ wunderbare und allerlustbarste Wesen der Welt daraus entstanden sey.
Wunderliche Meinungen der Philosophen/ über den Anfängen der Dinge und Schöpffung der Welt.
Lib. 2. c. 1.
Lib. 2. c. 6. 7. 8. Dieser schwere Chaos aber ist nichts anders/ als das Hebräische Wort Tohu, welches die Lateiner durch das Wörtlein Inanis, (das ist/ leer/ wüst oder ungestalt) auszureden pflegen: wie hiervon/ im Anfang des Buchs der Schöpffung/ zu lesen. Weiter erzehlet Unser Poet die Vereinigung der Haupt-Materien/ und Scheidung der andern Geschöpffe/ als der Himmels- und Erden-Kugel fünff Zonen oder Gürtel/ deren zween/ so denen Pol- oder Angel-Sternen am nächsten/ voll Schnee und gefroren der mittelste aber/ wegen Empfindung der meisten Sonnen-Krafft/ hitzig/ und die zween andere zu beyden Seiten gemässigt. Insonderheit aber ist merckwürdig/ wie Sinn-reich er beschreibe die Schöpffung des alle Thiere weit übertreffenden Menschens/ welches Göttliche Bild von Gott gebildet ist/ unter allen Thieren allein aufwarts zu sehen/ auf daß es geschickt wäre/ stetig mit Ernst/ und von gantzem Hertzen/ der Himmlischen und Göttlichen Dinge eingedenck zu leben: nachdemmal es zu dieser Schuldigkeit verbunden worden/ daß es seinen/ über alles/ liebwürdigen guten Schöpffer/ sorgfältigen Wächter und Hüter/ mildreichen Gaben-Schencker/ höchsten Wolthäter/ und gnädigen Gott solte loben und dancken.
Χάος, was es bedeute.
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/182>, abgerufen am 16.02.2025. |