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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] bracht/ weder dieselbe zuvor gewest/ also/ daß sie gleichsam verjüngt schienen. Und weil die plumpe/ grobe/ thumme Leute dazumal sahen/ daß sie ihre Sachen/ mit Feuer/ in Töpffen und Kesseln kochte; geriethen sie in die Gedancken/ als ob sie die Menschen sötte oder kochte/ und durch solches Mittel Lehrliche Auslegung über die Medea und dero Künste. mit neuer Jugend erfrischete. Aber zu einigem Verstande oder Auslegung zu kommen/ so bedeutet Medea/ als schon erwähnt/ einen Raht/ und war eine Tochter des Aetae/ eines Sohns der Sonnen/ und der Idya/ einer Tochter des Oceans. Gleichwie nun die Sonne ist eine Geleiterin und Beleiterin des Sommers und Winters: also ist vonnöthen/ daß man dasjenige/ so wir so wol zur Kleidung/ als Unterhaltung des Leibes nöthig haben/ vermittelst guten und heilsamen Rahts/ verfertigen und zubereiten. Indem nun diese Bedachtsam- und Vorsichtigkeit ein jeder in seinem Stande warnimmet/ so ist es Idya/ die Mutter der Medea/ und bedeutet Erkanntnus: welche billig eines guten Rahts Mutter genannt wird. Das Wörtlein Jason kommet her von Jasthai/ und bedeutet einen Artzt oder Artzney. Er führet mit sich die Medea/ das ist/ denjenigen/ der seinen Geist oder Seele gesund machen wil: welches die Weisheit ist. Dann wann einer ein ehrlicher Mann/ mit gutem Verstande und Weisheit begabt zu seyn verlanget/ hat er nichts höhers darzu nöhtig/ als einen guten wolgeläuterten Verstand. Einer/ der nicht von sich leget die Begierden der Wollüste/ so ihm angeboren sind/ wird nimmermehr etwas recht tugendliches verrichten können/ auch weder Ehr noch Würde erlangen. Darum wird gesagt/ daß Medea ihre Brüder und Kinder zerrissen/ ihr Land verlassen habe/ und dem Jason nachgefolget sey. Also nun kan der Weise gar leichtlich über die Sonne/ Mond/ Sterne/ und alle himmlische Zeichen/ so etwann einige Krafft hätten/ uns zu ungebürlichen Lüsten zu neigen/ wann er nur die Neigungen/ welche ihm leichtlich zu einem unehrlichem Wercke anlocken oder reitzen/ mässigen wird. Darum wurde der Medea nachgesagt/ daß sie den Mond und die Sternen herab kommen liesse/ die Ströme der Begierden zu stillen/ welches dem gemeinem Pöbel etwas gantz fremdes und unbekanntes zu seyn bedüncket hat. Auch verstehen etliche/ durch die Medea/ die Lufft/ und Behendigkeit/ eine Schwester der Circe/ welches so viel ist/ als der Natur: Weil die Kunst der Natur/ so viel ihr nur müglich ist/ nachahmet/ und je näher sie derselben kommt/ je preißwürdiger sie zu halten ist. Die Sonne ist der Vatter/ so wol einer als der andern: weil ohne die Göttliche Hülffe/ welche die uns von Gott eingebildete Tugend und Krafft der Seelen ist/ man auf der Welt nichts guts verrichten kan. Dann weder in uns selbst/ noch in allen erzehlten Dingen etwas gutes/ welches wir nicht alles der Mildigkeit und Allmacht GOttes zuschreiben müssen. Medea entzündete ihre Misgünstige mit einer schmertzlichen Flammen des Neids. Hingegen kan/ von einem ehrliebenden Menschen/ keine gewissere/ ehrlichere/ noch heiligere Rache geübt werden/ als sich/ in allem seinem Thun/ aufrecht/ weis und mässig zu erweisen. Dann sobald sich einer/ mit den[Spaltenumbruch] Netzen und Leimruthen der viehischen/ fleischlichen Lüsten/ es sey nun Geitz/ Grausamkeit/ oder was es vor ein Laster wolle/ fangen lässet/ muß er beförchten/ daß der gute Raht von ihm weichen/ und mit dem wachsamen eingespannt- und geflügelten Drachen einen fernen Weg hinfliegen möge. Daß aber Medea eine Tochter des Sohns der Sonnen; giebt zu verstehen/ daß die Weisheit uns eingebildet und eingedruckt sey/ nach der Mässigkeit der Lufft/ und den Gestalten ihrer Strahlen/ oder Hitze; in Betrachtung/ daß die Gestalt und Mässigkeit des Leibs/ welcher bisweilen/ durch die Einpflantzung oder Einleibung der Lufft/ unterweilen/ durch Auferziehung und Unterweisung/ unterweilen/ durch Speisen/ unterweilen/ durch die Naturen/ als Arten und Gelegenheit der Länder/ da wir wohnen/ wächset/ grosse Kräffte und Vermögen hat/ uns tüchtig und beqvem zur Weisheit zu machen/ und mit derselben zu begaben. Die alte Poeten haben solche Erfindungen hervorgebracht/ und/ mit solchen seltsamen Geschichten/ untermenget/ wie wir zum Theil von der Medea gehört/ die Menschen dardurch anzutreiben/ daß sie/ mit Mässigkeit des Geistes gewaffnet/ sich eines löblichen/ ehrlibenden und tugendlichen Lebens befleissigen solten. Weil wir auch/ in dieser Zauberey der Medea/ von der Hecate/ als die/ von der Medea/ beopffert/ und angeruffen worden/ etwas erwähnt: wird sich allhier nicht übel fügen/ von deroselben auch etwas mehres anzuführen.

Von der Hecate.

DIe Eltern der Hecate werden unterschiedlich benennet; der eine sagt/ sie sey eine Tochter der Nacht; der ander/ des Jupiters/ und der Asterie. Orpheus vermeint/ in seiner guldnen Fließ-Reise/ daß sie vom Tartarus geboren: und beschreibet/ wie sie mit den Eumeniden gehet/ einige Opffer zu verrichten/ wann er schreibt:

Mit ihnen Hecate/ die dreyfach von Ge-
stalt

und Haupt ist/ kam zugleich/ die bald sich
jung/ bald alt

verstellt/ und ins gemein für Tochter wird
gehalten

des schwartzen Höllen-Manns des Tar-
tars
etc.

Eben dieser Orpheus macht sie/ an einem andern Orte/ zur Tochter des Jupiters/ und der Ceres: Hesiodus aber/ des Perseus/ und der Asterie. Apollodorus/ in seinem sechsten Buche/ hält darfür/ daß Hecate/ Proserpina/ und der Mond/ alle zusammen/ eins seyen. Aus welcher Ursach sie Euripides die Liecht- oder Tages-bringerin nennet. Man saget/ daß sie ein greuliches Gesicht/ und wunder-grossen Leib gehabt/ der sich auf ein halbes Stadium/ oder halben Roß-lauff (sind zwey und sechtzig und ein halber Schritt) erstreckt habe/ ihre Füsse/ als Schlangen/ sich in einander gewunden/ und die Gestallt ihres Angesichts der Gorgonen gleich gewest sey/ an statt der Haare habe sie lauter umgewickelte

[Spaltenumbruch] bracht/ weder dieselbe zuvor gewest/ also/ daß sie gleichsam verjüngt schienen. Und weil die plumpe/ grobe/ thumme Leute dazumal sahen/ daß sie ihre Sachen/ mit Feuer/ in Töpffen und Kesseln kochte; geriethen sie in die Gedancken/ als ob sie die Menschen sötte oder kochte/ und durch solches Mittel Lehrliche Auslegung über die Medea und dero Künste. mit neuer Jugend erfrischete. Aber zu einigem Verstande oder Auslegung zu kommen/ so bedeutet Medea/ als schon erwähnt/ einen Raht/ und war eine Tochter des Aetae/ eines Sohns der Sonnen/ und der Idya/ einer Tochter des Oceans. Gleichwie nun die Sonne ist eine Geleiterin und Beleiterin des Sommers und Winters: also ist vonnöthen/ daß man dasjenige/ so wir so wol zur Kleidung/ als Unterhaltung des Leibes nöthig haben/ vermittelst guten und heilsamen Rahts/ verfertigen und zubereiten. Indem nun diese Bedachtsam- und Vorsichtigkeit ein jeder in seinem Stande warnimmet/ so ist es Idya/ die Mutter der Medea/ und bedeutet Erkanntnus: welche billig eines guten Rahts Mutter genannt wird. Das Wörtlein Jason kommet her von Jasthai/ und bedeutet einen Artzt oder Artzney. Er führet mit sich die Medea/ das ist/ denjenigen/ der seinen Geist oder Seele gesund machen wil: welches die Weisheit ist. Dann wann einer ein ehrlicher Mann/ mit gutem Verstande und Weisheit begabt zu seyn verlanget/ hat er nichts höhers darzu nöhtig/ als einen guten wolgeläuterten Verstand. Einer/ der nicht von sich leget die Begierden der Wollüste/ so ihm angeboren sind/ wird nimmermehr etwas recht tugendliches verrichten können/ auch weder Ehr noch Würde erlangen. Darum wird gesagt/ daß Medea ihre Brüder und Kinder zerrissen/ ihr Land verlassen habe/ und dem Jason nachgefolget sey. Also nun kan der Weise gar leichtlich über die Sonne/ Mond/ Sterne/ und alle himmlische Zeichen/ so etwann einige Krafft hätten/ uns zu ungebürlichen Lüsten zu neigen/ wann er nur die Neigungen/ welche ihm leichtlich zu einem unehrlichem Wercke anlocken oder reitzen/ mässigen wird. Darum wurde der Medea nachgesagt/ daß sie den Mond und die Sternen herab kommen liesse/ die Ströme der Begierden zu stillen/ welches dem gemeinem Pöbel etwas gantz fremdes und unbekanntes zu seyn bedüncket hat. Auch verstehen etliche/ durch die Medea/ die Lufft/ und Behendigkeit/ eine Schwester der Circe/ welches so viel ist/ als der Natur: Weil die Kunst der Natur/ so viel ihr nur müglich ist/ nachahmet/ und je näher sie derselben kommt/ je preißwürdiger sie zu halten ist. Die Sonne ist der Vatter/ so wol einer als der andern: weil ohne die Göttliche Hülffe/ welche die uns von Gott eingebildete Tugend und Krafft der Seelen ist/ man auf der Welt nichts guts verrichten kan. Dann weder in uns selbst/ noch in allen erzehlten Dingen etwas gutes/ welches wir nicht alles der Mildigkeit und Allmacht GOttes zuschreiben müssen. Medea entzündete ihre Misgünstige mit einer schmertzlichen Flammen des Neids. Hingegen kan/ von einem ehrliebenden Menschen/ keine gewissere/ ehrlichere/ noch heiligere Rache geübt werden/ als sich/ in allem seinem Thun/ aufrecht/ weis und mässig zu erweisen. Dann sobald sich einer/ mit den[Spaltenumbruch] Netzen und Leimruthen der viehischen/ fleischlichen Lüsten/ es sey nun Geitz/ Grausamkeit/ oder was es vor ein Laster wolle/ fangen lässet/ muß er beförchten/ daß der gute Raht von ihm weichen/ und mit dem wachsamen eingespannt- und geflügelten Drachen einen fernen Weg hinfliegen möge. Daß aber Medea eine Tochter des Sohns der Sonnen; giebt zu verstehen/ daß die Weisheit uns eingebildet und eingedruckt sey/ nach der Mässigkeit der Lufft/ und den Gestalten ihrer Strahlen/ oder Hitze; in Betrachtung/ daß die Gestalt und Mässigkeit des Leibs/ welcher bisweilen/ durch die Einpflantzung oder Einleibung der Lufft/ unterweilen/ durch Auferziehung und Unterweisung/ unterweilen/ durch Speisen/ unterweilen/ durch die Naturen/ als Arten und Gelegenheit der Länder/ da wir wohnen/ wächset/ grosse Kräffte und Vermögen hat/ uns tüchtig und beqvem zur Weisheit zu machen/ und mit derselben zu begaben. Die alte Poeten haben solche Erfindungen hervorgebracht/ und/ mit solchen seltsamen Geschichten/ untermenget/ wie wir zum Theil von der Medea gehört/ die Menschen dardurch anzutreiben/ daß sie/ mit Mässigkeit des Geistes gewaffnet/ sich eines löblichen/ ehrlibenden und tugendlichen Lebens befleissigen solten. Weil wir auch/ in dieser Zauberey der Medea/ von der Hecate/ als die/ von der Medea/ beopffert/ und angeruffen worden/ etwas erwähnt: wird sich allhier nicht übel fügen/ von deroselben auch etwas mehres anzuführen.

Von der Hecate.

DIe Eltern der Hecate werden unterschiedlich benennet; der eine sagt/ sie sey eine Tochter der Nacht; der ander/ des Jupiters/ und der Asterie. Orpheus vermeint/ in seiner guldnen Fließ-Reise/ daß sie vom Tartarus geboren: und beschreibet/ wie sie mit den Eumeniden gehet/ einige Opffer zu verrichten/ wann er schreibt:

Mit ihnen Hecate/ die dreyfach von Ge-
stalt

und Haupt ist/ kam zugleich/ die bald sich
jung/ bald alt

verstellt/ und ins gemein für Tochter wird
gehalten

des schwartzen Höllen-Manns des Tar-
tars
etc.

Eben dieser Orpheus macht sie/ an einem andern Orte/ zur Tochter des Jupiters/ und der Ceres: Hesiodus aber/ des Perseus/ und der Asterie. Apollodorus/ in seinem sechsten Buche/ hält darfür/ daß Hecate/ Proserpina/ und der Mond/ alle zusammen/ eins seyen. Aus welcher Ursach sie Euripides die Liecht- oder Tages-bringerin nennet. Man saget/ daß sie ein greuliches Gesicht/ und wunder-grossen Leib gehabt/ der sich auf ein halbes Stadium/ oder halben Roß-lauff (sind zwey und sechtzig und ein halber Schritt) erstreckt habe/ ihre Füsse/ als Schlangen/ sich in einander gewunden/ und die Gestallt ihres Angesichts der Gorgonen gleich gewest sey/ an statt der Haare habe sie lauter umgewickelte

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[[Metamorphosis, S. 89]/0265] bracht/ weder dieselbe zuvor gewest/ also/ daß sie gleichsam verjüngt schienen. Und weil die plumpe/ grobe/ thumme Leute dazumal sahen/ daß sie ihre Sachen/ mit Feuer/ in Töpffen und Kesseln kochte; geriethen sie in die Gedancken/ als ob sie die Menschen sötte oder kochte/ und durch solches Mittel mit neuer Jugend erfrischete. Aber zu einigem Verstande oder Auslegung zu kommen/ so bedeutet Medea/ als schon erwähnt/ einen Raht/ und war eine Tochter des Aetae/ eines Sohns der Sonnen/ und der Idya/ einer Tochter des Oceans. Gleichwie nun die Sonne ist eine Geleiterin und Beleiterin des Sommers und Winters: also ist vonnöthen/ daß man dasjenige/ so wir so wol zur Kleidung/ als Unterhaltung des Leibes nöthig haben/ vermittelst guten und heilsamen Rahts/ verfertigen und zubereiten. Indem nun diese Bedachtsam- und Vorsichtigkeit ein jeder in seinem Stande warnimmet/ so ist es Idya/ die Mutter der Medea/ und bedeutet Erkanntnus: welche billig eines guten Rahts Mutter genannt wird. Das Wörtlein Jason kommet her von Jasthai/ und bedeutet einen Artzt oder Artzney. Er führet mit sich die Medea/ das ist/ denjenigen/ der seinen Geist oder Seele gesund machen wil: welches die Weisheit ist. Dann wann einer ein ehrlicher Mann/ mit gutem Verstande und Weisheit begabt zu seyn verlanget/ hat er nichts höhers darzu nöhtig/ als einen guten wolgeläuterten Verstand. Einer/ der nicht von sich leget die Begierden der Wollüste/ so ihm angeboren sind/ wird nimmermehr etwas recht tugendliches verrichten können/ auch weder Ehr noch Würde erlangen. Darum wird gesagt/ daß Medea ihre Brüder und Kinder zerrissen/ ihr Land verlassen habe/ und dem Jason nachgefolget sey. Also nun kan der Weise gar leichtlich über die Sonne/ Mond/ Sterne/ und alle himmlische Zeichen/ so etwann einige Krafft hätten/ uns zu ungebürlichen Lüsten zu neigen/ wann er nur die Neigungen/ welche ihm leichtlich zu einem unehrlichem Wercke anlocken oder reitzen/ mässigen wird. Darum wurde der Medea nachgesagt/ daß sie den Mond und die Sternen herab kommen liesse/ die Ströme der Begierden zu stillen/ welches dem gemeinem Pöbel etwas gantz fremdes und unbekanntes zu seyn bedüncket hat. Auch verstehen etliche/ durch die Medea/ die Lufft/ und Behendigkeit/ eine Schwester der Circe/ welches so viel ist/ als der Natur: Weil die Kunst der Natur/ so viel ihr nur müglich ist/ nachahmet/ und je näher sie derselben kommt/ je preißwürdiger sie zu halten ist. Die Sonne ist der Vatter/ so wol einer als der andern: weil ohne die Göttliche Hülffe/ welche die uns von Gott eingebildete Tugend und Krafft der Seelen ist/ man auf der Welt nichts guts verrichten kan. Dann weder in uns selbst/ noch in allen erzehlten Dingen etwas gutes/ welches wir nicht alles der Mildigkeit und Allmacht GOttes zuschreiben müssen. Medea entzündete ihre Misgünstige mit einer schmertzlichen Flammen des Neids. Hingegen kan/ von einem ehrliebenden Menschen/ keine gewissere/ ehrlichere/ noch heiligere Rache geübt werden/ als sich/ in allem seinem Thun/ aufrecht/ weis und mässig zu erweisen. Dann sobald sich einer/ mit den Netzen und Leimruthen der viehischen/ fleischlichen Lüsten/ es sey nun Geitz/ Grausamkeit/ oder was es vor ein Laster wolle/ fangen lässet/ muß er beförchten/ daß der gute Raht von ihm weichen/ und mit dem wachsamen eingespannt- und geflügelten Drachen einen fernen Weg hinfliegen möge. Daß aber Medea eine Tochter des Sohns der Sonnen; giebt zu verstehen/ daß die Weisheit uns eingebildet und eingedruckt sey/ nach der Mässigkeit der Lufft/ und den Gestalten ihrer Strahlen/ oder Hitze; in Betrachtung/ daß die Gestalt und Mässigkeit des Leibs/ welcher bisweilen/ durch die Einpflantzung oder Einleibung der Lufft/ unterweilen/ durch Auferziehung und Unterweisung/ unterweilen/ durch Speisen/ unterweilen/ durch die Naturen/ als Arten und Gelegenheit der Länder/ da wir wohnen/ wächset/ grosse Kräffte und Vermögen hat/ uns tüchtig und beqvem zur Weisheit zu machen/ und mit derselben zu begaben. Die alte Poeten haben solche Erfindungen hervorgebracht/ und/ mit solchen seltsamen Geschichten/ untermenget/ wie wir zum Theil von der Medea gehört/ die Menschen dardurch anzutreiben/ daß sie/ mit Mässigkeit des Geistes gewaffnet/ sich eines löblichen/ ehrlibenden und tugendlichen Lebens befleissigen solten. Weil wir auch/ in dieser Zauberey der Medea/ von der Hecate/ als die/ von der Medea/ beopffert/ und angeruffen worden/ etwas erwähnt: wird sich allhier nicht übel fügen/ von deroselben auch etwas mehres anzuführen. Lehrliche Auslegung über die Medea und dero Künste. Von der Hecate. DIe Eltern der Hecate werden unterschiedlich benennet; der eine sagt/ sie sey eine Tochter der Nacht; der ander/ des Jupiters/ und der Asterie. Orpheus vermeint/ in seiner guldnen Fließ-Reise/ daß sie vom Tartarus geboren: und beschreibet/ wie sie mit den Eumeniden gehet/ einige Opffer zu verrichten/ wann er schreibt: Mit ihnen Hecate/ die dreyfach von Ge- stalt und Haupt ist/ kam zugleich/ die bald sich jung/ bald alt verstellt/ und ins gemein für Tochter wird gehalten des schwartzen Höllen-Manns des Tar- tars etc. Eben dieser Orpheus macht sie/ an einem andern Orte/ zur Tochter des Jupiters/ und der Ceres: Hesiodus aber/ des Perseus/ und der Asterie. Apollodorus/ in seinem sechsten Buche/ hält darfür/ daß Hecate/ Proserpina/ und der Mond/ alle zusammen/ eins seyen. Aus welcher Ursach sie Euripides die Liecht- oder Tages-bringerin nennet. Man saget/ daß sie ein greuliches Gesicht/ und wunder-grossen Leib gehabt/ der sich auf ein halbes Stadium/ oder halben Roß-lauff (sind zwey und sechtzig und ein halber Schritt) erstreckt habe/ ihre Füsse/ als Schlangen/ sich in einander gewunden/ und die Gestallt ihres Angesichts der Gorgonen gleich gewest sey/ an statt der Haare habe sie lauter umgewickelte

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 89]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/265>, abgerufen am 22.11.2024.