Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] That ist: da hingegen/ wie Plutarchus schreibet/ das Meer-Pferd dermassen ungerecht und boßhafftig seyn solle/ daß es sich nicht scheuet mit Gewalt sich wider seinen eignen Vatter aufzulehnen/ und denselben umbzubringen/ damit es hernach desto freyer sich mit der Mutter begatten könne.

Bey eben diesem Plutarchus lieset man/ daß zu Thebe einige Statuen gezeiget würden/ die keine Hände haben/ und die Richter bedeuten/ weil selbige ohne Hände seyn/ das ist/ Geschenck und Gaben anzunehmen sich nicht gelüsten lassen sollen/ zumahln sie dardurch bestochen/ den Unschuldigen Unrecht thun/ oder die Sache dem Unwürdigen zusprechen möchten. Unter diesen war auch eine Bildnus der Augen beraubt/ welche den Fürsten/ der über die Gerichte gesetzt ist/ andeutete; weil derselbe von allen Gemühts-Affecten/ als Haß/ Liebe und dergleichen/ allerdings befreyet seyn/ ohne Ansehung der Person/ bloß auf das gehen was gerecht ist/ und allen ohne Unterscheid die Gerechtigkeit mitzutheilen beflissen seyn solle: welches Ampt einem König und Fürsten/ und nicht allein denenjenigen/ welchen eine Oberkeitliche Verwaltung anbefohlen ist/ obligt/ als die nach dem Gesetz der Natur ihr Ampt nach der Gerechtigkeit zu verwalten gehalten sind/ und dasselbe zu thun sich mit einem Eyd verbunden haben. Dafern sie nun solches nicht thun/ dörffen sie sich anders nicht einbilden/ als daß sie vom höchsten GOTT/ als einem Rächer deß Meineyds/ unfehlbar werden gestrafft werden; wie dann die Alten solches durch einige Statuen gleichfalls schicklich vorgebildet: Bey den Eleern war eine/ die denen Untreuen und Meineidigen mit grossem Schrecken anzusehen war/ dieweil sie den Donnerkeil mit beyden Händen hielte/ als ob sie die Meineydigen abzustraffen alle Augenblick bereit wäre.

So schreibet auch Aristoteles/ im Buch von den Wunderdingen/ und von der Straffe der Meineydigen/ daß ein Brunn in Cappadocien bey Tyana/ einer Haupt-Stadt selbiger Landschafft/ gewesen/ welcher ein überaus Wunderbrunn wider die Meineydigen. kaltes Wasser gehabt/ so iedoch allezeit geschienen/ als ob es siede: und dafern einer dahin geführt worden/ den man in Verdacht gehabt/ als ob er falsch geschworen hätte/ sey das Wasser/ wann er nämlich die Warheit gesagt/ langsam hervorgeqwollen; im Fall er aber einen Meineyd begangen/ gantz trüb herausgestrudelt/ und habe ihn im Gesicht/ Händen und Füssen bespritzet/ gleich als ob es ihn deß Meineyds halber gebührlich abstraffen wollen/ habe auch wider ihn zu toben nicht ehe nachgelassen/ biß er seine Schuld bekannt/ und derselben wegen umb Verzeihung geflehet; dafern er aber auf der Lügen beharret/ habe er von Stund an entweder die Wassersucht bekommen/ oder [Spaltenumbruch] aber es sey ihm eine grosse Menge Eyter aus dem Munde hervorgebrochen; dannenher man solchen Brunnen des Jupiters Meineyds-Brunn zu nennen pflegen.

Es erzehlet Pausanias in Corinthiacis, daß zu Corinthen innerhalb deß Neptuni Tempels Kirchhoffe/ deß Portuni Capelle gestanden/ in welcher eine Celle gewesen/ darein man unter der Erden gehen müssen/ allda/ dem Vorgeben nach/ der Portunus sich aufhielte/ und im Fall einer aus den Einheimischen oder Frembdlingen daselbst fälschlich geschworen/ habe er der Straffe deß Meineyds daraus auf keinerley Weise entfliehen Der Eleer Gebrauch im Eyd, schwören. mögen. Die Eleer pflegten/ wann sie schwören wolten/ zu dem Altar ihres Schutz-Gottes Sosipolis zu tretten/ und zwar mit höchster Devotion und Andacht; Die Ceremonien/ so sie darbey gehalten/ erzehlet Pausanias. Und eben dieser erwähnet auch in den Eliacis prioribus der Gewonheit/ deren die Alten sich im Schwören in den Olympischen Spielen gebraucht/ dahin die Menschen/ entweder das Wettlauffen/ oder mit dem Dolchen fechten/ oder das Ringen/ oder andere dergleichen Spiele anzuschauen/ von allen Orten zulieffen/ da dänn die jenige/ so den Sieg darvon Gebrauch zu schwören. trugen/ die höchste Ehre erlangten; dannenhero sie/ auf gut Trauen und Glauben/ ohne allen Betrug handeln musten. Solches gienge nun also zu: Alle Fechter oder Ringer/ deren Eltern/ Brüder/ und Kampffplatz-Herren musten über den ausgeschnittenen Hoden einer Sau/ mit sonderbar-abgefassten Worten schwören/ daß sie keinen Betrug brauchen wolten/ die Olympischen Spiele auszuführen. Die Kämpffer oder Fechter selbsten musten noch überdieß schwören/ daß sie zehen gantzer Monat über dem bevorstehenden Kampff sich geübt hätten. Ausser diesen schwuren auch die jenige/ so über die im Kampff aufgeführte Menschen oder Pferde-Füllen das Urtheil fällen solten/ daß sie deß Urtheils halber kein Geld genommen/ auch hinführo nicht nehmen/ noch weniger aber dem gemeinen Manne eröffnen wolten/ wordurch sie bewogen worden einen zu loben oder zu tadelen. Weil aber dieses eine Art eines Opffers war/ worinn man das Opffer-Fleisch/ nach Verrichtung deß heiligen Wercks/ zu essen pflegte/ setzet eben dieser Pausanias noch hinzu/ daß er/ wem die Sau/ nach vollbrachtem Opffer/ zu Nutzen kommen/ niemahls erforschen können; iedoch sey ihm bekannt/ daß/ nach altem Religions-Gebrauch/ die Vorsehung gethan worden das Opffer nicht zu essen/ worüber ein Eyd geschworen worden. Dieses bezeuget Homerus/ wann er saget/ daß der Eber/ über welchem Agamemnon einen Eyd geschworen/ daß er die Briseis nicht berührt habe/ vom Talthybius/ deß Agamemnons Kriegs-Herolden/ ins Meer geworffen worden. Fast eben eine solche Gewonheit hatten auch die Römer/

[Spaltenumbruch] That ist: da hingegen/ wie Plutarchus schreibet/ das Meer-Pferd dermassen ungerecht und boßhafftig seyn solle/ daß es sich nicht scheuet mit Gewalt sich wider seinen eignen Vatter aufzulehnen/ und denselben umbzubringen/ damit es hernach desto freyer sich mit der Mutter begatten könne.

Bey eben diesem Plutarchus lieset man/ daß zu Thebe einige Statuen gezeiget würden/ die keine Hände haben/ und die Richter bedeuten/ weil selbige ohne Hände seyn/ das ist/ Geschenck und Gaben anzunehmen sich nicht gelüsten lassen sollen/ zumahln sie dardurch bestochen/ den Unschuldigen Unrecht thun/ oder die Sache dem Unwürdigen zusprechen möchten. Unter diesen war auch eine Bildnus der Augen beraubt/ welche den Fürsten/ der über die Gerichte gesetzt ist/ andeutete; weil derselbe von allen Gemühts-Affecten/ als Haß/ Liebe und dergleichen/ allerdings befreyet seyn/ ohne Ansehung der Person/ bloß auf das gehen was gerecht ist/ und allen ohne Unterscheid die Gerechtigkeit mitzutheilen beflissen seyn solle: welches Ampt einem König und Fürsten/ und nicht allein denenjenigen/ welchen eine Oberkeitliche Verwaltung anbefohlen ist/ obligt/ als die nach dem Gesetz der Natur ihr Ampt nach der Gerechtigkeit zu verwalten gehalten sind/ und dasselbe zu thun sich mit einem Eyd verbunden haben. Dafern sie nun solches nicht thun/ dörffen sie sich anders nicht einbilden/ als daß sie vom höchsten GOTT/ als einem Rächer deß Meineyds/ unfehlbar werden gestrafft werden; wie dann die Alten solches durch einige Statuen gleichfalls schicklich vorgebildet: Bey den Eleern war eine/ die denen Untreuen und Meineidigen mit grossem Schrecken anzusehen war/ dieweil sie den Donnerkeil mit beyden Händen hielte/ als ob sie die Meineydigen abzustraffen alle Augenblick bereit wäre.

So schreibet auch Aristoteles/ im Buch von den Wunderdingen/ und von der Straffe der Meineydigen/ daß ein Brunn in Cappadocien bey Tyana/ einer Haupt-Stadt selbiger Landschafft/ gewesen/ welcher ein überaus Wunderbrunn wider die Meineydigen. kaltes Wasser gehabt/ so iedoch allezeit geschienen/ als ob es siede: und dafern einer dahin geführt worden/ den man in Verdacht gehabt/ als ob er falsch geschworen hätte/ sey das Wasser/ wann er nämlich die Warheit gesagt/ langsam hervorgeqwollen; im Fall er aber einen Meineyd begangen/ gantz trüb herausgestrudelt/ und habe ihn im Gesicht/ Händen und Füssen bespritzet/ gleich als ob es ihn deß Meineyds halber gebührlich abstraffen wollen/ habe auch wider ihn zu toben nicht ehe nachgelassen/ biß er seine Schuld bekannt/ und derselben wegen umb Verzeihung geflehet; dafern er aber auf der Lügen beharret/ habe er von Stund an entweder die Wassersucht bekommen/ oder [Spaltenumbruch] aber es sey ihm eine grosse Menge Eyter aus dem Munde hervorgebrochen; dannenher man solchen Brunnen des Jupiters Meineyds-Brunn zu nennen pflegen.

Es erzehlet Pausanias in Corinthiacis, daß zu Corinthen innerhalb deß Neptuni Tempels Kirchhoffe/ deß Portuni Capelle gestanden/ in welcher eine Celle gewesen/ darein man unter der Erden gehen müssen/ allda/ dem Vorgeben nach/ der Portunus sich aufhielte/ und im Fall einer aus den Einheimischen oder Frembdlingen daselbst fälschlich geschworen/ habe er der Straffe deß Meineyds daraus auf keinerley Weise entfliehen Der Eleer Gebrauch im Eyd, schwören. mögen. Die Eleer pflegten/ wann sie schwören wolten/ zu dem Altar ihres Schutz-Gottes Sosipolis zu tretten/ und zwar mit höchster Devotion und Andacht; Die Ceremonien/ so sie darbey gehalten/ erzehlet Pausanias. Und eben dieser erwähnet auch in den Eliacis prioribus der Gewonheit/ deren die Alten sich im Schwören in den Olympischen Spielen gebraucht/ dahin die Menschen/ entweder das Wettlauffen/ oder mit dem Dolchen fechten/ oder das Ringen/ oder andere dergleichen Spiele anzuschauen/ von allen Orten zulieffen/ da dänn die jenige/ so den Sieg darvon Gebrauch zu schwören. trugen/ die höchste Ehre erlangten; dannenhero sie/ auf gut Trauen und Glauben/ ohne allen Betrug handeln musten. Solches gienge nun also zu: Alle Fechter oder Ringer/ deren Eltern/ Brüder/ und Kampffplatz-Herren musten über den ausgeschnittenen Hoden einer Sau/ mit sonderbar-abgefassten Worten schwören/ daß sie keinen Betrug brauchen wolten/ die Olympischen Spiele auszuführen. Die Kämpffer oder Fechter selbsten musten noch überdieß schwören/ daß sie zehen gantzer Monat über dem bevorstehenden Kampff sich geübt hätten. Ausser diesen schwuren auch die jenige/ so über die im Kampff aufgeführte Menschen oder Pferde-Füllen das Urtheil fällen solten/ daß sie deß Urtheils halber kein Geld genommen/ auch hinführo nicht nehmen/ noch weniger aber dem gemeinen Manne eröffnen wolten/ wordurch sie bewogen worden einen zu loben oder zu tadelen. Weil aber dieses eine Art eines Opffers war/ worinn man das Opffer-Fleisch/ nach Verrichtung deß heiligen Wercks/ zu essen pflegte/ setzet eben dieser Pausanias noch hinzu/ daß er/ wem die Sau/ nach vollbrachtem Opffer/ zu Nutzen kommen/ niemahls erforschen können; iedoch sey ihm bekannt/ daß/ nach altem Religions-Gebrauch/ die Vorsehung gethan worden das Opffer nicht zu essen/ worüber ein Eyd geschworen worden. Dieses bezeuget Homerus/ wann er saget/ daß der Eber/ über welchem Agamemnon einen Eyd geschworen/ daß er die Briseis nicht berührt habe/ vom Talthybius/ deß Agamemnons Kriegs-Herolden/ ins Meer geworffen worden. Fast eben eine solche Gewonheit hatten auch die Römer/

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0115" xml:id="pb-1404" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 55"/><cb/>
That ist: da hingegen/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-343 http://d-nb.info/gnd/118595237 http://viaf.org/viaf/32140876">Plutarchus</persName> schreibet/ das Meer-Pferd dermassen ungerecht und boßhafftig seyn solle/ daß es sich nicht scheuet mit Gewalt sich wider seinen eignen Vatter aufzulehnen/ und denselben umbzubringen/ damit es hernach desto freyer sich mit der Mutter begatten könne.</p>
          <p>Bey eben diesem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-343 http://d-nb.info/gnd/118595237 http://viaf.org/viaf/32140876">Plutarchus</persName> lieset man/ daß zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1630">Thebe</placeName> einige Statuen gezeiget würden/ die keine Hände haben/ und die Richter bedeuten/ weil selbige ohne Hände seyn/ das ist/ Geschenck und Gaben anzunehmen sich nicht gelüsten lassen sollen/ zumahln sie dardurch bestochen/ den Unschuldigen Unrecht thun/ oder die Sache dem Unwürdigen zusprechen möchten. Unter diesen war auch eine Bildnus der Augen beraubt/ welche den Fürsten/ der über die Gerichte gesetzt ist/ andeutete; weil derselbe von allen Gemühts-Affecten/ als Haß/ Liebe und dergleichen/ allerdings befreyet seyn/ ohne Ansehung der Person/ bloß auf das gehen was gerecht ist/ und allen ohne Unterscheid die Gerechtigkeit mitzutheilen beflissen seyn solle: welches Ampt einem König und Fürsten/ und nicht allein denenjenigen/ welchen eine Oberkeitliche Verwaltung anbefohlen ist/ obligt/ als die nach dem Gesetz der Natur ihr Ampt nach der Gerechtigkeit zu verwalten gehalten sind/ und dasselbe zu thun sich mit einem Eyd verbunden haben. Dafern sie nun solches nicht thun/ dörffen sie sich anders nicht einbilden/ als daß sie vom höchsten <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">GOTT</persName>/ als einem Rächer deß Meineyds/ unfehlbar werden gestrafft werden; wie dann die Alten solches durch einige Statuen gleichfalls schicklich vorgebildet: Bey den Eleern war eine/ die denen Untreuen und Meineidigen mit grossem Schrecken anzusehen war/ dieweil sie den Donnerkeil mit beyden Händen hielte/ als ob sie die Meineydigen abzustraffen alle Augenblick bereit wäre.</p>
          <p>So schreibet auch <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-112 http://d-nb.info/gnd/118650130 http://viaf.org/viaf/7524651">Aristoteles</persName>/ im Buch von den Wunderdingen/ und von der Straffe der Meineydigen/ daß ein Brunn in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-618 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=6003016">Cappadocien</placeName> bey <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1373 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7002416">Tyana</placeName>/ einer Haupt-Stadt selbiger Landschafft/ gewesen/ welcher ein überaus <note xml:id="n1404.1" place="right">Wunderbrunn wider die Meineydigen.</note> kaltes Wasser gehabt/ so iedoch allezeit geschienen/ als ob es siede: und dafern einer dahin geführt worden/ den man in Verdacht gehabt/ als ob er falsch geschworen hätte/ sey das Wasser/ wann er nämlich die Warheit gesagt/ langsam hervorgeqwollen; im Fall er aber einen Meineyd begangen/ gantz trüb herausgestrudelt/ und habe ihn im Gesicht/ Händen und Füssen bespritzet/ gleich als ob es ihn deß Meineyds halber gebührlich abstraffen wollen/ habe auch wider ihn zu toben nicht ehe nachgelassen/ biß er seine Schuld bekannt/ und derselben wegen umb Verzeihung geflehet; dafern er aber auf der Lügen beharret/ habe er von Stund an entweder die Wassersucht bekommen/ oder
<cb/>
aber es sey ihm eine grosse Menge Eyter aus dem Munde hervorgebrochen; dannenher man solchen Brunnen des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiters</persName> Meineyds-Brunn zu nennen pflegen.</p>
          <p>Es erzehlet <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> in <hi rendition="#aq">Corinthiacis,</hi> daß zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-33 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7010734">Corinthen</placeName> innerhalb deß <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1444"><hi rendition="#aq">Neptuni</hi> Tempels</placeName> Kirchhoffe/ deß <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1445"><hi rendition="#aq">Portuni</hi> Capelle</placeName>  gestanden/ in welcher eine Celle gewesen/ darein man unter der Erden gehen müssen/ allda/ dem Vorgeben nach/ der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3159">Portunus</persName> sich aufhielte/ und im Fall einer aus den Einheimischen oder Frembdlingen daselbst fälschlich geschworen/ habe er der Straffe deß Meineyds daraus auf keinerley Weise entfliehen <note xml:id="n1404.2" place="right">Der Eleer Gebrauch im Eyd, schwören.</note> mögen. Die Eleer pflegten/ wann sie schwören wolten/ zu dem Altar ihres Schutz-Gottes <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3427">Sosipolis</persName> zu tretten/ und zwar mit höchster Devotion und Andacht; Die Ceremonien/ so sie darbey gehalten/ erzehlet <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName>. Und eben dieser erwähnet auch in den <hi rendition="#aq">Eliacis prioribus</hi> der Gewonheit/ deren die Alten sich im Schwören in den Olympischen Spielen gebraucht/ dahin die Menschen/ entweder das Wettlauffen/ oder mit dem Dolchen fechten/ oder das Ringen/ oder andere dergleichen Spiele anzuschauen/ von allen Orten zulieffen/ da dänn die jenige/ so den Sieg darvon <note xml:id="n1404.3" place="right">Gebrauch zu schwören.</note> trugen/ die höchste Ehre erlangten; dannenhero sie/ auf gut Trauen und Glauben/ ohne allen Betrug handeln musten. Solches gienge nun also zu: Alle Fechter oder Ringer/ deren Eltern/ Brüder/ und Kampffplatz-Herren musten über den ausgeschnittenen Hoden einer Sau/ mit sonderbar-abgefassten Worten schwören/ daß sie keinen Betrug brauchen wolten/ die Olympischen Spiele auszuführen. Die Kämpffer oder Fechter selbsten musten noch überdieß schwören/ daß sie zehen gantzer Monat über dem bevorstehenden Kampff sich geübt hätten. Ausser diesen schwuren auch die jenige/ so über die im Kampff aufgeführte Menschen oder Pferde-Füllen das Urtheil fällen solten/ daß sie deß Urtheils halber kein Geld genommen/ auch hinführo nicht nehmen/ noch weniger aber dem gemeinen Manne eröffnen wolten/ wordurch sie bewogen worden einen zu loben oder zu tadelen. Weil aber dieses eine Art eines Opffers war/ worinn man das Opffer-Fleisch/ nach Verrichtung deß heiligen Wercks/ zu essen pflegte/ setzet eben dieser <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> noch hinzu/ daß er/ wem die Sau/ nach vollbrachtem Opffer/ zu Nutzen kommen/ niemahls erforschen können; iedoch sey ihm bekannt/ daß/ nach altem Religions-Gebrauch/ die Vorsehung gethan worden das Opffer nicht zu essen/ worüber ein Eyd geschworen worden. Dieses bezeuget <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-109 http://d-nb.info/gnd/11855333X http://viaf.org/viaf/63292865">Homerus</persName>/ wann er saget/ daß der Eber/ über welchem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-487 http://d-nb.info/gnd/119059738 http://viaf.org/viaf/45103428">Agamemnon</persName> einen Eyd geschworen/ daß er die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3428 http://d-nb.info/gnd/124566685 http://viaf.org/viaf/25539929">Briseis</persName> nicht berührt habe/ vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3429">Talthybius</persName>/ deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-487 http://d-nb.info/gnd/119059738 http://viaf.org/viaf/45103428">Agamemnons</persName> Kriegs-Herolden/ ins Meer geworffen worden. Fast eben eine solche Gewonheit hatten auch die Römer/
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 55/0115] That ist: da hingegen/ wie Plutarchus schreibet/ das Meer-Pferd dermassen ungerecht und boßhafftig seyn solle/ daß es sich nicht scheuet mit Gewalt sich wider seinen eignen Vatter aufzulehnen/ und denselben umbzubringen/ damit es hernach desto freyer sich mit der Mutter begatten könne. Bey eben diesem Plutarchus lieset man/ daß zu Thebe einige Statuen gezeiget würden/ die keine Hände haben/ und die Richter bedeuten/ weil selbige ohne Hände seyn/ das ist/ Geschenck und Gaben anzunehmen sich nicht gelüsten lassen sollen/ zumahln sie dardurch bestochen/ den Unschuldigen Unrecht thun/ oder die Sache dem Unwürdigen zusprechen möchten. Unter diesen war auch eine Bildnus der Augen beraubt/ welche den Fürsten/ der über die Gerichte gesetzt ist/ andeutete; weil derselbe von allen Gemühts-Affecten/ als Haß/ Liebe und dergleichen/ allerdings befreyet seyn/ ohne Ansehung der Person/ bloß auf das gehen was gerecht ist/ und allen ohne Unterscheid die Gerechtigkeit mitzutheilen beflissen seyn solle: welches Ampt einem König und Fürsten/ und nicht allein denenjenigen/ welchen eine Oberkeitliche Verwaltung anbefohlen ist/ obligt/ als die nach dem Gesetz der Natur ihr Ampt nach der Gerechtigkeit zu verwalten gehalten sind/ und dasselbe zu thun sich mit einem Eyd verbunden haben. Dafern sie nun solches nicht thun/ dörffen sie sich anders nicht einbilden/ als daß sie vom höchsten GOTT/ als einem Rächer deß Meineyds/ unfehlbar werden gestrafft werden; wie dann die Alten solches durch einige Statuen gleichfalls schicklich vorgebildet: Bey den Eleern war eine/ die denen Untreuen und Meineidigen mit grossem Schrecken anzusehen war/ dieweil sie den Donnerkeil mit beyden Händen hielte/ als ob sie die Meineydigen abzustraffen alle Augenblick bereit wäre. So schreibet auch Aristoteles/ im Buch von den Wunderdingen/ und von der Straffe der Meineydigen/ daß ein Brunn in Cappadocien bey Tyana/ einer Haupt-Stadt selbiger Landschafft/ gewesen/ welcher ein überaus kaltes Wasser gehabt/ so iedoch allezeit geschienen/ als ob es siede: und dafern einer dahin geführt worden/ den man in Verdacht gehabt/ als ob er falsch geschworen hätte/ sey das Wasser/ wann er nämlich die Warheit gesagt/ langsam hervorgeqwollen; im Fall er aber einen Meineyd begangen/ gantz trüb herausgestrudelt/ und habe ihn im Gesicht/ Händen und Füssen bespritzet/ gleich als ob es ihn deß Meineyds halber gebührlich abstraffen wollen/ habe auch wider ihn zu toben nicht ehe nachgelassen/ biß er seine Schuld bekannt/ und derselben wegen umb Verzeihung geflehet; dafern er aber auf der Lügen beharret/ habe er von Stund an entweder die Wassersucht bekommen/ oder aber es sey ihm eine grosse Menge Eyter aus dem Munde hervorgebrochen; dannenher man solchen Brunnen des Jupiters Meineyds-Brunn zu nennen pflegen. Wunderbrunn wider die Meineydigen.Es erzehlet Pausanias in Corinthiacis, daß zu Corinthen innerhalb deß Neptuni Tempels Kirchhoffe/ deß Portuni Capelle gestanden/ in welcher eine Celle gewesen/ darein man unter der Erden gehen müssen/ allda/ dem Vorgeben nach/ der Portunus sich aufhielte/ und im Fall einer aus den Einheimischen oder Frembdlingen daselbst fälschlich geschworen/ habe er der Straffe deß Meineyds daraus auf keinerley Weise entfliehen mögen. Die Eleer pflegten/ wann sie schwören wolten/ zu dem Altar ihres Schutz-Gottes Sosipolis zu tretten/ und zwar mit höchster Devotion und Andacht; Die Ceremonien/ so sie darbey gehalten/ erzehlet Pausanias. Und eben dieser erwähnet auch in den Eliacis prioribus der Gewonheit/ deren die Alten sich im Schwören in den Olympischen Spielen gebraucht/ dahin die Menschen/ entweder das Wettlauffen/ oder mit dem Dolchen fechten/ oder das Ringen/ oder andere dergleichen Spiele anzuschauen/ von allen Orten zulieffen/ da dänn die jenige/ so den Sieg darvon trugen/ die höchste Ehre erlangten; dannenhero sie/ auf gut Trauen und Glauben/ ohne allen Betrug handeln musten. Solches gienge nun also zu: Alle Fechter oder Ringer/ deren Eltern/ Brüder/ und Kampffplatz-Herren musten über den ausgeschnittenen Hoden einer Sau/ mit sonderbar-abgefassten Worten schwören/ daß sie keinen Betrug brauchen wolten/ die Olympischen Spiele auszuführen. Die Kämpffer oder Fechter selbsten musten noch überdieß schwören/ daß sie zehen gantzer Monat über dem bevorstehenden Kampff sich geübt hätten. Ausser diesen schwuren auch die jenige/ so über die im Kampff aufgeführte Menschen oder Pferde-Füllen das Urtheil fällen solten/ daß sie deß Urtheils halber kein Geld genommen/ auch hinführo nicht nehmen/ noch weniger aber dem gemeinen Manne eröffnen wolten/ wordurch sie bewogen worden einen zu loben oder zu tadelen. Weil aber dieses eine Art eines Opffers war/ worinn man das Opffer-Fleisch/ nach Verrichtung deß heiligen Wercks/ zu essen pflegte/ setzet eben dieser Pausanias noch hinzu/ daß er/ wem die Sau/ nach vollbrachtem Opffer/ zu Nutzen kommen/ niemahls erforschen können; iedoch sey ihm bekannt/ daß/ nach altem Religions-Gebrauch/ die Vorsehung gethan worden das Opffer nicht zu essen/ worüber ein Eyd geschworen worden. Dieses bezeuget Homerus/ wann er saget/ daß der Eber/ über welchem Agamemnon einen Eyd geschworen/ daß er die Briseis nicht berührt habe/ vom Talthybius/ deß Agamemnons Kriegs-Herolden/ ins Meer geworffen worden. Fast eben eine solche Gewonheit hatten auch die Römer/ Der Eleer Gebrauch im Eyd, schwören. Gebrauch zu schwören.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/115
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/115>, abgerufen am 27.11.2024.