Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch] bewähret worden. ziemlich prächtig/ und im täglichen Umgange mit den Leuten etwas freymühtiger gemerckt/ war sie bey einigen in Verdacht gerahten/ als ob sie ihre Schamhafftigkeit nicht wohl beobachtet) ihre Hände zur Göttin aufgehaben/ und sie mit diesen Worten angeredet: Du weist sehr wohl/ daß ich ins gemein für unkeusch geachtet werde/ dahero bitte ich dich/ daß du/ wann ich dieses Lasters schuldig bin/ mich öffentlich straffest; dafern ich mich aber iederzeit rein und keusch gehalten habe/ so wollestu dich/ zu einem kundbaren Zeugnus dessen/ nicht weigern meiner keuschen Hand zu folgen. Nachdem sie dieses gesagt/ hat sie ihren Gürtel ans Schiff gebunden/ und dasselbe mit grosser Erstaunung aller Zuschauer/ ohne alle Mühe/ wohin sie gewollt/ fortgezogen. Dahero von selbiger Jungfrau nachgehends niemand das geringste wider ihren guten Leumund zu reden/ ja auch nicht zu gedencken/ sich erkühnen dörffen. Dieses hab ich beyzufügen der Mühe wol wehrt geachtet/ damit die jenigen/ so die Bildnus der Keuschheit und Schaamhafftigkeit ausdrücken wollen/ etwas haben/ wornach sie sich richten können: wiewohl es an viel und herrlichen Anweisungen/ die in diesem Buch hin und wieder mit beygefügt Bildnus der grossen Mutter. sind/ nicht ermangelt/ wornach man dieselbe leichtlich bilden kan. Dieser Göttin nach Rom gebrachtes Bildnus war in einem schwarzen Stein ausgegraben/ welches als es dahin kommen/ allwo der Almon sich in die Tiber ergeust/ ist es von dem Priester aus dem Schiff auf einen Wagen/ den zwey Kühe zogen/ gelegt/ und mit grossem Pracht/ und deß Volcks öffentlicher Freuden-Bezeugung in die Stadt gebracht und angenommen worden/ hiernächst wurde alle Jahr dieses Gepräng und Solennität wiederholt/ und der Gutsch-Wagen/ worauf man dieses Bild geführet/ ja/ auch das Bild selbst/ Priester und Schwerdter abgewaschen/ welches Ovidius mit folgenden Worten zu verstehen giebt: Est locus, in Tiberim, quo lubricus influit Almon, Etnomen magno perdit in amne minor. Illic purpurea canus cum veste Sa- cerdos Almonis dominam, sacraque lavit a- quis. Der Ort ists/ da Almon der Tieber sich ein-
[Spaltenumbruch]
führet/ und seinen Nam' als klein/ in grossem Fluß verlieret. Woselbst im grauen Haupt der Priester nach sich zescht den prächtgen Purpur-Rock/ und in den Almon wäscht die Frau/ und heiliges Geräht = = In diesem Gepränge giengen viel barfuß vor dem Wagen her/ die von dieser Göttin und ihrem Buhlen Atys die allerschändlichste Lieder sungen. Daher Augustinus lib. II. von der Stadt Gottes wider diese schändliche Ceremonien folgende Worte gebrauchet: Vor ihrem Wagen wurden/ an ihrem solennen Badfeste/ von den leichtfertigsten Personen/ solche Dinge gesungen/ dergleichen/ will nicht sagen der Mutter aller Götter/ sondern nur der Raht-Herren oder einiger aufrichtiger Männer/ ja auch einer öffentlichen Comoedianten-Mutter zu hören nicht geziemte. Herodianus bezeuget in Historia Commodi ein gleichmässiges/ wann er saget: Im Anfang deß Frühlings/ und an einem darzu bestimmten Tage/ hielten die Römer der Götter-Mutter eine öffentliche Procession/ allda sie allen ihren Reichthumb und Hausraht von allerley Materie und Kunst der Göttin vortrugen/ und war aller Orten iedwedem erlaubt zu spielen/ also daß sie sich vermummeten/ wie es einem ieden beliebig und gefällig war. Es sind auch von den Alten andere gewisse Feste/ Spiele und Opffer dieser Göttin zu Ehren angeordnet worden: weil sie aber zu unserm Vorhaben nichts zu dienen scheinen/ unterlassen wir Opffer der grossen Mutter. selbige hier zu berühren. Nur dieses wollen wir sagen/ daß man ihr allzeit eine SchweinsMutter geschlachtet/ dann weil dieses Thier auf einmahl sehr viel Junge zu werffen pfleget/ ahmet sie der Fruchtbarkeit der Erden gleichsam nach. Ovidius erzehlet/ daß man ihr/ als sie das erste mahl in Rom kommen/ eine junge wilde Kalbe aufgeopffert habe/ also daß die Römer vielleicht den Egyptern hierinnen nachgefolget/ welche/ wann sie durch ihre Hieroglyphische Buchstaben die Erde andeuten wollen/ einen jungen Ochsen oder Kuh (wie Macrobius schreibet) abgebildet. Die Erde wurde von den Teutschen für eine Göttin gehalten. Beym Tacitus lieset man/ daß einige teutsche Völcker der Mutter Erde göttliche Ehre erzeiget/ als welche den Menschen zu Nutz in allen Dingen gebraucht würde. Weil aber dieselbe (wie wir bereits oben gesagt) weder Tempel noch Bilder hatten/ verrichteten sie ihren Gottes-Dienst in einem Walde. Sie hatten einen Wagen mit Tüchern bedeckt/ welchen niemand/ ohne allein der Priester/ anrühren dorffte/ als der allein wüste/ daß die Göttin daselbst wäre: dannenher er niemahls von demselben zu weichen pflegte/ welchen ins gemein zwey Kühe durch dieselbige Landschafft zogen. Alsdann wurden die Feyer- oder Fest-Täge allen Einwohnern angekündet; man durffte mit keinen Waffen umgehen/ sondern es musten selbige alle verschlossen werden; das gantze Land hatte guten Frieden und Ruhe/ die Oerter aber/ durch welche die Göttin geführt worden/ pflegte man sehr heilig zu halten. Wann sie von der weiten Reise müde war/ oder ihr bey den Menschen nicht länger zu bleiben beliebte/ pflegten sie den Wagen/ worauf sie gefahren/ [Spaltenumbruch] bewähret worden. ziemlich prächtig/ und im täglichen Umgange mit den Leuten etwas freymühtiger gemerckt/ war sie bey einigen in Verdacht gerahten/ als ob sie ihre Schamhafftigkeit nicht wohl beobachtet) ihre Hände zur Göttin aufgehaben/ und sie mit diesen Worten angeredet: Du weist sehr wohl/ daß ich ins gemein für unkeusch geachtet werde/ dahero bitte ich dich/ daß du/ wann ich dieses Lasters schuldig bin/ mich öffentlich straffest; dafern ich mich aber iederzeit rein und keusch gehalten habe/ so wollestu dich/ zu einem kundbaren Zeugnus dessen/ nicht weigern meiner keuschen Hand zu folgen. Nachdem sie dieses gesagt/ hat sie ihren Gürtel ans Schiff gebunden/ und dasselbe mit grosser Erstaunung aller Zuschauer/ ohne alle Mühe/ wohin sie gewollt/ fortgezogen. Dahero von selbiger Jungfrau nachgehends niemand das geringste wider ihren guten Leumund zu reden/ ja auch nicht zu gedencken/ sich erkühnen dörffen. Dieses hab ich beyzufügen der Mühe wol wehrt geachtet/ damit die jenigen/ so die Bildnus der Keuschheit und Schaamhafftigkeit ausdrücken wollen/ etwas haben/ wornach sie sich richten können: wiewohl es an viel und herrlichen Anweisungen/ die in diesem Buch hin und wieder mit beygefügt Bildnus der grossen Mutter. sind/ nicht ermangelt/ wornach man dieselbe leichtlich bilden kan. Dieser Göttin nach Rom gebrachtes Bildnus war in einem schwarzen Stein ausgegraben/ welches als es dahin kommen/ allwo der Almon sich in die Tiber ergeust/ ist es von dem Priester aus dem Schiff auf einen Wagen/ den zwey Kühe zogen/ gelegt/ und mit grossem Pracht/ und deß Volcks öffentlicher Freuden-Bezeugung in die Stadt gebracht und angenommen worden/ hiernächst wurde alle Jahr dieses Gepräng und Solennität wiederholt/ und der Gutsch-Wagen/ worauf man dieses Bild geführet/ ja/ auch das Bild selbst/ Priester und Schwerdter abgewaschen/ welches Ovidius mit folgenden Worten zu verstehen giebt: Est locus, in Tiberim, quo lubricus influit Almon, Etnomen magno perdit in amne minor. Illic purpurea canus cum veste Sa- cerdos Almonis dominam, sacraque lavit a- quis. Der Ort ists/ da Almon der Tieber sich ein-
[Spaltenumbruch]
führet/ und seinen Nam’ als klein/ in grossem Fluß verlieret. Woselbst im grauen Haupt der Priester nach sich zescht den prächtgen Purpur-Rock/ und in den Almon wäscht die Frau/ und heiliges Geräht = = In diesem Gepränge giengen viel barfuß vor dem Wagen her/ die von dieser Göttin und ihrem Buhlen Atys die allerschändlichste Lieder sungen. Daher Augustinus lib. II. von der Stadt Gottes wider diese schändliche Ceremonien folgende Worte gebrauchet: Vor ihrem Wagen wurden/ an ihrem solennen Badfeste/ von den leichtfertigsten Personen/ solche Dinge gesungen/ dergleichen/ will nicht sagen der Mutter aller Götter/ sondern nur der Raht-Herren oder einiger aufrichtiger Männer/ ja auch einer öffentlichen Comoedianten-Mutter zu hören nicht geziemte. Herodianus bezeuget in Historia Commodi ein gleichmässiges/ wann er saget: Im Anfang deß Frühlings/ und an einem darzu bestimmten Tage/ hielten die Römer der Götter-Mutter eine öffentliche Procession/ allda sie allen ihren Reichthumb und Hausraht von allerley Materie und Kunst der Göttin vortrugen/ und war aller Orten iedwedem erlaubt zu spielen/ also daß sie sich vermummeten/ wie es einem ieden beliebig und gefällig war. Es sind auch von den Alten andere gewisse Feste/ Spiele und Opffer dieser Göttin zu Ehren angeordnet worden: weil sie aber zu unserm Vorhaben nichts zu dienen scheinen/ unterlassen wir Opffer der grossen Mutter. selbige hier zu berühren. Nur dieses wollen wir sagen/ daß man ihr allzeit eine SchweinsMutter geschlachtet/ dann weil dieses Thier auf einmahl sehr viel Junge zu werffen pfleget/ ahmet sie der Fruchtbarkeit der Erden gleichsam nach. Ovidius erzehlet/ daß man ihr/ als sie das erste mahl in Rom kommen/ eine junge wilde Kalbe aufgeopffert habe/ also daß die Römer vielleicht den Egyptern hierinnen nachgefolget/ welche/ wann sie durch ihre Hieroglyphische Buchstaben die Erde andeuten wollen/ einen jungen Ochsen oder Kuh (wie Macrobius schreibet) abgebildet. Die Erde wurde von den Teutschen für eine Göttin gehalten. Beym Tacitus lieset man/ daß einige teutsche Völcker der Mutter Erde göttliche Ehre erzeiget/ als welche den Menschen zu Nutz in allen Dingen gebraucht würde. Weil aber dieselbe (wie wir bereits oben gesagt) weder Tempel noch Bilder hatten/ verrichteten sie ihren Gottes-Dienst in einem Walde. Sie hatten einen Wagen mit Tüchern bedeckt/ welchen niemand/ ohne allein der Priester/ anrühren dorffte/ als der allein wüste/ daß die Göttin daselbst wäre: dannenher er niemahls von demselben zu weichen pflegte/ welchen ins gemein zwey Kühe durch dieselbige Landschafft zogen. Alsdann wurden die Feyer- oder Fest-Täge allen Einwohnern angekündet; man durffte mit keinen Waffen umgehen/ sondern es musten selbige alle verschlossen werden; das gantze Land hatte guten Frieden und Ruhe/ die Oerter aber/ durch welche die Göttin geführt worden/ pflegte man sehr heilig zu halten. 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Nachdem sie dieses gesagt/ hat sie ihren Gürtel ans Schiff gebunden/ und dasselbe mit grosser Erstaunung aller Zuschauer/ ohne alle Mühe/ wohin sie gewollt/ fortgezogen. Dahero von selbiger Jungfrau nachgehends niemand das geringste wider ihren guten Leumund zu reden/ ja auch nicht zu gedencken/ sich erkühnen dörffen. Dieses hab ich beyzufügen der Mühe wol wehrt geachtet/ damit die jenigen/ so die Bildnus der Keuschheit und Schaamhafftigkeit ausdrücken wollen/ etwas haben/ wornach sie sich richten können: wiewohl es an viel und herrlichen Anweisungen/ die in diesem Buch hin und wieder mit beygefügt <note xml:id="n1426.2" place="right">Bildnus der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3089">grossen Mutter</persName>.</note> sind/ nicht ermangelt/ wornach man dieselbe leichtlich bilden kan. 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Weil aber dieselbe (wie wir bereits oben gesagt) weder Tempel noch Bilder hatten/ verrichteten sie ihren Gottes-Dienst in einem Walde. Sie hatten einen Wagen mit Tüchern bedeckt/ welchen niemand/ ohne allein der Priester/ anrühren dorffte/ als der allein wüste/ daß die Göttin daselbst wäre: dannenher er niemahls von demselben zu weichen pflegte/ welchen ins gemein zwey Kühe durch dieselbige Landschafft zogen. Alsdann wurden die Feyer- oder Fest-Täge allen Einwohnern angekündet; man durffte mit keinen Waffen umgehen/ sondern es musten selbige alle verschlossen werden; das gantze Land hatte guten Frieden und Ruhe/ die Oerter aber/ durch welche die Göttin geführt worden/ pflegte man sehr heilig zu halten. Wann sie von der weiten Reise müde war/ oder ihr bey den Menschen nicht länger zu bleiben beliebte/ pflegten sie den Wagen/ worauf sie gefahren/ </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 75/0139]
ziemlich prächtig/ und im täglichen Umgange mit den Leuten etwas freymühtiger gemerckt/ war sie bey einigen in Verdacht gerahten/ als ob sie ihre Schamhafftigkeit nicht wohl beobachtet) ihre Hände zur Göttin aufgehaben/ und sie mit diesen Worten angeredet: Du weist sehr wohl/ daß ich ins gemein für unkeusch geachtet werde/ dahero bitte ich dich/ daß du/ wann ich dieses Lasters schuldig bin/ mich öffentlich straffest; dafern ich mich aber iederzeit rein und keusch gehalten habe/ so wollestu dich/ zu einem kundbaren Zeugnus dessen/ nicht weigern meiner keuschen Hand zu folgen. Nachdem sie dieses gesagt/ hat sie ihren Gürtel ans Schiff gebunden/ und dasselbe mit grosser Erstaunung aller Zuschauer/ ohne alle Mühe/ wohin sie gewollt/ fortgezogen. Dahero von selbiger Jungfrau nachgehends niemand das geringste wider ihren guten Leumund zu reden/ ja auch nicht zu gedencken/ sich erkühnen dörffen. Dieses hab ich beyzufügen der Mühe wol wehrt geachtet/ damit die jenigen/ so die Bildnus der Keuschheit und Schaamhafftigkeit ausdrücken wollen/ etwas haben/ wornach sie sich richten können: wiewohl es an viel und herrlichen Anweisungen/ die in diesem Buch hin und wieder mit beygefügt sind/ nicht ermangelt/ wornach man dieselbe leichtlich bilden kan. Dieser Göttin nach Rom gebrachtes Bildnus war in einem schwarzen Stein ausgegraben/ welches als es dahin kommen/ allwo der Almon sich in die Tiber ergeust/ ist es von dem Priester aus dem Schiff auf einen Wagen/ den zwey Kühe zogen/ gelegt/ und mit grossem Pracht/ und deß Volcks öffentlicher Freuden-Bezeugung in die Stadt gebracht und angenommen worden/ hiernächst wurde alle Jahr dieses Gepräng und Solennität wiederholt/ und der Gutsch-Wagen/ worauf man dieses Bild geführet/ ja/ auch das Bild selbst/ Priester und Schwerdter abgewaschen/ welches Ovidius mit folgenden Worten zu verstehen giebt:
bewähret worden.
Bildnus der grossen Mutter. Est locus, in Tiberim, quo lubricus
influit Almon,
Etnomen magno perdit in amne
minor.
Illic purpurea canus cum veste Sa-
cerdos
Almonis dominam, sacraque lavit a-
quis.
Der Ort ists/ da Almon der Tieber sich ein-
führet/
und seinen Nam’ als klein/ in grossem Fluß
verlieret.
Woselbst im grauen Haupt der Priester
nach sich zescht
den prächtgen Purpur-Rock/ und in den
Almon wäscht
die Frau/ und heiliges Geräht = =
In diesem Gepränge giengen viel barfuß vor dem Wagen her/ die von dieser Göttin und ihrem Buhlen Atys die allerschändlichste Lieder sungen. Daher Augustinus lib. II. von der Stadt Gottes wider diese schändliche Ceremonien folgende Worte gebrauchet: Vor ihrem Wagen wurden/ an ihrem solennen Badfeste/ von den leichtfertigsten Personen/ solche Dinge gesungen/ dergleichen/ will nicht sagen der Mutter aller Götter/ sondern nur der Raht-Herren oder einiger aufrichtiger Männer/ ja auch einer öffentlichen Comoedianten-Mutter zu hören nicht geziemte. Herodianus bezeuget in Historia Commodi ein gleichmässiges/ wann er saget: Im Anfang deß Frühlings/ und an einem darzu bestimmten Tage/ hielten die Römer der Götter-Mutter eine öffentliche Procession/ allda sie allen ihren Reichthumb und Hausraht von allerley Materie und Kunst der Göttin vortrugen/ und war aller Orten iedwedem erlaubt zu spielen/ also daß sie sich vermummeten/ wie es einem ieden beliebig und gefällig war. Es sind auch von den Alten andere gewisse Feste/ Spiele und Opffer dieser Göttin zu Ehren angeordnet worden: weil sie aber zu unserm Vorhaben nichts zu dienen scheinen/ unterlassen wir selbige hier zu berühren. Nur dieses wollen wir sagen/ daß man ihr allzeit eine SchweinsMutter geschlachtet/ dann weil dieses Thier auf einmahl sehr viel Junge zu werffen pfleget/ ahmet sie der Fruchtbarkeit der Erden gleichsam nach. Ovidius erzehlet/ daß man ihr/ als sie das erste mahl in Rom kommen/ eine junge wilde Kalbe aufgeopffert habe/ also daß die Römer vielleicht den Egyptern hierinnen nachgefolget/ welche/ wann sie durch ihre Hieroglyphische Buchstaben die Erde andeuten wollen/ einen jungen Ochsen oder Kuh (wie Macrobius schreibet) abgebildet.
Opffer der grossen Mutter. Beym Tacitus lieset man/ daß einige teutsche Völcker der Mutter Erde göttliche Ehre erzeiget/ als welche den Menschen zu Nutz in allen Dingen gebraucht würde. Weil aber dieselbe (wie wir bereits oben gesagt) weder Tempel noch Bilder hatten/ verrichteten sie ihren Gottes-Dienst in einem Walde. Sie hatten einen Wagen mit Tüchern bedeckt/ welchen niemand/ ohne allein der Priester/ anrühren dorffte/ als der allein wüste/ daß die Göttin daselbst wäre: dannenher er niemahls von demselben zu weichen pflegte/ welchen ins gemein zwey Kühe durch dieselbige Landschafft zogen. Alsdann wurden die Feyer- oder Fest-Täge allen Einwohnern angekündet; man durffte mit keinen Waffen umgehen/ sondern es musten selbige alle verschlossen werden; das gantze Land hatte guten Frieden und Ruhe/ die Oerter aber/ durch welche die Göttin geführt worden/ pflegte man sehr heilig zu halten. Wann sie von der weiten Reise müde war/ oder ihr bey den Menschen nicht länger zu bleiben beliebte/ pflegten sie den Wagen/ worauf sie gefahren/
Die Erde wurde von den Teutschen für eine Göttin gehalten.
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