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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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Den Furien werden wir nicht unfüglich Harpyjen. die Harpyjen zuordnen/ weil auch diese vor Alters von den Göttern/ der Menschen Boßheit zu straffen/ gesandt zu werden geglaubet wurden. Ihr Wohnungs-Platz war in der Hölle; wiewohl Virgilius will/ daß sie in den Strophadischen Insuln/ so in Jonien sind/ ihren Aufenthalt gehabt haben. Jedoch achte ich/ in Vorstellung derer Bildnus/ wenig daran gelegen zu seyn/ wo sie sich aufgehalten. Werden vom Virgilius beschrieben. Also aber werden sie vom Virgilius lib. III. Aeneid.beschrieben:

Virginei volucrum vultus, foedissi-
ma ventris

Proluvies uncaeque manus, & pal-
lida semper

Ora fame.
Die Vögel sehen aus gar Jungfräulich
und reine/

sehr häßlich aber ist der Bauch und ihre
Beine;

Sie haben krumme Händ und scharffe
Klauen dran;

sehn bleich für Hungers-Grimm/ den kei-
ner stillen kan.

Vom Dantes abgebildet. Dantes hat sie/ nach deß Virgilius Entwurff/ also abgebildet:

Haec loca monstra colunt Harpyiae
pessima,quondam

Quae Strophadis a se pulsos Troas ce-
cinere

Tibridis ad ripas vexatum iri fame
dira.

Virginei volucrum vultus, collum-
que, capillique,

Immanis venter plumis contectus,
acerbos

Dant gemitus ramis haerentes arbo-
ris altae.

Die ungeheure Thier/ so man Harpy-
jen
nennt/

bewohnen diesen Ort/ und als da ange-
ländt

das Volk von Troja war/ so wurde es ver-
trieben

hin auf die Strophaden/ wo es nicht lang
geblieben/

auch/ was für Hungers-Noht sie würd'
am Tieberstrand

betreffen/ vorgesagt. Sie machen sich
bekandt.

in weiblicher Gestalt/ dem Antlitz nach und
Haaren/

so weit auch geht der Halß; mit Federn sie
verwahren

[Spaltenumbruch] (weil damit die Natur versehen sie) den
Bauch/

der ungeheuer-groß/ greßlich zu sehen
auch.

Auf hohe Bäume sie sich pflegen offt zu
schwingen/

und ihre Klage da erbärmlich vorzubrin-
gen.

Ovidius im 6. Buch Fastorum ist der Meinung Strix. es seyen von den Harpyjen die Striges oder Unholden entsprossen/ welche er also beschreibet:

Grande caput, stantes oculi, rostra
apta rapinis,

Canicies pennis, unguibus hamus
inest.

Nocte volant, puerosque petunt
nutricis egentes,

Et vitiant cunis corpora rapta
suis.

Carpere dicuntur lactentia viscera
rostro:

Et plenum poto sanguine guttur
habent.

Es ist der Kopff sehr groß/ die Augen
starr/ und steiff

der Schnabel auf die Beut/ die Klauen
auf das rauben

mit Hacken ausgerüst/ sind graulecht an-
zuschauen/

auf Kinder geht deß Nachts ihr unver-
sehner Streiff.

Wann sie die Wärterin nicht hat in gu-
ter Hut/

so sind sie sicher nicht vor ihnen in der Wie-
gen/

und müssen lernen so/ eh sie noch gehen/ flie-
gen/

der Kropff steckt immer voll von neuge-
soffnem Blut.

Statius dichtet von ihnen/ daß sie in der Höllen geboren seyen/ und eignet ihnen Angesichter/ Hälse/ weibliche Brüste/ wie auch/ daß ihnen Schlangen vom Haupte herab in das Gesichte kriechen/ zu: meldet darneben/ daß sie/ bey nächtlicher Weile/ durch die Häuser streichen/ und den Kindern das Blut aussaugen. Dannenhero die Alten die Göttin Carna oder Cardinea/ von welcher wir droben geredt/ mit Opffern zu versöhnen pflegten/ umb dieses Ubel von ihnen abzuwenden. Plinius hält im XI.Buch es für ein eiteles Gedicht/ daß die Striges oder Melck-Hexen den Kindern an den Wartzen saugen sollen; und meldet dabey/ daß der Name Strix bey den Alten sehr verhaßt gewesen/ und vor vermaledeyet gehalten worden/ wie wir auch noch heut zu Tage die Zauberinnen mit diesem Namen zu

[Spaltenumbruch]

Den Furien werden wir nicht unfüglich Harpyjen. die Harpyjen zuordnen/ weil auch diese vor Alters von den Göttern/ der Menschen Boßheit zu straffen/ gesandt zu werden geglaubet wurden. Ihr Wohnungs-Platz war in der Hölle; wiewohl Virgilius will/ daß sie in den Strophadischen Insuln/ so in Jonien sind/ ihren Aufenthalt gehabt haben. Jedoch achte ich/ in Vorstellung derer Bildnus/ wenig daran gelegen zu seyn/ wo sie sich aufgehalten. Werden vom Virgilius beschrieben. Also aber werden sie vom Virgilius lib. III. Aeneid.beschrieben:

Virginei volucrum vultus, foedissi-
ma ventris

Proluvies uncaeque manus, & pal-
lida semper

Ora fame.
Die Vögel sehen aus gar Jungfräulich
und reine/

sehr häßlich aber ist der Bauch und ihre
Beine;

Sie haben krumme Händ und scharffe
Klauen dran;

sehn bleich für Hungers-Grimm/ den kei-
ner stillen kan.

Vom Dantes abgebildet. Dantes hat sie/ nach deß Virgilius Entwurff/ also abgebildet:

Haec loca monstra colunt Harpyiae
pessima,quondam

Quae Strophadis a se pulsos Troas ce-
cinere

Tibridis ad ripas vexatum iri fame
dira.

Virginei volucrum vultus, collum-
que, capillique,

Immanis venter plumis contectus,
acerbos

Dant gemitus ramis haerentes arbo-
ris altae.

Die ungeheure Thier/ so man Harpy-
jen
nennt/

bewohnen diesen Ort/ und als da ange-
ländt

das Volk von Troja war/ so wurde es ver-
trieben

hin auf die Strophaden/ wo es nicht lang
geblieben/

auch/ was für Hungers-Noht sie würd’
am Tieberstrand

betreffen/ vorgesagt. Sie machen sich
bekandt.

in weiblicher Gestalt/ dem Antlitz nach und
Haaren/

so weit auch geht der Halß; mit Federn sie
verwahren

[Spaltenumbruch] (weil damit die Natur versehen sie) den
Bauch/

der ungeheuer-groß/ greßlich zu sehen
auch.

Auf hohe Bäume sie sich pflegen offt zu
schwingen/

und ihre Klage da erbärmlich vorzubrin-
gen.

Ovidius im 6. Buch Fastorum ist der Meinung Strix. es seyen von den Harpyjen die Striges oder Unholden entsprossen/ welche er also beschreibet:

Grande caput, stantes oculi, rostra
apta rapinis,

Canicies pennis, unguibus hamus
inest.

Nocte volant, puerosque petunt
nutricis egentes,

Et vitiant cunis corpora rapta
suis.

Carpere dicuntur lactentia viscera
rostro:

Et plenum poto sanguine guttur
habent.

Es ist der Kopff sehr groß/ die Augen
starr/ und steiff

der Schnabel auf die Beut/ die Klauen
auf das rauben

mit Hacken ausgerüst/ sind graulecht an-
zuschauen/

auf Kinder geht deß Nachts ihr unver-
sehner Streiff.

Wann sie die Wärterin nicht hat in gu-
ter Hut/

so sind sie sicher nicht vor ihnen in der Wie-
gen/

und müssen lernen so/ eh sie noch gehen/ flie-
gen/

der Kropff steckt immer voll von neuge-
soffnem Blut.

Statius dichtet von ihnen/ daß sie in der Höllen geboren seyen/ und eignet ihnen Angesichter/ Hälse/ weibliche Brüste/ wie auch/ daß ihnen Schlangen vom Haupte herab in das Gesichte kriechen/ zu: meldet darneben/ daß sie/ bey nächtlicher Weile/ durch die Häuser streichen/ und den Kindern das Blut aussaugen. Dannenhero die Alten die Göttin Carna oder Cardinea/ von welcher wir droben geredt/ mit Opffern zu versöhnen pflegten/ umb dieses Ubel von ihnen abzuwenden. Plinius hält im XI.Buch es für ein eiteles Gedicht/ daß die Striges oder Melck-Hexen den Kindern an den Wartzen saugen sollen; und meldet dabey/ daß der Name Strix bey den Alten sehr verhaßt gewesen/ und vor vermaledeyet gehalten worden/ wie wir auch noch heut zu Tage die Zauberinnen mit diesem Namen zu

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 105/0177] Den Furien werden wir nicht unfüglich die Harpyjen zuordnen/ weil auch diese vor Alters von den Göttern/ der Menschen Boßheit zu straffen/ gesandt zu werden geglaubet wurden. Ihr Wohnungs-Platz war in der Hölle; wiewohl Virgilius will/ daß sie in den Strophadischen Insuln/ so in Jonien sind/ ihren Aufenthalt gehabt haben. Jedoch achte ich/ in Vorstellung derer Bildnus/ wenig daran gelegen zu seyn/ wo sie sich aufgehalten. Also aber werden sie vom Virgilius lib. III. Aeneid.beschrieben: Harpyjen. Werden vom Virgilius beschrieben. Virginei volucrum vultus, foedissi- ma ventris Proluvies uncaeque manus, & pal- lida semper Ora fame. Die Vögel sehen aus gar Jungfräulich und reine/ sehr häßlich aber ist der Bauch und ihre Beine; Sie haben krumme Händ und scharffe Klauen dran; sehn bleich für Hungers-Grimm/ den kei- ner stillen kan. Dantes hat sie/ nach deß Virgilius Entwurff/ also abgebildet: Vom Dantes abgebildet. Haec loca monstra colunt Harpyiae pessima,quondam Quae Strophadis a se pulsos Troas ce- cinere Tibridis ad ripas vexatum iri fame dira. Virginei volucrum vultus, collum- que, capillique, Immanis venter plumis contectus, acerbos Dant gemitus ramis haerentes arbo- ris altae. Die ungeheure Thier/ so man Harpy- jen nennt/ bewohnen diesen Ort/ und als da ange- ländt das Volk von Troja war/ so wurde es ver- trieben hin auf die Strophaden/ wo es nicht lang geblieben/ auch/ was für Hungers-Noht sie würd’ am Tieberstrand betreffen/ vorgesagt. Sie machen sich bekandt. in weiblicher Gestalt/ dem Antlitz nach und Haaren/ so weit auch geht der Halß; mit Federn sie verwahren (weil damit die Natur versehen sie) den Bauch/ der ungeheuer-groß/ greßlich zu sehen auch. Auf hohe Bäume sie sich pflegen offt zu schwingen/ und ihre Klage da erbärmlich vorzubrin- gen. Ovidius im 6. Buch Fastorum ist der Meinung es seyen von den Harpyjen die Striges oder Unholden entsprossen/ welche er also beschreibet: Strix. Grande caput, stantes oculi, rostra apta rapinis, Canicies pennis, unguibus hamus inest. Nocte volant, puerosque petunt nutricis egentes, Et vitiant cunis corpora rapta suis. Carpere dicuntur lactentia viscera rostro: Et plenum poto sanguine guttur habent. Es ist der Kopff sehr groß/ die Augen starr/ und steiff der Schnabel auf die Beut/ die Klauen auf das rauben mit Hacken ausgerüst/ sind graulecht an- zuschauen/ auf Kinder geht deß Nachts ihr unver- sehner Streiff. Wann sie die Wärterin nicht hat in gu- ter Hut/ so sind sie sicher nicht vor ihnen in der Wie- gen/ und müssen lernen so/ eh sie noch gehen/ flie- gen/ der Kropff steckt immer voll von neuge- soffnem Blut. Statius dichtet von ihnen/ daß sie in der Höllen geboren seyen/ und eignet ihnen Angesichter/ Hälse/ weibliche Brüste/ wie auch/ daß ihnen Schlangen vom Haupte herab in das Gesichte kriechen/ zu: meldet darneben/ daß sie/ bey nächtlicher Weile/ durch die Häuser streichen/ und den Kindern das Blut aussaugen. Dannenhero die Alten die Göttin Carna oder Cardinea/ von welcher wir droben geredt/ mit Opffern zu versöhnen pflegten/ umb dieses Ubel von ihnen abzuwenden. Plinius hält im XI.Buch es für ein eiteles Gedicht/ daß die Striges oder Melck-Hexen den Kindern an den Wartzen saugen sollen; und meldet dabey/ daß der Name Strix bey den Alten sehr verhaßt gewesen/ und vor vermaledeyet gehalten worden/ wie wir auch noch heut zu Tage die Zauberinnen mit diesem Namen zu

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/177>, abgerufen am 21.11.2024.