Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch]
Den Furien werden wir nicht unfüglich Harpyjen. die Harpyjen zuordnen/ weil auch diese vor Alters von den Göttern/ der Menschen Boßheit zu straffen/ gesandt zu werden geglaubet wurden. Ihr Wohnungs-Platz war in der Hölle; wiewohl Virgilius will/ daß sie in den Strophadischen Insuln/ so in Jonien sind/ ihren Aufenthalt gehabt haben. Jedoch achte ich/ in Vorstellung derer Bildnus/ wenig daran gelegen zu seyn/ wo sie sich aufgehalten. Werden vom Virgilius beschrieben. Also aber werden sie vom Virgilius lib. III. Aeneid.beschrieben: Virginei volucrum vultus, foedissi- ma ventris Proluvies uncaeque manus, & pal- lida semper Ora fame. Die Vögel sehen aus gar Jungfräulich und reine/ sehr häßlich aber ist der Bauch und ihre Beine; Sie haben krumme Händ und scharffe Klauen dran; sehn bleich für Hungers-Grimm/ den kei- ner stillen kan. Vom Dantes abgebildet. Dantes hat sie/ nach deß Virgilius Entwurff/ also abgebildet: Haec loca monstra colunt Harpyiae pessima,quondam Quae Strophadis a se pulsos Troas ce- cinere Tibridis ad ripas vexatum iri fame dira. Virginei volucrum vultus, collum- que, capillique, Immanis venter plumis contectus, acerbos Dant gemitus ramis haerentes arbo- ris altae. Die ungeheure Thier/ so man Harpy- jen nennt/ bewohnen diesen Ort/ und als da ange- ländt das Volk von Troja war/ so wurde es ver- trieben hin auf die Strophaden/ wo es nicht lang geblieben/ auch/ was für Hungers-Noht sie würd' am Tieberstrand betreffen/ vorgesagt. Sie machen sich bekandt. in weiblicher Gestalt/ dem Antlitz nach und Haaren/ so weit auch geht der Halß; mit Federn sie verwahren [Spaltenumbruch] (weil damit die Natur versehen sie) den Bauch/ der ungeheuer-groß/ greßlich zu sehen auch. Auf hohe Bäume sie sich pflegen offt zu schwingen/ und ihre Klage da erbärmlich vorzubrin- gen. Ovidius im 6. Buch Fastorum ist der Meinung Strix. es seyen von den Harpyjen die Striges oder Unholden entsprossen/ welche er also beschreibet: Grande caput, stantes oculi, rostra apta rapinis, Canicies pennis, unguibus hamus inest. Nocte volant, puerosque petunt nutricis egentes, Et vitiant cunis corpora rapta suis. Carpere dicuntur lactentia viscera rostro: Et plenum poto sanguine guttur habent. Es ist der Kopff sehr groß/ die Augen starr/ und steiff der Schnabel auf die Beut/ die Klauen auf das rauben mit Hacken ausgerüst/ sind graulecht an- zuschauen/ auf Kinder geht deß Nachts ihr unver- sehner Streiff. Wann sie die Wärterin nicht hat in gu- ter Hut/ so sind sie sicher nicht vor ihnen in der Wie- gen/ und müssen lernen so/ eh sie noch gehen/ flie- gen/ der Kropff steckt immer voll von neuge- soffnem Blut. Statius dichtet von ihnen/ daß sie in der Höllen geboren seyen/ und eignet ihnen Angesichter/ Hälse/ weibliche Brüste/ wie auch/ daß ihnen Schlangen vom Haupte herab in das Gesichte kriechen/ zu: meldet darneben/ daß sie/ bey nächtlicher Weile/ durch die Häuser streichen/ und den Kindern das Blut aussaugen. Dannenhero die Alten die Göttin Carna oder Cardinea/ von welcher wir droben geredt/ mit Opffern zu versöhnen pflegten/ umb dieses Ubel von ihnen abzuwenden. Plinius hält im XI.Buch es für ein eiteles Gedicht/ daß die Striges oder Melck-Hexen den Kindern an den Wartzen saugen sollen; und meldet dabey/ daß der Name Strix bey den Alten sehr verhaßt gewesen/ und vor vermaledeyet gehalten worden/ wie wir auch noch heut zu Tage die Zauberinnen mit diesem Namen zu [Spaltenumbruch]
Den Furien werden wir nicht unfüglich Harpyjen. die Harpyjen zuordnen/ weil auch diese vor Alters von den Göttern/ der Menschen Boßheit zu straffen/ gesandt zu werden geglaubet wurden. Ihr Wohnungs-Platz war in der Hölle; wiewohl Virgilius will/ daß sie in den Strophadischen Insuln/ so in Jonien sind/ ihren Aufenthalt gehabt haben. Jedoch achte ich/ in Vorstellung derer Bildnus/ wenig daran gelegen zu seyn/ wo sie sich aufgehalten. Werden vom Virgilius beschrieben. Also aber werden sie vom Virgilius lib. III. Aeneid.beschrieben: Virginei volucrum vultus, foedissi- ma ventris Proluvies uncaeque manus, & pal- lida semper Ora fame. Die Vögel sehen aus gar Jungfräulich und reine/ sehr häßlich aber ist der Bauch und ihre Beine; Sie haben krumme Händ und scharffe Klauen dran; sehn bleich für Hungers-Grimm/ den kei- ner stillen kan. Vom Dantes abgebildet. Dantes hat sie/ nach deß Virgilius Entwurff/ also abgebildet: Haec loca monstra colunt Harpyiae pessima,quondam Quae Strophadis a se pulsos Troas ce- cinere Tibridis ad ripas vexatum iri fame dira. Virginei volucrum vultus, collum- que, capillique, Immanis venter plumis contectus, acerbos Dant gemitus ramis haerentes arbo- ris altae. Die ungeheure Thier/ so man Harpy- jen nennt/ bewohnen diesen Ort/ und als da ange- ländt das Volk von Troja war/ so wurde es ver- trieben hin auf die Strophaden/ wo es nicht lang geblieben/ auch/ was für Hungers-Noht sie würd’ am Tieberstrand betreffen/ vorgesagt. Sie machen sich bekandt. in weiblicher Gestalt/ dem Antlitz nach und Haaren/ so weit auch geht der Halß; mit Federn sie verwahren [Spaltenumbruch] (weil damit die Natur versehen sie) den Bauch/ der ungeheuer-groß/ greßlich zu sehen auch. Auf hohe Bäume sie sich pflegen offt zu schwingen/ und ihre Klage da erbärmlich vorzubrin- gen. Ovidius im 6. Buch Fastorum ist der Meinung Strix. es seyen von den Harpyjen die Striges oder Unholden entsprossen/ welche er also beschreibet: Grande caput, stantes oculi, rostra apta rapinis, Canicies pennis, unguibus hamus inest. Nocte volant, puerosque petunt nutricis egentes, Et vitiant cunis corpora rapta suis. Carpere dicuntur lactentia viscera rostro: Et plenum poto sanguine guttur habent. Es ist der Kopff sehr groß/ die Augen starr/ und steiff der Schnabel auf die Beut/ die Klauen auf das rauben mit Hacken ausgerüst/ sind graulecht an- zuschauen/ auf Kinder geht deß Nachts ihr unver- sehner Streiff. Wann sie die Wärterin nicht hat in gu- ter Hut/ so sind sie sicher nicht vor ihnen in der Wie- gen/ und müssen lernen so/ eh sie noch gehen/ flie- gen/ der Kropff steckt immer voll von neuge- soffnem Blut. Statius dichtet von ihnen/ daß sie in der Höllen geboren seyen/ und eignet ihnen Angesichter/ Hälse/ weibliche Brüste/ wie auch/ daß ihnen Schlangen vom Haupte herab in das Gesichte kriechen/ zu: meldet darneben/ daß sie/ bey nächtlicher Weile/ durch die Häuser streichen/ und den Kindern das Blut aussaugen. Dannenhero die Alten die Göttin Carna oder Cardinea/ von welcher wir droben geredt/ mit Opffern zu versöhnen pflegten/ umb dieses Ubel von ihnen abzuwenden. Plinius hält im XI.Buch es für ein eiteles Gedicht/ daß die Striges oder Melck-Hexen den Kindern an den Wartzen saugen sollen; und meldet dabey/ daß der Name Strix bey den Alten sehr verhaßt gewesen/ und vor vermaledeyet gehalten worden/ wie wir auch noch heut zu Tage die Zauberinnen mit diesem Namen zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1450.1"> <pb facs="#f0177" xml:id="pb-1460" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 105"/> <cb/> <p>Den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3508 http://d-nb.info/gnd/118694332 http://viaf.org/viaf/59878509">Furien</persName> werden wir nicht unfüglich <note place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3511 http://d-nb.info/gnd/118884778 http://viaf.org/viaf/13105601">Harpyjen</persName>.</note> die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3511 http://d-nb.info/gnd/118884778 http://viaf.org/viaf/13105601">Harpyjen</persName> zuordnen/ weil auch diese vor Alters von den Göttern/ der Menschen Boßheit zu straffen/ gesandt zu werden geglaubet wurden. Ihr Wohnungs-Platz war in der Hölle; wiewohl <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-410 http://d-nb.info/gnd/118626574 http://viaf.org/viaf/8194433">Virgilius</persName> will/ daß sie in den <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1394">Strophadischen Insuln</placeName>/ so in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-110">Jonien</placeName> sind/ ihren Aufenthalt gehabt haben. Jedoch achte ich/ in Vorstellung derer Bildnus/ wenig daran gelegen zu seyn/ wo sie sich aufgehalten. <note xml:id="n1460.1" place="right">Werden vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-410 http://d-nb.info/gnd/118626574 http://viaf.org/viaf/8194433">Virgilius</persName> beschrieben.</note> Also aber werden sie vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-410 http://d-nb.info/gnd/118626574 http://viaf.org/viaf/8194433">Virgilius</persName> <hi rendition="#aq">lib. III. Aeneid.</hi>beschrieben:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Virginei volucrum vultus, foedissi-<lb/> ma ventris</l><lb/> <l>Proluvies <reg>uncaeque manus</reg>, & pal-<lb/> lida semper</l><lb/> <l>Ora fame.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Die Vögel sehen aus gar Jungfräulich<lb/> und reine/</l><lb/> <l>sehr häßlich aber ist der Bauch und ihre<lb/> Beine;</l><lb/> <l>Sie haben krumme Händ und scharffe<lb/> Klauen dran;</l><lb/> <l>sehn bleich für Hungers-Grimm/ den kei-<lb/> ner stillen kan.</l><lb/> </lg> <p><note xml:id="n1460.2" place="right">Vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1038 http://d-nb.info/gnd/118523708 http://viaf.org/viaf/97105654">Dantes</persName> abgebildet.</note><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1038 http://d-nb.info/gnd/118523708 http://viaf.org/viaf/97105654">Dantes</persName> hat sie/ nach deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-410 http://d-nb.info/gnd/118626574 http://viaf.org/viaf/8194433">Virgilius</persName> Entwurff/ also abgebildet:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Haec loca monstra colunt <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3511 http://d-nb.info/gnd/118884778 http://viaf.org/viaf/13105601">Harpyiae</persName><lb/> pessima,quondam</l><lb/> <l>Quae <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1394">Strophadis</placeName> a se pulsos <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-138 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7002329">Troas</placeName> ce-<lb/> cinere</l><lb/> <l><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-47 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=1130786">Tibridis</placeName> ad ripas vexatum iri fame<lb/> dira.</l><lb/> <l>Virginei volucrum vultus, <reg>collum-<lb/> que</reg>, capillique,</l><lb/> <l>Immanis venter plumis contectus,<lb/> acerbos</l><lb/> <l>Dant gemitus ramis haerentes arbo-<lb/> ris altae.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Die ungeheure Thier/ so man <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3511 http://d-nb.info/gnd/118884778 http://viaf.org/viaf/13105601">Harpy-<lb/> jen</persName> nennt/</l><lb/> <l>bewohnen diesen Ort/ und als da ange-<lb/> ländt</l><lb/> <l>das Volk von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-138 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7002329">Troja</placeName> war/ so wurde es ver-<lb/> trieben</l><lb/> <l>hin auf die <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1394">Strophaden</placeName>/ wo es nicht lang<lb/> geblieben/</l><lb/> <l>auch/ was für Hungers-Noht sie würd’<lb/> am <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-47 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=1130786">Tieberstrand</placeName></l><lb/> <l>betreffen/ vorgesagt. Sie machen sich<lb/> bekandt.</l><lb/> <l>in weiblicher Gestalt/ dem Antlitz nach und<lb/> Haaren/</l><lb/> <l>so weit auch geht der Halß; mit Federn sie<lb/> verwahren</l><lb/> <cb/> <l>(weil damit die Natur versehen sie) den<lb/> Bauch/</l><lb/> <l>der ungeheuer-groß/ greßlich zu sehen<lb/> auch.</l><lb/> <l>Auf hohe Bäume sie sich pflegen offt zu<lb/> schwingen/</l><lb/> <l>und ihre Klage da erbärmlich vorzubrin-<lb/> gen.</l><lb/> </lg> <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-350 http://d-nb.info/gnd/118590995 http://viaf.org/viaf/88342447">Ovidius</persName> im <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-2000">6. Buch <hi rendition="#aq">Fastorum</hi></ref></bibl> ist der Meinung <note xml:id="n1460.3" place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Strix</persName>.</note> es seyen von den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3511 http://d-nb.info/gnd/118884778 http://viaf.org/viaf/13105601">Harpyjen</persName> die <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5243">Striges</persName></hi> oder Unholden entsprossen/ welche er also beschreibet:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Grande caput, stantes oculi, rostra<lb/> apta rapinis,</l><lb/> <l>Canicies pennis, unguibus hamus<lb/> inest.</l><lb/> <l>Nocte volant, puerosque petunt<lb/> nutricis egentes,</l><lb/> <l>Et vitiant cunis corpora rapta<lb/> suis.</l><lb/> <l>Carpere dicuntur lactentia viscera<lb/> rostro:</l><lb/> <l>Et plenum poto sanguine guttur<lb/> habent.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Es ist der Kopff sehr groß/ die Augen<lb/> starr/ und steiff</l><lb/> <l>der Schnabel auf die Beut/ die Klauen<lb/> auf das rauben</l><lb/> <l>mit Hacken ausgerüst/ sind graulecht an-<lb/> zuschauen/</l><lb/> <l>auf Kinder geht deß Nachts ihr unver-<lb/> sehner Streiff.</l><lb/> <l>Wann sie die Wärterin nicht hat in gu-<lb/> ter Hut/</l><lb/> <l>so sind sie sicher nicht vor ihnen in der Wie-<lb/> gen/</l><lb/> <l>und müssen lernen so/ eh sie noch gehen/ flie-<lb/> gen/</l><lb/> <l>der Kropff steckt immer voll von neuge-<lb/> soffnem Blut.</l><lb/> </lg> <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3507 http://d-nb.info/gnd/118798502 http://viaf.org/viaf/100904338">Statius</persName> dichtet von ihnen/ daß sie in der Höllen geboren seyen/ und eignet ihnen Angesichter/ Hälse/ weibliche Brüste/ wie auch/ daß ihnen Schlangen vom Haupte herab in das Gesichte kriechen/ zu: meldet darneben/ daß sie/ bey nächtlicher Weile/ durch die Häuser streichen/ und den Kindern das Blut aussaugen. Dannenhero die Alten die Göttin <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3160">Carna</persName> oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3160">Cardinea</persName>/ von welcher wir droben geredt/ mit Opffern zu versöhnen pflegten/ umb dieses Ubel von ihnen abzuwenden. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-326 http://d-nb.info/gnd/118595083 http://viaf.org/viaf/100219162">Plinius</persName> hält im <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-1348"><hi rendition="#aq">XI.</hi>Buch</ref></bibl> es für ein eiteles Gedicht/ daß die <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5243">Striges</persName></hi> oder Melck-Hexen den Kindern an den Wartzen saugen sollen; und meldet dabey/ daß der Name <hi rendition="#aq"> Strix</hi> bey den Alten sehr verhaßt gewesen/ und vor vermaledeyet gehalten worden/ wie wir auch noch heut zu Tage die Zauberinnen mit diesem Namen zu </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 105/0177]
Den Furien werden wir nicht unfüglich die Harpyjen zuordnen/ weil auch diese vor Alters von den Göttern/ der Menschen Boßheit zu straffen/ gesandt zu werden geglaubet wurden. Ihr Wohnungs-Platz war in der Hölle; wiewohl Virgilius will/ daß sie in den Strophadischen Insuln/ so in Jonien sind/ ihren Aufenthalt gehabt haben. Jedoch achte ich/ in Vorstellung derer Bildnus/ wenig daran gelegen zu seyn/ wo sie sich aufgehalten. Also aber werden sie vom Virgilius lib. III. Aeneid.beschrieben:
Harpyjen.
Werden vom Virgilius beschrieben. Virginei volucrum vultus, foedissi-
ma ventris
Proluvies uncaeque manus, & pal-
lida semper
Ora fame.
Die Vögel sehen aus gar Jungfräulich
und reine/
sehr häßlich aber ist der Bauch und ihre
Beine;
Sie haben krumme Händ und scharffe
Klauen dran;
sehn bleich für Hungers-Grimm/ den kei-
ner stillen kan.
Dantes hat sie/ nach deß Virgilius Entwurff/ also abgebildet:
Vom Dantes abgebildet. Haec loca monstra colunt Harpyiae
pessima,quondam
Quae Strophadis a se pulsos Troas ce-
cinere
Tibridis ad ripas vexatum iri fame
dira.
Virginei volucrum vultus, collum-
que, capillique,
Immanis venter plumis contectus,
acerbos
Dant gemitus ramis haerentes arbo-
ris altae.
Die ungeheure Thier/ so man Harpy-
jen nennt/
bewohnen diesen Ort/ und als da ange-
ländt
das Volk von Troja war/ so wurde es ver-
trieben
hin auf die Strophaden/ wo es nicht lang
geblieben/
auch/ was für Hungers-Noht sie würd’
am Tieberstrand
betreffen/ vorgesagt. Sie machen sich
bekandt.
in weiblicher Gestalt/ dem Antlitz nach und
Haaren/
so weit auch geht der Halß; mit Federn sie
verwahren
(weil damit die Natur versehen sie) den
Bauch/
der ungeheuer-groß/ greßlich zu sehen
auch.
Auf hohe Bäume sie sich pflegen offt zu
schwingen/
und ihre Klage da erbärmlich vorzubrin-
gen.
Ovidius im 6. Buch Fastorum ist der Meinung es seyen von den Harpyjen die Striges oder Unholden entsprossen/ welche er also beschreibet:
Strix. Grande caput, stantes oculi, rostra
apta rapinis,
Canicies pennis, unguibus hamus
inest.
Nocte volant, puerosque petunt
nutricis egentes,
Et vitiant cunis corpora rapta
suis.
Carpere dicuntur lactentia viscera
rostro:
Et plenum poto sanguine guttur
habent.
Es ist der Kopff sehr groß/ die Augen
starr/ und steiff
der Schnabel auf die Beut/ die Klauen
auf das rauben
mit Hacken ausgerüst/ sind graulecht an-
zuschauen/
auf Kinder geht deß Nachts ihr unver-
sehner Streiff.
Wann sie die Wärterin nicht hat in gu-
ter Hut/
so sind sie sicher nicht vor ihnen in der Wie-
gen/
und müssen lernen so/ eh sie noch gehen/ flie-
gen/
der Kropff steckt immer voll von neuge-
soffnem Blut.
Statius dichtet von ihnen/ daß sie in der Höllen geboren seyen/ und eignet ihnen Angesichter/ Hälse/ weibliche Brüste/ wie auch/ daß ihnen Schlangen vom Haupte herab in das Gesichte kriechen/ zu: meldet darneben/ daß sie/ bey nächtlicher Weile/ durch die Häuser streichen/ und den Kindern das Blut aussaugen. Dannenhero die Alten die Göttin Carna oder Cardinea/ von welcher wir droben geredt/ mit Opffern zu versöhnen pflegten/ umb dieses Ubel von ihnen abzuwenden. Plinius hält im XI.Buch es für ein eiteles Gedicht/ daß die Striges oder Melck-Hexen den Kindern an den Wartzen saugen sollen; und meldet dabey/ daß der Name Strix bey den Alten sehr verhaßt gewesen/ und vor vermaledeyet gehalten worden/ wie wir auch noch heut zu Tage die Zauberinnen mit diesem Namen zu
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI.
(2014-06-24T13:18:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2014-06-24T13:18:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |