Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch]
Drauf schwingt sie ihre Händ/ in einer Wann Ovidius im IV. seiner Verwandlungs-Bücher Die Tisiphone vom Ovidius beschrieben. die Tisiphone abbildet/ wie sie von der Juno/ den Athamas rasend zu machen/ abgeschicket worden/ beschreibet Er sie also: Tisiphone canos, ut erat turbata, capil- los Movit, & exstantes dejecit ab ore colu- bros. Nec mora, Tisiphone madefactam san- gvine sumit Importuna facem, fluidoque cruore ru- bentem Induitur pallam, tetroque incingitur angve: Egrediturque domo: Luctus comitatur euntem, Et pavor, & Terror, trepidoque insania vultu. Es hat Tisiphone ihr graues Haupt ge- neigt/ so voller Schlangen hängt/ und das Ge- sicht gezeigt. Tisiphone nicht faul/ erwischet eine Schleis- sen zur Fackel/ so ihr soll den Weg im Finstern weisen/ zuvor in Blut getunckt/ legt ihren Rock auch an/ von eben dieser Farb/ schürtzt sich/ so gut sie kan/ mit einer Schlangen auf; macht sich so auf die Strassen/ vom Schrecken/ Klag und Furcht/ und Tollsucht unverlassen. Welchen Göttern die Furien gedienet. Dannenhero die Furien nicht allein dem Pluto/ unter dessen Bottmässigkeit sie waren/ sondern auch der Juno und dem Jupiter (als die ebenmässig einige Macht über die Höllen-Einwohner zu haben schienen) zu Gebot stunden/ aus welcher Ursach sie beyde unterweilen die Höllische oder Stygische Götter (vom Fluß Stygia/ so der Höllen-Reich umbfliessen soll) genennt worden; als bey dessen Wasser die Götter/ wie die Poeten vorgeben/ geschworen haben/ die Meineidigen aber dergestalt gestrafft worden seyn sollen/ daß sie auf ein Jahr der Göttlichkeit absagen/ und deß Himmel-Brods und Götter-Trancks beraubt leben müssen. Man behauptet aber/ es sey dem Höllen-Pfuhl solches Schwehren der Götter bey demselben darum zugeeignet worden/ weil die Victoria/ dessen Tochter/ dem Jupiter/ im Streit wider die Riesen/ beygestanden sey. Oder aber es ist solches vielmehr erdichtet/ dieweil das Griechische Wörtlein sugos eine Bekümmernus bedeutet/ als von welcher die Götter/ so iederzeit nichts anders/ als alles guten [Spaltenumbruch] geniessen/ weit entfernet sind; gleich ob schwüren sie bey dem jenigen/ dessen sie gantz und gar nicht theilhafftig wären. Dieser Pfuhl soll/ wie man sagt/ die Hölle umbfliessen/ weil nirgendswo mehrere Traurigkeit und Kümmernus/ Höllische Flüsse. als eben allda/ zu finden ist. Am selben Orte sind auch/ wie die Poeten dichten/ die Flüsse: Lethe/ Achaeron/ Phlegethon/ Cocythus/ und andere mehr/ welche nichts anders/ als Leidwesen/ Traurigkeit und andere dergleichen Gemühts-Verwirrungen andeuten/ wordurch die darinnen Verschloßene unabläßig geplaget und geqvälet werden. Die Platonici aber wollen/ daß solches noch in diesem Leben geschehe; dann sie diese Welt die Hölle nennen/ Lethe. in welche/ wie sie sagen/ das Gemüth alsdann herabsteige/ wann es mit dem sterblichen Leichnam vereinigt wird/ da ihm zuerst der Vergessungs-Fluß (Fluvius Letheus)entgegen laufft/ wann er nämlich die vergangenen Achaeron. Dinge vergisset; aus diesem verfügt er sich in den Achaeron/ welcher die Beraubung der Freude bedeutet/ weil ein Gemüht/ so deß Himmels vergessen/ von Stund an auch den Geschmack aller Süssigkeit verliehret/ derer es zuvor in dessen Contemplation oder Betrachtung zu geniessen pflegte/ dannenhero ist es alsdann in der grösten Bekümmernus/ und Cocythus. das deutet an/ daß es mit dem Höllen-Pfuhl umgeben zu seyn beschrieben wird/ deswegen es in Traurigkeit und Threnen stehet/ Phlegethon. welche deß Cocythus Name andeutet; Phlegethon aber/ weil er seinen Namen vom Feuer herführet/ bemercket die Hitze deß Zorns/ und anderer Gemühts-Kranckheiten/ wordurch wir in diesem Leibe entzündet und geqvählet werden. Gleichmässige Wirckung wird auch den Furien zugeschrieben/ welchen Virgilius Flügel andichtet/ und bezeuget/ daß sie iederzeit zu deß Jupiters Geboten und Befehlen bereit stehen/ wann er sie/ denen Menschen einen grossen Schrecken einzujagen/ gebrauchen wolle/ als da sind: der Krieg/ die Pestilentz/ und dergleichen andere Landstraffen mehr etc. Die Turteltauben sind den Furien gewidmet. Aelianus schreibet/ es seyen den Furien die Turteltauben geheiliget gewesen: wie ich dann auch kein ander Thier finde/ so ihnen eigen gewesen/ ausser daß Virgilius im XII. Buch Aeneidos dichtet/ als ob eine aus ihnen in eine NachtEule verwandelt worden/ da sie vom Jupiter zu dem/ mit dem Aeneas streitenden/ Turnus/ selbigem einen Schrecken einzujagen/ geschickt worden. Einige fügen den vorgesagten dreyen Furien auch noch die vierdte bey/ Lyssa/ die vierdte Furie. die sie Lyssa/ oder die Raserey/ nennen. Dahero Euripides/ in Hercule furente, die Iris einführet/ wie sie/ auf der Juno Befehl/ die besagte Lyssa herzubringet/ daß sie den Hercules rasend machen solle; von dieser wurde fabulirt/ daß sie 100/ mit zischenden Köpffen umb ihre Hand geflochtene Schlangen umb sich hangend gehabt/ in der Hand aber eine Stupff-Ruthe getragen habe. [Spaltenumbruch]
Drauf schwingt sie ihre Händ/ in einer Wann Ovidius im IV. seiner Verwandlungs-Bücher Die Tisiphone vom Ovidius beschrieben. die Tisiphone abbildet/ wie sie von der Juno/ den Athamas rasend zu machen/ abgeschicket worden/ beschreibet Er sie also: Tisiphone canos, ut erat turbata, capil- los Movit, & exstantes dejecit ab ore colu- bros. Nec mora, Tisiphone madefactam san- gvine sumit Importuna facem, fluidoque cruore ru- bentem Induitur pallam, tetroque incingitur angve: Egrediturque domo: Luctus comitatur euntem, Et pavor, & Terror, trepidoque insania vultu. Es hat Tisiphone ihr graues Haupt ge- neigt/ so voller Schlangen hängt/ und das Ge- sicht gezeigt. Tisiphone nicht faul/ erwischet eine Schleis- sen zur Fackel/ so ihr soll den Weg im Finstern weisen/ zuvor in Blut getunckt/ legt ihren Rock auch an/ von eben dieser Farb/ schürtzt sich/ so gut sie kan/ mit einer Schlangen auf; macht sich so auf die Strassen/ vom Schrecken/ Klag und Furcht/ und Tollsucht unverlassen. Welchen Göttern die Furien gedienet. Dannenhero die Furien nicht allein dem Pluto/ unter dessen Bottmässigkeit sie waren/ sondern auch der Juno und dem Jupiter (als die ebenmässig einige Macht über die Höllen-Einwohner zu haben schienen) zu Gebot stunden/ aus welcher Ursach sie beyde unterweilen die Höllische oder Stygische Götter (vom Fluß Stygia/ so der Höllen-Reich umbfliessen soll) genennt worden; als bey dessen Wasser die Götter/ wie die Poeten vorgeben/ geschworen haben/ die Meineidigen aber dergestalt gestrafft worden seyn sollen/ daß sie auf ein Jahr der Göttlichkeit absagen/ und deß Himmel-Brods und Götter-Trancks beraubt leben müssen. Man behauptet aber/ es sey dem Höllen-Pfuhl solches Schwehren der Götter bey demselben darum zugeeignet worden/ weil die Victoria/ dessen Tochter/ dem Jupiter/ im Streit wider die Riesen/ beygestanden sey. Oder aber es ist solches vielmehr erdichtet/ dieweil das Griechische Wörtlein ςύγος eine Bekümmernus bedeutet/ als von welcher die Götter/ so iederzeit nichts anders/ als alles guten [Spaltenumbruch] geniessen/ weit entfernet sind; gleich ob schwüren sie bey dem jenigen/ dessen sie gantz und gar nicht theilhafftig wären. Dieser Pfuhl soll/ wie man sagt/ die Hölle umbfliessen/ weil nirgendswo mehrere Traurigkeit und Kümmernus/ Höllische Flüsse. als eben allda/ zu finden ist. Am selben Orte sind auch/ wie die Poeten dichten/ die Flüsse: Lethe/ Achaeron/ Phlegethon/ Cocythus/ und andere mehr/ welche nichts anders/ als Leidwesen/ Traurigkeit und andere dergleichen Gemühts-Verwirrungen andeuten/ wordurch die darinnen Verschloßene unabläßig geplaget und geqvälet werden. Die Platonici aber wollen/ daß solches noch in diesem Leben geschehe; dann sie diese Welt die Hölle nennen/ Lethe. in welche/ wie sie sagen/ das Gemüth alsdann herabsteige/ wann es mit dem sterblichen Leichnam vereinigt wird/ da ihm zuerst der Vergessungs-Fluß (Fluvius Letheus)entgegen laufft/ wann er nämlich die vergangenen Achaeron. Dinge vergisset; aus diesem verfügt er sich in den Achaeron/ welcher die Beraubung der Freude bedeutet/ weil ein Gemüht/ so deß Himmels vergessen/ von Stund an auch den Geschmack aller Süssigkeit verliehret/ derer es zuvor in dessen Contemplation oder Betrachtung zu geniessen pflegte/ dannenhero ist es alsdann in der grösten Bekümmernus/ und Cocythus. das deutet an/ daß es mit dem Höllen-Pfuhl umgeben zu seyn beschrieben wird/ deswegen es in Traurigkeit und Threnen stehet/ Phlegethon. welche deß Cocythus Name andeutet; Phlegethon aber/ weil er seinen Namen vom Feuer herführet/ bemercket die Hitze deß Zorns/ und anderer Gemühts-Kranckheiten/ wordurch wir in diesem Leibe entzündet und geqvählet werden. Gleichmässige Wirckung wird auch den Furien zugeschrieben/ welchen Virgilius Flügel andichtet/ und bezeuget/ daß sie iederzeit zu deß Jupiters Geboten und Befehlen bereit stehen/ wann er sie/ denen Menschen einen grossen Schrecken einzujagen/ gebrauchen wolle/ als da sind: der Krieg/ die Pestilentz/ und dergleichen andere Landstraffen mehr etc. Die Turteltauben sind den Furien gewidmet. Aelianus schreibet/ es seyen den Furien die Turteltauben geheiliget gewesen: wie ich dann auch kein ander Thier finde/ so ihnen eigen gewesen/ ausser daß Virgilius im XII. Buch Aeneidos dichtet/ als ob eine aus ihnen in eine NachtEule verwandelt worden/ da sie vom Jupiter zu dem/ mit dem Aeneas streitenden/ Turnus/ selbigem einen Schrecken einzujagen/ geschickt worden. Einige fügen den vorgesagten dreyen Furien auch noch die vierdte bey/ Lyssa/ die vierdte Furie. die sie Lyssa/ oder die Raserey/ nennen. Dahero Euripides/ in Hercule furente, die Iris einführet/ wie sie/ auf der Juno Befehl/ die besagte Lyssa herzubringet/ daß sie den Hercules rasend machen solle; von dieser wurde fabulirt/ daß sie 100/ mit zischenden Köpffen umb ihre Hand geflochtene Schlangen umb sich hangend gehabt/ in der Hand aber eine Stupff-Ruthe getragen habe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1450.1"> <lg> <pb facs="#f0176" xml:id="pb-1459" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 104"/> <cb/> <l>Drauf schwingt sie ihre Händ/ in einer<lb/> blitzt ein Brand/</l><lb/> <l>mit einer Schlangen droht die andre<lb/> Lufft und Land.</l><lb/> </lg> <p>Wann <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-350 http://d-nb.info/gnd/118590995 http://viaf.org/viaf/88342447">Ovidius</persName> im <hi rendition="#aq">IV.</hi> seiner Verwandlungs-Bücher <note xml:id="n1459.6" place="right">Die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2847">Tisiphone</persName> vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-350 http://d-nb.info/gnd/118590995 http://viaf.org/viaf/88342447">Ovidius</persName> beschrieben.</note> die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2847">Tisiphone</persName> abbildet/ wie sie von der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-100 http://d-nb.info/gnd/118800574 http://viaf.org/viaf/47558229">Juno</persName>/ den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3100">Athamas</persName> rasend zu machen/ abgeschicket worden/ beschreibet Er sie also:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2847">Tisiphone</persName> canos, ut erat turbata, capil-<lb/> los</l><lb/> <l>Movit, & exstantes dejecit ab ore colu-<lb/> bros.</l><lb/> <l>Nec mora, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2847">Tisiphone</persName> madefactam san-<lb/> gvine sumit</l><lb/> <l>Importuna facem, fluidoque cruore ru-<lb/> bentem</l><lb/> <l>Induitur pallam, <reg>tetroque</reg> incingitur<lb/> angve:</l><lb/> <l><reg>Egrediturque</reg> domo: Luctus comitatur<lb/> euntem,</l><lb/> <l>Et <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3759">pavor</persName>, & <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3760">Terror</persName>, trepidoque <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5358">insania</persName><lb/> vultu.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Es hat <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2847">Tisiphone</persName> ihr graues Haupt ge-<lb/> neigt/</l><lb/> <l>so voller Schlangen hängt/ und das Ge-<lb/> sicht gezeigt.</l><lb/> <l><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2847">Tisiphone</persName> nicht faul/ erwischet eine Schleis-<lb/> sen</l><lb/> <l>zur Fackel/ so ihr soll den Weg im Finstern<lb/> weisen/</l><lb/> <l>zuvor in Blut getunckt/ legt ihren Rock<lb/> auch an/</l><lb/> <l>von eben dieser Farb/ schürtzt sich/ so gut<lb/> sie kan/</l><lb/> <l>mit einer Schlangen auf; macht sich so auf<lb/> die Strassen/</l><lb/> <l>vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3759">Schrecken</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3760">Klag und Furcht</persName>/ und<lb/><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5358">Tollsucht</persName> unverlassen. </l><lb/> </lg> <p xml:id="p1459.1"><note place="right">Welchen Göttern die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3508 http://d-nb.info/gnd/118694332 http://viaf.org/viaf/59878509">Furien</persName> gedienet.</note> Dannenhero die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3508 http://d-nb.info/gnd/118694332 http://viaf.org/viaf/59878509">Furien</persName> nicht allein dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-340">Pluto</persName>/ unter dessen Bottmässigkeit sie waren/ sondern auch der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-100 http://d-nb.info/gnd/118800574 http://viaf.org/viaf/47558229">Juno</persName> und dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiter</persName> (als die ebenmässig einige Macht über die Höllen-Einwohner zu haben schienen) zu Gebot stunden/ aus welcher Ursach sie beyde unterweilen die Höllische oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Stygische Götter</persName> (vom Fluß <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1175">Stygia</placeName>/ so der Höllen-Reich umbfliessen soll) genennt worden; als bey dessen Wasser die Götter/ wie die Poeten vorgeben/ geschworen haben/ die Meineidigen aber dergestalt gestrafft worden seyn sollen/ daß sie auf ein Jahr der Göttlichkeit absagen/ und deß Himmel-Brods und Götter-Trancks beraubt leben müssen. 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Drauf schwingt sie ihre Händ/ in einer
blitzt ein Brand/
mit einer Schlangen droht die andre
Lufft und Land.
Wann Ovidius im IV. seiner Verwandlungs-Bücher die Tisiphone abbildet/ wie sie von der Juno/ den Athamas rasend zu machen/ abgeschicket worden/ beschreibet Er sie also:
Die Tisiphone vom Ovidius beschrieben. Tisiphone canos, ut erat turbata, capil-
los
Movit, & exstantes dejecit ab ore colu-
bros.
Nec mora, Tisiphone madefactam san-
gvine sumit
Importuna facem, fluidoque cruore ru-
bentem
Induitur pallam, tetroque incingitur
angve:
Egrediturque domo: Luctus comitatur
euntem,
Et pavor, & Terror, trepidoque insania
vultu.
Es hat Tisiphone ihr graues Haupt ge-
neigt/
so voller Schlangen hängt/ und das Ge-
sicht gezeigt.
Tisiphone nicht faul/ erwischet eine Schleis-
sen
zur Fackel/ so ihr soll den Weg im Finstern
weisen/
zuvor in Blut getunckt/ legt ihren Rock
auch an/
von eben dieser Farb/ schürtzt sich/ so gut
sie kan/
mit einer Schlangen auf; macht sich so auf
die Strassen/
vom Schrecken/ Klag und Furcht/ und
Tollsucht unverlassen.
Dannenhero die Furien nicht allein dem Pluto/ unter dessen Bottmässigkeit sie waren/ sondern auch der Juno und dem Jupiter (als die ebenmässig einige Macht über die Höllen-Einwohner zu haben schienen) zu Gebot stunden/ aus welcher Ursach sie beyde unterweilen die Höllische oder Stygische Götter (vom Fluß Stygia/ so der Höllen-Reich umbfliessen soll) genennt worden; als bey dessen Wasser die Götter/ wie die Poeten vorgeben/ geschworen haben/ die Meineidigen aber dergestalt gestrafft worden seyn sollen/ daß sie auf ein Jahr der Göttlichkeit absagen/ und deß Himmel-Brods und Götter-Trancks beraubt leben müssen. Man behauptet aber/ es sey dem Höllen-Pfuhl solches Schwehren der Götter bey demselben darum zugeeignet worden/ weil die Victoria/ dessen Tochter/ dem Jupiter/ im Streit wider die Riesen/ beygestanden sey. Oder aber es ist solches vielmehr erdichtet/ dieweil das Griechische Wörtlein ςύγος eine Bekümmernus bedeutet/ als von welcher die Götter/ so iederzeit nichts anders/ als alles guten
geniessen/ weit entfernet sind; gleich ob schwüren sie bey dem jenigen/ dessen sie gantz und gar nicht theilhafftig wären. Dieser Pfuhl soll/ wie man sagt/ die Hölle umbfliessen/ weil nirgendswo mehrere Traurigkeit und Kümmernus/ als eben allda/ zu finden ist. Am selben Orte sind auch/ wie die Poeten dichten/ die Flüsse: Lethe/ Achaeron/ Phlegethon/ Cocythus/ und andere mehr/ welche nichts anders/ als Leidwesen/ Traurigkeit und andere dergleichen Gemühts-Verwirrungen andeuten/ wordurch die darinnen Verschloßene unabläßig geplaget und geqvälet werden. Die Platonici aber wollen/ daß solches noch in diesem Leben geschehe; dann sie diese Welt die Hölle nennen/ in welche/ wie sie sagen/ das Gemüth alsdann herabsteige/ wann es mit dem sterblichen Leichnam vereinigt wird/ da ihm zuerst der Vergessungs-Fluß (Fluvius Letheus)entgegen laufft/ wann er nämlich die vergangenen Dinge vergisset; aus diesem verfügt er sich in den Achaeron/ welcher die Beraubung der Freude bedeutet/ weil ein Gemüht/ so deß Himmels vergessen/ von Stund an auch den Geschmack aller Süssigkeit verliehret/ derer es zuvor in dessen Contemplation oder Betrachtung zu geniessen pflegte/ dannenhero ist es alsdann in der grösten Bekümmernus/ und das deutet an/ daß es mit dem Höllen-Pfuhl umgeben zu seyn beschrieben wird/ deswegen es in Traurigkeit und Threnen stehet/ welche deß Cocythus Name andeutet; Phlegethon aber/ weil er seinen Namen vom Feuer herführet/ bemercket die Hitze deß Zorns/ und anderer Gemühts-Kranckheiten/ wordurch wir in diesem Leibe entzündet und geqvählet werden. Gleichmässige Wirckung wird auch den Furien zugeschrieben/ welchen Virgilius Flügel andichtet/ und bezeuget/ daß sie iederzeit zu deß Jupiters Geboten und Befehlen bereit stehen/ wann er sie/ denen Menschen einen grossen Schrecken einzujagen/ gebrauchen wolle/ als da sind: der Krieg/ die Pestilentz/ und dergleichen andere Landstraffen mehr etc.
Welchen Göttern die Furien gedienet.
Höllische Flüsse.
Lethe.
Achaeron.
Cocythus.
Phlegethon. Aelianus schreibet/ es seyen den Furien die Turteltauben geheiliget gewesen: wie ich dann auch kein ander Thier finde/ so ihnen eigen gewesen/ ausser daß Virgilius im XII. Buch Aeneidos dichtet/ als ob eine aus ihnen in eine NachtEule verwandelt worden/ da sie vom Jupiter zu dem/ mit dem Aeneas streitenden/ Turnus/ selbigem einen Schrecken einzujagen/ geschickt worden. Einige fügen den vorgesagten dreyen Furien auch noch die vierdte bey/ die sie Lyssa/ oder die Raserey/ nennen. Dahero Euripides/ in Hercule furente, die Iris einführet/ wie sie/ auf der Juno Befehl/ die besagte Lyssa herzubringet/ daß sie den Hercules rasend machen solle; von dieser wurde fabulirt/ daß sie 100/ mit zischenden Köpffen umb ihre Hand geflochtene Schlangen umb sich hangend gehabt/ in der Hand aber eine Stupff-Ruthe getragen habe.
Die Turteltauben sind den Furien gewidmet.
Lyssa/ die vierdte Furie.
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(2014-06-24T13:18:31Z)
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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2014-06-24T13:18:31Z)
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