Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch]
Quare facta virum multantes vindi- ce poena Eumenides, quibus anguineo redi- mita capillo, Frons expirantis praeportat pectoris iras, Huc, huc adventate, meas audite querelas. So kommt dann die ihr strafft der Menschen Mißbeginnen/ in eurem Schlangen-Haar/ ihr tollen Teuffelinnen/ Eumeninnen/ An deren Stirn man list der Brust er- hitzte Wuht/ kommt/ hört mein Klagen an/ thut/ was ihr gerne thut. Gleich als ob niemand/ ausser ihnen/ den Theseus umb seiner Boßheit willen straffen könte; weil die Menschen von nichtes mehr und hefftiger/ als den Gemühts-Verwirrungen und Anliegen/ wann sie einen deß Verstands berauben/ Bedeutung der Furien. angefochten/ beängstigt und gepeinigt werden können. Wie dann durch die Furien/ welche/ vermöge der Poetischen Gedichte/ die Menschen zu plagen pflegen/ anders nichts zu verstehen ist; dannenhero von ihnen Lactantius in seinem kurtzen Auszug Divinarum Institutionum saget: es sind drey Affecten und Gemühts-Neigungen/ oder (daß ich so reden mag) Furien/ die in denen Gemühtern der Menschen sehr hefftige Verwirrungen erwecken: Der Zorn/ welcher die Rach begehrt; der Geitz/ welcher die Güter der Welt verlanget; und die Lust-Begierde/ so den Wollüsten Affecten sind an sich selbst nicht böß. begierlich nachzustreben pfleget. Diese sind an sich selbsten nicht böß/ sofern sie GOTT dem Menschen vernünfftlich eingepflantzt/ sondern/ weil sie ohnzweiffentlich von Natur gut zu seyn pflegen/ (dann sie ihm zur Beschützung seines Lebens mittgetheilet worden) werden sie durch den Mißbrauch böß und sträfflich. Ist derowegen der Affect deß Zorns von GOTT gegeben zur Dämpff- und Zurückhaltung der Sünden/ oder die Zucht bey den Unterthanen zu erhalten/ aufdaß die unbändige Freyheit/ durch die Furcht niedergedruckt/ und die Künheit im Zaum gehalten werde. Die Begierde ist zur Verlang- und Erwerbung der benöhtigten Lebens-Mittel mitgetheilt; der Lustbegierde Affect oder Gemüthsregung ist zum Kinderzeugen eingepflantzt Die Affecten mus man bezwingen. und angeboren. Es sind dannenhero diese Affecten wieder in ihre Gräntzen zu zwingen/ und auf den rechten Weeg zu führen: Dann im Fall man ihnen alle beliebige Ausschweiffungs-Freyheit verstattet/ pflegen sie/ als die eingelassene Furien/ alle unsere Gemühts-Ruhe zu zerstören und auszutreiben. Die Alten hatten im Brauch/ die Furien [Spaltenumbruch] Warum die Furien Fackeln getragen. mit brennenden Fackeln in Händen zu bilden/ die Menschen dardurch zu erinnern/ mit was hitzigen Begierden ihre Hertzen durch die verderbten Affecten entzündet würden/ wie solches deutlich an der Thisiphone Bildnus zu sehen/ welche Statius lib. I. Thebaid. also beschreibet: Centum illi astantes umbrabant ora Cerastae, Turbaminor diri capitis: sedet in- tus abactis Ferrea lux oculis: qualis per nubila Phoebes Atracia rubet arte color: suffusa ve- neno Tenditur,ac sanie gliscit cutis igne- us atro Ore vapor: quo longa sitis, morbi- que,famesque, Et populis mors una venit, riget horrida tergo Palla; & caerulei redeunt in pectore nodi. Atropos hos, atque ipsa novat Pro- serpina, cultus. Tum geminas quatit illa manus: haec igne rogali Fulgurat; haec vivo manus aera ver- berat hydro. Es deckten ihr Gesicht und leckten hundert Schlangen der kleinern Art am Kopff: aus ihren hoh- len Wangen/ Als Augen/ gieng hervor ein heisser Ei- sen-Strahl/ wie wann durch Zauberwerck/ am blau- en Wolken-Saal/ die Phoebe blutig steht. Sie ist dick auf- geloffen/ vom Gifft und faulem Blut/ das häuffig sie gesoffen/ und will doch immer mehr. Der Mund vor Hitze raucht/ wordurch dann Land und Leut/ von ihr so angehaucht/ Mit Hunger/ Durst und Tod zugleich ge- qvählet werden/ durch lange Glieder-Plag und schwere Leibs-beschwerden. Voll Grausens ist der Rock/ so ihren Ru- cken deckt/ der Gürtel graulecht-blau: Wann einer nicht mehr kleckt/ und nun zerreissen will/ ihn alsobald zu flik- ken die Atropos und selbst Proserpina sich schik- ken. [Spaltenumbruch]
Quare facta virum multantes vindi- ce poena Eumenides, quibus anguineo redi- mita capillo, Frons expirantis praeportat pectoris iras, Huc, huc adventate, meas audite querelas. So kommt dann die ihr strafft der Menschen Mißbeginnen/ in eurem Schlangen-Haar/ ihr tollen Teuffelinnen/ Eumeninnen/ An deren Stirn man list der Brust er- hitzte Wuht/ kommt/ hört mein Klagen an/ thut/ was ihr gerne thut. Gleich als ob niemand/ ausser ihnen/ den Theseus umb seiner Boßheit willen straffen könte; weil die Menschen von nichtes mehr und hefftiger/ als den Gemühts-Verwirrungen und Anliegen/ wann sie einen deß Verstands berauben/ Bedeutung der Furien. angefochten/ beängstigt und gepeinigt werden können. Wie dann durch die Furien/ welche/ vermöge der Poetischen Gedichte/ die Menschen zu plagen pflegen/ anders nichts zu verstehen ist; dannenhero von ihnen Lactantius in seinem kurtzen Auszug Divinarum Institutionum saget: es sind drey Affecten und Gemühts-Neigungen/ oder (daß ich so reden mag) Furien/ die in denen Gemühtern der Menschen sehr hefftige Verwirrungen erwecken: Der Zorn/ welcher die Rach begehrt; der Geitz/ welcher die Güter der Welt verlanget; und die Lust-Begierde/ so den Wollüsten Affecten sind an sich selbst nicht böß. begierlich nachzustreben pfleget. Diese sind an sich selbsten nicht böß/ sofern sie GOTT dem Menschen vernünfftlich eingepflantzt/ sondern/ weil sie ohnzweiffentlich von Natur gut zu seyn pflegen/ (dann sie ihm zur Beschützung seines Lebens mittgetheilet worden) werden sie durch den Mißbrauch böß und sträfflich. Ist derowegen der Affect deß Zorns von GOTT gegeben zur Dämpff- und Zurückhaltung der Sünden/ oder die Zucht bey den Unterthanen zu erhalten/ aufdaß die unbändige Freyheit/ durch die Furcht niedergedruckt/ und die Künheit im Zaum gehalten werde. Die Begierde ist zur Verlang- und Erwerbung der benöhtigten Lebens-Mittel mitgetheilt; der Lustbegierde Affect oder Gemüthsregung ist zum Kinderzeugen eingepflantzt Die Affecten mus man bezwingen. und angeboren. Es sind dannenhero diese Affecten wieder in ihre Gräntzen zu zwingen/ und auf den rechten Weeg zu führen: Dann im Fall man ihnen alle beliebige Ausschweiffungs-Freyheit verstattet/ pflegen sie/ als die eingelassene Furien/ alle unsere Gemühts-Ruhe zu zerstören und auszutreiben. Die Alten hatten im Brauch/ die Furien [Spaltenumbruch] Warum die Furien Fackeln getragen. mit brennenden Fackeln in Händen zu bilden/ die Menschen dardurch zu erinnern/ mit was hitzigen Begierden ihre Hertzen durch die verderbten Affecten entzündet würden/ wie solches deutlich an der Thisiphone Bildnus zu sehen/ welche Statius lib. I. Thebaid. also beschreibet: Centum illi astantes umbrabant ora Cerastae, Turbaminor diri capitis: sedet in- tus abactis Ferrea lux oculis: qualis per nubila Phoebes Atracia rubet arte color: suffusa ve- neno Tenditur,ac sanie gliscit cutis igne- us atro Ore vapor: quo longa sitis, morbi- que,famesque, Et populis mors una venit, riget horrida tergo Palla; & caerulei redeunt in pectore nodi. Atropos hos, atque ipsa novat Pro- serpina, cultus. Tum geminas quatit illa manus: haec igne rogali Fulgurat; haec vivo manus aëra ver- berat hydro. Es deckten ihr Gesicht und leckten hundert Schlangen der kleinern Art am Kopff: aus ihren hoh- len Wangen/ Als Augen/ gieng hervor ein heisser Ei- sen-Strahl/ wie wann durch Zauberwerck/ am blau- en Wolken-Saal/ die Phoebe blutig steht. Sie ist dick auf- geloffen/ vom Gifft und faulem Blut/ das häuffig sie gesoffen/ und will doch immer mehr. Der Mund vor Hitze raucht/ wordurch dann Land und Leut/ von ihr so angehaucht/ Mit Hunger/ Durst und Tod zugleich ge- qvählet werden/ durch lange Glieder-Plag und schwere Leibs-beschwerden. Voll Grausens ist der Rock/ so ihren Ru- cken deckt/ der Gürtel graulecht-blau: Wann einer nicht mehr kleckt/ und nun zerreissen will/ ihn alsobald zu flik- ken die Atropos und selbst Proserpina sich schik- ken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1450.1"> <pb facs="#f0175" xml:id="pb-1458" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 103"/> <cb/> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Quare facta virum multantes vindi-<lb/> ce poena</l><lb/> <l><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2846 http://d-nb.info/gnd/118685163 http://viaf.org/viaf/35250656">Eumenides</persName>, quibus anguineo redi-<lb/> mita capillo,</l><lb/> <l>Frons expirantis praeportat pectoris<lb/> iras,</l><lb/> <l>Huc, huc adventate, meas audite<lb/> querelas.</l><lb/> </lg> <lg> <l>So kommt dann die ihr strafft der Menschen<lb/> Mißbeginnen/</l><lb/> <l>in eurem Schlangen-Haar/ ihr tollen<lb/> Teuffelinnen/<lb/><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2846 http://d-nb.info/gnd/118685163 http://viaf.org/viaf/35250656">Eumeninnen</persName>/</l><lb/> <l>An deren Stirn man list der Brust er-<lb/> hitzte Wuht/</l><lb/> <l>kommt/ hört mein Klagen an/ thut/ was<lb/> ihr gerne thut.</l><lb/> </lg> <p>Gleich als ob niemand/ ausser ihnen/ den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-222 http://d-nb.info/gnd/11862184X http://viaf.org/viaf/805104">Theseus</persName> umb seiner Boßheit willen straffen könte; weil die Menschen von nichtes mehr und hefftiger/ als den Gemühts-Verwirrungen und Anliegen/ wann sie einen deß Verstands berauben/ <note xml:id="n1458.5" place="right">Bedeutung der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3508 http://d-nb.info/gnd/118694332 http://viaf.org/viaf/59878509">Furien</persName>.</note> angefochten/ beängstigt und gepeinigt werden können. 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Quare facta virum multantes vindi-
ce poena
Eumenides, quibus anguineo redi-
mita capillo,
Frons expirantis praeportat pectoris
iras,
Huc, huc adventate, meas audite
querelas.
So kommt dann die ihr strafft der Menschen
Mißbeginnen/
in eurem Schlangen-Haar/ ihr tollen
Teuffelinnen/
Eumeninnen/
An deren Stirn man list der Brust er-
hitzte Wuht/
kommt/ hört mein Klagen an/ thut/ was
ihr gerne thut.
Gleich als ob niemand/ ausser ihnen/ den Theseus umb seiner Boßheit willen straffen könte; weil die Menschen von nichtes mehr und hefftiger/ als den Gemühts-Verwirrungen und Anliegen/ wann sie einen deß Verstands berauben/ angefochten/ beängstigt und gepeinigt werden können. Wie dann durch die Furien/ welche/ vermöge der Poetischen Gedichte/ die Menschen zu plagen pflegen/ anders nichts zu verstehen ist; dannenhero von ihnen Lactantius in seinem kurtzen Auszug Divinarum Institutionum saget: es sind drey Affecten und Gemühts-Neigungen/ oder (daß ich so reden mag) Furien/ die in denen Gemühtern der Menschen sehr hefftige Verwirrungen erwecken: Der Zorn/ welcher die Rach begehrt; der Geitz/ welcher die Güter der Welt verlanget; und die Lust-Begierde/ so den Wollüsten begierlich nachzustreben pfleget. Diese sind an sich selbsten nicht böß/ sofern sie GOTT dem Menschen vernünfftlich eingepflantzt/ sondern/ weil sie ohnzweiffentlich von Natur gut zu seyn pflegen/ (dann sie ihm zur Beschützung seines Lebens mittgetheilet worden) werden sie durch den Mißbrauch böß und sträfflich. Ist derowegen der Affect deß Zorns von GOTT gegeben zur Dämpff- und Zurückhaltung der Sünden/ oder die Zucht bey den Unterthanen zu erhalten/ aufdaß die unbändige Freyheit/ durch die Furcht niedergedruckt/ und die Künheit im Zaum gehalten werde. Die Begierde ist zur Verlang- und Erwerbung der benöhtigten Lebens-Mittel mitgetheilt; der Lustbegierde Affect oder Gemüthsregung ist zum Kinderzeugen eingepflantzt und angeboren. Es sind dannenhero diese Affecten wieder in ihre Gräntzen zu zwingen/ und auf den rechten Weeg zu führen: Dann im Fall man ihnen alle beliebige Ausschweiffungs-Freyheit verstattet/ pflegen sie/ als die eingelassene Furien/ alle unsere Gemühts-Ruhe zu zerstören und auszutreiben.
Bedeutung der Furien.
Affecten sind an sich selbst nicht böß.
Die Affecten mus man bezwingen.Die Alten hatten im Brauch/ die Furien
mit brennenden Fackeln in Händen zu bilden/ die Menschen dardurch zu erinnern/ mit was hitzigen Begierden ihre Hertzen durch die verderbten Affecten entzündet würden/ wie solches deutlich an der Thisiphone Bildnus zu sehen/ welche Statius lib. I. Thebaid. also beschreibet:
Warum die Furien Fackeln getragen. Centum illi astantes umbrabant ora
Cerastae,
Turbaminor diri capitis: sedet in-
tus abactis
Ferrea lux oculis: qualis per nubila
Phoebes
Atracia rubet arte color: suffusa ve-
neno
Tenditur,ac sanie gliscit cutis igne-
us atro
Ore vapor: quo longa sitis, morbi-
que,famesque,
Et populis mors una venit, riget
horrida tergo
Palla; & caerulei redeunt in pectore
nodi.
Atropos hos, atque ipsa novat Pro-
serpina, cultus.
Tum geminas quatit illa manus:
haec igne rogali
Fulgurat; haec vivo manus aëra ver-
berat hydro.
Es deckten ihr Gesicht und leckten hundert
Schlangen
der kleinern Art am Kopff: aus ihren hoh-
len Wangen/
Als Augen/ gieng hervor ein heisser Ei-
sen-Strahl/
wie wann durch Zauberwerck/ am blau-
en Wolken-Saal/
die Phoebe blutig steht. Sie ist dick auf-
geloffen/
vom Gifft und faulem Blut/ das häuffig
sie gesoffen/
und will doch immer mehr. Der Mund
vor Hitze raucht/
wordurch dann Land und Leut/ von ihr
so angehaucht/
Mit Hunger/ Durst und Tod zugleich ge-
qvählet werden/
durch lange Glieder-Plag und schwere
Leibs-beschwerden.
Voll Grausens ist der Rock/ so ihren Ru-
cken deckt/
der Gürtel graulecht-blau: Wann einer
nicht mehr kleckt/
und nun zerreissen will/ ihn alsobald zu flik-
ken
die Atropos und selbst Proserpina sich schik-
ken.
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