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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] Wann aber der Schlaf nur Eitelkeiten/ und etwas der Warheit ungemässes verkündiget/ pfleget er Helffenbein und einen Elephanten-Zahn zu tragen: weil selbiges/ ob es gleich in die subtilsten Blätlein zerschnitten wird/ dannoch niemals durchsichtig zu machen. Dannenhero Virgilius/ im VI. Buch Aeneidos, Schlaff-Thore. doppelte Thore hat gedichtet/ durch welche die Träume zu uns kommen sollen/ deren Sie eines Hörnern/ das andere Helffenbeinern zu seyn vorgaben/ und würden durch dieses die falschen/ durch jenes aber die warhafften Gesichter den Schlaffenden mitgetheilet. Worvon aus Homero Porphyrius/ wie Macrobius lib. I. über deß Scipio Traum erzehlet/ also redet: Es liegt alle Warheit verborgen/ Sie pfleget aber von der Seele/ wann sie von leiblichen Verrichtungen/ durch den Schlaf/ ein wenig frey ist/ unterweilen gesehen zu werden; unterweilen wirfft sie einen Blick dahin/ und kan solche doch nicht erlangen; ja wann sie dieselbe schon beschauet/ geschicht es doch nicht in einem freyen und vollkommnen Liechte/ sondern durch eine darzwischen-liegende Decke/ welche das Band der verduncklenden Natur darüber ziehet: diese Decke/ wann sie in der Ruhe das Auge deß Hineinschauenden zur Warheit einlässet/ wird von Horn zu seyn geglaubet/ dessen Natur mit sich bringet/ daß es/ wegen seiner Dünne/ dem Gesichte durchdringlich ist: wann sie aber von der Warheit geblendet wird/ und das Angesicht zuruck treibet/ wird es für Helffenbein gehalten/ dessen Materi von Natur so dicht ist/ daß/ ob sie wol aufs dünneste zubereitet/ Sie dannoch vom Gesichte nicht mag durchdrungen werden. Eben dieser Virgilius schreibet auch vom Rüstbaum der Träume im gedachten Buche also:

In medio ramos, annosaque brachia
pandit,

Ulmus opaca, ingens, quam sedem
somnia vulgo

Vana tenere ferunt, foliisque sub omnibus
haerent.

Ein grosser Rüstenbaum/ mit alten Aest-
und Zweigen/

ließ in der Mitten sich mit dickem Laube
zeigen;

Die eitlen Traum-Gesicht/ gestalt man giebet
für/

sind säßhafft an dem Ort/ und schweben um
allhier/

und ist kein einig Blat/ an welchem sie nicht
hangen/

und wann das Laub fällt ab/ so sind sie auch
vergangen:

Allwo Servius/ deß Virgilius Ausleger/ folgendes beyfüget: Die/ so von den Träumen geschrieben/ lehren/ daß zur Zeit/ wann die Bäume ihre Blätter fallen lassen/ die Träume[Spaltenumbruch] Falsche Träume. (ins gemein) falsch zu seyn pflegen. Andere geben vor/ der Rüstbaum sey ein unfruchtbarer Baum/ darum stelle er der Träume Falschheit vor/ wie dann solche/ nach deß Svidas Zeugnus/ von den Alten blind genennet worden; entweder weil sie betrieglich sind/ oder gleichsam mit denen reden/ die verschlossene Augen haben. Man sagt auch/ der Schlaff habe unterweilen eine Ruthe in Händen/ wormit er die jenigen/ so er berühret/ schläferig zu machen pflege: Mit dieser/ bittet Statius/ in kurtz vorher gesetztem Gedichte/ berührt zu werden. Ovidius giebt vor/ seine Wohnung sey bey den Cimmeriern/ Homerus in der Insul Lemnus/ Statius bey den Mohren/ Ludovicus Ariostus bey den Arabern. Dannenhero Ovidius/ nachdem er/ im XI seiner Verwandlungs-Bücher/ deß Schlafes königliche Burg beschrieben/ dieses beygefüget:

In medio torus est hebeno sublimis
in antro,

Plumeus, unicolor, pullo velamine
tectus,

Quo cubat ipse Deus, membris lan-
gvore solutis.

Hunc circa passim varias imitantia
formas

Somnia vana jacent, totidem quot
messis aristas,

Silva gerit frondes, ejectas littus a-
renas.

At pater e populo natorum mille su-
orum.

Excitat artificem, simulatoremque
figurae

Morphea: non illo jussos solertius
alter

Exprimit incessus, vultum, somnum-
que loquendi;

Adjicit & vestes, & consvetissima
quaeque

Verba: sed hic solos homines imi-
tatur: at alter

Fit fera, fit volucris, fit longo cor-
pore serpens,

Hunc Icilon superi, mortale Phobe-
tora
vulgus

Nominat: est etiam diversae tertius
artis

Phantasos; ille in humum, saxum-
que, undamque, trabemque,

Quaeque vacant anima, fallaciter omnia
transit.

[Spaltenumbruch] Wann aber der Schlaf nur Eitelkeiten/ und etwas der Warheit ungemässes verkündiget/ pfleget er Helffenbein und einen Elephanten-Zahn zu tragen: weil selbiges/ ob es gleich in die subtilsten Blätlein zerschnitten wird/ dannoch niemals durchsichtig zu machen. Dannenhero Virgilius/ im VI. Buch Aeneidos, Schlaff-Thore. doppelte Thore hat gedichtet/ durch welche die Träume zu uns kommen sollen/ deren Sie eines Hörnern/ das andere Helffenbeinern zu seyn vorgaben/ und würden durch dieses die falschen/ durch jenes aber die warhafften Gesichter den Schlaffenden mitgetheilet. Worvon aus Homero Porphyrius/ wie Macrobius lib. I. über deß Scipio Traum erzehlet/ also redet: Es liegt alle Warheit verborgen/ Sie pfleget aber von der Seele/ wann sie von leiblichen Verrichtungen/ durch den Schlaf/ ein wenig frey ist/ unterweilen gesehen zu werden; unterweilen wirfft sie einen Blick dahin/ und kan solche doch nicht erlangen; ja wann sie dieselbe schon beschauet/ geschicht es doch nicht in einem freyen und vollkommnen Liechte/ sondern durch eine darzwischen-liegende Decke/ welche das Band der verduncklenden Natur darüber ziehet: diese Decke/ wann sie in der Ruhe das Auge deß Hineinschauenden zur Warheit einlässet/ wird von Horn zu seyn geglaubet/ dessen Natur mit sich bringet/ daß es/ wegen seiner Dünne/ dem Gesichte durchdringlich ist: wann sie aber von der Warheit geblendet wird/ und das Angesicht zuruck treibet/ wird es für Helffenbein gehalten/ dessen Materi von Natur so dicht ist/ daß/ ob sie wol aufs dünneste zubereitet/ Sie dannoch vom Gesichte nicht mag durchdrungen werden. Eben dieser Virgilius schreibet auch vom Rüstbaum der Träume im gedachten Buche also:

In medio ramos, annosaque brachia
pandit,

Ulmus opaca, ingens, quam sedem
somnia vulgo

Vana tenere ferunt, foliisque sub omnibus
haerent.

Ein grosser Rüstenbaum/ mit alten Aest-
und Zweigen/

ließ in der Mitten sich mit dickem Laube
zeigen;

Die eitlen Traum-Gesicht/ gestalt man giebet
für/

sind säßhafft an dem Ort/ und schweben um
allhier/

und ist kein einig Blat/ an welchem sie nicht
hangen/

und wann das Laub fällt ab/ so sind sie auch
vergangen:

Allwo Servius/ deß Virgilius Ausleger/ folgendes beyfüget: Die/ so von den Träumen geschrieben/ lehren/ daß zur Zeit/ wann die Bäume ihre Blätter fallen lassen/ die Träume[Spaltenumbruch] Falsche Träume. (ins gemein) falsch zu seyn pflegen. Andere geben vor/ der Rüstbaum sey ein unfruchtbarer Baum/ darum stelle er der Träume Falschheit vor/ wie dann solche/ nach deß Svidas Zeugnus/ von den Alten blind genennet worden; entweder weil sie betrieglich sind/ oder gleichsam mit denen reden/ die verschlossene Augen haben. Man sagt auch/ der Schlaff habe unterweilen eine Ruthe in Händen/ wormit er die jenigen/ so er berühret/ schläferig zu machen pflege: Mit dieser/ bittet Statius/ in kurtz vorher gesetztem Gedichte/ berührt zu werden. Ovidius giebt vor/ seine Wohnung sey bey den Cimmeriern/ Homerus in der Insul Lemnus/ Statius bey den Mohren/ Ludovicus Ariostus bey den Arabern. Dannenhero Ovidius/ nachdem er/ im XI seiner Verwandlungs-Bücher/ deß Schlafes königliche Burg beschrieben/ dieses beygefüget:

In medio torus est hebeno sublimis
in antro,

Plumeus, unicolor, pullo velamine
tectus,

Quo cubat ipse Deus, membris lan-
gvore solutis.

Hunc circa passim varias imitantia
formas

Somnia vana jacent, totidem quot
messis aristas,

Silva gerit frondes, ejectas littus a-
renas.

At pater è populo natorum mille su-
orum.

Excitat artificem, simulatoremque
figurae

Morphea: non illo jussos solertius
alter

Exprimit incessus, vultum, somnum-
que loquendi;

Adjicit & vestes, & consvetissima
quaeque

Verba: sed hic solos homines imi-
tatur: at alter

Fit fera, fit volucris, fit longo cor-
pore serpens,

Hunc Icilon superi, mortale Phobe-
tora
vulgus

Nominat: est etiam diversae tertius
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Phantasos; ille in humum, saxum-
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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 118/0192] Wann aber der Schlaf nur Eitelkeiten/ und etwas der Warheit ungemässes verkündiget/ pfleget er Helffenbein und einen Elephanten-Zahn zu tragen: weil selbiges/ ob es gleich in die subtilsten Blätlein zerschnitten wird/ dannoch niemals durchsichtig zu machen. Dannenhero Virgilius/ im VI. Buch Aeneidos, doppelte Thore hat gedichtet/ durch welche die Träume zu uns kommen sollen/ deren Sie eines Hörnern/ das andere Helffenbeinern zu seyn vorgaben/ und würden durch dieses die falschen/ durch jenes aber die warhafften Gesichter den Schlaffenden mitgetheilet. Worvon aus Homero Porphyrius/ wie Macrobius lib. I. über deß Scipio Traum erzehlet/ also redet: Es liegt alle Warheit verborgen/ Sie pfleget aber von der Seele/ wann sie von leiblichen Verrichtungen/ durch den Schlaf/ ein wenig frey ist/ unterweilen gesehen zu werden; unterweilen wirfft sie einen Blick dahin/ und kan solche doch nicht erlangen; ja wann sie dieselbe schon beschauet/ geschicht es doch nicht in einem freyen und vollkommnen Liechte/ sondern durch eine darzwischen-liegende Decke/ welche das Band der verduncklenden Natur darüber ziehet: diese Decke/ wann sie in der Ruhe das Auge deß Hineinschauenden zur Warheit einlässet/ wird von Horn zu seyn geglaubet/ dessen Natur mit sich bringet/ daß es/ wegen seiner Dünne/ dem Gesichte durchdringlich ist: wann sie aber von der Warheit geblendet wird/ und das Angesicht zuruck treibet/ wird es für Helffenbein gehalten/ dessen Materi von Natur so dicht ist/ daß/ ob sie wol aufs dünneste zubereitet/ Sie dannoch vom Gesichte nicht mag durchdrungen werden. Eben dieser Virgilius schreibet auch vom Rüstbaum der Träume im gedachten Buche also: Schlaff-Thore. In medio ramos, annosaque brachia pandit, Ulmus opaca, ingens, quam sedem somnia vulgo Vana tenere ferunt, foliisque sub omnibus haerent. Ein grosser Rüstenbaum/ mit alten Aest- und Zweigen/ ließ in der Mitten sich mit dickem Laube zeigen; Die eitlen Traum-Gesicht/ gestalt man giebet für/ sind säßhafft an dem Ort/ und schweben um allhier/ und ist kein einig Blat/ an welchem sie nicht hangen/ und wann das Laub fällt ab/ so sind sie auch vergangen: Allwo Servius/ deß Virgilius Ausleger/ folgendes beyfüget: Die/ so von den Träumen geschrieben/ lehren/ daß zur Zeit/ wann die Bäume ihre Blätter fallen lassen/ die Träume (ins gemein) falsch zu seyn pflegen. Andere geben vor/ der Rüstbaum sey ein unfruchtbarer Baum/ darum stelle er der Träume Falschheit vor/ wie dann solche/ nach deß Svidas Zeugnus/ von den Alten blind genennet worden; entweder weil sie betrieglich sind/ oder gleichsam mit denen reden/ die verschlossene Augen haben. Man sagt auch/ der Schlaff habe unterweilen eine Ruthe in Händen/ wormit er die jenigen/ so er berühret/ schläferig zu machen pflege: Mit dieser/ bittet Statius/ in kurtz vorher gesetztem Gedichte/ berührt zu werden. Ovidius giebt vor/ seine Wohnung sey bey den Cimmeriern/ Homerus in der Insul Lemnus/ Statius bey den Mohren/ Ludovicus Ariostus bey den Arabern. Dannenhero Ovidius/ nachdem er/ im XI seiner Verwandlungs-Bücher/ deß Schlafes königliche Burg beschrieben/ dieses beygefüget: Falsche Träume. In medio torus est hebeno sublimis in antro, Plumeus, unicolor, pullo velamine tectus, Quo cubat ipse Deus, membris lan- gvore solutis. Hunc circa passim varias imitantia formas Somnia vana jacent, totidem quot messis aristas, Silva gerit frondes, ejectas littus a- renas. At pater è populo natorum mille su- orum. Excitat artificem, simulatoremque figurae Morphea: non illo jussos solertius alter Exprimit incessus, vultum, somnum- que loquendi; Adjicit & vestes, & consvetissima quaeque Verba: sed hic solos homines imi- tatur: at alter Fit fera, fit volucris, fit longo cor- pore serpens, Hunc Icilon superi, mortale Phobe- tora vulgus Nominat: est etiam diversae tertius artis Phantasos; ille in humum, saxum- que, undamque, trabemque, Quaeque vacant anima, fallaciter omnia transit.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/192>, abgerufen am 21.11.2024.