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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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Dort ist ein hohes Bett/ der sanfften Ruh
zu pflegen/

voll Federn/ einer Farb/ mit schwartzer
Deck bedeckt/

Da kan der Schlafes-Gott die matten
Glieder legen/

um dieses sind die Träum in vieler Art er-
weckt.

So viel als Aehren sind in einer Ernd zu
sehen;

So viel ein dicker Wald trägt Blätter
fort und fort.

So viel vom Meer deß Sands pflegt an
den Rand zu gehen/

so viel und noch mehr Träum umgeben
diesen Ort.

Doch hat der Vatter auch aus vielen tau-
send Kindern

den Morpheus auferweckt/ der diese
Kunst nachthu.

Der thut was ihm gebührt/ und lässet sich
nichts hindern/

gibt Kleider/ Wort/ Gesicht und andre
Sachen zu/

doch allzeit als ein Mensch/ der ander sich
verstellet

in Vögel/ in ein Wild/ in eine schlancke
Schlang/

den nennet Icilon was Göttern zugesel-
let/

und auch Phobetora der Irrdischen Ge-
sang.

Der dritt ist Phantasos/ so mit der Erden
handelt/

und sich in einen Stein/ in Block und Was-
ser wandelt.

Warumb Mercurius ohne Bart vorgestellet werde. Nun kommen wir aber zu den viereckichten Mercurius/ von dem Pausanias in Achaicis meldet/ daß er an einem gewissen Orte/ mit einem grossen Bart am Wege gestanden/ und mit einem Hute bedeckt gewesen sey/ und weiß ich mich nicht zu erinnern/ daß sonsten einiger Orten eines bärtigten gedacht würde/ sondern er wird allzeit ohne Bart beschrieben; dardurch anzudeuten/ es könne eine schöne und zierliche Rede niemahls veralten. Daß ihm aber die Milchhaare hervorstechen/ haben wir oben aus dem Martianus erwähnet; und bekräfftiget eben solches auch Lucianus/ im Buch von den Opffern. Homerus dichtet gleichfalls/ er sey dem Ulysses also erschienen/ als er ihm das Kraut Moly gebracht habe/ wormit er ihn wider der Circe Bezauberung Steinhauffen umb die Seulen deß Mercurius. verwahret. Uberdiß pflegten die Reisenden umb deß Mercurius Statuen Steine aufzuhäuffen/ da ein ieder/ der fürüber gienge/ den Hauffen mit einem Stein vermehren muste; dardurch anzudeuten/ entweder/ es müsse dieser Gott also geehret werden mit demjenigen/ was man gegenwärtig haben könte/ oder daß sie davor wolten angesehen seyn/ als ob sie solcher Gestalt die Strassen säuberten/ damit die Steine nicht den Wanders-Leuten im Wege[Spaltenumbruch] zum Anstoß geriehten; oder aber/ daß durch solchen Steinhauffen dieses Gottes Statua denen Vorbey-reisenden desto mehr bekannt werden möchte: Andere deuten es auf die Rede selbst/ als welche aus den kleinsten Wörtern bestehet. Svidas schreibet/ es seyen diese Steinhauffen an den Scheidwegen zu sehen gewesen/ damit die Reisende nicht auf einen Irrweg gerahten möchten. Dannenhero auch die Alten die Erstlinge ihrer Früchte dahin zu legen pflegten/ daß die Vorüberreisende zu ihrer Nohtdurfft davon nehmen könten.

Dreyköpfigter Mercurius. Der Mercurius war überdas auch dreyköpffig gebildet/ entweder dardurch die Krafft und das Vermögen der Rede auszudrucken/ oder die Weege und Strassen damit anzuweisen; dann in denselben gemeiniglich ein und andere Schrifften eingehauen waren/ wohin dieser und jener und noch ein anderer Weeg zu führen pflege. Man siehet ferner aus dem Homerus/ daß die Hirten unter deß Mercurius Schutz gestanden/ wann er in einer Iliade bezeuget/ es seye der Phorba unter den Trojanern der Reichste an groß- und kleinem Vieh gewesen/ welchen Mercurius/ der insonderheit für ihn gesorgt/ dergestalt bereichert habe. Dahero Pausanias in Corinthiacis sagt/ es sey dessen Statua von Ertz beym Lecheus sitzend/ und neben sich einen Widder habend/ gebildet gewesen; die Ursach aber solcher Abbildung wird von dem Pausanias/ als ein Geheimnis verschwiegen. Eben dieser gedencket auch einer andern Statue bey den Mercurius mit einem Widder. Tanagreern/ einem Volck in Boeotien/ die am Halse einen Widder hangend gehabt/ dann die Rede gieng/ es wäre Mercurius/ in solcher Gestalt/ auf der Stadtmauer herumb gegangen/ und habe die damahlig-grassirende grosse Pest vertrieben. Dannenhero auch/ wann sie jährlich ihr/ wegen dieser Sache/ verordnetes Gedächtnus-Fest begiengen/ ein schöner Jüngling/ mit einem auf den Achseln ligenden Lamme umb ihre Stadt gienge/ und also den Mercurius vorstellete. Eben dieser Pausanias gedencket einer andern Statue deß Mercurius/ so aus Arcadien in deß Jupiters Olympius Tempel gebracht worden: Diese hatte einen Helm auff dem Haupt/ ware mit einem Mantel und Rocke bekleidet/ und trug unter dem Arm einen Widder.

Macrobius/ der im I Buch Saturnaliorum unter anderer Götter Namen/ der Sonnen mancherley Kräfften und Tugenden verstanden Mercurius wird für die Sonne gehalten. standen haben will/ deutet deß Mercurius Bild auf die Sonne/ und sagt/ die Flügel bilden der Sonnen schnelle Behendigkeit für; dann in den Fabeln lieset man/ es habe Mercurius den Argus/ als Hüter und Verwahrer der Io/ deß Inachus Tochter/ die in eine Kuh verwandelt worden/ umgebracht/ deßwegen seine Seule unterweilen mit einem Schwerdt gebildet wird: Argus aber ist der Himmel/ an dem

[Spaltenumbruch]
Dort ist ein hohes Bett/ der sanfften Ruh
zu pflegen/

voll Federn/ einer Farb/ mit schwartzer
Deck bedeckt/

Da kan der Schlafes-Gott die matten
Glieder legen/

um dieses sind die Träum in vieler Art er-
weckt.

So viel als Aehren sind in einer Ernd zu
sehen;

So viel ein dicker Wald trägt Blätter
fort und fort.

So viel vom Meer deß Sands pflegt an
den Rand zu gehen/

so viel und noch mehr Träum umgeben
diesen Ort.

Doch hat der Vatter auch aus vielen tau-
send Kindern

den Morpheus auferweckt/ der diese
Kunst nachthu.

Der thut was ihm gebührt/ und lässet sich
nichts hindern/

gibt Kleider/ Wort/ Gesicht und andre
Sachen zu/

doch allzeit als ein Mensch/ der ander sich
verstellet

in Vögel/ in ein Wild/ in eine schlancke
Schlang/

den nennet Icilon was Göttern zugesel-
let/

und auch Phobetora der Irrdischen Ge-
sang.

Der dritt ist Phantasos/ so mit der Erden
handelt/

und sich in einen Stein/ in Block und Was-
ser wandelt.

Warumb Mercurius ohne Bart vorgestellet werde. Nun kommen wir aber zu den viereckichten Mercurius/ von dem Pausanias in Achaicis meldet/ daß er an einem gewissen Orte/ mit einem grossen Bart am Wege gestanden/ und mit einem Hute bedeckt gewesen sey/ und weiß ich mich nicht zu erinnern/ daß sonsten einiger Orten eines bärtigten gedacht würde/ sondern er wird allzeit ohne Bart beschrieben; dardurch anzudeuten/ es könne eine schöne und zierliche Rede niemahls veralten. Daß ihm aber die Milchhaare hervorstechen/ haben wir oben aus dem Martianus erwähnet; und bekräfftiget eben solches auch Lucianus/ im Buch von den Opffern. Homerus dichtet gleichfalls/ er sey dem Ulysses also erschienen/ als er ihm das Kraut Moly gebracht habe/ wormit er ihn wider der Circe Bezauberung Steinhauffen umb die Seulen deß Mercurius. verwahret. Uberdiß pflegten die Reisenden umb deß Mercurius Statuen Steine aufzuhäuffen/ da ein ieder/ der fürüber gienge/ den Hauffen mit einem Stein vermehren muste; dardurch anzudeuten/ entweder/ es müsse dieser Gott also geehret werden mit demjenigen/ was man gegenwärtig haben könte/ oder daß sie davor wolten angesehen seyn/ als ob sie solcher Gestalt die Strassen säuberten/ damit die Steine nicht den Wanders-Leuten im Wege[Spaltenumbruch] zum Anstoß geriehten; oder aber/ daß durch solchen Steinhauffen dieses Gottes Statua denen Vorbey-reisenden desto mehr bekannt werden möchte: Andere deuten es auf die Rede selbst/ als welche aus den kleinsten Wörtern bestehet. Svidas schreibet/ es seyen diese Steinhauffen an den Scheidwegen zu sehen gewesen/ damit die Reisende nicht auf einen Irrweg gerahten möchten. Dannenhero auch die Alten die Erstlinge ihrer Früchte dahin zu legen pflegten/ daß die Vorüberreisende zu ihrer Nohtdurfft davon nehmen könten.

Dreyköpfigter Mercurius. Der Mercurius war überdas auch dreyköpffig gebildet/ entweder dardurch die Krafft und das Vermögen der Rede auszudrucken/ oder die Weege und Strassen damit anzuweisen; dann in denselben gemeiniglich ein und andere Schrifften eingehauen waren/ wohin dieser und jener und noch ein anderer Weeg zu führen pflege. Man siehet ferner aus dem Homerus/ daß die Hirten unter deß Mercurius Schutz gestanden/ wann er in einer Iliade bezeuget/ es seye der Phorba unter den Trojanern der Reichste an groß- und kleinem Vieh gewesen/ welchen Mercurius/ der insonderheit für ihn gesorgt/ dergestalt bereichert habe. Dahero Pausanias in Corinthiacis sagt/ es sey dessen Statua von Ertz beym Lecheus sitzend/ und neben sich einen Widder habend/ gebildet gewesen; die Ursach aber solcher Abbildung wird von dem Pausanias/ als ein Geheimnis verschwiegen. Eben dieser gedencket auch einer andern Statue bey den Mercurius mit einem Widder. Tanagreern/ einem Volck in Boeotien/ die am Halse einen Widder hangend gehabt/ dann die Rede gieng/ es wäre Mercurius/ in solcher Gestalt/ auf der Stadtmauer herumb gegangen/ und habe die damahlig-grassirende grosse Pest vertrieben. Dannenhero auch/ wann sie jährlich ihr/ wegen dieser Sache/ verordnetes Gedächtnus-Fest begiengen/ ein schöner Jüngling/ mit einem auf den Achseln ligenden Lamme umb ihre Stadt gienge/ und also den Mercurius vorstellete. Eben dieser Pausanias gedencket einer andern Statue deß Mercurius/ so aus Arcadien in deß Jupiters Olympius Tempel gebracht worden: Diese hatte einen Helm auff dem Haupt/ ware mit einem Mantel und Rocke bekleidet/ und trug unter dem Arm einen Widder.

Macrobius/ der im I Buch Saturnaliorum unter anderer Götter Namen/ der Sonnen mancherley Kräfften und Tugenden verstanden Mercurius wird für die Sonne gehalten. standen haben will/ deutet deß Mercurius Bild auf die Sonne/ und sagt/ die Flügel bilden der Sonnen schnelle Behendigkeit für; dann in den Fabeln lieset man/ es habe Mercurius den Argus/ als Hüter und Verwahrer der Io/ deß Inachus Tochter/ die in eine Kuh verwandelt worden/ umgebracht/ deßwegen seine Seule unterweilen mit einem Schwerdt gebildet wird: Argus aber ist der Himmel/ an dem

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 119/0193] Dort ist ein hohes Bett/ der sanfften Ruh zu pflegen/ voll Federn/ einer Farb/ mit schwartzer Deck bedeckt/ Da kan der Schlafes-Gott die matten Glieder legen/ um dieses sind die Träum in vieler Art er- weckt. So viel als Aehren sind in einer Ernd zu sehen; So viel ein dicker Wald trägt Blätter fort und fort. So viel vom Meer deß Sands pflegt an den Rand zu gehen/ so viel und noch mehr Träum umgeben diesen Ort. Doch hat der Vatter auch aus vielen tau- send Kindern den Morpheus auferweckt/ der diese Kunst nachthu. Der thut was ihm gebührt/ und lässet sich nichts hindern/ gibt Kleider/ Wort/ Gesicht und andre Sachen zu/ doch allzeit als ein Mensch/ der ander sich verstellet in Vögel/ in ein Wild/ in eine schlancke Schlang/ den nennet Icilon was Göttern zugesel- let/ und auch Phobetora der Irrdischen Ge- sang. Der dritt ist Phantasos/ so mit der Erden handelt/ und sich in einen Stein/ in Block und Was- ser wandelt. Nun kommen wir aber zu den viereckichten Mercurius/ von dem Pausanias in Achaicis meldet/ daß er an einem gewissen Orte/ mit einem grossen Bart am Wege gestanden/ und mit einem Hute bedeckt gewesen sey/ und weiß ich mich nicht zu erinnern/ daß sonsten einiger Orten eines bärtigten gedacht würde/ sondern er wird allzeit ohne Bart beschrieben; dardurch anzudeuten/ es könne eine schöne und zierliche Rede niemahls veralten. Daß ihm aber die Milchhaare hervorstechen/ haben wir oben aus dem Martianus erwähnet; und bekräfftiget eben solches auch Lucianus/ im Buch von den Opffern. Homerus dichtet gleichfalls/ er sey dem Ulysses also erschienen/ als er ihm das Kraut Moly gebracht habe/ wormit er ihn wider der Circe Bezauberung verwahret. Uberdiß pflegten die Reisenden umb deß Mercurius Statuen Steine aufzuhäuffen/ da ein ieder/ der fürüber gienge/ den Hauffen mit einem Stein vermehren muste; dardurch anzudeuten/ entweder/ es müsse dieser Gott also geehret werden mit demjenigen/ was man gegenwärtig haben könte/ oder daß sie davor wolten angesehen seyn/ als ob sie solcher Gestalt die Strassen säuberten/ damit die Steine nicht den Wanders-Leuten im Wege zum Anstoß geriehten; oder aber/ daß durch solchen Steinhauffen dieses Gottes Statua denen Vorbey-reisenden desto mehr bekannt werden möchte: Andere deuten es auf die Rede selbst/ als welche aus den kleinsten Wörtern bestehet. Svidas schreibet/ es seyen diese Steinhauffen an den Scheidwegen zu sehen gewesen/ damit die Reisende nicht auf einen Irrweg gerahten möchten. Dannenhero auch die Alten die Erstlinge ihrer Früchte dahin zu legen pflegten/ daß die Vorüberreisende zu ihrer Nohtdurfft davon nehmen könten. Warumb Mercurius ohne Bart vorgestellet werde. Steinhauffen umb die Seulen deß Mercurius. Der Mercurius war überdas auch dreyköpffig gebildet/ entweder dardurch die Krafft und das Vermögen der Rede auszudrucken/ oder die Weege und Strassen damit anzuweisen; dann in denselben gemeiniglich ein und andere Schrifften eingehauen waren/ wohin dieser und jener und noch ein anderer Weeg zu führen pflege. Man siehet ferner aus dem Homerus/ daß die Hirten unter deß Mercurius Schutz gestanden/ wann er in einer Iliade bezeuget/ es seye der Phorba unter den Trojanern der Reichste an groß- und kleinem Vieh gewesen/ welchen Mercurius/ der insonderheit für ihn gesorgt/ dergestalt bereichert habe. Dahero Pausanias in Corinthiacis sagt/ es sey dessen Statua von Ertz beym Lecheus sitzend/ und neben sich einen Widder habend/ gebildet gewesen; die Ursach aber solcher Abbildung wird von dem Pausanias/ als ein Geheimnis verschwiegen. Eben dieser gedencket auch einer andern Statue bey den Tanagreern/ einem Volck in Boeotien/ die am Halse einen Widder hangend gehabt/ dann die Rede gieng/ es wäre Mercurius/ in solcher Gestalt/ auf der Stadtmauer herumb gegangen/ und habe die damahlig-grassirende grosse Pest vertrieben. Dannenhero auch/ wann sie jährlich ihr/ wegen dieser Sache/ verordnetes Gedächtnus-Fest begiengen/ ein schöner Jüngling/ mit einem auf den Achseln ligenden Lamme umb ihre Stadt gienge/ und also den Mercurius vorstellete. Eben dieser Pausanias gedencket einer andern Statue deß Mercurius/ so aus Arcadien in deß Jupiters Olympius Tempel gebracht worden: Diese hatte einen Helm auff dem Haupt/ ware mit einem Mantel und Rocke bekleidet/ und trug unter dem Arm einen Widder. Dreyköpfigter Mercurius. Mercurius mit einem Widder.Macrobius/ der im I Buch Saturnaliorum unter anderer Götter Namen/ der Sonnen mancherley Kräfften und Tugenden verstanden standen haben will/ deutet deß Mercurius Bild auf die Sonne/ und sagt/ die Flügel bilden der Sonnen schnelle Behendigkeit für; dann in den Fabeln lieset man/ es habe Mercurius den Argus/ als Hüter und Verwahrer der Io/ deß Inachus Tochter/ die in eine Kuh verwandelt worden/ umgebracht/ deßwegen seine Seule unterweilen mit einem Schwerdt gebildet wird: Argus aber ist der Himmel/ an dem Mercurius wird für die Sonne gehalten.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/193>, abgerufen am 21.11.2024.