Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] Der Minerven Flor/ Schleyer/ oder Talar. Flor oder Schleyer aber war eine Kleider-Art/ die man der Götter Bildnussen anzuziehen pflegte/ der hatte/ wie Luctatius/ deß Statius Ausleger/ schreibet/ keine Ermeln/ war weiß/ aber mit übergüldeten Bullen gezieret/ welche die edlen Matronen mit eignen Händen machten/ und allezeit übers dritte Jahr zu opffern gewohnt waren. Es ward aber solcher Flor oder Schleyer bey den Atheniensern/ deren Schutz-Göttin die Minerva war/ gebraucht/ und hiesse man gemeiniglich das Kleid also/ welches sie zu Athen dieser Göttin alle fünff Jahr/ mit öffentlichen Ceremonien/ heiligten; Obwol Svidas schreibet/ es sey kein Kleid/ sondern ein Segel eines Schiffs gewest/ welches man auf gewissen/ dieser Göttin zu Ehren verordneten Festtägen/ mit grossem Pomp ausrüstete.

Talar der Minerva geopffert. Es pflegten aber auch die Alten dieser Göttin einen Talar/ oder wie ichs nennen mag/ ein dergleichen Ober-Kleid zu opffern/ wann sie in grosser Gefahr stunden/ und mit dieser Göttin sich versöhnen wollten. Dannenhero die Hecuba beym Homerus/ (nachdem sie deß Heleni Sohns und Wahrsagers Raht gepflogen/ und die Trojaner von den Griechen in ihrer Ringmauer eingeschlossen sahe) aus ihren kostbarsten Kleidern/ einen dergleichen Talar auserlesen/ welchen sie/ nebst etlichen der edelsten Matronen/ die sie zu Gefärten mit ihr genommen/ in den Pallas-Tempel gebracht/ und selbiger Göttin/ durch deß Antenors Gemahlin Theano opffern lassen: als welche damahliger Zeit alle Trojanerinnen einmühtiglich zu ehren pflegten/ und also die Göttin inbrünstig baten/ ihnen gnädig zu seyn. Welches Virgilius/ im ersten Buch Aeneidos, sehr schön ausgedruckt/ wann Er erzehlet/ daß es an den Wänden/ in dem Tempel der Juno/ der zu Carthago erbauet war/ abgeschildert gewesen/ dieses Inhalts:

Interea ad templum non aeqvae Pal-
ladis ibant

Crinibus Iliades passis, peplumque
ferebant,

Suppliciter tristes, & tunsae pectora
palmis.

Immittelst sahe man/ wie die Trojanerin-
nen/

Mit gantz zerstreutem Haar/ und hochbe-
trübten Sinnen/

In langen Schauben zu den Tempel zogen
hin

Der Pallas auferbaut/ mit höchstbetrüb-
tem Sinn.

Sie schlugen auf die Brust/ Sie rissen aus
die Haare/

Sie giengen ungestalt in erbarem Tala-
re/

[Spaltenumbruch] Und kratzten das Gesicht mit Nägeln
grimmiglich/

Daher die Göttin auch von ihnen wandte
sich.

Auf diesen Talar der Minerva pflegten die Athenienser mit der Nadel den Enceladus/ oder einen andern aus den Riesen zu sticken/ den/ wie man sagte/ die Minerva umgebracht haben solle: wiewol sie auch unterweilen einige tapffere und berühmte Kriegs-Helden darauf auszubilden pflegten. Enceladus aber praesentirte am obern Theile deß Leibes einen Menschen/ und unten eine Schlange. Von gleichmässiger Gestalt sollen auch/ wie die Riesen. Poeten dichten/ die Riesen gewesen seyn/ welche die Götter zu bekriegen sich unterfangen haben. Deß Commodus Grausamkeit. Dannenhero Svidas vom Kayser Commodus/ dem grausamen und greulichen Tyrannen/ erzehlet/ er habe Hercules/ deß Jupiters Sohn/ genennet seyn wollen/ und deswegen auch bisweilen eine Löwenhaut angezogen/ eine Keule in die Hand genommen/ und also im Schertz viel Menschen darmit umgebracht. Und damit es das Ansehen hätte/ als ob er für die Götter stritte/ ließ er diesen elenden Menschen ihre Beine gantz krumm und gleich den Schlangen drehen/ umb dardurch die Riesen vorzustellen/ worauf er sie endlich am gantzen Leibe und allen Gliedern mit seiner Keule zermörselt.

Apollodorus schreibet/ daß die Riesen scheußlich anzusehen gewesen/ lange biß auf die Schulder herabhangende Haare gehabt/ und Bedeutung der Riesen. den Bart auf der Brust aufligend getragen. Ihre Unter-Theile geben uns zu verstehen/ daß leichtfertige Menschen und Gottes-Verächter niemaln etwas löbliches/ erbares und gerechtes/ sondern in allem ihrem Thun das Widerspiel zu verrichten pflegen. Deßwegen sie nicht unbillig den Schlangen verglichen werden/ die sich aus dem Staube oder von der Erden nicht emporheben/ weniger aber gerade einher gehen können/ sondern sich hin und her krümmen und bewegen müssen. Diese bringet/ wie man sagt/ die Minerva um/ dann sie allzeit in der Finsternus der Unwissenheit herumb irren/ und die Augen niemahls empor heben/ das Göttliche Liecht zu beschauen/ so denen vorleuchtet/ die nach dem herrlichem und ewigem Leben streben: und dieses deutet den Beystand und die Gunst an/ wormit die Minerva die jenigen würdiget/ so Sie umb Hülffe ersuchten und anrufften/ dergleichen Perseus und Bellerophon gewesen zu seyn erzehlet werden/ der von selbiger das geflügelte/ gezähmte und zum reuten beqvämte Pferd Pegasus erhalten/ sich drauf gesetzet/ und das greuliche Wunderthier Chimaera umbgebracht.

Dannenhero bey den Corinthiern/ wie Pausanias in Corinthiis erzehlt/ ein höltzern Bild ware/ dessen Angesicht/ Hände und Füsse

[Spaltenumbruch] Der Minerven Flor/ Schleyer/ oder Talar. Flor oder Schleyer aber war eine Kleider-Art/ die man der Götter Bildnussen anzuziehen pflegte/ der hatte/ wie Luctatius/ deß Statius Ausleger/ schreibet/ keine Ermeln/ war weiß/ aber mit übergüldeten Bullen gezieret/ welche die edlen Matronen mit eignen Händen machten/ und allezeit übers dritte Jahr zu opffern gewohnt waren. Es ward aber solcher Flor oder Schleyer bey den Atheniensern/ deren Schutz-Göttin die Minerva war/ gebraucht/ und hiesse man gemeiniglich das Kleid also/ welches sie zu Athen dieser Göttin alle fünff Jahr/ mit öffentlichen Ceremonien/ heiligten; Obwol Svidas schreibet/ es sey kein Kleid/ sondern ein Segel eines Schiffs gewest/ welches man auf gewissen/ dieser Göttin zu Ehren verordneten Festtägen/ mit grossem Pomp ausrüstete.

Talar der Minerva geopffert. Es pflegten aber auch die Alten dieser Göttin einen Talar/ oder wie ichs nennen mag/ ein dergleichen Ober-Kleid zu opffern/ wann sie in grosser Gefahr stunden/ und mit dieser Göttin sich versöhnen wollten. Dannenhero die Hecuba beym Homerus/ (nachdem sie deß Heleni Sohns und Wahrsagers Raht gepflogen/ und die Trojaner von den Griechen in ihrer Ringmauer eingeschlossen sahe) aus ihren kostbarsten Kleidern/ einen dergleichen Talar auserlesen/ welchen sie/ nebst etlichen der edelsten Matronen/ die sie zu Gefärten mit ihr genommen/ in den Pallas-Tempel gebracht/ und selbiger Göttin/ durch deß Antenors Gemahlin Theano opffern lassen: als welche damahliger Zeit alle Trojanerinnen einmühtiglich zu ehren pflegten/ und also die Göttin inbrünstig baten/ ihnen gnädig zu seyn. Welches Virgilius/ im ersten Buch Aeneidos, sehr schön ausgedruckt/ wann Er erzehlet/ daß es an den Wänden/ in dem Tempel der Juno/ der zu Carthago erbauet war/ abgeschildert gewesen/ dieses Inhalts:

Interea ad templum non aeqvae Pal-
ladis ibant

Crinibus Iliades passis, peplumque
ferebant,

Suppliciter tristes, & tunsae pectora
palmis.

Immittelst sahe man/ wie die Trojanerin-
nen/

Mit gantz zerstreutem Haar/ und hochbe-
trübten Sinnen/

In langen Schauben zu den Tempel zogen
hin

Der Pallas auferbaut/ mit höchstbetrüb-
tem Sinn.

Sie schlugen auf die Brust/ Sie rissen aus
die Haare/

Sie giengen ungestalt in erbarem Tala-
re/

[Spaltenumbruch] Und kratzten das Gesicht mit Nägeln
grimmiglich/

Daher die Göttin auch von ihnen wandte
sich.

Auf diesen Talar der Minerva pflegten die Athenienser mit der Nadel den Enceladus/ oder einen andern aus den Riesen zu sticken/ den/ wie man sagte/ die Minerva umgebracht haben solle: wiewol sie auch unterweilen einige tapffere und berühmte Kriegs-Helden darauf auszubilden pflegten. Enceladus aber praesentirte am obern Theile deß Leibes einen Menschen/ und unten eine Schlange. Von gleichmässiger Gestalt sollen auch/ wie die Riesen. Poeten dichten/ die Riesen gewesen seyn/ welche die Götter zu bekriegen sich unterfangen haben. Deß Commodus Grausamkeit. Dannenhero Svidas vom Kayser Commodus/ dem grausamen und greulichen Tyrannen/ erzehlet/ er habe Hercules/ deß Jupiters Sohn/ genennet seyn wollen/ und deswegen auch bisweilen eine Löwenhaut angezogen/ eine Keule in die Hand genommen/ und also im Schertz viel Menschen darmit umgebracht. Und damit es das Ansehen hätte/ als ob er für die Götter stritte/ ließ er diesen elenden Menschen ihre Beine gantz krumm und gleich den Schlangen drehen/ umb dardurch die Riesen vorzustellen/ worauf er sie endlich am gantzen Leibe und allen Gliedern mit seiner Keule zermörselt.

Apollodorus schreibet/ daß die Riesen scheußlich anzusehen gewesen/ lange biß auf die Schulder herabhangende Haare gehabt/ und Bedeutung der Riesen. den Bart auf der Brust aufligend getragen. Ihre Unter-Theile geben uns zu verstehen/ daß leichtfertige Menschen und Gottes-Verächter niemaln etwas löbliches/ erbares und gerechtes/ sondern in allem ihrem Thun das Widerspiel zu verrichten pflegen. Deßwegen sie nicht unbillig den Schlangen verglichen werden/ die sich aus dem Staube oder von der Erden nicht emporheben/ weniger aber gerade einher gehen können/ sondern sich hin und her krümmen und bewegen müssen. Diese bringet/ wie man sagt/ die Minerva um/ dann sie allzeit in der Finsternus der Unwissenheit herumb irren/ und die Augen niemahls empor heben/ das Göttliche Liecht zu beschauen/ so denen vorleuchtet/ die nach dem herrlichem und ewigem Leben streben: und dieses deutet den Beystand und die Gunst an/ wormit die Minerva die jenigen würdiget/ so Sie umb Hülffe ersuchten und anrufften/ dergleichen Perseus und Bellerophon gewesen zu seyn erzehlet werden/ der von selbiger das geflügelte/ gezähmte und zum reuten beqvämte Pferd Pegasus erhalten/ sich drauf gesetzet/ und das greuliche Wunderthier Chimaera umbgebracht.

Dannenhero bey den Corinthiern/ wie Pausanias in Corinthiis erzehlt/ ein höltzern Bild ware/ dessen Angesicht/ Hände und Füsse

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div xml:id="d1482.1">
          <p><pb facs="#f0214" xml:id="pb-1494" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 631 [eigentlich 136]"/><cb/><note xml:id="n1494.1" place="right">Der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerven</persName> Flor/ Schleyer/ oder Talar.</note> Flor oder Schleyer aber war eine Kleider-Art/ die man der Götter Bildnussen anzuziehen pflegte/ der hatte/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3772 http://d-nb.info/gnd/100515401 http://viaf.org/viaf/91686369">Luctatius</persName>/ deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3507 http://d-nb.info/gnd/118798502 http://viaf.org/viaf/100904338">Statius</persName> Ausleger/ schreibet/ keine Ermeln/ war weiß/ aber mit übergüldeten Bullen gezieret/ welche die edlen Matronen mit eignen Händen machten/ und allezeit übers dritte Jahr zu opffern gewohnt waren. Es ward aber solcher Flor oder Schleyer bey den Atheniensern/ deren Schutz-Göttin die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName> war/ gebraucht/ und hiesse man gemeiniglich das Kleid also/ welches sie zu Athen dieser Göttin alle fünff Jahr/ mit öffentlichen Ceremonien/ heiligten; Obwol <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1887 http://d-nb.info/gnd/100563465 http://viaf.org/viaf/17571897">Svidas</persName> schreibet/ es sey kein Kleid/ sondern ein Segel eines Schiffs gewest/ welches man auf gewissen/ dieser Göttin zu Ehren verordneten Festtägen/ mit grossem Pomp ausrüstete.</p>
          <p><note xml:id="n1494.2" place="right">Talar der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName> geopffert.</note> Es pflegten aber auch die Alten dieser Göttin einen Talar/ oder wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ichs</persName> nennen mag/ ein dergleichen Ober-Kleid zu opffern/ wann sie in grosser Gefahr stunden/ und mit dieser Göttin sich versöhnen wollten. Dannenhero die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1948">Hecuba</persName> beym <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-109 http://d-nb.info/gnd/11855333X http://viaf.org/viaf/63292865">Homerus</persName>/ (nachdem sie deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3134">Heleni</persName> Sohns und Wahrsagers Raht gepflogen/ und die Trojaner von den Griechen in ihrer Ringmauer eingeschlossen sahe) aus ihren kostbarsten Kleidern/ einen dergleichen Talar auserlesen/ welchen sie/ nebst etlichen der edelsten Matronen/ die sie zu Gefärten mit ihr genommen/ in den <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1141">Pallas-Tempel</placeName> gebracht/ und selbiger Göttin/ durch deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3774 http://d-nb.info/gnd/119013258 http://viaf.org/viaf/18022636">Antenors</persName> Gemahlin <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3773 http://d-nb.info/gnd/124465536 http://viaf.org/viaf/6513380">Theano</persName> opffern lassen: als welche damahliger Zeit alle Trojanerinnen einmühtiglich zu ehren pflegten/ und also die Göttin inbrünstig baten/ ihnen gnädig zu seyn. Welches <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-410 http://d-nb.info/gnd/118626574 http://viaf.org/viaf/8194433">Virgilius</persName>/ im ersten Buch <hi rendition="#aq">Aeneidos,</hi> sehr schön ausgedruckt/ wann Er erzehlet/ daß es an den Wänden/ in dem <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1474">Tempel der Juno</placeName>/ der zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-227 http://www.geonames.org/2468244/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7016143">Carthago</placeName> erbauet war/ abgeschildert gewesen/ dieses Inhalts:</p>
          <lg rendition="#aq" xml:lang="la">
            <l>Interea ad templum non aeqvae Pal-<lb/>
ladis ibant </l><lb/>
            <l>Crinibus Iliades passis, <reg>peplumque</reg><lb/>
ferebant,</l><lb/>
            <l>Suppliciter tristes, &amp; tunsae pectora<lb/>
palmis.</l><lb/>
          </lg>
          <lg>
            <l>Immittelst sahe man/ wie die Trojanerin-<lb/>
nen/</l><lb/>
            <l>Mit gantz zerstreutem Haar/ und hochbe-<lb/>
trübten Sinnen/</l><lb/>
            <l>In langen Schauben zu den Tempel zogen<lb/>
hin</l><lb/>
            <l>Der Pallas auferbaut/ mit höchstbetrüb-<lb/>
tem Sinn.</l><lb/>
            <l>Sie schlugen auf die Brust/ Sie rissen aus<lb/>
die Haare/</l><lb/>
            <l>Sie giengen ungestalt in erbarem Tala-<lb/>
re/</l><lb/>
            <cb/>
            <l>Und kratzten das Gesicht mit Nägeln<lb/>
grimmiglich/</l><lb/>
            <l>Daher die Göttin auch von ihnen wandte<lb/>
sich.</l><lb/>
          </lg>
          <p>Auf diesen Talar der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName> pflegten die Athenienser mit der Nadel den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-619">Enceladus</persName>/ oder einen andern aus den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3777">Riesen</persName> zu sticken/ den/ wie man sagte/ die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName> umgebracht haben solle: wiewol sie auch unterweilen einige tapffere und berühmte Kriegs-Helden darauf auszubilden pflegten. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-619">Enceladus</persName> aber <hi rendition="#aq">praesentirte</hi> am obern Theile deß Leibes einen Menschen/ und unten eine Schlange. Von gleichmässiger Gestalt sollen auch/ wie die <note xml:id="n1494.3" place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3777">Riesen</persName>.</note> Poeten dichten/ die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3777">Riesen</persName> gewesen seyn/ welche die Götter zu bekriegen sich unterfangen haben. <note place="right">Deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-913 http://d-nb.info/gnd/118521713 http://viaf.org/viaf/23502412">Commodus</persName> Grausamkeit.</note> Dannenhero <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1887 http://d-nb.info/gnd/100563465 http://viaf.org/viaf/17571897">Svidas</persName> vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-913 http://d-nb.info/gnd/118521713 http://viaf.org/viaf/23502412">Kayser Commodus</persName>/ dem grausamen und greulichen Tyrannen/ erzehlet/ er habe <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-215 http://d-nb.info/gnd/118639552 http://viaf.org/viaf/32789834">Hercules</persName>/ deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-99 http://d-nb.info/gnd/118558897 http://viaf.org/viaf/22933410">Jupiters</persName> Sohn/ genennet seyn wollen/ und deswegen auch bisweilen eine Löwenhaut angezogen/ eine Keule in die Hand genommen/ und also im Schertz viel Menschen darmit umgebracht. Und damit es das Ansehen hätte/ als ob er für die Götter stritte/ ließ er diesen elenden Menschen ihre Beine gantz krumm und gleich den Schlangen drehen/ umb dardurch die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3777">Riesen</persName> vorzustellen/ worauf er sie endlich am gantzen Leibe und allen Gliedern mit seiner Keule zermörselt.</p>
          <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-115 http://d-nb.info/gnd/118503650 http://viaf.org/viaf/100219503">Apollodorus</persName> schreibet/ daß die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3777">Riesen</persName> scheußlich anzusehen gewesen/ lange biß auf die Schulder herabhangende Haare gehabt/ und <note xml:id="n1494.4" place="right">Bedeutung der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3777">Riesen</persName>.</note> den Bart auf der Brust aufligend getragen. Ihre Unter-Theile geben uns zu verstehen/ daß leichtfertige Menschen und Gottes-Verächter niemaln etwas löbliches/ erbares und gerechtes/ sondern in allem ihrem Thun das Widerspiel zu verrichten pflegen. Deßwegen sie nicht unbillig den Schlangen verglichen werden/ die sich aus dem Staube oder von der Erden nicht emporheben/ weniger aber gerade einher gehen können/ sondern sich hin und her krümmen und bewegen müssen. Diese bringet/ wie man sagt/ die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName> um/ dann sie allzeit in der Finsternus der Unwissenheit herumb irren/ und die Augen niemahls empor heben/ das Göttliche Liecht zu beschauen/ so denen vorleuchtet/ die nach dem herrlichem und ewigem Leben streben: und dieses deutet den Beystand und die Gunst an/ wormit die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName> die jenigen würdiget/ so Sie umb Hülffe ersuchten und anrufften/ dergleichen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-481 http://d-nb.info/gnd/118790455 http://viaf.org/viaf/22937584">Perseus</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-134 http://d-nb.info/gnd/118655078 http://viaf.org/viaf/54942004">Bellerophon</persName> gewesen zu seyn erzehlet werden/ der von selbiger das geflügelte/ gezähmte und zum reuten beqvämte Pferd <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2647 http://d-nb.info/gnd/4195415-4">Pegasus</persName> erhalten/ sich drauf gesetzet/ und das greuliche Wunderthier <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3311">Chimaera</persName> umbgebracht.</p>
          <p>Dannenhero bey den Corinthiern/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> in <hi rendition="#aq">Corinthiis</hi> erzehlt/ ein höltzern Bild ware/ dessen Angesicht/ Hände und Füsse
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 631 [eigentlich 136]/0214] Flor oder Schleyer aber war eine Kleider-Art/ die man der Götter Bildnussen anzuziehen pflegte/ der hatte/ wie Luctatius/ deß Statius Ausleger/ schreibet/ keine Ermeln/ war weiß/ aber mit übergüldeten Bullen gezieret/ welche die edlen Matronen mit eignen Händen machten/ und allezeit übers dritte Jahr zu opffern gewohnt waren. Es ward aber solcher Flor oder Schleyer bey den Atheniensern/ deren Schutz-Göttin die Minerva war/ gebraucht/ und hiesse man gemeiniglich das Kleid also/ welches sie zu Athen dieser Göttin alle fünff Jahr/ mit öffentlichen Ceremonien/ heiligten; Obwol Svidas schreibet/ es sey kein Kleid/ sondern ein Segel eines Schiffs gewest/ welches man auf gewissen/ dieser Göttin zu Ehren verordneten Festtägen/ mit grossem Pomp ausrüstete. Der Minerven Flor/ Schleyer/ oder Talar. Es pflegten aber auch die Alten dieser Göttin einen Talar/ oder wie ichs nennen mag/ ein dergleichen Ober-Kleid zu opffern/ wann sie in grosser Gefahr stunden/ und mit dieser Göttin sich versöhnen wollten. Dannenhero die Hecuba beym Homerus/ (nachdem sie deß Heleni Sohns und Wahrsagers Raht gepflogen/ und die Trojaner von den Griechen in ihrer Ringmauer eingeschlossen sahe) aus ihren kostbarsten Kleidern/ einen dergleichen Talar auserlesen/ welchen sie/ nebst etlichen der edelsten Matronen/ die sie zu Gefärten mit ihr genommen/ in den Pallas-Tempel gebracht/ und selbiger Göttin/ durch deß Antenors Gemahlin Theano opffern lassen: als welche damahliger Zeit alle Trojanerinnen einmühtiglich zu ehren pflegten/ und also die Göttin inbrünstig baten/ ihnen gnädig zu seyn. Welches Virgilius/ im ersten Buch Aeneidos, sehr schön ausgedruckt/ wann Er erzehlet/ daß es an den Wänden/ in dem Tempel der Juno/ der zu Carthago erbauet war/ abgeschildert gewesen/ dieses Inhalts: Talar der Minerva geopffert.Interea ad templum non aeqvae Pal- ladis ibant Crinibus Iliades passis, peplumque ferebant, Suppliciter tristes, & tunsae pectora palmis. Immittelst sahe man/ wie die Trojanerin- nen/ Mit gantz zerstreutem Haar/ und hochbe- trübten Sinnen/ In langen Schauben zu den Tempel zogen hin Der Pallas auferbaut/ mit höchstbetrüb- tem Sinn. Sie schlugen auf die Brust/ Sie rissen aus die Haare/ Sie giengen ungestalt in erbarem Tala- re/ Und kratzten das Gesicht mit Nägeln grimmiglich/ Daher die Göttin auch von ihnen wandte sich. Auf diesen Talar der Minerva pflegten die Athenienser mit der Nadel den Enceladus/ oder einen andern aus den Riesen zu sticken/ den/ wie man sagte/ die Minerva umgebracht haben solle: wiewol sie auch unterweilen einige tapffere und berühmte Kriegs-Helden darauf auszubilden pflegten. Enceladus aber praesentirte am obern Theile deß Leibes einen Menschen/ und unten eine Schlange. Von gleichmässiger Gestalt sollen auch/ wie die Poeten dichten/ die Riesen gewesen seyn/ welche die Götter zu bekriegen sich unterfangen haben. Dannenhero Svidas vom Kayser Commodus/ dem grausamen und greulichen Tyrannen/ erzehlet/ er habe Hercules/ deß Jupiters Sohn/ genennet seyn wollen/ und deswegen auch bisweilen eine Löwenhaut angezogen/ eine Keule in die Hand genommen/ und also im Schertz viel Menschen darmit umgebracht. Und damit es das Ansehen hätte/ als ob er für die Götter stritte/ ließ er diesen elenden Menschen ihre Beine gantz krumm und gleich den Schlangen drehen/ umb dardurch die Riesen vorzustellen/ worauf er sie endlich am gantzen Leibe und allen Gliedern mit seiner Keule zermörselt. Riesen. Deß Commodus Grausamkeit.Apollodorus schreibet/ daß die Riesen scheußlich anzusehen gewesen/ lange biß auf die Schulder herabhangende Haare gehabt/ und den Bart auf der Brust aufligend getragen. Ihre Unter-Theile geben uns zu verstehen/ daß leichtfertige Menschen und Gottes-Verächter niemaln etwas löbliches/ erbares und gerechtes/ sondern in allem ihrem Thun das Widerspiel zu verrichten pflegen. Deßwegen sie nicht unbillig den Schlangen verglichen werden/ die sich aus dem Staube oder von der Erden nicht emporheben/ weniger aber gerade einher gehen können/ sondern sich hin und her krümmen und bewegen müssen. Diese bringet/ wie man sagt/ die Minerva um/ dann sie allzeit in der Finsternus der Unwissenheit herumb irren/ und die Augen niemahls empor heben/ das Göttliche Liecht zu beschauen/ so denen vorleuchtet/ die nach dem herrlichem und ewigem Leben streben: und dieses deutet den Beystand und die Gunst an/ wormit die Minerva die jenigen würdiget/ so Sie umb Hülffe ersuchten und anrufften/ dergleichen Perseus und Bellerophon gewesen zu seyn erzehlet werden/ der von selbiger das geflügelte/ gezähmte und zum reuten beqvämte Pferd Pegasus erhalten/ sich drauf gesetzet/ und das greuliche Wunderthier Chimaera umbgebracht. Bedeutung der Riesen.Dannenhero bey den Corinthiern/ wie Pausanias in Corinthiis erzehlt/ ein höltzern Bild ware/ dessen Angesicht/ Hände und Füsse

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/214
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 631 [eigentlich 136]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/214>, abgerufen am 21.11.2024.