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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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Die Zähne knirschen laut mit rohten
Rost beschmirt/

die Zung fliesst Eiterreich/ den Mund besi-
tzen Drachen;

Sie fing in ihrem Kleid ein Schütteln an
zu machen

mit einer Lampe/ die voll Blut die Rechte
rührt/

Wir wenden uns aber wiederumb zu der Tempel-Beschreibung deß Mars/ die wir aus dem Poeten Statius nehmen wollen:

Innumeris strepit aula Minis: tri-
stissima Virtus

Stat medio, laetusque Furor, vultuque
cruento

Mors armata sedet: bellorum solus in
aris

Sanguis, & incensis, qui raptus ab
urbibus, ignis:

Terrarum exuviae circum, & fasti-
gia templi

Captae insignibant gentes, caelataque
ferro

Fragmina portarum, bellatricesque
carinae,

Et vacui currus, protritaque curri-
bus ora.

Poenae etiam, Gemitusque adeo, Vis
omnis, & omne

Vulnus ubique ipsum, sed non us-
quam ore remisso

Cernere erat.
Die Hofstatt rauscht vom Trutz: die Tu-
gend
steht betrübet

in dessen Mittel-Punct. Froh ist die Ra-
serey
/

im Harnisch sitzt der Tod/ der rauhe Minen
giebet:

Dort ligt vor dem Altar das Blut und
Feur-Geschrey/

die Beuten von der Erd; von Tempeln
Spitzen ligen/

die zeigt das arme Volck. Viel ausge-
brochne Stück

von Thoren fester Plätz/ und Schiff aus
Meeres-Kriegen/

und leere Wägen/ die erobert das Ge-
lück/

Die Straff/ das Leid-Geheul/ Gewalt und
alle Wunden/

diß alles wird zur Gnüg in diesem Haus ge-
funden.

Pausanias erzehlet in Laconicis, daß die Lacedaemonier die Statue deß Mars mit Banden gefesselt bey sich gehabt/ und sich eingebildet/ [Spaltenumbruch] sie hätten auf solche Weise den Kriegs-Gott allezeit bey sich/ durch dessen Schutz sie ihre Feinde iederzeit überwinden könnten. Welches bey vielen andern Nationen ebenfalls Die gebundene Götter. gebräuchlich war: dann man von den Römern lieset/ daß Sie einige Bildnussen gefässelt/ und zwar insonderheit der Götter/ in welcher Schutz die Stadt war; dann aus der fast unzehlbaren Anzahl der Götter/ welche die Alten ehreten/ erwehlte ihr iedwede Stadt einen oder zwey insonderheit/ die Sie Schutz-Götter nennten/ welche zu beleidigen sich auch die Feinde selbsten scheueten. Dannenhero wann sie eine Stadt belägert hielten/ sie derselben Schutz-Götter rufften/ und mit einem gewissen vom Priester abgefassten Gebete an sich zogen/ hierdurch anzudeuten/ daß sie wider die Götter/ so die Stadt zu beschützen geordnet wären/ keinen Krieg im Sinne hätten. Die Römer haben ihres Schutz-Gottes Namen nicht wissen wollen. Und aus dieser Ursach haben die Römer ihres Schutz-Gottes Nahmen nicht wissen wollen/ damit er nicht von den Feinden hinausgeruffen/ sie verlassen möchte. Derohalben/ da Virgilius im I Buche Georgicorum, die Vesta deß Tiberstrohms und der Stadt Rom Hüterin und Bewahrerin nennet/ Servius dieses für eine Poetische Redens-Art hält/ und nicht will/ daß man meinen soll/ es sey dieselbe warhafftig der Stadt Rom Schutz-Göttin gewesen; dieweil aufs höchste verbotten war/ solchen Namen iemand zu offenbahren/ auch einer von den Tribunis am Leben gestrafft worden/ daß Er solchen zu nennen sich erkühnt hatte.

Damit aber die Schutz-Götter/ wann sie geruffen würden/ nicht etwan von ihnen hinaus wichen/ haben sie dieselben zu fesseln und anzubinden pflegen; immassen Q. Curtius von Apollo bey den Tyriern an deß Hercules Altar gebunden. den Tyriern erzehlet/ daß sie deß Apollo/ als ihrer Stadt Obersten oder vördersten Gottes Bildnis/ mit güldenen Ketten an deß Hercules Altar fest gemacht/ weil ihre Stadt unter seinem Schutz war/ damit/ im Fall er etwan gewillt wäre/ die Flucht zu ergreiffen/ er vom Hercules gehalten werden möchte: Dann als Alexander Magnus die Stadt belägert gehalten/ war einem Bürger im Schlaf vorkommen/ wie selbiger sich auf die Flucht gerüstet hätte. Diesem scheinet auch dasjenige beyzustimmen/ so bey den Atheniensern zu sehen war; dann dieselbigen/ wie Pausanias in Atticis Die Victoria oder Siegs-Göttin ohne Flügel erzehlet/ die Victoria oder Siegs-Göttin ohne Flügel hatten/ damit Sie nämlich nicht von ihnen wegfliegen mögte. Diese hielte/ wie Heliodorus meldet/ in der Rechten einen Granat-Apffel; in der Lincken aber einen Helm.

Die Römer hingegen hatten ihr/ wie Livius schreibet/ damit Sie desto lieber bey ihnen bleiben möchte/ beym Capitolio/ in deß grossen Jupiters Tempel einen Sitz gegeben/ und zwar umb diese Zeit/ da Hieron/ der König in

[Spaltenumbruch]
Die Zähne knirschen laut mit rohten
Rost beschmirt/

die Zung fliesst Eiterreich/ den Mund besi-
tzen Drachen;

Sie fing in ihrem Kleid ein Schütteln an
zu machen

mit einer Lampe/ die voll Blut die Rechte
rührt/

Wir wenden uns aber wiederumb zu der Tempel-Beschreibung deß Mars/ die wir aus dem Poeten Statius nehmen wollen:

Innumeris strepit aula Minis: tri-
stissima Virtus

Stat medio, laetusque Furor, vultuque
cruento

Mors armata sedet: bellorum solus in
aris

Sanguis, & incensis, qui raptus ab
urbibus, ignis:

Terrarum exuviae circum, & fasti-
gia templi

Captae insignibant gentes, caelataque
ferro

Fragmina portarum, bellatricesque
carinae,

Et vacui currus, protritaque curri-
bus ora.

Poenae etiam, Gemitusque adeo, Vis
omnis, & omne

Vulnus ubique ipsum, sed non us-
quam ore remisso

Cernere erat.
Die Hofstatt rauscht vom Trutz: die Tu-
gend
steht betrübet

in dessen Mittel-Punct. Froh ist die Ra-
serey
/

im Harnisch sitzt der Tod/ der rauhe Minen
giebet:

Dort ligt vor dem Altar das Blut und
Feur-Geschrey/

die Beuten von der Erd; von Tempeln
Spitzen ligen/

die zeigt das arme Volck. Viel ausge-
brochne Stück

von Thoren fester Plätz/ und Schiff aus
Meeres-Kriegen/

und leere Wägen/ die erobert das Ge-
lück/

Die Straff/ das Leid-Geheul/ Gewalt und
alle Wunden/

diß alles wird zur Gnüg in diesem Haus ge-
funden.

Pausanias erzehlet in Laconicis, daß die Lacedaemonier die Statue deß Mars mit Banden gefesselt bey sich gehabt/ und sich eingebildet/ [Spaltenumbruch] sie hätten auf solche Weise den Kriegs-Gott allezeit bey sich/ durch dessen Schutz sie ihre Feinde iederzeit überwinden könnten. Welches bey vielen andern Nationen ebenfalls Die gebundene Götter. gebräuchlich war: dann man von den Römern lieset/ daß Sie einige Bildnussen gefässelt/ und zwar insonderheit der Götter/ in welcher Schutz die Stadt war; dann aus der fast unzehlbaren Anzahl der Götter/ welche die Alten ehreten/ erwehlte ihr iedwede Stadt einen oder zwey insonderheit/ die Sie Schutz-Götter nennten/ welche zu beleidigen sich auch die Feinde selbsten scheueten. Dannenhero wann sie eine Stadt belägert hielten/ sie derselben Schutz-Götter rufften/ und mit einem gewissen vom Priester abgefassten Gebete an sich zogen/ hierdurch anzudeuten/ daß sie wider die Götter/ so die Stadt zu beschützen geordnet wären/ keinen Krieg im Sinne hätten. Die Römer haben ihres Schutz-Gottes Namen nicht wissen wollen. Und aus dieser Ursach haben die Römer ihres Schutz-Gottes Nahmen nicht wissen wollen/ damit er nicht von den Feinden hinausgeruffen/ sie verlassen möchte. Derohalben/ da Virgilius im I Buche Georgicorum, die Vesta deß Tiberstrohms und der Stadt Rom Hüterin und Bewahrerin nennet/ Servius dieses für eine Poetische Redens-Art hält/ und nicht will/ daß man meinen soll/ es sey dieselbe warhafftig der Stadt Rom Schutz-Göttin gewesen; dieweil aufs höchste verbotten war/ solchen Namen iemand zu offenbahren/ auch einer von den Tribunis am Leben gestrafft worden/ daß Er solchen zu nennen sich erkühnt hatte.

Damit aber die Schutz-Götter/ wann sie geruffen würden/ nicht etwan von ihnen hinaus wichen/ haben sie dieselben zu fesseln und anzubinden pflegen; immassen Q. Curtius von Apollo bey den Tyriern an deß Hercules Altar gebunden. den Tyriern erzehlet/ daß sie deß Apollo/ als ihrer Stadt Obersten oder vördersten Gottes Bildnis/ mit güldenen Ketten an deß Hercules Altar fest gemacht/ weil ihre Stadt unter seinem Schutz war/ damit/ im Fall er etwan gewillt wäre/ die Flucht zu ergreiffen/ er vom Hercules gehalten werden möchte: Dann als Alexander Magnus die Stadt belägert gehalten/ war einem Bürger im Schlaf vorkommen/ wie selbiger sich auf die Flucht gerüstet hätte. Diesem scheinet auch dasjenige beyzustimmen/ so bey den Atheniensern zu sehen war; dann dieselbigen/ wie Pausanias in Atticis Die Victoria oder Siegs-Göttin ohne Flügel erzehlet/ die Victoria oder Siegs-Göttin ohne Flügel hatten/ damit Sie nämlich nicht von ihnen wegfliegen mögte. Diese hielte/ wie Heliodorus meldet/ in der Rechten einen Granat-Apffel; in der Lincken aber einen Helm.

Die Römer hingegen hatten ihr/ wie Livius schreibet/ damit Sie desto lieber bey ihnen bleiben möchte/ beym Capitolio/ in deß grossen Jupiters Tempel einen Sitz gegeben/ und zwar umb diese Zeit/ da Hieron/ der König in

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

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Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

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  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
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  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/223>, abgerufen am 21.11.2024.