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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] gehabten Sorgen vergessen zu haben/ und der grössesten Freude zu geniessen; welches auch Seneca im Buch von der Ruhe deß Gemüts bezeuget.

Aus welcher Ursach Bacchus/ wie einige darfür halten/ auch Liber Pater soll benamset worden seyn: dann der/ so tapffer zu zechen pfleget/ von allem Kummer befreyet zu seyn/ und ungleich freymütiger zu reden pfleget/ als wann er nüchtern oder unbezecht wäre. Andere wollen/ er habe diesen Namen bekommen von der Freyheit/ als dero Gott er zu seyn geglaubet ward; dann Bacchus/ wie Plutarchus in seinen Problematibus erzehlet/ eine sehr lange Zeit für die Freyheit ritterlich gekämpfft und gestritten hatte. Daher dann kommen/ daß bey den Alten in den Frey-Städten des Marsyas Bildnus/ der einer aus den Satyren/ und des Bacchus Dienern war/ als ein Kennzeichen der Freyheit/ wie Servius an einem Orte schreibet/ aufgerichtet worden. Und beym Plinius im XXI Buch lieset man/ daß/ als P. Munatius dem Marsyas seinen Blumen-Krantz abgenommen/ und auf sein eigen Haupt gesetzt/ er deßwegen in Eisen und Bande geschlossen worden.

Marsyas. Von dem Marsyas lieset man in den Fabeln/ daß ihm Apollo die Haut über die Ohren ziehen lassen/ weil er die von der Minerva weggeworffne Pfeiffe gefunden/ und sich unterstanden hatte/ ihn/ um die Wette mit ihme drauf zu pfeiffen/ heraus zufordern: über dessen Ableiben sollen die Nymphen und Satyren soviel Thränen vergossen haben/ daß der Fluß/ Marsyas genannt/ daraus entstanden. Aber es verhält sich die Sache also/ daß er nemlich ein ersahmer Musicus und Erfinder der Pfeiffen gewesen/ wie Athenaeus aus dem Metrodorus erzehlet/ endlich der Sinnen beraubt/ sich/ nach des Suidas Zeugnus/ selbst in den Fluß gestürtzt/ daher gedachter Fluß nachgehends Marsyas genennt worden. Pausanias in Atticis schreibet/ es seye zu Athen auf dem Schlosse der Minerva Bildnus gestanden/ so den Marsyas geschlagen/ weil er die von ihr weggeworffne Pfeiffe aufgehebt habe.

Des Bacchus Kleider. Damit wir aber wieder zu des Bacchus Kleidern kehren/ so wollen einige/ sie seyen weibliche gewesen/ dieweil der allzuviele oder überflüssige Gebrauch deß Weins die Kräffte schwächet/ und den Menschen weichlich und zu einem Weibe machet. Derohalben Pausanias in Eliacis prioribus erzehlet/ daß Bacchus an des Cypselus Truhe mit einem langen Bart/ und Rahtherren-Rock/ oder bis auf die Füsse hangendem Kleide eingegraben gewesen/ der auch in einer Höle mit Wein-Reben und vielen fruchtbaren Bäumen umgeben/ in ligender Positur/ ein Schale hervor gelanget.

[Spaltenumbruch]

Bassareus. Man sagt auch/ es sey Bacchus Bassareus beygenahmet worden/ welcher Nahme ihm von einer gewissen Kleider-Art/ dero er und seine Priester sich/ wann sie opfferten/ bedient/ gegeben worden. Dieses Kleid ward genennt Bassara/ von einem also genenntem Lydischen Städtlein/ allwo es gemacht wurde/ oder aber von Fuchsbälchen/ die in Thracischer Sprache Bassarae genennt wurden. In Thracien aber begleiteten ihn die Bacchae/ welche darum auch Bassarae genennt sind/ oder auch Maenades/ welcher Name vom Grimm oder Raserey hergenommen ist/ weil diese an des Bacchus Festen mit zerstreueten Haaren/ Stäbe in den Händen haltende/ als rasend bald da/ bald dorthin lieffen/ und hierbey sich dessen erinnerten/ was sie vormals gethan/ da sie dem Bacchus als Geferten nachgefolget/ und den Erdkreis/ mit Einnehmung vieler Königreiche/ durchgereiset. Und diese Weiber trugen nicht allein Füchspeltze/ sondern auch Pantherthier- und Tieger-Häute/ waren mit einem Stabe gewaffnet/ banden unterweilen Pappelbaum ist den Geistern über die Seelen der Verstorbenen geheiligt. Epheu-Kräntze in die Haare/ bisweilen auch Zweige von Pappelbäumen: dieweil dieser Baum den Geistern über die Seelen der Abgestorbenen geheiligt war/ und man darfür hielte/ er wüchse an den Ufern des Acheron-Flusses/ dahero man ihn des Bacchus Dienern gegeben/ weil sie ihn auch für einen Gott der Höllen hielten/ deßwegen man ihn/ wie wir droben gemeldet/ von der Proserpina geboren zu seyn geglaubet: Welches wol geredt ist/ wann wir unter dem Namen des Bacchus die Sonne verstehen/ die/ wie wir allbereit erinnert/ unterweilen der Höllen Gott genennet wird.

Auf eben diese Art und Weise/ als die Bacchae abgebildet werden/ siehet man unterweilen auch den Bacchus selbst gebildet/ wie beym Claudianus im I Buch vom Raub und Entführung der Proserpina zu ersehen:

-- -- Laetusque simul procedit
lacchus

Crinali florens hedera, quem Par-
thica tigris

Velat, & auratos in nodum colligit
ungues,

Ebria Moeoniis figit vestigia thyr-
sis.

Jacchus kommt zugleich mit Epheu frisch
gezieret/

da ihn ein Tieger hält; die Klauen sind
geschlitzt

Und Knoden-gleich gelegt/ mit Gold gantz
überschmieret/

die truncknen Schritt an ihm ein Reben-
stecken stützt.

Ferula oder Gertenkraut dem Bacchus gegeben. Was Claudianus von dem mit Reben

[Spaltenumbruch] gehabten Sorgen vergessen zu haben/ und der grössesten Freude zu geniessen; welches auch Seneca im Buch von der Ruhe deß Gemüts bezeuget.

Aus welcher Ursach Bacchus/ wie einige darfür halten/ auch Liber Pater soll benamset worden seyn: dann der/ so tapffer zu zechen pfleget/ von allem Kummer befreyet zu seyn/ und ungleich freymütiger zu reden pfleget/ als wann er nüchtern oder unbezecht wäre. Andere wollen/ er habe diesen Namen bekommen von der Freyheit/ als dero Gott er zu seyn geglaubet ward; dann Bacchus/ wie Plutarchus in seinen Problematibus erzehlet/ eine sehr lange Zeit für die Freyheit ritterlich gekämpfft und gestritten hatte. Daher dann kommen/ daß bey den Alten in den Frey-Städten des Marsyas Bildnus/ der einer aus den Satyren/ und des Bacchus Dienern war/ als ein Kennzeichen der Freyheit/ wie Servius an einem Orte schreibet/ aufgerichtet worden. Und beym Plinius im XXI Buch lieset man/ daß/ als P. Munatius dem Marsyas seinen Blumen-Krantz abgenommen/ und auf sein eigen Haupt gesetzt/ er deßwegen in Eisen und Bande geschlossen worden.

Marsyas. Von dem Marsyas lieset man in den Fabeln/ daß ihm Apollo die Haut über die Ohren ziehen lassen/ weil er die von der Minerva weggeworffne Pfeiffe gefunden/ und sich unterstanden hatte/ ihn/ um die Wette mit ihme drauf zu pfeiffen/ heraus zufordern: über dessen Ableiben sollen die Nymphen und Satyren soviel Thränen vergossen haben/ daß der Fluß/ Marsyas genannt/ daraus entstanden. Aber es verhält sich die Sache also/ daß er nemlich ein ersahmer Musicus und Erfinder der Pfeiffen gewesen/ wie Athenaeus aus dem Metrodorus erzehlet/ endlich der Sinnen beraubt/ sich/ nach des Suidas Zeugnus/ selbst in den Fluß gestürtzt/ daher gedachter Fluß nachgehends Marsyas genennt worden. Pausanias in Atticis schreibet/ es seye zu Athen auf dem Schlosse der Minerva Bildnus gestanden/ so den Marsyas geschlagen/ weil er die von ihr weggeworffne Pfeiffe aufgehebt habe.

Des Bacchus Kleider. Damit wir aber wieder zu des Bacchus Kleidern kehren/ so wollen einige/ sie seyen weibliche gewesen/ dieweil der allzuviele oder überflüssige Gebrauch deß Weins die Kräffte schwächet/ und den Menschen weichlich und zu einem Weibe machet. Derohalben Pausanias in Eliacis prioribus erzehlet/ daß Bacchus an des Cypselus Truhe mit einem langen Bart/ und Rahtherren-Rock/ oder bis auf die Füsse hangendem Kleide eingegraben gewesen/ der auch in einer Höle mit Wein-Reben und vielen fruchtbaren Bäumen umgeben/ in ligender Positur/ ein Schale hervor gelanget.

[Spaltenumbruch]

Bassareus. Man sagt auch/ es sey Bacchus Bassareus beygenahmet worden/ welcher Nahme ihm von einer gewissen Kleider-Art/ dero er und seine Priester sich/ wann sie opfferten/ bedient/ gegeben worden. Dieses Kleid ward genennt Bassara/ von einem also genenntem Lydischen Städtlein/ allwo es gemacht wurde/ oder aber von Fuchsbälchen/ die in Thracischer Sprache Bassarae genennt wurden. In Thracien aber begleiteten ihn die Bacchae/ welche darum auch Bassarae genennt sind/ oder auch Maenades/ welcher Name vom Grimm oder Raserey hergenommen ist/ weil diese an des Bacchus Festen mit zerstreueten Haaren/ Stäbe in den Händen haltende/ als rasend bald da/ bald dorthin lieffen/ und hierbey sich dessen erinnerten/ was sie vormals gethan/ da sie dem Bacchus als Geferten nachgefolget/ und den Erdkreis/ mit Einnehmung vieler Königreiche/ durchgereiset. Und diese Weiber trugen nicht allein Füchspeltze/ sondern auch Pantherthier- und Tieger-Häute/ waren mit einem Stabe gewaffnet/ banden unterweilen Pappelbaum ist den Geistern über die Seelen der Verstorbenen geheiligt. Epheu-Kräntze in die Haare/ bisweilen auch Zweige von Pappelbäumen: dieweil dieser Baum den Geistern über die Seelen der Abgestorbenen geheiligt war/ und man darfür hielte/ er wüchse an den Ufern des Acheron-Flusses/ dahero man ihn des Bacchus Dienern gegeben/ weil sie ihn auch für einen Gott der Höllen hielten/ deßwegen man ihn/ wie wir droben gemeldet/ von der Proserpina geboren zu seyn geglaubet: Welches wol geredt ist/ wann wir unter dem Namen des Bacchus die Sonne verstehen/ die/ wie wir allbereit erinnert/ unterweilen der Höllen Gott genennet wird.

Auf eben diese Art und Weise/ als die Bacchae abgebildet werden/ siehet man unterweilen auch den Bacchus selbst gebildet/ wie beym Claudianus im I Buch vom Raub und Entführung der Proserpina zu ersehen:

-- -- Laetusque simul procedit
lacchus

Crinali florens hedera, quem Par-
thica tigris

Velat, & auratos in nodum colligit
ungues,

Ebria Moeoniis figit vestigia thyr-
sis.

Jacchus kommt zugleich mit Epheu frisch
gezieret/

da ihn ein Tieger hält; die Klauen sind
geschlitzt

Und Knoden-gleich gelegt/ mit Gold gantz
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die truncknen Schritt an ihm ein Reben-
stecken stützt.

Ferula oder Gertenkraut dem Bacchus gegeben. Was Claudianus von dem mit Reben

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 150/0232] gehabten Sorgen vergessen zu haben/ und der grössesten Freude zu geniessen; welches auch Seneca im Buch von der Ruhe deß Gemüts bezeuget. Aus welcher Ursach Bacchus/ wie einige darfür halten/ auch Liber Pater soll benamset worden seyn: dann der/ so tapffer zu zechen pfleget/ von allem Kummer befreyet zu seyn/ und ungleich freymütiger zu reden pfleget/ als wann er nüchtern oder unbezecht wäre. Andere wollen/ er habe diesen Namen bekommen von der Freyheit/ als dero Gott er zu seyn geglaubet ward; dann Bacchus/ wie Plutarchus in seinen Problematibus erzehlet/ eine sehr lange Zeit für die Freyheit ritterlich gekämpfft und gestritten hatte. Daher dann kommen/ daß bey den Alten in den Frey-Städten des Marsyas Bildnus/ der einer aus den Satyren/ und des Bacchus Dienern war/ als ein Kennzeichen der Freyheit/ wie Servius an einem Orte schreibet/ aufgerichtet worden. Und beym Plinius im XXI Buch lieset man/ daß/ als P. Munatius dem Marsyas seinen Blumen-Krantz abgenommen/ und auf sein eigen Haupt gesetzt/ er deßwegen in Eisen und Bande geschlossen worden. Von dem Marsyas lieset man in den Fabeln/ daß ihm Apollo die Haut über die Ohren ziehen lassen/ weil er die von der Minerva weggeworffne Pfeiffe gefunden/ und sich unterstanden hatte/ ihn/ um die Wette mit ihme drauf zu pfeiffen/ heraus zufordern: über dessen Ableiben sollen die Nymphen und Satyren soviel Thränen vergossen haben/ daß der Fluß/ Marsyas genannt/ daraus entstanden. Aber es verhält sich die Sache also/ daß er nemlich ein ersahmer Musicus und Erfinder der Pfeiffen gewesen/ wie Athenaeus aus dem Metrodorus erzehlet/ endlich der Sinnen beraubt/ sich/ nach des Suidas Zeugnus/ selbst in den Fluß gestürtzt/ daher gedachter Fluß nachgehends Marsyas genennt worden. Pausanias in Atticis schreibet/ es seye zu Athen auf dem Schlosse der Minerva Bildnus gestanden/ so den Marsyas geschlagen/ weil er die von ihr weggeworffne Pfeiffe aufgehebt habe. Marsyas. Damit wir aber wieder zu des Bacchus Kleidern kehren/ so wollen einige/ sie seyen weibliche gewesen/ dieweil der allzuviele oder überflüssige Gebrauch deß Weins die Kräffte schwächet/ und den Menschen weichlich und zu einem Weibe machet. Derohalben Pausanias in Eliacis prioribus erzehlet/ daß Bacchus an des Cypselus Truhe mit einem langen Bart/ und Rahtherren-Rock/ oder bis auf die Füsse hangendem Kleide eingegraben gewesen/ der auch in einer Höle mit Wein-Reben und vielen fruchtbaren Bäumen umgeben/ in ligender Positur/ ein Schale hervor gelanget. Des Bacchus Kleider. Man sagt auch/ es sey Bacchus Bassareus beygenahmet worden/ welcher Nahme ihm von einer gewissen Kleider-Art/ dero er und seine Priester sich/ wann sie opfferten/ bedient/ gegeben worden. Dieses Kleid ward genennt Bassara/ von einem also genenntem Lydischen Städtlein/ allwo es gemacht wurde/ oder aber von Fuchsbälchen/ die in Thracischer Sprache Bassarae genennt wurden. In Thracien aber begleiteten ihn die Bacchae/ welche darum auch Bassarae genennt sind/ oder auch Maenades/ welcher Name vom Grimm oder Raserey hergenommen ist/ weil diese an des Bacchus Festen mit zerstreueten Haaren/ Stäbe in den Händen haltende/ als rasend bald da/ bald dorthin lieffen/ und hierbey sich dessen erinnerten/ was sie vormals gethan/ da sie dem Bacchus als Geferten nachgefolget/ und den Erdkreis/ mit Einnehmung vieler Königreiche/ durchgereiset. Und diese Weiber trugen nicht allein Füchspeltze/ sondern auch Pantherthier- und Tieger-Häute/ waren mit einem Stabe gewaffnet/ banden unterweilen Epheu-Kräntze in die Haare/ bisweilen auch Zweige von Pappelbäumen: dieweil dieser Baum den Geistern über die Seelen der Abgestorbenen geheiligt war/ und man darfür hielte/ er wüchse an den Ufern des Acheron-Flusses/ dahero man ihn des Bacchus Dienern gegeben/ weil sie ihn auch für einen Gott der Höllen hielten/ deßwegen man ihn/ wie wir droben gemeldet/ von der Proserpina geboren zu seyn geglaubet: Welches wol geredt ist/ wann wir unter dem Namen des Bacchus die Sonne verstehen/ die/ wie wir allbereit erinnert/ unterweilen der Höllen Gott genennet wird. Bassareus. Pappelbaum ist den Geistern über die Seelen der Verstorbenen geheiligt. Auf eben diese Art und Weise/ als die Bacchae abgebildet werden/ siehet man unterweilen auch den Bacchus selbst gebildet/ wie beym Claudianus im I Buch vom Raub und Entführung der Proserpina zu ersehen: -- -- Laetusque simul procedit lacchus Crinali florens hedera, quem Par- thica tigris Velat, & auratos in nodum colligit ungues, Ebria Moeoniis figit vestigia thyr- sis. Jacchus kommt zugleich mit Epheu frisch gezieret/ da ihn ein Tieger hält; die Klauen sind geschlitzt Und Knoden-gleich gelegt/ mit Gold gantz überschmieret/ die truncknen Schritt an ihm ein Reben- stecken stützt. Was Claudianus von dem mit Reben Ferula oder Gertenkraut dem Bacchus gegeben.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/232>, abgerufen am 21.11.2024.