Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Spaltenumbruch] IV Buch Aeneidos an der Dido weiset/ wann er sagt: Incipit effari, mediaque in voce re- sistit. = = = = und da sie will anheben zu reden/ hält sie still/ und dämpfft ihr Wort. Warum Amor geflügelt. Geflügelt aber ist er darum/ weil die Liebhaber die leichtsinnigste und wandelbarste Menschen sind/ wie bey dem Virgilius an der Dido zu sehen/ die nach kurtzer Zeit denjenigen/ welchen sie gantz inbrünstig geliebt hatte/ mit tödtlichem Haß verfolget/ wie solches Terentius in der Comödia/ Eunuchus genannt/ also ausgedruckt hat: In amore haec omnia insunt vitia, injuriae, Suspiciones, inimicitiae, induciae: Bellum, pax rursum Lieb begleiten diese Laster: Argwohn/ und Unbilligkeit/ Freundschafft/ Stillstand/ Streit und Frie- de/ Fried/ und leichtlich wieder Streit. Dannenhero Franciscus Petrarcha/ nachdem er in einer langen Rede/ an einem Orte/ die mancherley Liebs-Affecten erzehlet/ also schließet: Summa sit, inconstans nimium est (heu) vita in amante; Est audax, eadem magni est & ple- na timoris; Paullum dulcis habet,multum com- miscet amari. Kurtz: unbeständig ist/ Verliebte/ euer Leben; Kühn seyd ihr/ und müst doch in lauter Furchten schweben; Ihr habt nicht viel von süsser Freud/ doch desto mehr von bittern Leid. Warum Amor Pfeile führe. Die Pfeile führt er/ entweder weil er denselben gleich geartet/ als die gantz ungewiß und schnell sind/ auch nicht allezeit treffen/ dahin sie gerichtet; wie wir ein Gleiches von den Verliebten gemeldet/ die ihren Sinn geschwind verändern/ auch nicht allezeit dahin kommen/ wohin sie zu kommen vermeinen: Oder dieweil/ wie der Pfeile scharff und spitzig sind/ also rühre und durchbohre auch der Stachel deß Gewissens/ nach begangenen Liebes-Sünden/ die Seele/ so nach verübter That endlich innen wird und empfindet/ daß sie übel gethan: oder aber es deuten solche Pfeile deß Liebes-Gottes auf die gähe Ankunfft desselben in uns/[Spaltenumbruch] zumalen die Menschen öffters auch vom ersten Anblick/ ohne einigen vorgefassten Willen/ durch deß beschauten Dinges Schönheit wunderbarlich Wird auch mit einem Donnerstrahl vorgestellet. entzündet werden. Dahin auch der jenige gezielt zu haben scheinet/ welcher dem Cupido den Donnerstrahl in die Hände gegeben/ wie in Curia Octaviae zu sehen war/ dessen Bildnus Urheber/ wie Plinius schreibet/ niemand bekannt gewesen. Man hielte aber glaubwürdig darvor/ daß Alcibiades der Griechische Fürst von solcher Gestalt und in dem Alter gewesen/ als auf dessen Schild der Liebes-Gott also abgebildet ware/ anzudeuten/ daß/ gleichwie Jupiter/ der Oberste unter den Göttern/ allein den Donnerkeil führet/ also dieser an Schönheit alle Menschen weit übertreffe. Jedoch könnte man vielleicht auch sagen/ es habe dem Meister desselben Bildes bedüncket/ dem Liebes-Gott sey nicht genug/ wann man seine Kräffte ausbilden wolle/ eine Fackel zuzueignen/ sondern vielmehr einen Donnerkeil in die Hand zu geben/ weil derselbe nicht allein das verbrenne/ so leichtlich Feuer fänget/ sondern auch die jenigen Dinge alsbald anzünde/ so sonst schwerlich vom Feuer ergriffen werden mögen/ auch alles durchdringe/ zerbreche/ und zersplittere/ was er berühret/ ja ob es wol die härteste Dinge sind/ so durchdringe er doch dieselbe mit unglaublich-wunderbarer Geschwindigkeit: welche Dinge insgesamt sich auf die Kräfften deß Liebes-Gottes appliciren lassen: wie solches sehr schön vom Propertio in Elegia lib. II also beschrieben wird: Quicumque ille fuit, puerum qui
pinxit Amorem, Nonne putas miras hunc habu- isse manus? Hic primum vidit sine sensu vive- re amantes, Et levibus curis magna perire bona. Idem non frustra ventosas addidit alas, fecit &humano corde volare Deum: Scilicet alterna quoniam jactamur in unda, Nostraque non ullis permanet aura locis. Et merito hamatis manus est arma- ta sagittis, Et pharetra ex humero Gnosia utroque jacet: Ante ferit, quoniam,tuti quam cer- nimus hostem, Nec quisquam ex illo vulnere sanus abit. [Spaltenumbruch] IV Buch Aeneidos an der Dido weiset/ wann er sagt: Incipit effari, mediaque in voce re- sistit. = = = = und da sie will anheben zu reden/ hält sie still/ und dämpfft ihr Wort. Warum Amor geflügelt. Geflügelt aber ist er darum/ weil die Liebhaber die leichtsinnigste und wandelbarste Menschen sind/ wie bey dem Virgilius an der Dido zu sehen/ die nach kurtzer Zeit denjenigen/ welchen sie gantz inbrünstig geliebt hatte/ mit tödtlichem Haß verfolget/ wie solches Terentius in der Comödia/ Eunuchus genannt/ also ausgedruckt hat: In amore haec omnia insunt vitia, injuriae, Suspiciones, inimicitiae, induciae: Bellum, pax rursum Lieb begleiten diese Laster: Argwohn/ und Unbilligkeit/ Freundschafft/ Stillstand/ Streit und Frie- de/ Fried/ und leichtlich wieder Streit. Dannenhero Franciscus Petrarcha/ nachdem er in einer langen Rede/ an einem Orte/ die mancherley Liebs-Affecten erzehlet/ also schließet: Summa sit, inconstans nimium est (heu) vita in amante; Est audax, eadem magni est & ple- na timoris; Paullum dulcis habet,multum com- miscet amari. Kurtz: unbeständig ist/ Verliebte/ euer Leben; Kühn seyd ihr/ und müst doch in lauter Furchten schweben; Ihr habt nicht viel von süsser Freud/ doch desto mehr von bittern Leid. Warum Amor Pfeile führe. Die Pfeile führt er/ entweder weil er denselben gleich geartet/ als die gantz ungewiß und schnell sind/ auch nicht allezeit treffen/ dahin sie gerichtet; wie wir ein Gleiches von den Verliebten gemeldet/ die ihren Sinn geschwind verändern/ auch nicht allezeit dahin kommen/ wohin sie zu kommen vermeinen: Oder dieweil/ wie der Pfeile scharff und spitzig sind/ also rühre und durchbohre auch der Stachel deß Gewissens/ nach begangenen Liebes-Sünden/ die Seele/ so nach verübter That endlich innen wird und empfindet/ daß sie übel gethan: oder aber es deuten solche Pfeile deß Liebes-Gottes auf die gähe Ankunfft desselben in uns/[Spaltenumbruch] zumalen die Menschen öffters auch vom ersten Anblick/ ohne einigen vorgefassten Willen/ durch deß beschauten Dinges Schönheit wunderbarlich Wird auch mit einem Donnerstrahl vorgestellet. entzündet werden. Dahin auch der jenige gezielt zu haben scheinet/ welcher dem Cupido den Donnerstrahl in die Hände gegeben/ wie in Curia Octaviae zu sehen war/ dessen Bildnus Urheber/ wie Plinius schreibet/ niemand bekannt gewesen. Man hielte aber glaubwürdig darvor/ daß Alcibiades der Griechische Fürst von solcher Gestalt und in dem Alter gewesen/ als auf dessen Schild der Liebes-Gott also abgebildet ware/ anzudeuten/ daß/ gleichwie Jupiter/ der Oberste unter den Göttern/ allein den Donnerkeil führet/ also dieser an Schönheit alle Menschen weit übertreffe. Jedoch könnte man vielleicht auch sagen/ es habe dem Meister desselben Bildes bedüncket/ dem Liebes-Gott sey nicht genug/ wann man seine Kräffte ausbilden wolle/ eine Fackel zuzueignen/ sondern vielmehr einen Donnerkeil in die Hand zu geben/ weil derselbe nicht allein das verbrenne/ so leichtlich Feuer fänget/ sondern auch die jenigen Dinge alsbald anzünde/ so sonst schwerlich vom Feuer ergriffen werden mögen/ auch alles durchdringe/ zerbreche/ und zersplittere/ was er berühret/ ja ob es wol die härteste Dinge sind/ so durchdringe er doch dieselbe mit unglaublich-wunderbarer Geschwindigkeit: welche Dinge insgesamt sich auf die Kräfften deß Liebes-Gottes appliciren lassen: wie solches sehr schön vom Propertio in Elegia lib. II also beschrieben wird: Quicumque ille fuit, puerum qui
pinxit Amorem, Nonne putas miras hunc habu- isse manus? Hic primum vidit sine sensu vive- re amantes, Et levibus curis magna perire bona. Idem non frustra ventosas addidit alas, fecit &humano corde volare Deum: Scilicet alterna quoniam jactamur in unda, Nostraque non ullis permanet aura locis. Et meritò hamatis manus est arma- ta sagittis, Et pharetra ex humero Gnosia utroque jacet: Ante ferit, quoniam,tuti quam cer- nimus hostem, Nec quisquam ex illo vulnere sanus abit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="d1535.1"> <p xml:id="p1543.4"><pb facs="#f0271" xml:id="pb-1544" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 179"/><cb/> IV Buch <hi rendition="#aq">Aeneidos</hi> an der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1576 http://d-nb.info/gnd/118525271 http://viaf.org/viaf/57406084">Dido</persName> weiset/ wann er sagt:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Incipit effari, <reg>mediaque</reg> in voce re-<lb/> sistit.</l><lb/> </lg> <lg> <l>= = = = und da sie will anheben</l><lb/> <l>zu reden/ hält sie still/ und dämpfft ihr<lb/> Wort.</l><lb/> </lg> <p xml:id="p1544.1"><note place="right">Warum <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1682 http://d-nb.info/gnd/11850262X http://viaf.org/viaf/35247458">Amor</persName> geflügelt.</note> Geflügelt aber ist er darum/ weil die Liebhaber die leichtsinnigste und wandelbarste Menschen sind/ wie bey dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-410 http://d-nb.info/gnd/118626574 http://viaf.org/viaf/8194433">Virgilius</persName> an der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1576 http://d-nb.info/gnd/118525271 http://viaf.org/viaf/57406084">Dido</persName> zu sehen/ die nach kurtzer Zeit denjenigen/ welchen sie gantz inbrünstig geliebt hatte/ mit tödtlichem Haß verfolget/ wie solches <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1558 http://d-nb.info/gnd/118621335 http://viaf.org/viaf/66462384">Terentius</persName> in der Comödia/ Eunuchus genannt/ also ausgedruckt hat:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>In amore haec omnia insunt vitia,<lb/> injuriae,</l><lb/> <l>Suspiciones, inimicitiae, induciae:</l><lb/> <l>Bellum, pax rursum</l><lb/> </lg> <lg> <l>Lieb begleiten diese Laster: Argwohn/<lb/><choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> Unbilligkeit/</l><lb/> <l>Freundschafft/ Stillstand/ Streit und Frie-<lb/> de/ Fried/ und leichtlich wieder Streit.</l><lb/> </lg> <p xml:id="p1544.2">Dannenhero <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1077 http://d-nb.info/gnd/118593234 http://viaf.org/viaf/39382430">Franciscus Petrarcha</persName>/ nachdem er in einer langen Rede/ an einem Orte/ die mancherley Liebs-Affecten erzehlet/ also schließet:</p> <lg rendition="#aq" xml:lang="la"> <l>Summa sit, inconstans nimium est<lb/> (heu) vita in amante;</l><lb/> <l>Est audax, eadem magni est & ple-<lb/> na timoris;</l><lb/> <l>Paullum dulcis habet,multum com-<lb/> miscet amari.</l><lb/> </lg> <lg xml:id="lg1544.1"> <l>Kurtz: unbeständig ist/ Verliebte/ euer<lb/> Leben;</l><lb/> <l>Kühn seyd ihr/ und müst doch in lauter<lb/> Furchten schweben;</l><lb/> <l>Ihr habt nicht viel von süsser Freud/</l><lb/> <l>doch desto mehr von bittern Leid.</l><lb/> </lg> <p xml:id="p1544.3"><note place="right">Warum <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1682 http://d-nb.info/gnd/11850262X http://viaf.org/viaf/35247458">Amor</persName> Pfeile führe.</note> Die Pfeile führt er/ entweder weil er denselben gleich geartet/ als die gantz ungewiß und schnell sind/ auch nicht allezeit treffen/ dahin sie gerichtet; wie wir ein Gleiches von den Verliebten gemeldet/ die ihren Sinn geschwind verändern/ auch nicht allezeit dahin kommen/ wohin sie zu kommen vermeinen: Oder dieweil/ wie der Pfeile scharff und spitzig sind/ also rühre und durchbohre auch der Stachel deß Gewissens/ nach begangenen Liebes-Sünden/ die Seele/ so nach verübter That endlich innen wird und empfindet/ daß sie übel gethan: oder aber es deuten solche Pfeile deß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1682 http://d-nb.info/gnd/11850262X http://viaf.org/viaf/35247458">Liebes-Gottes</persName> auf die gähe Ankunfft desselben in uns/<cb/> zumalen die Menschen öffters auch vom ersten Anblick/ ohne einigen vorgefassten Willen/ durch deß beschauten Dinges Schönheit wunderbarlich <note xml:id="n1544.1" place="right">Wird auch mit einem Donnerstrahl vorgestellet.</note> entzündet werden. 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IV Buch Aeneidos an der Dido weiset/ wann er sagt:
Incipit effari, mediaque in voce re-
sistit.
= = = = und da sie will anheben
zu reden/ hält sie still/ und dämpfft ihr
Wort.
Geflügelt aber ist er darum/ weil die Liebhaber die leichtsinnigste und wandelbarste Menschen sind/ wie bey dem Virgilius an der Dido zu sehen/ die nach kurtzer Zeit denjenigen/ welchen sie gantz inbrünstig geliebt hatte/ mit tödtlichem Haß verfolget/ wie solches Terentius in der Comödia/ Eunuchus genannt/ also ausgedruckt hat:
Warum Amor geflügelt.In amore haec omnia insunt vitia,
injuriae,
Suspiciones, inimicitiae, induciae:
Bellum, pax rursum
Lieb begleiten diese Laster: Argwohn/
und Unbilligkeit/
Freundschafft/ Stillstand/ Streit und Frie-
de/ Fried/ und leichtlich wieder Streit.
Dannenhero Franciscus Petrarcha/ nachdem er in einer langen Rede/ an einem Orte/ die mancherley Liebs-Affecten erzehlet/ also schließet:
Summa sit, inconstans nimium est
(heu) vita in amante;
Est audax, eadem magni est & ple-
na timoris;
Paullum dulcis habet,multum com-
miscet amari.
Kurtz: unbeständig ist/ Verliebte/ euer
Leben;
Kühn seyd ihr/ und müst doch in lauter
Furchten schweben;
Ihr habt nicht viel von süsser Freud/
doch desto mehr von bittern Leid.
Die Pfeile führt er/ entweder weil er denselben gleich geartet/ als die gantz ungewiß und schnell sind/ auch nicht allezeit treffen/ dahin sie gerichtet; wie wir ein Gleiches von den Verliebten gemeldet/ die ihren Sinn geschwind verändern/ auch nicht allezeit dahin kommen/ wohin sie zu kommen vermeinen: Oder dieweil/ wie der Pfeile scharff und spitzig sind/ also rühre und durchbohre auch der Stachel deß Gewissens/ nach begangenen Liebes-Sünden/ die Seele/ so nach verübter That endlich innen wird und empfindet/ daß sie übel gethan: oder aber es deuten solche Pfeile deß Liebes-Gottes auf die gähe Ankunfft desselben in uns/
zumalen die Menschen öffters auch vom ersten Anblick/ ohne einigen vorgefassten Willen/ durch deß beschauten Dinges Schönheit wunderbarlich entzündet werden. Dahin auch der jenige gezielt zu haben scheinet/ welcher dem Cupido den Donnerstrahl in die Hände gegeben/ wie in Curia Octaviae zu sehen war/ dessen Bildnus Urheber/ wie Plinius schreibet/ niemand bekannt gewesen. Man hielte aber glaubwürdig darvor/ daß Alcibiades der Griechische Fürst von solcher Gestalt und in dem Alter gewesen/ als auf dessen Schild der Liebes-Gott also abgebildet ware/ anzudeuten/ daß/ gleichwie Jupiter/ der Oberste unter den Göttern/ allein den Donnerkeil führet/ also dieser an Schönheit alle Menschen weit übertreffe. Jedoch könnte man vielleicht auch sagen/ es habe dem Meister desselben Bildes bedüncket/ dem Liebes-Gott sey nicht genug/ wann man seine Kräffte ausbilden wolle/ eine Fackel zuzueignen/ sondern vielmehr einen Donnerkeil in die Hand zu geben/ weil derselbe nicht allein das verbrenne/ so leichtlich Feuer fänget/ sondern auch die jenigen Dinge alsbald anzünde/ so sonst schwerlich vom Feuer ergriffen werden mögen/ auch alles durchdringe/ zerbreche/ und zersplittere/ was er berühret/ ja ob es wol die härteste Dinge sind/ so durchdringe er doch dieselbe mit unglaublich-wunderbarer Geschwindigkeit: welche Dinge insgesamt sich auf die Kräfften deß Liebes-Gottes appliciren lassen: wie solches sehr schön vom Propertio in Elegia lib. II also beschrieben wird:
Warum Amor Pfeile führe.
Wird auch mit einem Donnerstrahl vorgestellet.Quicumque ille fuit, puerum qui
pinxit Amorem,
Nonne putas miras hunc habu-
isse manus?
Hic primum vidit sine sensu vive-
re amantes,
Et levibus curis magna perire
bona.
Idem non frustra ventosas addidit
alas,
fecit &humano corde volare
Deum:
Scilicet alterna quoniam jactamur
in unda,
Nostraque non ullis permanet
aura locis.
Et meritò hamatis manus est arma-
ta sagittis,
Et pharetra ex humero Gnosia
utroque jacet:
Ante ferit, quoniam,tuti quam cer-
nimus hostem,
Nec quisquam ex illo vulnere
sanus abit.
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