Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] seyn mögen/ da sie im Gegentheil das Geschlecht zu mehren nicht mehr tüchtig sind. Oder es ist dieses Thier dem Mond gewidmet wegen Gleichheit seiner Hörner: dann an dessen Bilde/ welches einer Nymphen gleich sahe/ wurden zwey kleine Hörner gebildet. Bey den Egyptern wurde dem Mond ein Ochs gewidmet/ an deme/ wie Plinius in seinem 8. Buche schreibet/ auf der rechten Seite sich ein gewisses Kennzeichen/ nemlich ein weißlichter Flecken ereignete/ der mit den Monds-Hörnern zu wacksen anfinge. Auch pflegten sie ihm ein Kalb/ so ein Oechslein seyn muste/ eines viertel Jahrs alt zu opffern/ wann sie denen neugebornen Kindern Namen gaben/welches/ nach etlicher Meinung/ am siebenden/ nach anderer aber/ am zehenden Tage nach der Geburt geschahe.

Auf solche Weise pflegten die Alten den Der Mond stehet der Geburt von. Mond zu verehren: vielleicht ihm dadurch zu dancken/ daß die Frucht/ vermittelst seiner Hülffe/ glücklich zur Welt gekommen; dann weil der Mond feucht/ machet er offt/ daß die Geburt geschwinder und leichter von statten gehet.Derohalben sie/ wann die Weiber in Geburts-Nöthen waren/ihn/ unter dem Namen Lucina/ umb seine Hülffe anrufften/ daß er das Kind bald/ und ohne Gefahr/ an der Liecht bringen wolte. Warumb aber die Weiber in der Geburt die Diana Lucina anrufften/ darvon ist diese Fabel vorhanden: Es habe nämlich die Lucina/ sobald sie aus ihrer Mutter Latona Leibe an diese Welt kommen/ sich zu besagter ihrer Mutter gewendet/ und ihr zur Gebährung deß andern Kindes Hülffe geleistet; dahero dann geschehen/ daß man hernachmahls die Lucina bate/ denen gefährlichkreistenden Weibern zu Hülff zu kommen/ und weil sie ihrer gebährenden Mutter beygestanden/ mit ihren Händen das verschlossene Kind ans Tage-Liecht zu bringen.

Es ist aber die Lucina nicht allein Diana/ sondern auch Juno/ wie wir drunten hören werden/ genennet worden. Andere waren in der Meinung/ es wäre keine unter ihnen also zu nennen/ sondern es werde dardurch ein ander Weib verstanden/ welches von den äussersten Hyperborischen Gebürgen nach Delos kommen/ und der kreistenden Latone Hülffe geleistet habe/ von dannen ihr Name und Verehrung auch zu andern Völckern überkommen/ daß man ihr allenthalben Tempel/ Altäre und Bilder aufgerichtet/ als die vor allen Göttern gewesen zu seyn geglaubet wurde/ weil sie ihrer Hülff benöhtigt gewesen/ da sie gebohren worden. In welcher Meinung Lycius ein Poet/ (wie Pausanias erzehlet/) in einem Gesange/ den er der Diana zu Ehren gemacht/ sie beschreibet/ daß sie eher als Saturnus gewesen; giebt ihr auch mehr andere Namen/ aus denen zu schliessen/ daß sie müsse eine aus den Parcen gewesen seyn; weiln [Spaltenumbruch] diese ihnen den grösten Theil in der Geburt zueignen/ wie wir etwas besser unten an seinem Orte zeigen wollen.

Wir überlaßen aber vor dießmahl dieser Göttin Lucina zweiffelhaffte Ursprungs-Erforschung/ wer dieselbe nämlich gewesen/ und Bildnussen der Diana. woher sie kommen/ andern zu ergründen/ befleißigen uns vielmehr ihre eigentliche Bildnußen vorzustellen/ als welche/ wie Pausanias erzehlet/ bey den Atheniensern anders nicht als verdeckt zu sehen gewesen. Ihre Statue bestunde bey ihnen von unausgearbeitet-grobem Holtz/ oder anderer dergleichen Materi/ die eine unförmliche Weibes-Gestalt ausbildete/ allezeit verdeckt stunde/ und von niemand gesehen werden konte. In einem Orte der Landschafft Achaja stunde ein sehr schöner Tempel dieser Göttin/ worinnen ein höltzern Bildnus gezeiget wurde/ daran Gesicht/ Hände und Füsse von Marmelstein/ die übrigen Glieder aber mit einem leinenen Tuch bedeckt waren. Die eine Hand war gerade ausgestreckt/ hielte doch nichts in sich; wiewol ihr nicht unfüglich ein Schlüßel hätte können zugeeignet werden/ wie dann Festus berichtet/ man habe denen Weibern vor Zeiten einen Schlüßel pflegen beyzufügen/ umb durch solchen Werckzeuch/ wormit die Thore eröffnet werden/ ihnen eine leichte und glückliche Geburt zu verstehen zu geben; wie dann eben Fackel in der Diana Händen. dieses vielleicht der Lucina offne und ausgestreckte Hand angedeutet. In der andern trug sie eine brennende Fackel/ dardurch anzudeuten/ entweder daß die Geburts-Schmertzen dem Feuer zu vergleichen; oder weil diese Göttin den ungebornen Kindern vorleuchte. Ihre Schläffe wurden von den Alten mit Diptam verbunden; weil dieses Kraut/ wann es denen gebährenden aufgelegt wird/ grosse Wirckung thun soll. Vor Zeiten bildete man sie mit einem Bogen gewaffnet/ dardurch die hefftigsten Schmertzen anzudeuten/ welche die Weiber in der Geburt zu empfinden pflegen.

M. Tullius Cicero beschreibet/ in seinen Orationibus wider den Verres/ der Diana Bildnus mit folgenden Worten: Sie ware hoch/ groß/ mit einem Kleide bis auf die Füße bedeckt/ lieblich von Gesicht/ und als eine Jungfrau anzusehen/ trug in der rechten Hand eine Fackel/ in der lincken aber einen Bogen/ und ware über der Achseln hinunter mit einem Pfeil-Köcher versehen. Von der brennenden Fackel führet Pausanias fast eben dergleichen Worte/ es habe nämlich der Diana ehrinnes ohngefehr sechs Schuhe hohes Bild eine Fackel in der Hand gehalten; welches vielleicht auch dahin kan gedeutet werden/ daß sie/ wann sie als der Mond deß Nachts scheinet/ denen Reisenden den Weg zeiget; wie sie dann deßwegen Hegemone, das ist/ eine Führerin/ und zu Rom in dem Tempel/ welcher ihr im Palatio

[Spaltenumbruch] seyn mögen/ da sie im Gegentheil das Geschlecht zu mehren nicht mehr tüchtig sind. Oder es ist dieses Thier dem Mond gewidmet wegen Gleichheit seiner Hörner: dann an dessen Bilde/ welches einer Nymphen gleich sahe/ wurden zwey kleine Hörner gebildet. Bey den Egyptern wurde dem Mond ein Ochs gewidmet/ an deme/ wie Plinius in seinem 8. Buche schreibet/ auf der rechten Seite sich ein gewisses Kennzeichen/ nemlich ein weißlichter Flecken ereignete/ der mit den Monds-Hörnern zu wacksen anfinge. Auch pflegten sie ihm ein Kalb/ so ein Oechslein seyn muste/ eines viertel Jahrs alt zu opffern/ wann sie denen neugebornen Kindern Namen gaben/welches/ nach etlicher Meinung/ am siebenden/ nach anderer aber/ am zehenden Tage nach der Geburt geschahe.

Auf solche Weise pflegten die Alten den Der Mond stehet der Geburt von. Mond zu verehren: vielleicht ihm dadurch zu dancken/ daß die Frucht/ vermittelst seiner Hülffe/ glücklich zur Welt gekommen; dann weil der Mond feucht/ machet er offt/ daß die Geburt geschwinder und leichter von statten gehet.Derohalben sie/ wann die Weiber in Geburts-Nöthen waren/ihn/ unter dem Namen Lucina/ umb seine Hülffe anrufften/ daß er das Kind bald/ und ohne Gefahr/ an der Liecht bringen wolte. Warumb aber die Weiber in der Geburt die Diana Lucina anrufften/ darvon ist diese Fabel vorhanden: Es habe nämlich die Lucina/ sobald sie aus ihrer Mutter Latona Leibe an diese Welt kommen/ sich zu besagter ihrer Mutter gewendet/ und ihr zur Gebährung deß andern Kindes Hülffe geleistet; dahero dann geschehen/ daß man hernachmahls die Lucina bate/ denen gefährlichkreistenden Weibern zu Hülff zu kommen/ und weil sie ihrer gebährenden Mutter beygestanden/ mit ihren Händen das verschlossene Kind ans Tage-Liecht zu bringen.

Es ist aber die Lucina nicht allein Diana/ sondern auch Juno/ wie wir drunten hören werden/ genennet worden. Andere waren in der Meinung/ es wäre keine unter ihnen also zu nennen/ sondern es werde dardurch ein ander Weib verstanden/ welches von den äussersten Hyperborischen Gebürgen nach Delos kommen/ und der kreistenden Latone Hülffe geleistet habe/ von dannen ihr Name und Verehrung auch zu andern Völckern überkommen/ daß man ihr allenthalben Tempel/ Altäre und Bilder aufgerichtet/ als die vor allen Göttern gewesen zu seyn geglaubet wurde/ weil sie ihrer Hülff benöhtigt gewesen/ da sie gebohren worden. In welcher Meinung Lycius ein Poet/ (wie Pausanias erzehlet/) in einem Gesange/ den er der Diana zu Ehren gemacht/ sie beschreibet/ daß sie eher als Saturnus gewesen; giebt ihr auch mehr andere Namen/ aus denen zu schliessen/ daß sie müsse eine aus den Parcen gewesen seyn; weiln [Spaltenumbruch] diese ihnen den grösten Theil in der Geburt zueignen/ wie wir etwas besser unten an seinem Orte zeigen wollen.

Wir überlaßen aber vor dießmahl dieser Göttin Lucina zweiffelhaffte Ursprungs-Erforschung/ wer dieselbe nämlich gewesen/ und Bildnussen der Diana. woher sie kommen/ andern zu ergründen/ befleißigen uns vielmehr ihre eigentliche Bildnußen vorzustellen/ als welche/ wie Pausanias erzehlet/ bey den Atheniensern anders nicht als verdeckt zu sehen gewesen. Ihre Statue bestunde bey ihnen von unausgearbeitet-grobem Holtz/ oder anderer dergleichen Materi/ die eine unförmliche Weibes-Gestalt ausbildete/ allezeit verdeckt stunde/ und von niemand gesehen werden konte. In einem Orte der Landschafft Achaja stunde ein sehr schöner Tempel dieser Göttin/ worinnen ein höltzern Bildnus gezeiget wurde/ daran Gesicht/ Hände und Füsse von Marmelstein/ die übrigen Glieder aber mit einem leinenen Tuch bedeckt waren. Die eine Hand war gerade ausgestreckt/ hielte doch nichts in sich; wiewol ihr nicht unfüglich ein Schlüßel hätte können zugeeignet werden/ wie dann Festus berichtet/ man habe denen Weibern vor Zeiten einen Schlüßel pflegen beyzufügen/ umb durch solchen Werckzeuch/ wormit die Thore eröffnet werden/ ihnen eine leichte und glückliche Geburt zu verstehen zu geben; wie dann eben Fackel in der Diana Händen. dieses vielleicht der Lucina offne und ausgestreckte Hand angedeutet. In der andern trug sie eine brennende Fackel/ dardurch anzudeuten/ entweder daß die Geburts-Schmertzen dem Feuer zu vergleichen; oder weil diese Göttin den ungebornen Kindern vorleuchte. Ihre Schläffe wurden von den Alten mit Diptam verbunden; weil dieses Kraut/ wann es denen gebährenden aufgelegt wird/ grosse Wirckung thun soll. Vor Zeiten bildete man sie mit einem Bogen gewaffnet/ dardurch die hefftigsten Schmertzen anzudeuten/ welche die Weiber in der Geburt zu empfinden pflegen.

M. Tullius Cicero beschreibet/ in seinen Orationibus wider den Verres/ der Diana Bildnus mit folgenden Worten: Sie ware hoch/ groß/ mit einem Kleide bis auf die Füße bedeckt/ lieblich von Gesicht/ und als eine Jungfrau anzusehen/ trug in der rechten Hand eine Fackel/ in der lincken aber einen Bogen/ und ware über der Achseln hinunter mit einem Pfeil-Köcher versehen. Von der brennenden Fackel führet Pausanias fast eben dergleichen Worte/ es habe nämlich der Diana ehrinnes ohngefehr sechs Schuhe hohes Bild eine Fackel in der Hand gehalten; welches vielleicht auch dahin kan gedeutet werden/ daß sie/ wann sie als der Mond deß Nachts scheinet/ denen Reisenden den Weg zeiget; wie sie dann deßwegen Hegemone, das ist/ eine Führerin/ und zu Rom in dem Tempel/ welcher ihr im Palatio

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div xml:id="d1383.1">
          <p><pb facs="#f0097" xml:id="pb-1387" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 39"/><cb/>
seyn mögen/ da sie im Gegentheil das Geschlecht zu mehren nicht mehr tüchtig sind. Oder es ist dieses Thier dem Mond gewidmet wegen Gleichheit seiner Hörner: dann an dessen Bilde/ welches einer Nymphen gleich sahe/ wurden zwey kleine Hörner gebildet. Bey den Egyptern wurde dem Mond ein Ochs gewidmet/ an deme/ wie <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-1348"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-326 http://d-nb.info/gnd/118595083 http://viaf.org/viaf/100219162">Plinius</persName> in seinem 8. Buche</ref></bibl> schreibet/ auf der rechten Seite sich ein gewisses Kennzeichen/ nemlich ein weißlichter Flecken ereignete/ der mit den Monds-Hörnern zu wacksen anfinge. Auch pflegten sie ihm ein Kalb/ so ein Oechslein seyn muste/ eines viertel Jahrs alt zu opffern/ wann sie denen neugebornen Kindern Namen gaben/welches/ nach etlicher Meinung/ am siebenden/ nach anderer aber/ am zehenden Tage nach der Geburt geschahe.</p>
          <p>Auf solche Weise pflegten die Alten den <note xml:id="n1387.3" place="right">Der Mond stehet der Geburt von.</note> Mond zu verehren: vielleicht ihm dadurch zu dancken/ daß die Frucht/ vermittelst seiner Hülffe/ glücklich zur Welt gekommen; dann weil der Mond feucht/ machet er offt/ daß die Geburt geschwinder und leichter von statten gehet.Derohalben sie/ wann die Weiber in Geburts-Nöthen waren/ihn/ unter dem Namen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Lucina</persName>/ umb seine Hülffe anrufften/ daß er das Kind bald/ und ohne Gefahr/ an der Liecht bringen wolte. Warumb aber die Weiber in der Geburt die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296">Diana Lucina</persName> anrufften/ darvon ist diese Fabel vorhanden: Es habe nämlich die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Lucina</persName>/ sobald sie aus ihrer Mutter <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-906">Latona</persName> Leibe an diese Welt kommen/ sich zu besagter ihrer Mutter gewendet/ und ihr zur Gebährung deß andern Kindes Hülffe geleistet; dahero dann geschehen/ daß man hernachmahls die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Lucina</persName> bate/ denen gefährlichkreistenden Weibern zu Hülff zu kommen/ und weil sie ihrer gebährenden Mutter beygestanden/ mit ihren Händen das verschlossene Kind ans Tage-Liecht zu bringen.</p>
          <p>Es ist aber die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Lucina</persName> nicht allein <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296">Diana</persName>/ sondern auch <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-100 http://d-nb.info/gnd/118800574 http://viaf.org/viaf/47558229">Juno</persName>/ wie wir drunten hören werden/ genennet worden. Andere waren in der Meinung/ es wäre keine unter ihnen also zu nennen/ sondern es werde dardurch ein ander Weib verstanden/ welches von den äussersten Hyperborischen Gebürgen nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1330 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7011273">Delos</placeName> kommen/ und der kreistenden <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-906">Latone</persName> Hülffe geleistet habe/ von dannen ihr Name und Verehrung auch zu andern Völckern überkommen/ daß man ihr allenthalben Tempel/ Altäre und Bilder aufgerichtet/ als die vor allen Göttern gewesen zu seyn geglaubet wurde/ weil sie ihrer Hülff benöhtigt gewesen/ da sie gebohren worden. In welcher Meinung <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Lycius</persName> ein Poet/ (wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> erzehlet/) in einem Gesange/ den er der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296">Diana</persName> zu Ehren gemacht/ sie beschreibet/ daß sie eher als <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-98 http://d-nb.info/gnd/118804758 http://viaf.org/viaf/67261976">Saturnus</persName> gewesen; giebt ihr auch mehr andere Namen/ aus denen zu schliessen/ daß sie müsse eine aus den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1227 http://d-nb.info/gnd/11893208X http://viaf.org/viaf/62347694">Parcen</persName> gewesen seyn; weiln
<cb/>
diese ihnen den grösten Theil in der Geburt zueignen/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName> etwas besser unten an seinem Orte zeigen wollen.</p>
          <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">Wir</persName> überlaßen aber vor dießmahl dieser Göttin <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Lucina</persName> zweiffelhaffte Ursprungs-Erforschung/ wer dieselbe nämlich gewesen/ und <note xml:id="n1387.1" place="right">Bildnussen der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296">Diana</persName>.</note> woher sie kommen/ andern zu ergründen/ befleißigen uns vielmehr ihre eigentliche Bildnußen vorzustellen/ als welche/ wie <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> erzehlet/ bey den Atheniensern anders nicht als verdeckt zu sehen gewesen. Ihre Statue bestunde bey ihnen von unausgearbeitet-grobem Holtz/ oder anderer dergleichen Materi/ die eine unförmliche Weibes-Gestalt ausbildete/ allezeit verdeckt stunde/ und von niemand gesehen werden konte. In einem Orte der Landschafft <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-198">Achaja</placeName> stunde ein sehr schöner <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Tempel</placeName>  dieser Göttin/ worinnen ein höltzern Bildnus gezeiget wurde/ daran Gesicht/ Hände und Füsse von Marmelstein/ die übrigen Glieder aber mit einem leinenen Tuch bedeckt waren. Die eine Hand war gerade ausgestreckt/ hielte doch nichts in sich; wiewol ihr nicht unfüglich ein Schlüßel hätte können zugeeignet werden/ wie dann <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2983 http://d-nb.info/gnd/118683489 http://viaf.org/viaf/89813732">Festus</persName>  berichtet/ man habe denen Weibern vor Zeiten einen Schlüßel pflegen beyzufügen/ umb durch solchen Werckzeuch/ wormit die Thore eröffnet werden/ ihnen eine leichte und glückliche Geburt zu verstehen zu geben; wie dann eben <note xml:id="n1387.2" place="right">Fackel in der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296">Diana</persName> Händen.</note> dieses vielleicht der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Lucina</persName> offne und ausgestreckte Hand angedeutet. In der andern trug sie eine brennende Fackel/ dardurch anzudeuten/ entweder daß die Geburts-Schmertzen dem Feuer zu vergleichen; oder weil diese Göttin den ungebornen Kindern vorleuchte. Ihre Schläffe wurden von den Alten mit Diptam verbunden; weil dieses Kraut/ wann es denen gebährenden aufgelegt wird/ grosse Wirckung thun soll. Vor Zeiten bildete man sie mit einem Bogen gewaffnet/ dardurch die hefftigsten Schmertzen anzudeuten/ welche die Weiber in der Geburt zu empfinden pflegen.</p>
          <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-344 http://d-nb.info/gnd/118520814 http://viaf.org/viaf/100196617">M. Tullius Cicero</persName> beschreibet/ in seinen <hi rendition="#aq">Orationibus</hi> wider den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-530 http://d-nb.info/gnd/118626671 http://viaf.org/viaf/57407909">Verres</persName>/ der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296">Diana</persName> Bildnus mit folgenden Worten: Sie ware hoch/ groß/ mit einem Kleide bis auf die Füße bedeckt/ lieblich von Gesicht/ und als eine Jungfrau anzusehen/ trug in der rechten Hand eine Fackel/ in der lincken aber einen Bogen/ und ware über der Achseln hinunter mit einem Pfeil-Köcher versehen. Von der brennenden Fackel führet <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-331 http://d-nb.info/gnd/118592246 http://viaf.org/viaf/100176033">Pausanias</persName> fast eben dergleichen Worte/ es habe nämlich der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296">Diana</persName> ehrinnes ohngefehr sechs Schuhe hohes Bild eine Fackel in der Hand gehalten; welches vielleicht auch dahin kan gedeutet werden/ daß sie/ wann sie als der Mond deß Nachts scheinet/ denen Reisenden den Weg zeiget; wie sie dann deßwegen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-60 http://d-nb.info/gnd/118678132 http://viaf.org/viaf/806296"><hi rendition="#aq">Hegemone</hi></persName>, das ist/ eine Führerin/ und zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000874">Rom</placeName> in dem <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Tempel</placeName>/ welcher ihr im <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231"><hi rendition="#aq">Palatio</hi></placeName>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 39/0097] seyn mögen/ da sie im Gegentheil das Geschlecht zu mehren nicht mehr tüchtig sind. Oder es ist dieses Thier dem Mond gewidmet wegen Gleichheit seiner Hörner: dann an dessen Bilde/ welches einer Nymphen gleich sahe/ wurden zwey kleine Hörner gebildet. Bey den Egyptern wurde dem Mond ein Ochs gewidmet/ an deme/ wie Plinius in seinem 8. Buche schreibet/ auf der rechten Seite sich ein gewisses Kennzeichen/ nemlich ein weißlichter Flecken ereignete/ der mit den Monds-Hörnern zu wacksen anfinge. Auch pflegten sie ihm ein Kalb/ so ein Oechslein seyn muste/ eines viertel Jahrs alt zu opffern/ wann sie denen neugebornen Kindern Namen gaben/welches/ nach etlicher Meinung/ am siebenden/ nach anderer aber/ am zehenden Tage nach der Geburt geschahe. Auf solche Weise pflegten die Alten den Mond zu verehren: vielleicht ihm dadurch zu dancken/ daß die Frucht/ vermittelst seiner Hülffe/ glücklich zur Welt gekommen; dann weil der Mond feucht/ machet er offt/ daß die Geburt geschwinder und leichter von statten gehet.Derohalben sie/ wann die Weiber in Geburts-Nöthen waren/ihn/ unter dem Namen Lucina/ umb seine Hülffe anrufften/ daß er das Kind bald/ und ohne Gefahr/ an der Liecht bringen wolte. Warumb aber die Weiber in der Geburt die Diana Lucina anrufften/ darvon ist diese Fabel vorhanden: Es habe nämlich die Lucina/ sobald sie aus ihrer Mutter Latona Leibe an diese Welt kommen/ sich zu besagter ihrer Mutter gewendet/ und ihr zur Gebährung deß andern Kindes Hülffe geleistet; dahero dann geschehen/ daß man hernachmahls die Lucina bate/ denen gefährlichkreistenden Weibern zu Hülff zu kommen/ und weil sie ihrer gebährenden Mutter beygestanden/ mit ihren Händen das verschlossene Kind ans Tage-Liecht zu bringen. Der Mond stehet der Geburt von.Es ist aber die Lucina nicht allein Diana/ sondern auch Juno/ wie wir drunten hören werden/ genennet worden. Andere waren in der Meinung/ es wäre keine unter ihnen also zu nennen/ sondern es werde dardurch ein ander Weib verstanden/ welches von den äussersten Hyperborischen Gebürgen nach Delos kommen/ und der kreistenden Latone Hülffe geleistet habe/ von dannen ihr Name und Verehrung auch zu andern Völckern überkommen/ daß man ihr allenthalben Tempel/ Altäre und Bilder aufgerichtet/ als die vor allen Göttern gewesen zu seyn geglaubet wurde/ weil sie ihrer Hülff benöhtigt gewesen/ da sie gebohren worden. In welcher Meinung Lycius ein Poet/ (wie Pausanias erzehlet/) in einem Gesange/ den er der Diana zu Ehren gemacht/ sie beschreibet/ daß sie eher als Saturnus gewesen; giebt ihr auch mehr andere Namen/ aus denen zu schliessen/ daß sie müsse eine aus den Parcen gewesen seyn; weiln diese ihnen den grösten Theil in der Geburt zueignen/ wie wir etwas besser unten an seinem Orte zeigen wollen. Wir überlaßen aber vor dießmahl dieser Göttin Lucina zweiffelhaffte Ursprungs-Erforschung/ wer dieselbe nämlich gewesen/ und woher sie kommen/ andern zu ergründen/ befleißigen uns vielmehr ihre eigentliche Bildnußen vorzustellen/ als welche/ wie Pausanias erzehlet/ bey den Atheniensern anders nicht als verdeckt zu sehen gewesen. Ihre Statue bestunde bey ihnen von unausgearbeitet-grobem Holtz/ oder anderer dergleichen Materi/ die eine unförmliche Weibes-Gestalt ausbildete/ allezeit verdeckt stunde/ und von niemand gesehen werden konte. In einem Orte der Landschafft Achaja stunde ein sehr schöner Tempel dieser Göttin/ worinnen ein höltzern Bildnus gezeiget wurde/ daran Gesicht/ Hände und Füsse von Marmelstein/ die übrigen Glieder aber mit einem leinenen Tuch bedeckt waren. Die eine Hand war gerade ausgestreckt/ hielte doch nichts in sich; wiewol ihr nicht unfüglich ein Schlüßel hätte können zugeeignet werden/ wie dann Festus berichtet/ man habe denen Weibern vor Zeiten einen Schlüßel pflegen beyzufügen/ umb durch solchen Werckzeuch/ wormit die Thore eröffnet werden/ ihnen eine leichte und glückliche Geburt zu verstehen zu geben; wie dann eben dieses vielleicht der Lucina offne und ausgestreckte Hand angedeutet. In der andern trug sie eine brennende Fackel/ dardurch anzudeuten/ entweder daß die Geburts-Schmertzen dem Feuer zu vergleichen; oder weil diese Göttin den ungebornen Kindern vorleuchte. Ihre Schläffe wurden von den Alten mit Diptam verbunden; weil dieses Kraut/ wann es denen gebährenden aufgelegt wird/ grosse Wirckung thun soll. Vor Zeiten bildete man sie mit einem Bogen gewaffnet/ dardurch die hefftigsten Schmertzen anzudeuten/ welche die Weiber in der Geburt zu empfinden pflegen. Bildnussen der Diana. Fackel in der Diana Händen.M. Tullius Cicero beschreibet/ in seinen Orationibus wider den Verres/ der Diana Bildnus mit folgenden Worten: Sie ware hoch/ groß/ mit einem Kleide bis auf die Füße bedeckt/ lieblich von Gesicht/ und als eine Jungfrau anzusehen/ trug in der rechten Hand eine Fackel/ in der lincken aber einen Bogen/ und ware über der Achseln hinunter mit einem Pfeil-Köcher versehen. Von der brennenden Fackel führet Pausanias fast eben dergleichen Worte/ es habe nämlich der Diana ehrinnes ohngefehr sechs Schuhe hohes Bild eine Fackel in der Hand gehalten; welches vielleicht auch dahin kan gedeutet werden/ daß sie/ wann sie als der Mond deß Nachts scheinet/ denen Reisenden den Weg zeiget; wie sie dann deßwegen Hegemone, das ist/ eine Führerin/ und zu Rom in dem Tempel/ welcher ihr im Palatio

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/97
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/97>, abgerufen am 23.11.2024.