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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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nachmahlen ein grosser Dieb.
O! hätte ich/ sagt ein andere/ auff jenes Bürschl nicht die
Augen geworffen/ hätt ich doch den Schnier-Rühm nicht
angenommen/ hätte ich nur die Händ nit drucker/ so wär
ich in disen offentlichen Spott nit gerathen. O! hätt ich/
sagt der hunderte/ die Sünd abgewöhnt/ wie sie noch klein
war/ so hätte ich anjetzo nit einen solchen Buesen voll der
Laster! O hätte ich! also/ wann man die kleine Fähler nit
außtilget/ so wachsen sie freylich wol/ wie das kleine Senff-
Matth. 13.körnlein im Evangelio, welches zu einem grossen Baum
worden/ daß auch die Vögel deß Luffts auff seinen Aestern
loschierten. So wachsen sie freylich/ wie Moyses, der
auß einem kleinen armen Pupillen/ so in einem Bimbsen-
Körblein daher geschwummen/ ein solcher Mann worden/
daß er den König Pharao sambt den seinigen in den Vn-
dergang gestürtzet hat.

Jene Statua, oder Wunder-Bildnuß deß Königs
Nabuchodonosor hatte ein Haupt von Gold; die Brust
vnd Armb von Silber/ der Bauch sambt den Lenden von
Ertzt/ die Schenckel von Eysen/ die Füß thails von Eysen/
thails von Hafner-Erden. Endlich ein kleines Stain! hat
dise stattliche Statuen zu Boden geworffen/ vnd zertrüm-
meret. Diser Statuen seynd gleich vnderschiedliche heilige
Orden vnd Religionen in der Catholischen Kirchen/ haben
nit dise allesambt ein guldenes Haupt gehabt/ einen gulde-
nen Anfang/ der voller Eyffer vnd Vollkommenheit wa-
re/ aber nach vnd nach seynd sie schlechter worden/ daß al-
so der Prophet Jeremias folgender Gestalt über sie zu kla-
Tren. 4.gen hat: Wie ist das Gold verduncklet/ vnd
die allerschönste Farb veräudert? wie seynd die
Stain deß Heiligthums zersträhet/ vnd ligen
auff den Ecken aller Gässen. Die edleste Kin-
der
Sion, welche mit dem allerfeinesten Gold

beklay-

nachmahlen ein groſſer Dieb.
O! haͤtte ich/ ſagt ein andere/ auff jenes Buͤrſchl nicht die
Augen geworffen/ haͤtt ich doch den Schnier-Ruͤhm nicht
angenommen/ haͤtte ich nur die Haͤnd nit drucker/ ſo waͤr
ich in diſen offentlichen Spott nit gerathen. O! haͤtt ich/
ſagt der hunderte/ die Suͤnd abgewoͤhnt/ wie ſie noch klein
war/ ſo haͤtte ich anjetzo nit einen ſolchen Bueſen voll der
Laſter! O haͤtte ich! alſo/ wann man die kleine Faͤhler nit
außtilget/ ſo wachſen ſie freylich wol/ wie das kleine Senff-
Matth. 13.koͤrnlein im Evangelio, welches zu einem groſſen Baum
worden/ daß auch die Voͤgel deß Luffts auff ſeinen Aeſtern
loſchierten. So wachſen ſie freylich/ wie Moyſes, der
auß einem kleinen armen Pupillen/ ſo in einem Bimbſen-
Koͤrblein daher geſchwummen/ ein ſolcher Mann worden/
daß er den Koͤnig Pharao ſambt den ſeinigen in den Vn-
dergang geſtuͤrtzet hat.

Jene Statua, oder Wunder-Bildnuß deß Koͤnigs
Nabuchodonoſor hatte ein Haupt von Gold; die Bruſt
vnd Armb von Silber/ der Bauch ſambt den Lenden von
Ertzt/ die Schenckel von Eyſen/ die Fuͤß thails von Eyſen/
thails von Hafner-Erden. Endlich ein kleines Stain! hat
diſe ſtattliche Statuen zu Boden geworffen/ vnd zertruͤm-
meret. Diſer Statuen ſeynd gleich vnderſchiedliche heilige
Orden vnd Religionen in der Catholiſchen Kirchen/ haben
nit diſe alleſambt ein guldenes Haupt gehabt/ einen gulde-
nen Anfang/ der voller Eyffer vnd Vollkommenheit wa-
re/ aber nach vnd nach ſeynd ſie ſchlechter worden/ daß al-
ſo der Prophet Jeremias folgender Geſtalt uͤber ſie zu kla-
Tren. 4.gen hat: Wie iſt das Gold verduncklet/ vnd
die allerſchoͤnſte Farb veraͤudert? wie ſeynd die
Stain deß Heiligthums zerſtraͤhet/ vnd ligen
auff den Ecken aller Gaͤſſen. Die edleſte Kin-
der
Sion, welche mit dem allerfeineſten Gold

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[380/0416] nachmahlen ein groſſer Dieb. O! haͤtte ich/ ſagt ein andere/ auff jenes Buͤrſchl nicht die Augen geworffen/ haͤtt ich doch den Schnier-Ruͤhm nicht angenommen/ haͤtte ich nur die Haͤnd nit drucker/ ſo waͤr ich in diſen offentlichen Spott nit gerathen. O! haͤtt ich/ ſagt der hunderte/ die Suͤnd abgewoͤhnt/ wie ſie noch klein war/ ſo haͤtte ich anjetzo nit einen ſolchen Bueſen voll der Laſter! O haͤtte ich! alſo/ wann man die kleine Faͤhler nit außtilget/ ſo wachſen ſie freylich wol/ wie das kleine Senff- koͤrnlein im Evangelio, welches zu einem groſſen Baum worden/ daß auch die Voͤgel deß Luffts auff ſeinen Aeſtern loſchierten. So wachſen ſie freylich/ wie Moyſes, der auß einem kleinen armen Pupillen/ ſo in einem Bimbſen- Koͤrblein daher geſchwummen/ ein ſolcher Mann worden/ daß er den Koͤnig Pharao ſambt den ſeinigen in den Vn- dergang geſtuͤrtzet hat. Matth. 13. Jene Statua, oder Wunder-Bildnuß deß Koͤnigs Nabuchodonoſor hatte ein Haupt von Gold; die Bruſt vnd Armb von Silber/ der Bauch ſambt den Lenden von Ertzt/ die Schenckel von Eyſen/ die Fuͤß thails von Eyſen/ thails von Hafner-Erden. Endlich ein kleines Stain! hat diſe ſtattliche Statuen zu Boden geworffen/ vnd zertruͤm- meret. Diſer Statuen ſeynd gleich vnderſchiedliche heilige Orden vnd Religionen in der Catholiſchen Kirchen/ haben nit diſe alleſambt ein guldenes Haupt gehabt/ einen gulde- nen Anfang/ der voller Eyffer vnd Vollkommenheit wa- re/ aber nach vnd nach ſeynd ſie ſchlechter worden/ daß al- ſo der Prophet Jeremias folgender Geſtalt uͤber ſie zu kla- gen hat: Wie iſt das Gold verduncklet/ vnd die allerſchoͤnſte Farb veraͤudert? wie ſeynd die Stain deß Heiligthums zerſtraͤhet/ vnd ligen auff den Ecken aller Gaͤſſen. Die edleſte Kin- der Sion, welche mit dem allerfeineſten Gold beklay- Tren. 4.

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/416>, abgerufen am 22.11.2024.