Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Judas ein angewohnter Faulentzer

Anno 1522. haben zu Neapel etliche Kirchenrauber
vnderschidliches Silber/ welches sie auß dem Gottshauß
entfrembtet/ vnder einander gethailet. Nachmahls wie
solche gottlose Bursch in dem Brauch/ die Karten in
die Händ genommen/ in welchem Spill einer auß besag-
ten Bößwichten sein Portion völlig verlohren; worüber
er dermassen ergrimmet worden/ daß er mit einem Dolch
die Bildnuß in der Kirchen/ Ecce Homo genannt/ scharpff
verwundet/ auß welcher Wunden nit allein vil Blut ge-
quellet/ sondern die Bildnuß Ecce Homo, welche vor-
Tom.
Cantiprat.
l. 2. c.
49.
hero an beeden Armben gebunden war/ hat gleich ein
Hand frey vnd loß gemacht/ vnd darmit die offene Seyten-
Wunden zugedecket. Dises ist noch heutiges Tags zu se-
hen. Auß welchen gnugsamb vnd fugsamb zu lehrnen/ daß
ein Spiller nit allein die Ehr/ sondern auch das Gewissen
verliehre im Spill. Gleichwie nun der gebenedeyte Hey-
land die Blätter deß Feigenbaums verflucht/ also seynd
ebnermassen zu verfluchen die Karten-Blätter.

Der Spill-Lump verliehrt auch die Lebens-Mittel/
daß der David einen Ehebruch begangen ist allbekannt/
es war im aber nicht gnug dem tapffern Soldaten Uriae
sein Frau Gemahlin die Bersabeam also zum Fall zu brin-
gen/ sondern dise sein Vnthat zu verhüllen/ suchte er in all-
weg/ wie er konte dem Uriae in der Stille den Rest geben;
dahero er ein Brieff verfertiget zu dem Joab, vnd densel-
ben Uriae eingehändiget/ mit dem Befelch/ daß er solchen
den Joab soll überbringen. Der gute vnd ehrliche Urias
nimbt mit grösten Freuden den Brieff von deß Königs
Händ/ vnnd glaubt/ es werde dessen Innhalt zu seinem
Interesse außschlagen: vnderdessen hat der arme Mann
seinen gewissen Todt in dem Brieff getragen/ allermas-
sen der schrifftliche Befelch darinn gestanden/ man solle

disen
Judas ein angewohnter Faulentzer

Anno 1522. haben zu Neapel etliche Kirchenrauber
vnderſchidliches Silber/ welches ſie auß dem Gottshauß
entfrembtet/ vnder einander gethailet. Nachmahls wie
ſolche gottloſe Burſch in dem Brauch/ die Karten in
die Haͤnd genommen/ in welchem Spill einer auß beſag-
ten Boͤßwichten ſein Portion voͤllig verlohren; woruͤber
er dermaſſen ergrimmet worden/ daß er mit einem Dolch
die Bildnuß in der Kirchen/ Ecce Homo genannt/ ſcharpff
verwundet/ auß welcher Wunden nit allein vil Blut ge-
quellet/ ſondern die Bildnuß Ecce Homo, welche vor-
Tom.
Cantiprat.
l. 2. c.
49.
hero an beeden Armben gebunden war/ hat gleich ein
Hand frey vnd loß gemacht/ vnd darmit die offene Seyten-
Wunden zugedecket. Diſes iſt noch heutiges Tags zu ſe-
hen. Auß welchen gnugſamb vnd fugſamb zu lehrnen/ daß
ein Spiller nit allein die Ehr/ ſondern auch das Gewiſſen
verliehre im Spill. Gleichwie nun der gebenedeyte Hey-
land die Blaͤtter deß Feigenbaums verflucht/ alſo ſeynd
ebnermaſſen zu verfluchen die Karten-Blaͤtter.

Der Spill-Lump verliehrt auch die Lebens-Mittel/
daß der David einen Ehebruch begangen iſt allbekannt/
es war im aber nicht gnug dem tapffern Soldaten Uriæ
ſein Frau Gemahlin die Berſabeam alſo zum Fall zu brin-
gen/ ſondern diſe ſein Vnthat zu verhuͤllen/ ſuchte er in all-
weg/ wie er konte dem Uriæ in der Stille den Reſt geben;
dahero er ein Brieff verfertiget zu dem Joab, vnd denſel-
ben Uriæ eingehaͤndiget/ mit dem Befelch/ daß er ſolchen
den Joab ſoll uͤberbringen. Der gute vnd ehrliche Urias
nimbt mit groͤſten Freuden den Brieff von deß Koͤnigs
Haͤnd/ vnnd glaubt/ es werde deſſen Innhalt zu ſeinem
Intereſſe außſchlagen: vnderdeſſen hat der arme Mann
ſeinen gewiſſen Todt in dem Brieff getragen/ allermaſ-
ſen der ſchrifftliche Befelch darinn geſtanden/ man ſolle

diſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0602" n="566"/>
        <fw place="top" type="header">Judas ein angewohnter Faulentzer</fw><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Anno</hi> 1522. haben zu Neapel etliche Kirchenrauber<lb/>
vnder&#x017F;chidliches Silber/ welches &#x017F;ie auß dem Gottshauß<lb/>
entfrembtet/ vnder einander gethailet. Nachmahls wie<lb/>
&#x017F;olche gottlo&#x017F;e Bur&#x017F;ch in dem Brauch/ die Karten in<lb/>
die Ha&#x0364;nd genommen/ in welchem Spill einer auß be&#x017F;ag-<lb/>
ten Bo&#x0364;ßwichten &#x017F;ein <hi rendition="#aq">Portion</hi> vo&#x0364;llig verlohren; woru&#x0364;ber<lb/>
er derma&#x017F;&#x017F;en ergrimmet worden/ daß er mit einem Dolch<lb/>
die Bildnuß in der Kirchen/ <hi rendition="#aq">Ecce Homo</hi> genannt/ &#x017F;charpff<lb/>
verwundet/ auß welcher Wunden nit allein vil Blut ge-<lb/>
quellet/ &#x017F;ondern die Bildnuß <hi rendition="#aq">Ecce Homo,</hi> welche vor-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Tom.<lb/>
Cantiprat.<lb/>
l. 2. c.</hi> 49.</note>hero an beeden Armben gebunden war/ hat gleich ein<lb/>
Hand frey vnd loß gemacht/ vnd darmit die offene Seyten-<lb/>
Wunden zugedecket. Di&#x017F;es i&#x017F;t noch heutiges Tags zu &#x017F;e-<lb/>
hen. Auß welchen gnug&#x017F;amb vnd fug&#x017F;amb zu lehrnen/ daß<lb/>
ein Spiller nit allein die Ehr/ &#x017F;ondern auch das Gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
verliehre im Spill. Gleichwie nun der gebenedeyte Hey-<lb/>
land die Bla&#x0364;tter deß Feigenbaums verflucht/ al&#x017F;o &#x017F;eynd<lb/>
ebnerma&#x017F;&#x017F;en zu verfluchen die Karten-Bla&#x0364;tter.</p><lb/>
        <p>Der Spill-Lump verliehrt auch die Lebens-Mittel/<lb/>
daß der David einen Ehebruch begangen i&#x017F;t allbekannt/<lb/>
es war im aber nicht gnug dem tapffern Soldaten <hi rendition="#aq">Uriæ</hi><lb/>
&#x017F;ein Frau Gemahlin die <hi rendition="#aq">Ber&#x017F;abeam</hi> al&#x017F;o zum Fall zu brin-<lb/>
gen/ &#x017F;ondern di&#x017F;e &#x017F;ein Vnthat zu verhu&#x0364;llen/ &#x017F;uchte er in all-<lb/>
weg/ wie er konte dem <hi rendition="#aq">Uriæ</hi> in der Stille den Re&#x017F;t geben;<lb/>
dahero er ein Brieff verfertiget zu dem <hi rendition="#aq">Joab,</hi> vnd den&#x017F;el-<lb/>
ben <hi rendition="#aq">Uriæ</hi> eingeha&#x0364;ndiget/ mit dem Befelch/ daß er &#x017F;olchen<lb/>
den <hi rendition="#aq">Joab</hi> &#x017F;oll u&#x0364;berbringen. Der gute vnd ehrliche <hi rendition="#aq">Urias</hi><lb/>
nimbt mit gro&#x0364;&#x017F;ten Freuden den Brieff von deß Ko&#x0364;nigs<lb/>
Ha&#x0364;nd/ vnnd glaubt/ es werde de&#x017F;&#x017F;en Innhalt zu &#x017F;einem<lb/><hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> auß&#x017F;chlagen: vnderde&#x017F;&#x017F;en hat der arme Mann<lb/>
&#x017F;einen gewi&#x017F;&#x017F;en Todt in dem Brieff getragen/ allerma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en der &#x017F;chrifftliche Befelch darinn ge&#x017F;tanden/ man &#x017F;olle<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">di&#x017F;en</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[566/0602] Judas ein angewohnter Faulentzer Anno 1522. haben zu Neapel etliche Kirchenrauber vnderſchidliches Silber/ welches ſie auß dem Gottshauß entfrembtet/ vnder einander gethailet. Nachmahls wie ſolche gottloſe Burſch in dem Brauch/ die Karten in die Haͤnd genommen/ in welchem Spill einer auß beſag- ten Boͤßwichten ſein Portion voͤllig verlohren; woruͤber er dermaſſen ergrimmet worden/ daß er mit einem Dolch die Bildnuß in der Kirchen/ Ecce Homo genannt/ ſcharpff verwundet/ auß welcher Wunden nit allein vil Blut ge- quellet/ ſondern die Bildnuß Ecce Homo, welche vor- hero an beeden Armben gebunden war/ hat gleich ein Hand frey vnd loß gemacht/ vnd darmit die offene Seyten- Wunden zugedecket. Diſes iſt noch heutiges Tags zu ſe- hen. Auß welchen gnugſamb vnd fugſamb zu lehrnen/ daß ein Spiller nit allein die Ehr/ ſondern auch das Gewiſſen verliehre im Spill. Gleichwie nun der gebenedeyte Hey- land die Blaͤtter deß Feigenbaums verflucht/ alſo ſeynd ebnermaſſen zu verfluchen die Karten-Blaͤtter. Tom. Cantiprat. l. 2. c. 49. Der Spill-Lump verliehrt auch die Lebens-Mittel/ daß der David einen Ehebruch begangen iſt allbekannt/ es war im aber nicht gnug dem tapffern Soldaten Uriæ ſein Frau Gemahlin die Berſabeam alſo zum Fall zu brin- gen/ ſondern diſe ſein Vnthat zu verhuͤllen/ ſuchte er in all- weg/ wie er konte dem Uriæ in der Stille den Reſt geben; dahero er ein Brieff verfertiget zu dem Joab, vnd denſel- ben Uriæ eingehaͤndiget/ mit dem Befelch/ daß er ſolchen den Joab ſoll uͤberbringen. Der gute vnd ehrliche Urias nimbt mit groͤſten Freuden den Brieff von deß Koͤnigs Haͤnd/ vnnd glaubt/ es werde deſſen Innhalt zu ſeinem Intereſſe außſchlagen: vnderdeſſen hat der arme Mann ſeinen gewiſſen Todt in dem Brieff getragen/ allermaſ- ſen der ſchrifftliche Befelch darinn geſtanden/ man ſolle diſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/602
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/602>, abgerufen am 21.11.2024.