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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas der verblendete Gesell suchet das
serva. GOtt schätzt alles geringer als die Seel/ ja hun-
dert tausend Welt/ ja/ so es möglich wäre/ unendliche
Welt geringer als die Seel/ den Himmel selbsten gerin-
ger als die Seel/ wir aber verblendte Adams-Kinder
schätzen alles höher als die Seel/ zuweilen ein altes paar
Hosen höher als die Seel/ zu Zeiten einen Hund höher
als die Seel/ dann wir gar offt beweinen den Verlust ei-
nes Kleids/ eines Viehs/ gar selten aber den Verlust einer
Seel. Stengelius schreibet gar/ daß einer dem Teufel seine
Seel um sechs Kreutzer verschrieben/ damit er könne eine
Maaß Bier trincken. Es wäre zu wünschen/ daß man-
cher Stockfisch mit ihme selbsten thäte umgehen/ wie er
pflegt umzugehen mit dem Häring/ dann in den mehri-
sten Orthen des Teutschlands pflegen die gemeine Leute
zur Fasten-Zeit die Blasen von dem Häring/ welche sie
die Seel nennen/ ober dem Tisch in die Höhe zu werffen/
daß sie daselbst hangen bleibt; zu wünschen wäre es/ daß
ein jeder Mensch mit seiner Seel in die Höhe thäte trach-
ten/ aber leyder/ der Leib hat den ersten Sitz/ und die
Seel/ diese so adeliche Creatur/ muß hinter der Thür ste-
hen.

Mein lieber Herr Joannes, mein liebe Frau Joanna,
mein lieber Meister Franciscus, mein liebe Meisterin
Francisca, hätt es bald vergessen/ mein gnädiger Herr
Ludovicus, mein gnädige Frau Ludovica, setzt euch in et-
was nieder/ und gehet mit euren Gedancken zuruck durch-
blättert eure Bücher/ und schauet fein wohl/ was ihr in
50. Jahren schon habt angewendet an den Leib/ betrach-
tet fein wohl/ was euch dieser Mistfinck schon kostet/ was
manche gute Täg und Nächt habt ihr diesen Lotters-Ge-
sellen vergönnt/ 24. Stund hat der Tag/ erwägt demnach
wohl/ ob ihr aus dieser Zeit nit alles dem Leib/ und zu sei-
nem Interesse gewidmet/ der Seel aber hart eine halbe
Stund vergönnt/ wann ihr die Sach/ wie es nit viel an-

derst

Judas der verblendete Geſell ſuchet das
ſerva. GOtt ſchaͤtzt alles geringer als die Seel/ ja hun-
dert tauſend Welt/ ja/ ſo es moͤglich waͤre/ unendliche
Welt geringer als die Seel/ den Himmel ſelbſten gerin-
ger als die Seel/ wir aber verblendte Adams-Kinder
ſchaͤtzen alles hoͤher als die Seel/ zuweilen ein altes paar
Hoſen hoͤher als die Seel/ zu Zeiten einen Hund hoͤher
als die Seel/ dann wir gar offt beweinen den Verluſt ei-
nes Kleids/ eines Viehs/ gar ſelten aber den Verluſt einer
Seel. Stengelius ſchreibet gar/ daß einer dem Teufel ſeine
Seel um ſechs Kreutzer verſchrieben/ damit er koͤnne eine
Maaß Bier trincken. Es waͤre zu wuͤnſchen/ daß man-
cher Stockfiſch mit ihme ſelbſten thaͤte umgehen/ wie er
pflegt umzugehen mit dem Haͤring/ dann in den mehri-
ſten Orthen des Teutſchlands pflegen die gemeine Leute
zur Faſten-Zeit die Blaſen von dem Haͤring/ welche ſie
die Seel nennen/ ober dem Tiſch in die Hoͤhe zu werffen/
daß ſie daſelbſt hangen bleibt; zu wuͤnſchen waͤre es/ daß
ein jeder Menſch mit ſeiner Seel in die Hoͤhe thaͤte trach-
ten/ aber leyder/ der Leib hat den erſten Sitz/ und die
Seel/ dieſe ſo adeliche Creatur/ muß hinter der Thuͤr ſte-
hen.

Mein lieber Herr Joannes, mein liebe Frau Joanna,
mein lieber Meiſter Franciſcus, mein liebe Meiſterin
Franciſca, haͤtt es bald vergeſſen/ mein gnaͤdiger Herr
Ludovicus, mein gnaͤdige Frau Ludovica, ſetzt euch in et-
was nieder/ und gehet mit euren Gedancken zuruck durch-
blaͤttert eure Buͤcher/ und ſchauet fein wohl/ was ihr in
50. Jahren ſchon habt angewendet an den Leib/ betrach-
tet fein wohl/ was euch dieſer Miſtfinck ſchon koſtet/ was
manche gute Taͤg und Naͤcht habt ihr dieſen Lotters-Ge-
ſellen vergoͤnnt/ 24. Stund hat der Tag/ erwaͤgt demnach
wohl/ ob ihr aus dieſer Zeit nit alles dem Leib/ und zu ſei-
nem Intereſſe gewidmet/ der Seel aber hart eine halbe
Stund vergoͤnnt/ wann ihr die Sach/ wie es nit viel an-

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[264/0296] Judas der verblendete Geſell ſuchet das ſerva. GOtt ſchaͤtzt alles geringer als die Seel/ ja hun- dert tauſend Welt/ ja/ ſo es moͤglich waͤre/ unendliche Welt geringer als die Seel/ den Himmel ſelbſten gerin- ger als die Seel/ wir aber verblendte Adams-Kinder ſchaͤtzen alles hoͤher als die Seel/ zuweilen ein altes paar Hoſen hoͤher als die Seel/ zu Zeiten einen Hund hoͤher als die Seel/ dann wir gar offt beweinen den Verluſt ei- nes Kleids/ eines Viehs/ gar ſelten aber den Verluſt einer Seel. Stengelius ſchreibet gar/ daß einer dem Teufel ſeine Seel um ſechs Kreutzer verſchrieben/ damit er koͤnne eine Maaß Bier trincken. Es waͤre zu wuͤnſchen/ daß man- cher Stockfiſch mit ihme ſelbſten thaͤte umgehen/ wie er pflegt umzugehen mit dem Haͤring/ dann in den mehri- ſten Orthen des Teutſchlands pflegen die gemeine Leute zur Faſten-Zeit die Blaſen von dem Haͤring/ welche ſie die Seel nennen/ ober dem Tiſch in die Hoͤhe zu werffen/ daß ſie daſelbſt hangen bleibt; zu wuͤnſchen waͤre es/ daß ein jeder Menſch mit ſeiner Seel in die Hoͤhe thaͤte trach- ten/ aber leyder/ der Leib hat den erſten Sitz/ und die Seel/ dieſe ſo adeliche Creatur/ muß hinter der Thuͤr ſte- hen. Mein lieber Herr Joannes, mein liebe Frau Joanna, mein lieber Meiſter Franciſcus, mein liebe Meiſterin Franciſca, haͤtt es bald vergeſſen/ mein gnaͤdiger Herr Ludovicus, mein gnaͤdige Frau Ludovica, ſetzt euch in et- was nieder/ und gehet mit euren Gedancken zuruck durch- blaͤttert eure Buͤcher/ und ſchauet fein wohl/ was ihr in 50. Jahren ſchon habt angewendet an den Leib/ betrach- tet fein wohl/ was euch dieſer Miſtfinck ſchon koſtet/ was manche gute Taͤg und Naͤcht habt ihr dieſen Lotters-Ge- ſellen vergoͤnnt/ 24. Stund hat der Tag/ erwaͤgt demnach wohl/ ob ihr aus dieſer Zeit nit alles dem Leib/ und zu ſei- nem Intereſſe gewidmet/ der Seel aber hart eine halbe Stund vergoͤnnt/ wann ihr die Sach/ wie es nit viel an- derſt

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/296>, abgerufen am 21.11.2024.