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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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verrahtet JEsum mit einem Kuß.

Freylich gibt es die tägliche Erfahrenheit/ daß im
Heurathen grosse Falschheiten unterlauffen/ es ist dieGenes. 31
Thamar gar nit allein/ welche den Judam im alten Te-
stament/ als er auf dem Weeg war nacher Thamnam,
hinter das Liecht geführt/ und mit ihrem Weiber-List ihn
erdapt/ sondern es seynd viel tausend ihres Gleichens/
welche mit schlauhen Grifflen und Verschlagenheit die
Männer erwerben. Eines ist/ so allhier ungefähr vor
19. Jahren sich zugetragen.

Ein Vermöglicher und wolhabender Kauffmann zu
Wien/ wurde durch einen unverhofften Tod seiner Frauen
verwittibt/ wessenhalben er sich nit allein starck betrübt/
sondern es schmerzte ihn zugleich/ daß seine Würthschafft
wegen Mangel einer Haußfrauen auch handgreifflich
den Krebsgang nehme/ muste also gezwungner bey sich be-
schliessen/ zur andern Ehe zu tretten/ konte aber noch eigent-
lich nit ein vestes Absehen haben auf ein gewisse Persohn/
welches sein arglistiges Dienstmensch gar wol in Acht ge-
nommen/ auch auf Mittel und Ränck gedacht/ wie sie
doch möcht diesen so guten Fisch ins Netz bringen/ zu sol-
chem End sie bey nächtlicher Weil einen schwarzen Rock
angezogen/ die Helffte aber des obern Leibs war ganz
weiß/ so gar auch thäte sie das Angesicht mit weissem
Semmelmehl überziehen/ und solcher gestalten mit tief-
fen Seuffzer und Wehklagen ihrem Herrn beym Bett
erscheinen/ welches ihme/ wie unschwär zu glauben/ einen
sondern Schrecken verursachte/ meistens darumb/ weilen
nit lang vorhero seine Liebste mit Tod abgangen/ wuste
demnach in Gestalt der Sachen keinen bessern Rath zu
suchen/ als bey denen Geistlichen/ welche dann ihme sämt-
lich nicht anderst eingerahten/ als daß er nach vorher-

gehender
O o 3
verrahtet JEſum mit einem Kuß.

Freylich gibt es die taͤgliche Erfahrenheit/ daß im
Heurathen groſſe Falſchheiten unterlauffen/ es iſt dieGeneſ. 31
Thamar gar nit allein/ welche den Judam im alten Te-
ſtament/ als er auf dem Weeg war nacher Thamnam,
hinter das Liecht gefuͤhrt/ und mit ihrem Weiber-Liſt ihn
erdapt/ ſondern es ſeynd viel tauſend ihres Gleichens/
welche mit ſchlauhen Grifflen und Verſchlagenheit die
Maͤnner erwerben. Eines iſt/ ſo allhier ungefaͤhr vor
19. Jahren ſich zugetragen.

Ein Vermoͤglicher und wolhabender Kauffmann zu
Wien/ wurde durch einen unverhofften Tod ſeiner Frauen
verwittibt/ weſſenhalben er ſich nit allein ſtarck betruͤbt/
ſondern es ſchmerzte ihn zugleich/ daß ſeine Wuͤrthſchafft
wegen Mangel einer Haußfrauen auch handgreifflich
den Krebsgang nehme/ muſte alſo gezwungner bey ſich be-
ſchlieſſen/ zur andern Ehe zu trettẽ/ konte aber noch eigent-
lich nit ein veſtes Abſehen haben auf ein gewiſſe Perſohn/
welches ſein argliſtiges Dienſtmenſch gar wol in Acht ge-
nommen/ auch auf Mittel und Raͤnck gedacht/ wie ſie
doch moͤcht dieſen ſo guten Fiſch ins Netz bringen/ zu ſol-
chem End ſie bey naͤchtlicher Weil einen ſchwarzen Rock
angezogen/ die Helffte aber des obern Leibs war ganz
weiß/ ſo gar auch thaͤte ſie das Angeſicht mit weiſſem
Semmelmehl uͤberziehen/ und ſolcher geſtalten mit tief-
fen Seuffzer und Wehklagen ihrem Herrn beym Bett
erſcheinen/ welches ihme/ wie unſchwaͤr zu glauben/ einen
ſondern Schrecken verurſachte/ meiſtens darumb/ weilen
nit lang vorhero ſeine Liebſte mit Tod abgangen/ wuſte
demnach in Geſtalt der Sachen keinen beſſern Rath zu
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[293/0325] verrahtet JEſum mit einem Kuß. Freylich gibt es die taͤgliche Erfahrenheit/ daß im Heurathen groſſe Falſchheiten unterlauffen/ es iſt die Thamar gar nit allein/ welche den Judam im alten Te- ſtament/ als er auf dem Weeg war nacher Thamnam, hinter das Liecht gefuͤhrt/ und mit ihrem Weiber-Liſt ihn erdapt/ ſondern es ſeynd viel tauſend ihres Gleichens/ welche mit ſchlauhen Grifflen und Verſchlagenheit die Maͤnner erwerben. Eines iſt/ ſo allhier ungefaͤhr vor 19. Jahren ſich zugetragen. Geneſ. 31 Ein Vermoͤglicher und wolhabender Kauffmann zu Wien/ wurde durch einen unverhofften Tod ſeiner Frauen verwittibt/ weſſenhalben er ſich nit allein ſtarck betruͤbt/ ſondern es ſchmerzte ihn zugleich/ daß ſeine Wuͤrthſchafft wegen Mangel einer Haußfrauen auch handgreifflich den Krebsgang nehme/ muſte alſo gezwungner bey ſich be- ſchlieſſen/ zur andern Ehe zu trettẽ/ konte aber noch eigent- lich nit ein veſtes Abſehen haben auf ein gewiſſe Perſohn/ welches ſein argliſtiges Dienſtmenſch gar wol in Acht ge- nommen/ auch auf Mittel und Raͤnck gedacht/ wie ſie doch moͤcht dieſen ſo guten Fiſch ins Netz bringen/ zu ſol- chem End ſie bey naͤchtlicher Weil einen ſchwarzen Rock angezogen/ die Helffte aber des obern Leibs war ganz weiß/ ſo gar auch thaͤte ſie das Angeſicht mit weiſſem Semmelmehl uͤberziehen/ und ſolcher geſtalten mit tief- fen Seuffzer und Wehklagen ihrem Herrn beym Bett erſcheinen/ welches ihme/ wie unſchwaͤr zu glauben/ einen ſondern Schrecken verurſachte/ meiſtens darumb/ weilen nit lang vorhero ſeine Liebſte mit Tod abgangen/ wuſte demnach in Geſtalt der Sachen keinen beſſern Rath zu ſuchen/ als bey denen Geiſtlichen/ welche dann ihme ſaͤmt- lich nicht anderſt eingerahten/ als daß er nach vorher- gehender O o 3

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/325>, abgerufen am 21.11.2024.