Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.Judas der falsche Böswicht reits nahe beym Tod war/ da seynd alle seine mit-Reli-giosen begierig gewesen/ von diesem ihrem sterbenden heiligem Mitglied eine sondere Lehr zur Gedächtnuß zu empfangen: Wie sie nun alle versammlet/ brach er mit gantz verzweiffeltem Angesicht in diese folgende Worte aus: Fratres, ihr habt mich bißhero vor fromm und hei- lig gehalten/ dem war es aber nit also/ wie ich mich ge- stellet/ weil ich dann von aussen heilig/ von inwendig aber/ so meistens gelten thut/ ein Schelm gewesen/ also umwickelt mich anjetzo ein höllischer Drach mit seinem vergifftem Schweiff/ den Kopff aber streckt er in meinen Rachen/ und reist die verdammte Seele heraus etc. auf solche Worte hat er alsobalden seinen verdammten Geist aufgeben. v. 1. Nit viel besser ware jener Bischoff zu Sardis noch bey borgen
Judas der falſche Boͤswicht reits nahe beym Tod war/ da ſeynd alle ſeine mit-Reli-gioſen begierig geweſen/ von dieſem ihrem ſterbenden heiligem Mitglied eine ſondere Lehr zur Gedaͤchtnuß zu empfangen: Wie ſie nun alle verſammlet/ brach er mit gantz verzweiffeltem Angeſicht in dieſe folgende Worte aus: Fratres, ihr habt mich bißhero vor fromm und hei- lig gehalten/ dem war es aber nit alſo/ wie ich mich ge- ſtellet/ weil ich dann von auſſen heilig/ von inwendig aber/ ſo meiſtens gelten thut/ ein Schelm geweſen/ alſo umwickelt mich anjetzo ein hoͤlliſcher Drach mit ſeinem vergifftem Schweiff/ den Kopff aber ſtreckt er in meinen Rachen/ und reiſt die verdammte Seele heraus ꝛc. auf ſolche Worte hat er alſobalden ſeinen verdammten Geiſt aufgeben. v. 1. Nit viel beſſer ware jener Biſchoff zu Sardis noch bey borgen
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Judas der falſche Boͤswicht
reits nahe beym Tod war/ da ſeynd alle ſeine mit-Reli-
gioſen begierig geweſen/ von dieſem ihrem ſterbenden
heiligem Mitglied eine ſondere Lehr zur Gedaͤchtnuß zu
empfangen: Wie ſie nun alle verſammlet/ brach er mit
gantz verzweiffeltem Angeſicht in dieſe folgende Worte
aus: Fratres, ihr habt mich bißhero vor fromm und hei-
lig gehalten/ dem war es aber nit alſo/ wie ich mich ge-
ſtellet/ weil ich dann von auſſen heilig/ von inwendig
aber/ ſo meiſtens gelten thut/ ein Schelm geweſen/ alſo
umwickelt mich anjetzo ein hoͤlliſcher Drach mit ſeinem
vergifftem Schweiff/ den Kopff aber ſtreckt er in meinen
Rachen/ und reiſt die verdammte Seele heraus ꝛc. auf
ſolche Worte hat er alſobalden ſeinen verdammten Geiſt
aufgeben.
Nit viel beſſer ware jener Biſchoff zu Sardis noch bey
Lebzeiten des Heil. Evangeliſten Joannis, deme GOTT
hat laſſen andeuten/ daß er ein falſcher Heiliger ſeye/ in
groſſen Ruhm bey jederman wegen ſeiner vollkommenen
Wercke/ inwendig aber es weit eine andere Beſchaffen-
heit habe/ alſo ſoll er den falſchen Deck-Mantel der Hei-
ligkeit ablegen/ oder er wolle mit ſeiner Goͤttlichen Straff
ihn uͤberfallen. Solche falſche Heiligen kommen mir
vor wie das Goͤtzen-Bild/ mit Namen Bel, in der groſ-
ſen Stadt Babylon, welches von auſſen her Ertz und
Glocken-Speiß ſpendirte/ inwendig aber von Erd und
Haffner-Arbeit. Solche falſche Heiligen ſeynd nit an-
derſt als jener Saͤbel/ mit welchem der David dem Rieſen
Goliath das Haupt abgehauet/ und ihn nachmals im
Tempel aufgehaͤngt/ aber in Seiden und Taffet einge-
wickelt/ daß ihme alſo der wenigſte eingebildet/ daß unter
einem ſo ſchoͤnem Uberzug ein ſcharffes Schwerdt ver-
borgen
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