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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas der falsche Böswicht
wächsenen Fuß aufopffert/ beynebens aber auf nichts
Gutes umgehet/ und ist sich offt zu verkreutzigen/ wie
man so seltzam mit dem Kreutz gehet/ auch so gar/ daß
bey der Procession die Ehrbarkeit einen Proceß füh-
ret.

Wohin Mensch? zum Seegen/ das ist überaus ein
heilig Werck/ wäre zu wünschen/ daß alle Leute also be-
schaffen/ aber wohl umgeschauet/ daß aus solchem Eng-
lischen Tuch nit ein heiliger Deck-Mantel zugeschnitten
werde/ dann es geschicht gar offt/ dann man mehrer
sucht den Benedict, als die Benediction.

Was ist das Mensch? O meine Frau/ eine zusamm-
geschütte Suppen vor die arme Leute/ ey diß ist ein hei-
liges Werck/ GOtt wird solche Lieb zum Nechsten ge-
wiß vergelten/ aber sicher gangen/ es kan gar wohl ein
Futter-Tuch von einem heiligen Deck-Mantel über
das Häfen gedeckt seyn: Dann unter der Suppen ste-
cken offt halbe Capauner/ drey Pfund Brätl/ welches
an statt der Besoldung ist der alten Kupplerin/ wegen
der so vielen geleisten Correspondentz-Post.

In Summa/ tausend/ und aber tausend heilige
Falschheiten werden angetroffen/ wormit dergleichen
Leute ihre Bosheiten bedecken/ wie die Rachel die gül-
dene Götzen-Bilder des Labans, wie die Rahab die Aus-
späher des Kriegs-Fürsten Josue, wie das Dienst-Mensch
Abra das abgehauete Haupt des Holofernis.

Ich hab allhier zu Wien mit Augen gesehen/ wie
in unserer Kayserl. Hof-Kirchen hinter einem Herrn/
des Kleid mit häuffigem von Silber gegossenen Knöpf-
fen versetzt war/ ein Weib geknieet/ eines sehr erbahren
und gar saubern Aufzugs/ nachdem der Herr bey Auf-
wandlung des höchsten Guts in der Heil. Meß sich tief-
ser gegen der Erdengeneigt/ hat sie gantz inbrünstig mit

der

Judas der falſche Boͤswicht
waͤchſenen Fuß aufopffert/ beynebens aber auf nichts
Gutes umgehet/ und iſt ſich offt zu verkreutzigen/ wie
man ſo ſeltzam mit dem Kreutz gehet/ auch ſo gar/ daß
bey der Proceſſion die Ehrbarkeit einen Proceß fuͤh-
ret.

Wohin Menſch? zum Seegen/ das iſt uͤberaus ein
heilig Werck/ waͤre zu wuͤnſchen/ daß alle Leute alſo be-
ſchaffen/ aber wohl umgeſchauet/ daß aus ſolchem Eng-
liſchen Tuch nit ein heiliger Deck-Mantel zugeſchnitten
werde/ dann es geſchicht gar offt/ dann man mehrer
ſucht den Benedict, als die Benediction.

Was iſt das Menſch? O meine Frau/ eine zuſamm-
geſchuͤtte Suppen vor die arme Leute/ ey diß iſt ein hei-
liges Werck/ GOtt wird ſolche Lieb zum Nechſten ge-
wiß vergelten/ aber ſicher gangen/ es kan gar wohl ein
Futter-Tuch von einem heiligen Deck-Mantel uͤber
das Haͤfen gedeckt ſeyn: Dann unter der Suppen ſte-
cken offt halbe Capauner/ drey Pfund Braͤtl/ welches
an ſtatt der Beſoldung iſt der alten Kupplerin/ wegen
der ſo vielen geleiſten Correſpondentz-Poſt.

In Summa/ tauſend/ und aber tauſend heilige
Falſchheiten werden angetroffen/ wormit dergleichen
Leute ihre Bosheiten bedecken/ wie die Rachel die guͤl-
dene Goͤtzen-Bilder des Labans, wie die Rahab die Aus-
ſpaͤher des Kriegs-Fuͤrſten Joſue, wie das Dienſt-Menſch
Abra das abgehauete Haupt des Holofernis.

Ich hab allhier zu Wien mit Augen geſehen/ wie
in unſerer Kayſerl. Hof-Kirchen hinter einem Herrn/
des Kleid mit haͤuffigem von Silber gegoſſenen Knoͤpf-
fen verſetzt war/ ein Weib geknieet/ eines ſehr erbahren
und gar ſaubern Aufzugs/ nachdem der Herr bey Auf-
wandlung des hoͤchſten Guts in der Heil. Meß ſich tief-
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[308/0340] Judas der falſche Boͤswicht waͤchſenen Fuß aufopffert/ beynebens aber auf nichts Gutes umgehet/ und iſt ſich offt zu verkreutzigen/ wie man ſo ſeltzam mit dem Kreutz gehet/ auch ſo gar/ daß bey der Proceſſion die Ehrbarkeit einen Proceß fuͤh- ret. Wohin Menſch? zum Seegen/ das iſt uͤberaus ein heilig Werck/ waͤre zu wuͤnſchen/ daß alle Leute alſo be- ſchaffen/ aber wohl umgeſchauet/ daß aus ſolchem Eng- liſchen Tuch nit ein heiliger Deck-Mantel zugeſchnitten werde/ dann es geſchicht gar offt/ dann man mehrer ſucht den Benedict, als die Benediction. Was iſt das Menſch? O meine Frau/ eine zuſamm- geſchuͤtte Suppen vor die arme Leute/ ey diß iſt ein hei- liges Werck/ GOtt wird ſolche Lieb zum Nechſten ge- wiß vergelten/ aber ſicher gangen/ es kan gar wohl ein Futter-Tuch von einem heiligen Deck-Mantel uͤber das Haͤfen gedeckt ſeyn: Dann unter der Suppen ſte- cken offt halbe Capauner/ drey Pfund Braͤtl/ welches an ſtatt der Beſoldung iſt der alten Kupplerin/ wegen der ſo vielen geleiſten Correſpondentz-Poſt. In Summa/ tauſend/ und aber tauſend heilige Falſchheiten werden angetroffen/ wormit dergleichen Leute ihre Bosheiten bedecken/ wie die Rachel die guͤl- dene Goͤtzen-Bilder des Labans, wie die Rahab die Aus- ſpaͤher des Kriegs-Fuͤrſten Joſue, wie das Dienſt-Menſch Abra das abgehauete Haupt des Holofernis. Ich hab allhier zu Wien mit Augen geſehen/ wie in unſerer Kayſerl. Hof-Kirchen hinter einem Herrn/ des Kleid mit haͤuffigem von Silber gegoſſenen Knoͤpf- fen verſetzt war/ ein Weib geknieet/ eines ſehr erbahren und gar ſaubern Aufzugs/ nachdem der Herr bey Auf- wandlung des hoͤchſten Guts in der Heil. Meß ſich tief- ſer gegen der Erdengeneigt/ hat ſie gantz inbruͤnſtig mit der

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/340>, abgerufen am 21.11.2024.