Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Unser Heyland ermahnet nach empfangenen Kuß/
stifft/ auf solche Weise bist du so sauber/ daß du ga[r ]des
Badens nit vonnöhten. Paulus ist schon im dritten
Himmel gewest/ und hat sich gleichwol nit so heilig ge-
macht wie du. Der offne Sünder im Tempel zu Jerusalem
hat anderst gebeicht/ indem er auf seine Brust geschlagen/
sprechend/ peccavi, er habe gesündiget. Der Schächer
am Creutz Dismas wäre mit einer solchen Beicht/ wie du
allhier gemacht hast/ den geraden Weg zum Teuffel ge-
fahren/ darum hat er die Sach verständiger angriffen/
fein rund heraus bekannt/ er seye ein Schelm über alle ge-
wesen/ und seiner Laster halber wohl hundert Galgen ver-
dienet. Mein Ioannes, du kommst mir vor/ wie die Joan-
nis-Kefferl/ die scheinen und schimmern bey der Nacht/
als wären sie die schönste Liechtel/ unterdessen aber seynd
sie nichts anderst als verwerffliche Würmel. Durch deine
gleißnerische Beicht willst du gleichsam dir einen Schein
auf den Kopff nageln/ und kurtzum ein Heiliger seyn/ in-
dem du doch gleich andern gebrechlichen Menschen auch
Mängel und Gebrechen gnug an dir hast. Dein Abse-
hen ist etwan dahin gerichtet/ damit du bey deinem
Beicht-Vatter im guten Concept stehest/ aber glaub du
mir/ in dieser Cantzley ist der Teuffel ein Concipist, wel-
cher auch einen so grossen Grausen an der Demuth hat/
daß er auf ewig nit will gestehen/ er habe gesündiget. Es
ist wohl zu glauben/ wann Cain den Bruder-Mord hät-
te bekandt/ wie ihn dessen/ halben der Allmächtige be-
fragt/ daß er von GOtt hätte Perdon erhalten/ wegen
feiner so groben Missethat/ aber das unverschämte Ne-
scio,
indem er sich gantz unschuldig gestellt/ hat den ge-
rechten GOtt zur billichen Rach und Straff veranlasset.
Wie viel Seelen sitzen und schwitzen/ heulen und verwei-

len

Unſer Heyland ermahnet nach empfangenen Kuß/
ſtifft/ auf ſolche Weiſe biſt du ſo ſauber/ daß du ga[r ]des
Badens nit vonnoͤhten. Paulus iſt ſchon im dritten
Himmel geweſt/ und hat ſich gleichwol nit ſo heilig ge-
macht wie du. Der offne Suͤnder im Tempel zu Jeruſalem
hat anderſt gebeicht/ indem er auf ſeine Bruſt geſchlagen/
ſprechend/ peccavi, er habe geſuͤndiget. Der Schaͤcher
am Creutz Diſmas waͤre mit einer ſolchen Beicht/ wie du
allhier gemacht haſt/ den geraden Weg zum Teuffel ge-
fahren/ darum hat er die Sach verſtaͤndiger angriffen/
fein rund heraus bekannt/ er ſeye ein Schelm uͤber alle ge-
weſen/ und ſeiner Laſter halber wohl hundert Galgen ver-
dienet. Mein Ioannes, du kom̃ſt mir vor/ wie die Joan-
nis-Kefferl/ die ſcheinen und ſchimmern bey der Nacht/
als waͤren ſie die ſchoͤnſte Liechtel/ unterdeſſen aber ſeynd
ſie nichts anderſt als verwerffliche Wuͤrmel. Durch deine
gleißneriſche Beicht willſt du gleichſam dir einen Schein
auf den Kopff nageln/ und kurtzum ein Heiliger ſeyn/ in-
dem du doch gleich andern gebrechlichen Menſchen auch
Maͤngel und Gebrechen gnug an dir haſt. Dein Abſe-
hen iſt etwan dahin gerichtet/ damit du bey deinem
Beicht-Vatter im guten Concept ſteheſt/ aber glaub du
mir/ in dieſer Cantzley iſt der Teuffel ein Concipiſt, wel-
cher auch einen ſo groſſen Grauſen an der Demuth hat/
daß er auf ewig nit will geſtehen/ er habe geſuͤndiget. Es
iſt wohl zu glauben/ wann Cain den Bruder-Mord haͤt-
te bekandt/ wie ihn deſſen/ halben der Allmaͤchtige be-
fragt/ daß er von GOtt haͤtte Perdon erhalten/ wegen
feiner ſo groben Miſſethat/ aber das unverſchaͤmte Ne-
ſcio,
indem er ſich gantz unſchuldig geſtellt/ hat den ge-
rechten GOtt zur billichen Rach und Straff veranlaſſet.
Wie viel Seelen ſitzen und ſchwitzen/ heulen und verwei-

len
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0392" n="360"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Un&#x017F;er Heyland ermahnet nach empfangenen Kuß/</hi></fw><lb/>
&#x017F;tifft/ auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e bi&#x017F;t du &#x017F;o &#x017F;auber/ daß du ga<supplied>r </supplied>des<lb/>
Badens nit vonno&#x0364;hten. <hi rendition="#aq">Paulus</hi> i&#x017F;t &#x017F;chon im dritten<lb/>
Himmel gewe&#x017F;t/ und hat &#x017F;ich gleichwol nit &#x017F;o heilig ge-<lb/>
macht wie du. Der offne Su&#x0364;nder im Tempel zu Jeru&#x017F;alem<lb/>
hat ander&#x017F;t gebeicht/ indem er auf &#x017F;eine Bru&#x017F;t ge&#x017F;chlagen/<lb/>
&#x017F;prechend/ <hi rendition="#aq">peccavi,</hi> er habe ge&#x017F;u&#x0364;ndiget. Der Scha&#x0364;cher<lb/>
am Creutz <hi rendition="#aq">Di&#x017F;mas</hi> wa&#x0364;re mit einer &#x017F;olchen Beicht/ wie du<lb/>
allhier gemacht ha&#x017F;t/ den geraden Weg zum Teuffel ge-<lb/>
fahren/ darum hat er die Sach ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger angriffen/<lb/>
fein rund heraus bekannt/ er &#x017F;eye ein Schelm u&#x0364;ber alle ge-<lb/>
we&#x017F;en/ und &#x017F;einer La&#x017F;ter halber wohl hundert Galgen ver-<lb/>
dienet. Mein <hi rendition="#aq">Ioannes,</hi> du kom&#x0303;&#x017F;t mir vor/ wie die Joan-<lb/>
nis-Kefferl/ die &#x017F;cheinen und &#x017F;chimmern bey der Nacht/<lb/>
als wa&#x0364;ren &#x017F;ie die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Liechtel/ unterde&#x017F;&#x017F;en aber &#x017F;eynd<lb/>
&#x017F;ie nichts ander&#x017F;t als verwerffliche Wu&#x0364;rmel. Durch deine<lb/>
gleißneri&#x017F;che Beicht will&#x017F;t du gleich&#x017F;am dir einen Schein<lb/>
auf den Kopff nageln/ und kurtzum ein Heiliger &#x017F;eyn/ in-<lb/>
dem du doch gleich andern gebrechlichen Men&#x017F;chen auch<lb/>
Ma&#x0364;ngel und Gebrechen gnug an dir ha&#x017F;t. Dein Ab&#x017F;e-<lb/>
hen i&#x017F;t etwan dahin gerichtet/ damit du bey deinem<lb/>
Beicht-Vatter im guten <hi rendition="#aq">Concept</hi> &#x017F;tehe&#x017F;t/ aber glaub du<lb/>
mir/ in die&#x017F;er Cantzley i&#x017F;t der Teuffel ein <hi rendition="#aq">Concipi&#x017F;t,</hi> wel-<lb/>
cher auch einen &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Grau&#x017F;en an der Demuth hat/<lb/>
daß er auf ewig nit will ge&#x017F;tehen/ er habe ge&#x017F;u&#x0364;ndiget. Es<lb/>
i&#x017F;t wohl zu glauben/ wann <hi rendition="#aq">Cain</hi> den Bruder-Mord ha&#x0364;t-<lb/>
te bekandt/ wie ihn de&#x017F;&#x017F;en/ halben der Allma&#x0364;chtige be-<lb/>
fragt/ daß er von GOtt ha&#x0364;tte <hi rendition="#aq">Perdon</hi> erhalten/ wegen<lb/>
feiner &#x017F;o groben Mi&#x017F;&#x017F;ethat/ aber das unver&#x017F;cha&#x0364;mte <hi rendition="#aq">Ne-<lb/>
&#x017F;cio,</hi> indem er &#x017F;ich gantz un&#x017F;chuldig ge&#x017F;tellt/ hat den ge-<lb/>
rechten GOtt zur billichen Rach und Straff veranla&#x017F;&#x017F;et.<lb/>
Wie viel Seelen &#x017F;itzen und &#x017F;chwitzen/ heulen und verwei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">len</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0392] Unſer Heyland ermahnet nach empfangenen Kuß/ ſtifft/ auf ſolche Weiſe biſt du ſo ſauber/ daß du gar des Badens nit vonnoͤhten. Paulus iſt ſchon im dritten Himmel geweſt/ und hat ſich gleichwol nit ſo heilig ge- macht wie du. Der offne Suͤnder im Tempel zu Jeruſalem hat anderſt gebeicht/ indem er auf ſeine Bruſt geſchlagen/ ſprechend/ peccavi, er habe geſuͤndiget. Der Schaͤcher am Creutz Diſmas waͤre mit einer ſolchen Beicht/ wie du allhier gemacht haſt/ den geraden Weg zum Teuffel ge- fahren/ darum hat er die Sach verſtaͤndiger angriffen/ fein rund heraus bekannt/ er ſeye ein Schelm uͤber alle ge- weſen/ und ſeiner Laſter halber wohl hundert Galgen ver- dienet. Mein Ioannes, du kom̃ſt mir vor/ wie die Joan- nis-Kefferl/ die ſcheinen und ſchimmern bey der Nacht/ als waͤren ſie die ſchoͤnſte Liechtel/ unterdeſſen aber ſeynd ſie nichts anderſt als verwerffliche Wuͤrmel. Durch deine gleißneriſche Beicht willſt du gleichſam dir einen Schein auf den Kopff nageln/ und kurtzum ein Heiliger ſeyn/ in- dem du doch gleich andern gebrechlichen Menſchen auch Maͤngel und Gebrechen gnug an dir haſt. Dein Abſe- hen iſt etwan dahin gerichtet/ damit du bey deinem Beicht-Vatter im guten Concept ſteheſt/ aber glaub du mir/ in dieſer Cantzley iſt der Teuffel ein Concipiſt, wel- cher auch einen ſo groſſen Grauſen an der Demuth hat/ daß er auf ewig nit will geſtehen/ er habe geſuͤndiget. Es iſt wohl zu glauben/ wann Cain den Bruder-Mord haͤt- te bekandt/ wie ihn deſſen/ halben der Allmaͤchtige be- fragt/ daß er von GOtt haͤtte Perdon erhalten/ wegen feiner ſo groben Miſſethat/ aber das unverſchaͤmte Ne- ſcio, indem er ſich gantz unſchuldig geſtellt/ hat den ge- rechten GOtt zur billichen Rach und Straff veranlaſſet. Wie viel Seelen ſitzen und ſchwitzen/ heulen und verwei- len

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/392
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/392>, abgerufen am 21.11.2024.